Kiew und Charkiw weiter unter ukrainischer Kontrolle: Für Putin könnte es jetzt eng werden

Die russischen Geländegewinne sind im Raum Kiew nur noch gering. Russland geht nun wohl dazu über, die Stadt einzukesseln und abzuriegeln. Für Putin wird jeder weitere Tag ukrainischen Widerstands jetzt zur Gefahr.

IMAGO / Xinhua
Update 28. Februar, 08:30: Eine weitere Nacht ist vergangen und in einer weiteren Nacht gelang es Russland nicht, Kiew zu erobern.

Der russische Vormarsch auf die ukrainische Hauptstadt steht nun am Fluss Irpin, welcher das Stadtgebiet im Westen begrenzt. Die ukrainische Armee hat wohl Brücken gesprengt. Seit mehreren Tagen konnte Russland hier kaum vorankommen – bereits am Freitag stand man bei Hostomel, welches nur wenige Kilometer westlich des Flusses liegt.

Offenbar verlegt man nun den Fokus der Offensive auf die Stadt nach Süden. Ukrainischen Angaben zufolge soll eine größere russische Streitmacht von dort her auf die Stadt vordringen, zuvor hat Russland die Kämpfe um den Luftwaffenstützpunkt Wassyliw offenbar für sich entschieden.

Probleme kommen auf die Stadt vor allem bei der Versorgung zu. Zwar funktioniert die Versorgung mit Lebensmitteln und Energie weiter, die Infrastruktur ist aber nach mehreren gezielten russischen Angriffen gefährdet. Russland versucht, die zentralen Zufahrtswege nach Kiew etwa bei Makariw zu blockieren und so neben der Versorgung der Hauptstadt auch die westlichen Lieferungen in die Stadt zu verhindern.

Im Süden des Landes haben russische Truppen den Dnepr bei Cherson überschritten und sind auf Mykolayiv vorgedrungen, wo versucht wird, den südlichen Bug zu überqueren, um weiter auf Odessa vorzurücken. Im Osten konnte Mariupol zwar abgeschnitten, aber noch nicht erobert werden. Die seit Donnerstagmorgen andauernden Kämpfe um Charkiw setzen sich weiter fort, die Stadt bleibt unter ukrainischer Kontrolle. Videos zeigen schwere Kämpfe und Explosionen in der Stadt. Auch Tschernihiw, nordöstlich von Kiew, wird weiterhin von ukrainischen Truppen gehalten.

Es zeichnet sich ab, dass Russland zwar ohne größere Probleme Geländegewinne erzielen kann, allerdings enorme Probleme damit hat, den ukrainischen Widerstand in Städten zu brechen, wo die militärtechnische Überlegenheit nicht in gleichem Maße ausgespielt werden kann.

Die ukrainische Verteidigungsbereitschaft ist überall hoch – sowohl in Kiew als auch in den ostukrainischen Städten, hier hatte Putin vermutlich auf ein Überlaufen der Bevölkerung gehofft, das bisher in größerem Maße ausbleibt.

Jeder weitere Tag wird für Putin zu einem Problem. Seine Invasionsarmee war rein zahlenmäßig nicht auf einen Krieg an mehreren Fronten ausgelegt, sondern auf eine schnelle Operation. Nach US-Angaben soll weiterhin rund ein Drittel der russischen Truppen an der Grenze stehen.

Die ukrainische Generalmobilmachung läuft weiter, weswegen neue Kämpfer für den Kampf um die Großstädte zusammengezogen werden können. Zusätzlich kommen weitere Waffenlieferungen aus dem Westen in der Ukraine an.

Die russische Mannstärke von vermutlich weniger als 150.000 Mann reicht kaum aus, um an den zahlreichen Fronten einen intensiven Häuserkampf zu führen und die Städte im Anschluss auch zu kontrollieren. Bei zunehmenden russischen Verlusten und sich hinziehenden Kämpfen sowie den Auswirkungen der Sanktionen gegen Russland könnte Putin im eigenen Land weiter in Bedrängnis geraten.

Auch das könnte Hintergrund der Gespräche sein, die nun zwischen den Konfliktparteien an der weißrussisch-ukrainischen Grenze stattfinden sollen. Putin hat große Teile der Südukraine und des noch in ukrainischer Hand verbliebenen Donbas unter Kontrolle gebracht und könnte aus dieser Position heraus Verhandlungen starten. Gut möglich ist natürlich aber auch, dass die Verhandlungen allein zur öffentlichen Wirkung, vor allem in Russland, beitragen sollen und keine ernsthaften Motive haben. Das wird der Tag zeigen.


Update 27. Februar, 16:00: Ukraine: Waffenstillstandsverhandlungen sollen noch heute beginnen – Putin versetzt Atomstreitkräfte in Alarmbereitschaft

Russland und die Ukraine sind zu gemeinsamen Waffenstillstandsverhandlungen bereit. Dies bestätigt das ukrainische Präsidialamt in Kiew. Sie sollen noch heute beginnen. Die Verhandlungen sollen nach Vermittlung des belorussischen Diktators Lukaschenko an der Ukrainisch-Belorussischen Grenze am Pripjet-Fluss nahe Tschernobyl stattfinden, heißt es. Russland hatte zuletzt um Friedensverhandlungen „ohne Vorbedingungen“ gebeten. Der ukrainische Präsident Zelensky hatte sich bereits zu Verhandlungen bereit erklärt, Putin hatte zuvor aber noch auf Verhandlungen in Minsk gepocht.

Der Hintergrund der Gespräche ist noch völlig unklar und damit auch, wie ernsthaft diese wirklich sein werden. Parallel kündigte Putin an, die Atomstreitkräfte in den Alarmzustand zu versetzen.

Militärisch hat sich die Lage um Kiew zur Stunde wohl festgefahren, die Ukraine konnte den vordringenden russischen Verbänden durch Angriffe aus dem Hinterhalt massive Verluste beibringen. Videos zeigen ausgebrannte russische Fahrzeugkolonnen in Vororten von Kiew. Die russische Hauptstreitmacht steht weiterhin wenige Kilometer vor der Stadt – die Kampflinie verläuft allerdings noch nicht im Stadtgebiet selbst, sondern im suburbanen Raum westlich und nördlich von Kiew. Der russische Angriff war offenbar nicht auf schwere Kämpfe wie diese ausgelegt, weswegen Russland weiterhin Nachschubprobleme zu haben scheint.

Weitere Erfolge konnte Russland im Süden einfahren – die Stadt Berdjansk konnte erobert werden, damit konnten sich die von Osten aus dem Donbas und von Süden aus der Krim kommenden russischen Truppen vereinigen und die Hafenstadt Mariupol abschneiden. In Charkiw im Osten wird weiterhin gekämpft, die Stadt steht aber im Wesentlichen noch immer unter ukrainischer Kontrolle. Schwere Kämpfe um Odessa könnten ebenfalls bevorstehen,  nachdem russischen Truppen bei Cherson den Dnepr überquert haben.


Update 27. Februar, 10:00: Der Krieg in der Ukraine wird immer blutiger: Erbitterter Häuserkampf in mehreren Großstädten

Erneut ist es den russischen Truppen nicht gelungen, die ukrainische Hauptstadt Kiew unter Kontrolle zu bringen. Die russischen Truppen konnten dennoch weiter in den Außenbezirken der Stadt vorrücken. Von ukrainischer Seite heißt es, die russischen Einheiten haben schwere Verluste erlitten. Russland hatte gestern eine erneute Offensive angekündigt, daraufhin waren in Kiew immer wieder Sirenen und Explosionen zu hören. Auch vom Stadtkern aus sind immer wieder Schusswechsel zu vernehmen. Der Häuserkampf hat begonnen.
Die Menschen brachten sich immer wieder in Schutzräumen in Sicherheit.
Die Ukraine konzentriert immer weitere Truppen zur Verteidigung der Hauptstadt aus dem Rest des Landes. Das Engagement scheint ungebrochen – immer mehr Menschen melden sich freiwillig zur Waffe. Offenbar geht man vielerorts zunehmend in eine Guerillataktik über, da die russische Überlegenheit an Militärtechnik erdrückend ist (mehr dazu, siehe unten).

Große Rauchschwaden und Feuer sind in Wassylkiw, einer Stadt südwestlich von Kiew, zu sehen, nachdem ein Öldepot in Flammen aufging. Die dortige ukrainische Luftwaffenbasis wurde wohl ebenfalls attackiert. Nordwestlich von Kiew heißt es, das ukrainische Militär hätte nahe Hostomel eine Einheit der berüchtigten tschetschenischen „Kadyrowzy“, der Privatarmee von Machthaber Ramzan Kadyro, geschlagen und dabei den General Magomed Tuschajew getötet. Südlich von Hostomel, westlich von Kiew, kam es zu Kämpfen in der Stadt Butscha, wo auch ein 9-stöckiges Wohngebäude von einem russischen Luftangriff getroffen worden sein soll.

Russland konnte derweil Erfolge im Osten und Süden des Landes erzielen. Nach nun mehr seit Donnerstagmorgen anhaltenden Kämpfen rund um die zweitgrößte ukrainischen Stadt Charkiw, drangen russische Truppen in die Stadt vor. Bilder aus der Stadt zeigen die Nacht hindurch schwere Explosionen und Häuserkämpfe. Die ukrainische Armee harrt weiter im Stadtkern aus.

Im Süden ist es Russland offenbar nach ebenfalls tagelangen Kämpfen und Rückschlägen gelungen, bei Cherson den Dnepr zu überqueren und den Marsch auf die strategisch wichtige Hafenstadt Odessa fortzusetzen. Auch östlich der Krim konnte Russland Geländegewinne erzielen. Mariupol könnte in den nächsten Stunden eingekesselt werden. Auch im Osten des Landes konnte Russland weiter ins Landesinnere vorrücken, wobei sich die Einnahme von größeren Städten aufgrund von Widerstand bis in den Häuserkampf als schwierig erweist.

Währenddessen hat Deutschland nach langem Widerstand den Ausschluss russischer Banken von dem vieldiskutierten Zahlungsdienstleistungssystem SWIFT zugestimmt und nun auch den Weg für Waffenlieferungen an die Ukraine freigemacht. Allerdings soll sich der SWIFT-Ausschluss zunächst nur gegen die russischen Banken richten, gegen die bereits andere Sanktionen beschlossen wurden. Sanktionen gegen die russische Zentralbank werden ebenfalls diskutiert, so weit ist es aber zum jetzigen Stand nicht gekommen.

In Russland kam es derweil zu Cyberangriffen, die Webseiten des Kremls waren teilweise offline und Berichten zufolge wurden zeitweise russische Fernsehkanäle gehackt und Bilder des Krieges in der Ukraine gezeigt.


Update 26. Februar, 09:30: Schlacht um Kiew 

Die russischen Erfolge bleiben deutlich hinter den Erwartungen zurück. Ein Kollaps der ukrainischen Armee ähnlich wie in Afghanistan vor wenigen Monaten findet nicht statt. Der ukrainische Präsident Selenskyi befindet sich weiterhin in Kiew und richtet sich in Videobotschaften an die Bevölkerung – ein Angebot der USA sich ausfliegen zulassen, lehnte er mit der Begründung ab, er brauche Panzerabwehrwaffen, keine Mitreisemöglichkeit. Dafür wird er von vielen Ukrainern in den sozialen Netzwerken als „wahrer, mutiger Anführer“ gefeiert.

Russische Truppen sind von Norden und Osten her in die Außenbezirke der Stadt Kiew vorgedrungen, konnten dort im Häuserkampf aber teilweise ausgebremst werden – es handelt sich wohl aber nur um einige Kommandos, nicht um die Hauptstreitmacht. Der russische Vormarsch hat sich insbesondere durch die langwierigen Kämpfe um den Flughafen Antonov und die zweitweise Rückeroberung seitens der Ukraine entscheidend verlangsamt. Südlich von Kiew versuchen die Russen aus der Luft den Militärflughafen Wassylkiw zu erobern.
Berichten zufolge soll die russische Armee massive Nachschubprobleme insbesondere mit Treibstoff haben.

Im Rest des Landes geht es nur stockend voran. Die Stadt Cherson wird am Dnepr weiterhin von ukrainischen Streitkräften gehalten, die so ein Vordringen auf die Hafenstadt Odessa blockieren. Russland gelang es zwar, die Stadt Metitopol östlich der Krim zu erobern, die Hafenstadt Mariupol im Donbas wird aber weiterhin von der Ukraine verteidigt. Die Millionenstadt Charkiw im Osten des Landes wurde bereits am Donnerstagmorgen von russischen Truppen erreicht, wird aber immer noch von ukrainischen Verbänden gehalten.

Insbesondere hier zeigt sich für Putin ein desaströses Bild: Denn selbst diese Städte mit großer russischsprachiger Minderheit laufen eben nicht über, sondern kämpfen entschlossen – teils auch, wenn sie eingekesselt sind.

Die ukrainische Armee wird Russlands Vormarsch im Sinne einer konventionellen Kriegsführung längerfristig nicht aufhalten können. Wenn allerdings jede ukrainische Stadt in der Form bis in den Häuserkampf Widerstand leistet, werden die russischen Kapazitäten vermutlich nicht ausreichen.

Russland versucht daher den Druck zu erhöhen und den Vorstoß zu beschleunigen – nicht nur durch die weitere Aktivierung von Ressourcen, sondern auch durch zunehmende Rücksichtslosigkeit. Videoaufnahmen zeigen, wie russische Raketen in Kiewer Wohnblöcken einschlagen, im Osten des Landes wurde ein Kindergarten beschossen, mehrere Kinder wurden ernsthaft verletzt. Putin versprach zum Anfang des Krieges, lediglich die ukrainische Armee entwaffnen zu wollen und Städte nicht anzugreifen. Das war offensichtlich eine Lüge.
Im Kiewer Norden wurde ein Heizkraftwerk angegriffen. Offenbar schreckt man auch vor einer Blockade der Versorgung der Bevölkerung nicht zurück.

— Michael A. Horowitz (@michaelh992) February 26, 2022

Auch tschetschenische Milizen verlegt Putin zur Stunde nach Kiew. Die islamischen Milizen sind für besondere Brutalität gegen eine „ungläubige“ Zivilbevölkerung berüchtigt. Offenbar hoffte Putin zuvor, ohne ihren Einsatz zum Erfolg zu gelangen.

Nach ukrainischen Angaben konnten Russland entscheidende Verluste beigebracht werden. Mehrere Flugzeuge wurden abgeschossen – das bestätigten mittlerweile auch die Vereinigten Staaten. Fast 3.000 russische Soldaten sollen bisher getötet worden sein, zahlreiche Militärfahrzeuge ausgeschaltet. Auf ukrainischer Seite dürften die Verluste entsprechend deutlich höher sein. Bilder von ausgebrannten Fahrzeugen nahe Kiew lassen blutige Gefechte mit Opferzahlen in dieser Größenordnung realistisch erscheinen.

Jetzt bedroht Russland auch Finnland

Russlands Präsident Wladimir Putin ruft die ukrainischen Soldaten derweil zur Revolte gegen die Regierung in Kiew auf. Das Militär solle die Macht im Land übernehmen, sagte Putin in einer im Fernsehen übertragenen Sitzung des russischen Sicherheitsrats. „Nehmen Sie die Macht in Ihre eigenen Hände, dann wird es für uns leichter, eine Einigung zu erzielen.“ Putin bezeichnete die ukrainische Regierung als eine „Bande von Drogenabhängigen und Neonazis“. Putin kündigte auch die Bombardierung von Städten an – vorgeblich, weil die Ukrainer dort Artilleriepositionen aufgebaut hätten. Ein Sprecher des Kremls erklärte derweil, man habe Kiew ein Verhandlungsangebot überbracht. Man wolle Gespräche in Minsk führen. Die ukrainische Seite schlug stattdessen Warschau als Ort für Gespräche vor. 

Frankreich scheint bereit, den ukrainischen Präsidenten Zelensky aus dem Land zu evakuieren. „Wir sind bereit, ihm notfalls zu helfen“, der französische Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian. Zelensky hatte erklärt, er und seine Familie seien im Visier Russlands und könnten getötet oder gefangengenommen werden. Am Donnerstagabend sagte der Präsident in einer Videoschalte zu seinen EU-Kollegen: „Das könnte das letzte mal sein, dass Sie mich lebend sehen.“

Russland macht scheinbar mit seiner Aggression nicht in der Ukraine halt. Putin hat nun Finnland und Schweden vor einem NATO-Beitritt gewarnt „Der Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO, die in erster Linie, wie Sie verstehen, ein Militärblock ist, hätte schwerwiegende militärische und politische Konsequenzen, die unser Land dazu zwingen würden, Gegenmaßnahmen zu ergreifen“, so eine Sprecherin des russischen Außenministeriums. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hatte die beiden nordischen Länder zur heutigen Krisensitzung der NATO eingeladen. Russische Medien melden, dass mindestens Helsinki einem NATO-Beitritt nicht abgeneigt sei.


Update 25. Februar, 14:00: Schlacht um Kiew in vollem Gange

Die russischen Truppen haben, von Weißrussland kommend, einen Korridor bis zur ukrainischen Hauptstadt Kiew geschlagen. Bei Vorzel wenige Kilometer vor der Hauptstadt und – unbestätigten Berichten zufolge – auch in Kiew selbst wird gekämpft. In der Stadt wurden alle fähigen Männer aufgerufen, sich zur Verteidigung Kiews bereit zu machen. 18.000 Maschinengewehre sollen bereits an die Zivilisten verteilt worden sein, wie das ukrainische Verteidigungsministerium berichtet.

Auch der ehemalige Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, ist auf Bildern zu sehen, wie er, Kalaschnikow in der Hand, sich mit anderen auf die Verteidigung der Hauptstadt vorbereitet. „Putin ist irre“, erklärt er in einem Interview für den amerikanischen Fernsehsender CNN. Meldungen zufolge sollen ukrainische Truppen im Stadtzentrum bereits in Defensivpositionen gegangen sein. 

An anderen Orten halten die ukrainischen Truppen wohl momentan ihre Verteidigungslinien. In der ostukrainischen Großstadt Kharkiv finden Gefechte und Bombardierungen statt. Auch im südukrainischen Melitopol wird gekämpft, rund um die Stadt Kherson an der Dnjepr scheinen sich die ukrainischen Truppen auch erfolgreich gegen die russischen Invasoren zu wehren. Nördlich von Luhansk an der russischen Grenze konnten die Ukrainer wohl eine russische Attacke zurückschlagen. Auch sollen die Ukrainer einen feindlichen Luftwaffenstützpunkt auf russischem Staatsgebiet bei Rostow bombardiert haben. 

Währenddessen hat Russland seine kompromisslose Haltung unterstrichen. In einem Telefonat mit Chinas Machthaber Xi Jinping habe Wladimir Putin erklärt, er sei zu „hochrangigen Verhandlungen“ bereit. So kommuniziert zumindest das chinesische Außenministerium den Verlauf des Gesprächs. Osteuropäische Nachrichtenagenturen melden auch, dass Russland bereit sei, eine Delegation für Verhandlungen nach Minsk zu schicken. Russlands Außenminister Lawrow stellte jedoch klar, dass Moskau von der Ukraine vorher das Niederlegen der Waffen erwartete.

Aufnahmen aus Russland zeigen, dass man tschetschenische, paramilitärische Truppen in die Ukraine schicken will. Die für ihre Brutalität bekannten Tschetschenen sollen wohl im Kampf um Kiew eingesetzt werden. Unterdessen fordern die Kämpfe immer mehr zivile Opfer.

Die ukrainische Armee ist wohl dazu übergegangen, sich vor allem auf die russischen Nachschubwege zu konzentrieren und den Vorstoß so zu verlangsamen.


Update 25. Februar, 10:30: Entscheidungstag: Kämpfe um Kiew haben begonnen

Nach Raketenbeschuss haben erste Gefechte in den Nordbezirken von Kiew stattgefunden – nach ukrainischen Angaben handelt es sich um russische Aufklärungstrupps, die Sabotageaktionen durchführen. Russland ist von Norden her allerdings mit seiner Hauptstreitmacht bis auf wenige Kilometer an die ukrainische Hauptstadt vorgedrungen. Es steht der Entscheidungstag an. Das ukrainische Verteidigungsministerium ruft die Bevölkerung dazu auf, sich mit Molotowcocktails zu bewaffnen.

Russische Kommandos operieren offenbar bereits in der Stadt, es kam zu einzelnen Schusswechseln wohl auch im Regierungsviertel. Präsident Selenskyi ist nach ukrainischen Angaben weiterhin in der Stadt – Russland soll versuchen ihn zu töten, heißt es. Die Lage ist unübersichtlich.

Auch um die Städte Charkiw, Cherson und Kramatorsk wird zur Stunde gekämpft.


Update 25. Februar, 06:00: Ukraine erobert Flughafen Antonov zurück – Russland bombardiert Kiew – Deutschland blockiert Sanktionen.

Am Donnerstag konnte Russland zunächst tief ins Landesinnere der Ukraine vordringen, an manchen Stellen ohne nennenswerte Gegenwehr. Am Abend konnte die ukrainische Armee den russischen Vormarsch aber dann zunächst aufhalten bzw. verlangsamen. Über Nacht reorganisierte Russland seine Truppen.

Die von der Krim aus kommenden russischen Bataillone konnten im Süden bei Cherson am Dnjepr aufgehalten werden. Die Stadt ist strategisch entscheidend für den russischen Vormarsch weiter ins südwestlich gelegene Odessa. Östlich der Krim hat Russland mit Melitopol die erste Großstadt erobert.

Im Norden eroberte Russland den zerstörten Kernreaktor von Tschernobyl nach schweren Kämpfen. Die radioaktive Strahlung am Reaktor soll sich nach den Kämpfen verzwanzigfacht haben.

Russland konnte dann in die Nähe der Hauptstadt Kiew vorrücken, hier liegt offenbar der Fokus der Attacke. Der von russischen Luftlandeeinheiten eroberte Flughafen Antonov (nur 15 Minuten vom Autobahnring um Kiew entfernt) konnte von ukrainischen Soldaten offenbar am Donnerstagabend zurückerobert werden, der russische Plan, von hier aus schnell weitere Truppen zu landen und direkt auf Kiew zu marschieren, schlug damit zunächst fehl.

Die Städte Charkiw im Osten und Odessa im Süden sind weiterhin umkämpft. Charkiw konnte Russland trotz schwerer Kämpfe über den ganzen Donnerstag nicht einnehmen – dramatische Bilder zeigen die Zivilbevölkerung, die in Metroschächten Schutz sucht.

Im Nordosten eroberte Russland die Stadt Sumy, dort finden allerdings weiterhin Kämpfe statt. Russland fährt dabei einen immer rücksichtsloseren Kurs gegen die Zivilbevölkerung – und bombardierte unter anderem die Hauptstadt Kiew und Mariupol. Über Kiew konnte die Ukraine offenbar einen russischen Kampfjet abschießen. Auch das Versprechen, keine ukrainischen Städte anzugreifen, wurde von Putin offensichtlich gebrochen. Damit drohen Tausende zivile Opfer.

Verifizierbare Opferzahlen gibt es bisher nicht. Angesichts teils schwerer Kampfhandlungen sind Todeszahlen von bis zu mehreren tausend Menschen realistisch – vor allem auf Seiten des ukrainischen Militärs. Am Donnerstagabend hieß es aus US-Geheimdienstquellen, ein Fall von Kiew stünde unmittelbar bevor – ein neues Kabul wurde befürchtet. Inwieweit ein solches Szenario eintritt, wird sich in den nächsten Stunden und Tagen zeigen. Russland hat die nahezu uneingeschränkte Lufthoheit – die ukrainische Armee, die aber immerhin über 2.000 Panzer und über 10.000 gepanzerte Fahrzeuge verfügt, ist jedoch offenbar entschlossen, sich zur Wehr zu setzen.

In Russland wachsen indes Proteste gegen den Krieg an. Unter anderem in St. Petersburg versammelten sich mehrere tausend Menschen. Vor allem an dieser Front könnte es für Putin brenzlig werden, sollte die Ukraine nicht in einer schnellen Aktion, sondern nur in langwierigen und verlustreichen Kämpfen zu besiegen sein.

Update 00:00, 25. Februar: Deutschland blockiert schwere EU-Sanktionen gegen Russland

Spätestens mit dem Einmarsch in der Ukraine am 24.02.2022 hat Wladimir Putin das erreicht, was ihn in den Augen vieler Beobachter antreibt: seinen Platz in den Geschichtsbüchern. Die totale Invasion der Ukraine ist vielleicht jetzt schon eine Zäsur dieses Jahrtausends. Zwischen den machtpolitischen, imperialen Ambitionen eines Wladimir Putins und dem offensichtlichen Unvermögen der euro-atlantischen Allianz, darauf eine adäquate Antwort zu formulieren, zerbricht ein Stück der internationalen Ordnung. 

Umso mehr bemüht sich der Westen, einige Entschlossenheit zu demonstrieren. Wie viele andere führende Politiker vieler Nato-Staaten hat Bundeskanzler Olaf Scholz in einer Videoansprache die Aggression Russlands klar verurteilt. „Dieser russische Krieg ist durch nichts zu rechtfertigen“, sagte Scholz am Dienstagabend aus dem Bundeskanzleramt. Putin wolle „die Zeit zurückdrehen“, strebe eine Renaissance der Sowjetära an. Scholz bemühte sich, diesen Ambitionen eine klare Absage zu erteilen: „Es gibt kein Zurück in die Zeiten vor 1989.“  Putin werde „nicht gewinnen“, erklärte der Bundeskanzler: Die Menschen in der Ukraine wollten „Frieden und Freiheit“. 

Die EU beschloss nun neue, allerdings sehr zaghafte Sanktionen gegen Russland. Es ist ausgerechnet Deutschlands Bundeskanzler Scholz, der verhindert, dass die EU darauf hinarbeitet, Russland aus dem Banken-Kommunikationssystem Swift auszuschließen. Auf diese Maßnahme hatte insbesondere die Ukraine gedrängt. Auch an den Energieimporten aus Russland wird zunächst nicht gedreht. Die Maßnahmen dürften Putin daher eher weniger beeindrucken. Die Solidarität mit der Ukraine beschränkt sich daher zunächst weiterhin auf Worte.

Biden-Ansprache: „Mit der vollen Wucht amerikanischer Macht verteidigen“

Joe Biden unterstrich in einer Ansprache die Einheit des globalen Westens. In seiner Ansprache aus dem Weißen Haus erklärte der US-Präsident: „Wladimir Putin hat diesen Angriff seit Monaten geplant.“ Der Kreml habe jeden ehrlichen Versuch der USA und ihrer Partner abgelehnt, die gegenseitigen Sicherheitsbedenken auszuräumen.  „Wir haben gewarnt, dass es so kommen würde. Und jetzt entwickelt es sich größtenteils so, wie wir es vorhergesagt haben“, rekurrierte Biden auf die Ankündigungen der USA in den vergangenen Wochen und Tagen, dass eine Invasion Russlands unmittelbar bevorstünde. „Wir waren transparent mit der Welt und haben Informationen darüber geteilt.“ Biden warf Putin eine „bizarre Aufführung“ vor und nannte die Behauptungen über Angriffspläne, Genozide und Massenvernichtungswaffen auf ukrainischer Seite „haarsträubend und unbegründet“. 

Der US-Präsident kündigte starke Sanktionen an. „Putin hat sich für diesen Krieg entschieden, und jetzt werden er und sein Land die Konsequenzen dafür tragen“, erklärte Biden bestimmt. In Abstimmung mit internationalen Partnern habe man monatelang eine Allianz aufgebaut, „die mehr als die Hälfte der Weltwirtschaft repräsentiert.“ Mit gezielten, langfristigen Sanktionen wolle man die Auswirkungen auf den russischen Staat maximieren. Im Finanz- und im Technologiesektor werde man Russland und Putins langfristigen Zielen erheblich schaden. Biden betonte die Solidarität in der NATO und die Verpflichtung der USA unter Artikel 5 des NATO-Vertrages. „Die USA werden jeden Zentimeter NATO-Territorium mit der vollen Wucht amerikanischer Macht verteidigen“, versicherte der Präsident. „Die NATO ist vereinter und entschlossener als je zuvor.“  Das Pentagon werde zusätzliche Truppen nach Deutschland und Polen entsenden. Russland gehe es nicht um ehrliche Sicherheitsinteressen, sondern um imperiales Verlangen.

Großbritanniens Premier Boris Johnson deutete unter anderem an, dass sein Land weitere Waffen an die Ukraine liefern könnte. „Unsere diplomatische, politische, wirtschaftliche und schließlich auch militärische Mission ist klar: Dieses grässliche und barbarische Unternehmen Wladimir Putins muss scheitern“, so Johnson in einer Fernsehansprache. „Wir sind bei euch. Wir beten für euch und eure Familien und sind an eurer Seite“, versicherte Johnson den Ukrainern. Die „Flamme der Freiheit“ werde in der Ukraine nicht erlöschen.  Auch er drohte Putin mit Folgen: „Heute werden wir uns mit unseren Verbündeten auf ein massives Paket mit wirtschaftlichen Sanktionen einigen, um der russischen Wirtschaft zu schaden. Zu diesem Zweck müssen wir gemeinsam die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas beenden, die Putin zu lange Macht über westliche Politik gegeben hat.“

 


Update 13:00: In einer Luftlandeoperation haben russische Truppen den Internationalen Flughafen Antonov erobert. Das bestätigen sowohl russische als auch ukrainische Behörden. Damit stehen russische Truppen nur noch 15 Minuten von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt. Zeitgleich sind Militärgebäude in Kiew unter Beschuss: Bilder zeigen, wie schwarzer Rauch über dem Hauptquartier des  ukrainischen Militärgeheimdienstes aufsteigt. Ukrainischen Truppen gelang es, mehrere russische Helikopter abzuschießen, dennoch hat Russland den Flughafen nun unter Kontrolle. Die russische Luftüberlegenheit ist insgesamt erdrückend.

Während die Front am Donbas von ukrainischer Seite stabilisiert werden konnte, sind russische Truppen im Süden weit ins Landesinnere vorgedrungen. Von der Krim aus marschierten sie bis an den Dnjepr.

Kämpfe um die Großstädte Odessa im Süden und Charkiw im Westen stehen wohl kurz bevor – Tausende zivile Opfer drohen.

 


Update 12:00: Russische Bodentruppen haben an verschiedenen Stellen mit der Offensive begonnen. Russland behauptet, man habe die ukrainische Luftwaffe am Boden zerstört. Die Ukraine bestreitet dies. 

Russische Panzer sind im Osten offenbar bis kurz vor Charkiw vorgedrungen – damit droht die erste Millionenstadt von den direkten Kriegshandlungen erreicht zu werden. Im 25 Kilometer entfernten Tschuhujiw fallen bereits Bomben. Die Stadt hat einen bedeutenden Militärflughafen. Russische Bomben haben aber bereits zivile Ziele getroffen. Wohnblöcke stehen in Flammen. 

Auch die Hafenstadt Odessa, westlich der Krim, wird von russischen Truppen angegriffen. Die Stadt wird seit den frühen Morgenstunden von Russland bombardiert – auch zivile Ziele wurden angegriffen. Die russische Schwarzmeerflotte hat mit der Truppenlandung vom Wasser aus begonnen. 

 

Auch von der Krim aus bewegen sich russische Einheiten auf das Territorium der Ukraine. Meldungen zufolge sind sie bereits 130 km ins Landesinnere vorgerückt. Von der Halbinsel bis an den Dnjepr – ohne Widerstand. 

Livestream-Videos, die CNN bestätigen konnte, zeigen russische Militärfahrzeuge, die beim Drei-Grenzenkontrollpunkt Senkivka zwischen Russland, Weißrussland und der Ukraine von Norden her auf ukrainisches Territorium vorrücken – lediglich gut 200 km von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt. 

Auch die russisch unterstützen Milizen im Donbas haben die Demarkationslinie überschritten, bisher aber nur geringe Geländegewinne erzielt. 

Es gibt keinen Zweifel mehr: Putin beabsichtigt die Ukraine vollständig zu besiegen. Es gibt noch keine verifizierbaren Zahlen über Opfer. Wenn die Kampfhandlungen in Odessa und Charkiw sich fortsetzen, drohen Tausende zivile Opfer. 

Im ganzen Land bilden sich bereits Autokolonnen von Menschen, die das Land verlassen wollen. Präsident Selenskyi ordnete die Generalmobilmachung an. 

In einer Presseerklärung kündigt Bundeskanzler Scholz „weitere, harte Sanktionen“ noch heute an.  „Es wird sich zeigen: Putin hat mit seinem Krieg einen schweren Fehler begangen.“ Er sprach von einer engen Abstimmung innerhalb der G7, der Nato und der EU an. „Dies ist ein furchtbarer Tag für die Ukraine und ein dunkler Tag für Europa.“

Heeresinspekteur Alfons Mais skizziert dabei die deutsche Verteidigungsfähigkeit so : „Ich hätte in meinem 41. Dienstjahr im Frieden nicht geglaubt, noch einen Krieg erleben zu müssen. Und die Bundeswehr, das Heer, das ich führen darf, steht mehr oder weniger blank da“, schrieb der Generalleutnant am Donnerstag auf LinkedIn. Die Optionen, die man der Politik zur Unterstützung des Bündnisses anbieten könne, seien „extrem limitiert“.

Die dpa erfuhr aus Verteidigungskreisen, dass die NATO ihre Verteidigungspläne in Osteuropa aktiviert – damit erhält die NATO weitreichende Befugnisse, etwa die Anforderung von Truppen.

 


In der Nacht kündigte Russlands Präsident Wladimir Putin eine „militärische Spezialmission“ an. Ziel sei es, die gesamte Ukraine zu „demilitarisieren und entnazifizieren“. Zuvor hatte die Ukraine ein Ultimatum verstreichen lassen, sich aus den noch unter ihrer Kontrolle befindlichen Teilen der Regionen Donezk und Luhansk zurückzuziehen und die dort etablierten russischen Marionetten-Staaten anzuerkennen.

Es folgte eine großangelegte militärische Operation, die sich nicht auf den Osten der Ukraine beschränkte. Der Generalstab der ukrainische Armee teilt auf Facebook mit: „Bericht des Generalstabs der Streitkräfte der Ukraine
Heute, am 24. Februar, um 5.00 Uhr, haben die Streitkräfte der Russischen Föderation mit dem intensiven Beschuss unserer Einheiten im Osten begonnen und auch Raketen- und Bombenangriffe auf Flugplätze in Boryspil, Ozernoye, Kulbakin, Chuguev, Kramatorsk und Chornobayevka gestartet, sowie auf militärische Einrichtungen. Zur gleichen Zeit hat der Angreifer den Artilleriebeschuss des Territoriums und der Siedlungen der Ukraine entlang der Staatsgrenze begonnen.
Die Luftwaffe der Streitkräfte der Ukraine wehrt einen Luftangriff des Eindringlings ab. Die Landesverteidigungskräfte sind in voller Kampfbereitschaft, haben Verteidigungsstellungen bezogen und halten diese. Die Lage ist unter Kontrolle.
Informationen über die Landung russischer Truppen in Odessa sind nicht wahr.
Lasst uns gemeinsam gewinnen!“ 

Das ukrainische Verteidigungsministerium verkündete in einer WhatsApp-Nachricht: „Nationale Verteidigungskräfte, die das Recht auf Selbstverteidigung gemäß Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen nutzen, begegnen mit Würde den Versuchen des Feindes, die Staatsgrenze zu durchbrechen.“

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba spricht von einem „großangelegten Krieg gegen die Ukraine“. Putin habe „gerade eine große Invasion der Ukraine gestartet. Friedliche ukrainische Städte werden attackiert. Das ist ein Angriffskrieg“, teilte der Minister bei Twitter mit.

Amateurvideos zeigen Explosionen in der Nähe der Städte Charkiw, Kramatorsk, Odessa, Mariupol und Kiew. Offenbar griff Russland die ukrainische Luftwaffe am Boden an – insgesamt wurden mindestens sechs Flughäfen angegriffen.

Vorangegangen waren Cyber-Angriffe auf die ukrainische Verteidigungskommunikation. Russland macht aus seinem landesweiten Angriff keinen Hehl: „Die militärische Infrastruktur, Einrichtungen zur Luftverteidigung, Militärflugplätze und die Luftwaffe der ukrainischen Streitkräfte werden mit Hochpräzisionswaffen außer Gefecht gesetzt“, teilte Moskau mit. Es ist offensichtlich ein unbegrenzter Angriff mit dem Ziel, die gesamte ukrainische Armee schnell außer Gefecht zu setzen.

Doch auch am Boden greift Russland an. Livestream-Videos, die CNN bestätigen konnte, zeigen russische Militärfahrzeuge, die beim Drei-Grenzenkontrollpunkt Senkivka zwischen Russland, Weißrussland und der Ukraine von Norden her auf ukrainisches Territorium vorrücken. Bei Odessa, einer strategisch wichtigen Hafenstadt westlich der Krim, gab es ebenfalls Explosionen – bisher unbestätigten Berichten der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge soll die Stadt auch von der russischen Schwarzmeerflotte mit Landungstruppen angegriffen werden.

Entlang der Frontlinie zu den Separatistengebieten bei Donezk und Luhansk kam es zu Gefechten, auch an der Grenze zur russisch besetzen Krim wurde geschossen. Der russische Angriff im Osten konzentriert sich offenbar auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol zwischen Krim und der russisch besetzten Ost-Ukraine. Aus Pentagon-Kreisen hieß es noch in der Nacht, dass nun 80 Prozent der russischen Soldaten an der Ukraine in Kampfstellung seien.

Präsident Selenskyi ist entschlossen, die Ukraine zu verteidigen. Er rief den Kriegszustand aus mit den Worten: „Wir sind stark. Wir sind zu allem bereit. Wir werden siegen“, so Selenskyi. Die ukrainische Armee schoss bis 7:30 MEZ nach eigenen Angaben fünf russische Flugzeuge und einen Helikopter im Osten des Landes ab.

Politiker nahezu aller westlicher Staaten verurteilten den Angriff scharf, der Nordatlantikrat der NATO hat für den Donnerstag eine Sitzung angesetzt. Präsident Biden verurteilte den „unprovozierten und ungerechtfertigten“ Angriff auf die Ukraine und kündigte „weitere Konsequenzen“ an. Bundeskanzler Scholz sprach von einem „dunklen Tag für Europa“ und sicherte der Ukraine volle Solidarität zu.

Die NATO-Staaten Polen, Lettland, Estland und Litauen haben Konsultationen nach Artikel 4 des Nordatlantikvertrags beantragt, in dem es heißt: „Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist.“ Die estnische Premierministerin Kaja Kallas sagte: „Russlands weit verbreitete Aggression ist eine Bedrohung für die ganze Welt und alle NATO-Staaten, und es müssen NATO-Konsultationen zur Stärkung der Sicherheit der Alliierten eingeleitet werden, um zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Verteidigung der NATO-Alliierten umzusetzen.“

Die Handlungsmöglichkeiten der NATO sind in dieser Situation allerdings begrenzt. Der pensionierte Generalleutnant der US-Amree Keith Kellogg analysierte gegenüber dem US-Sender Fox News, dass es „nicht viel“ gäbe, um eine russische Invasion der Ukraine aufzuhalten.

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