Ein demokratischer Rechtsstaat lebt vom Vertrauen in die Unabhängigkeit seiner Justiz – doch genau dieses Fundament wird in Polen nun von Premierminister Donald Tusk ins Wanken gebracht. Die geplante Neuordnung der Richterschaft ist kein Reformprojekt, sondern ein beispielloser Angriff auf die Gewaltenteilung.

Die von Premierminister Donald Tusk geführte Mitte-Links-Regierung Polens hat Pläne angekündigt, 430 Richter zu entlassen und weitere 1.200, die während der Amtszeit der vorherigen konservativen (PiS) Regierung ernannt wurden, zu degradieren. Am 11. April gab das Justizministerium bekannt, wie die Regierung mit mehr als 2.500 Richtern umgehen will, die vom PiS-nahen Präsidenten Andrzej Duda auf Empfehlung des Landesjustizrats (KRS) ernannt wurden. Tausende Gerichtsurteile, die sie gefällt haben, könnten angefochten werden, wenn ihre Ernennungen für ungültig erklärt würden.
Nachdem der KRS suspendiert worden war, wurde er während der Regierungszeit der PiS reformiert, und die meisten seiner Mitglieder wurden vom Parlament statt von Richtern gewählt. Das wurde von der Europäischen Kommission und dem Europäischen Gerichtshof in Frage gestellt, da es ihrer Meinung nach nicht gewährleiste, dass die Justiz unabhängig von der Regierung bleibe.
Laut polnischer Verfassung war die Wahlmethode für den KRS nicht festgelegt, und sie machte Duda für die Ernennung von Richtern aus den vom Rat empfohlenen Kandidaten verantwortlich. Sie sah keine Abberufung oder Entfernung von Richtern vor.
Laut den Vorschlägen der Tusk-Regierung sollen Richter in drei Kategorien unterteilt werden – basierend darauf, wie sie ernannt wurden. Die erste Kategorie umfasst etwa 900 neu ernannte Richteranwärter, die – um Richter zu werden – keine andere Wahl hatten, als sich vom KRS nominieren zu lassen. Laut den Vorschlägen der Regierung sollen diese Ernennungen bestätigt werden.
Die zweite Kategorie betrifft etwa 1.200 Richter, die vom KRS befördert wurden. Sie sollen laut Tusk-Plänen auf ihre vorherigen Positionen zurückgestuft werden – allerdings nicht vor Ablauf von zwei Jahren, um gerichtliche Abläufe nicht zu stören. Die dritte Kategorie betrifft 430 Richter, die aus anderen juristischen Berufen ernannt wurden. Sie sollen in ihre früheren Berufe zurückkehren oder als untergeordnete Justizbeamte eingesetzt werden – das heißt, sie würden aus dem Richteramt entfernt.
Laut dem stellvertretenden Justizminister Dariusz Mazur sei der Entwurf für die neue Gesetzgebung fertiggestellt und werde dem nächsten gewählten Präsidenten „unmittelbar“ nach dessen Amtsantritt Anfang August nach der Parlamentswahl im Mai vorgelegt.
Der derzeitige Präsident Duda lehnt die Vorschläge der Tusk-Regierung ab und hat bereits einen eigenen Gesetzentwurf zur Reform des KRS dem Verfassungsgericht vorgelegt. Die Regierung erkennt dieses Gericht nicht an, da – wie sie sagt – drei seiner 15 Richter während der PiS-Regierung unrechtmäßig gewählt worden seien.
Mazur wurde vom Portal Money.pl gefragt, ob die Regierung in Erwägung ziehe, dass einige Richter der zweiten und dritten Kategorie im Amt bleiben könnten, wenn sie die vom polnischen Ombudsmann Marcin Wiącek vorgeschlagenen Neutralitätstests bestehen würden. Der stellvertretende Minister erteilte der Idee eine Absage und sagte: „Das würde eine individuelle Überprüfung jeder einzelnen Person erfordern, was unserer Meinung nach unmöglich ist – zumindest nicht in angemessener Zeit.“ Weiter: „Wir können es uns nicht leisten, das gesamte Justizsystem zu destabilisieren und der Gesellschaft das Gefühl zu geben, dass die Justiz jahrelang im eigenen Saft schmort, anstatt Fälle zu lösen“, fügte er hinzu.
Mazur behauptete, „es gebe Länder, in denen solche Methoden in weitaus kleinerem Maßstab versucht wurden, und es habe nirgendwo funktioniert“, nannte jedoch keine Beispiele. Die Pläne des Justizministeriums wurden als Reaktion auf ein Gutachten der Venedig-Kommission erstellt – ein Gremium von Verfassungsrechtsexperten, das den Europarat berät. Es hatte im Oktober empfohlen, dass die betroffenen Richter nicht pauschal ausgeschlossen werden, sondern individuelle Bewertungen erhalten sollten.
Mazur erklärte auch, dass laut den Vorschlägen der Regierung die Urteile, die von unter der vorherigen Regierung ernannten Richtern gefällt wurden, gültig bleiben würden – mit nur einem einmonatigen Zeitfenster, in dem Betroffene beantragen könnten, Verfahren wieder aufzunehmen, wenn sie Einwände gegen den Status des urteilenden Richters hatten.
Da die Europäische Kommission Polen bereits wegen Rechtsstaatlichkeitsverstößen sanktioniert hat, fragte Brussels Signal am 15. April bei der Kommission an, ob sie die Justizpläne für akzeptabel halte. Obwohl sie sich bei Brussels Signal meldete, hatte sie zum Zeitpunkt der Veröffentlichung noch keine Antwort auf die Frage gegeben.
Dieser übersetzte Beitrag ist zuerst bei Brussels Signal erschienen.
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Bei aller Wertschätzung für die Redaktion von TE: Aber wer ist „Gastautor“? Mir fällt auf, dass in letzter Zeit hier immer häufiger Artikel von namentlich nicht genannten „Gastautoren“ erscheinen. So viel Zeit muss meines Erachtens sein, dass der Name direkt hier beim Artikel steht. Sonst drängt sich eine ungute Parallele zum berühmt-berüchtigten „Einmann“ auf.
Man stelle sich vor, einen solchen Umbau würde Orban in UNgarn veranstalten. Dann würde von Seiten Brüssels sofort ein Riesen Geschrei mit Ausschlussdrohungen und Geldentzug veranstaltet. Orban würde geächtet. Was lernen wir daraus: Wer gegenüber Brüssel buckelt, kann im eigenen Land alles durchziehen.
Läuft wie bei uns: erst werden die Richter auf Kurs gebracht, indem man Regierungs-hörige Kandidaten ohne ausreichende Qualifikation in höchste Ämter hievt ( analog Habarth) und dann schreibt man den Klimaschutz und andere linke Herzensthemen in die Verfassung und lässt sich diese Rechtsbeugungen dann höchstrichterlicg als rechtens bestätigen. So werden freiheitliche Demokratien in sozialistische Diktaturen umgewandelt, sozusagen auf links gedreht…
Schlimm! Dafür sind nicht so viele Millionen Polen in den 80ern mit Unterstützung von Johannes-Paul II. gegen den Kommunismus aufgestanden!
So etwas passiert halt , wenn lupenreine Demokraten
an die Macht kommen ….
Sagen jedenfalls die Figuren in Brüssel !
Was muss eigentlich noch alles geschehen bis die
Bevölkerung aufwacht ?
Wir sehen den Wandel von demokratischen Staaten in Polen, wir sehen es in Großbritanien, wir sehen es in Deutschland bei den Planungen (Ausweitung der Volksverhetzung um Bürgern das passive Wahlrecht zu entziehen) der noch nicht einmal in Kraft getretenen Regierung, unter dem Pinicchio der CDU/CSU, der Kanzler werden soll.
Das alles enstammt derm politischen Erbe seit Gründung der EU in den 90er Jahren. Das alles ist kein Zufall, wer in der Demokratie schläft wacht in der (EU)Diktatur auf.
Die bekannte Volksweisheit, nach der die Revolution ihre Kinder vertilge, transportiert die Vorstellung, eine gesellschaftspolitische Entwicklung schlage letztendlich auf ihre Verursacher oder zumindest ihre Nachfolger zurück.
Die zweifelsohne antidemokratische Repression in Polen kann in vielen Staaten der EU in unterschiedlicher Ausprägung beobachtet werden.
Jene Entwicklungen folgen dem seit der russischen Oktoberrevolution bekanntenSchema: Ideologie muß Bürgerlichkeit, sprich „gesunden Menschenverstand“, mit totatlitären Repressionsmaßnahmen bekämpfen.
Das historische Ende der Bolschewiki trat Ende der 1980 ein, worauf das Land mit den größten Rohstoffvorkommen eine Dekade schwerster soziale Wirrungen durchschreiten mußte, was für andere Länder wenig gutes verheißt.
> Die von Premierminister Donald Tusk geführte Mitte-Links-Regierung Polens hat Pläne angekündigt, 430 Richter zu entlassen und weitere 1.200, die während der Amtszeit der vorherigen konservativen (PiS) Regierung ernannt wurden, zu degradieren.
Höchste Zeit, dass JD Vance wenigstens über die nicht mehr unabhängige Justiz in der EUdSSR Tacheles redet. Mittlerweile hätte ich mehr Vertrauen in Moskauer Gerichte.
Mal abgesehen von der praktikablen Umsetzung und meiner Unkenntnis über das polnische Justizwesen finde ich den Ansatz sehr gut. Wenn ich meine Erfahrungen mit der deutschen Justiz vergleichbar zu Grunde lege, ist dieser Schritt fast unvermeidlich. Gewalt im Sinne von Gewaltenteilung beinhaltet immer den Hang zur Willkür.
Tusk ist doch der, der in Polen westliche Werte umsetzen sollte. Dafür hatte man ihn zum Ministerpräsidenten gemacht nachdem er sich in Brüssel als NATO loyal erwiesen hat. Und jetzt liefert er wie aufgetragen.
Genau! Das gilt gewissermaßen für die gesamte institutionelle EU: je öfter und vehementer pluralistische Werte angerufen werden, desto häufiger und nachdrücklicher werden sie in den Schmutz getreten.
Merke: das Handeln des „härtesten“ Monarchisten kann den Massen mehr zum Vorteil gereichen als jener der sich als Ur-Demokraten Gebierenden, die leider häufig vor allem ihre persönliche Bereicherung verfolgen.
Dies ist Ausdruck des schwierigen Erbes Brüssels von vdL