Italienische Regierung und EU lassen unkontrollierte Zuwanderung zu

Junge und übermütige Tunesier "fliehen" aus einem touristischen Urlaubshotspot, wo deutsche und französische Touristen die Hotelanlagen, Strände und Frühstücksbuffets bevölkern?

ALESSANDRO SERRANO/AFP/Getty Images

Das NGO-Schiff Ocean Viking durfte in Italien anlegen und alle illegalen Migranten, darunter fast ausschließlich Männer, an Land. Das Procedere, die Art und Weise ist wie immer dieselbe. Den psychischen wie gesundheitlichen Notstand an Bord auszurufen ist inzwischen Usus. Aber mit der neuen italienischen gelbroten Regierung fallen die Verhandlungen zur Aufnahme allemal leichter – es ist ja mit der EU so ausgemacht, und wenn die CSU und Innenminister Seehofer sich sogar so großzügig zeigen, jeden vierten „Flüchtling“ aufzunehmen – warum soll dann Contes zweites Kabinett blocken, selbst wenn die Häfen Siziliens, wie Lampedusa, total überfordert zu sein scheinen? Fakt ist, die Mehrheit der Italiener unterstützt Contes neue Politik der offenen Häfen nicht – und es zeichnet sich ab, dass die Stimmung nach den neuerlichen Aufnahmeabsichte weitneren Stimmenzuwachs für die Lega und Salvini sorgt – und auch, wie weitere Aufnahme und Verteilung die politische Stimmung in Deutschland beeinflussen wird.

Selbst der evangelischen Kirche um Bischoff Bedford-Strohm weht ein eisiger Wind ins Gesicht, seit sie sich bereit erklärte, ein eigenes Schiff zu chartern, um im Mittelmeer Menschen aufzunehmen, die sich nun in Massen aufs Wasser zum Ein- und Umsteigen begeben werden.

Einmal mehr ist auch das Schiff Alan Kurdi wieder unterwegs. Die letzten 13 „Flüchtlinge“ genannten Passagiere an Bord wurden vergangener Tage von Malta aufgenommen, das Schiff ist unter deutscher Flagge von der NGO Sea-Eye unterwegs, und hatte zuletzt sogar RTL-Reporter an Bord.

Innerhalb von zwei ganzen Tagen werden wohl Crewmitglieder auf den Rettungstrip vorbereitet. Zwölf an der Zahl, sowie hin und wieder Journalisten schippern also mit. Die Aufgabe eines Reporters, wie einst auf der Sea-Watch3 mit den NDR-Journalisten: Bilder und O-Töne liefern. Bitte aktuell und auch ein bisschen spannend und, wenn nicht aufregende, so doch bitte aufwühlende.

Im Großen und Ganzen aber zeigt sich, dass die Crew-Mitglieder, auch wenn sie in einem Crashkurs im Umgang mit angeblich traumatisierten „Flüchtlingen“ vorbereitet werden, immer hilfloser wirken, je länger sie mit den Passagieren auf engstem Raum an Bord eines Schiffes sind. Männer, junge wie ältere, die jedes Register als Druckmittel ziehen, um nach Europa zu kommen und die Schiffscrew damit massiv unter Druck setzen. Wie RTL und andere oft berichten, wollen Migranten sehr oft über Bord springen und direkt an Land schwimmen.

Junge und übermütige Tunesier also fliehen aus einem touristischen Urlaubshotspot, wo im Hochsommer deutsche und französische Touristen die Hotelanlagen, Strände und Frühstücksbuffets bevölkern.

Der RTL-Reporterin erzählt ein „Geretteter“, keine Zukunft habe man als junger Mann in Tunesien. Mit seinem Master-Abschluss finde er einfach keine Arbeit. Leider, so weiß der Autor dieser Zeilen, können die meisten dieser Männer etwaige Abschlüsse nur mündlich verifizieren und auf der Probearbeit oder bei Behörden, werden deren Wissen und Kenntnisse als niederschwellig eingestuft. So oder so, die über das Mittelmeer kommen und Europa, meist Deutschland als Wunschdestination angeben, sind nicht die von Politikern und Leitmedien angepriesenen Fachkräfte. Und wird erst einmal bekannt, dass deutsche Journalisten an Bord sind, beginnt das orchestrierte Schauspiel und die Druck ausübende Dynamik junger Männer, zwischen Leidensmiene und emotionaler Eskalation, die, nicht nur, aber speziell im Maghreb, Alltag ist.

Panik, Trauma und Furcht – an Bord der „Seenotretter“? Vor ihren Rettern? Die den aufgenommenen Passagieren doch immer wieder klar machen, dass diese weder zurück nach Tunesien müssen, noch nach Marokko, nach Libyen oder nach Ägypten.

Das Schiff Alan Kurdi unter seinem Kapitän Klaus Merkle und Missionsleiter Jan Ribbeck, beschreiben nun via Funk täglich, wie untragbar die Situation und der psychische Druck auf dem Schiff mit diesen Minderjährigen sei. Dass diese jungen Männer ganz bewusst in ein Boot gesetzt wurden, im Wissen darum, dass das Mittelmeer vor ihren Küsten mit sogenannten Rettern als gut frequentiert gilt, scheint den NGO nicht einleuchten zu wollen.

Nachdem Deutschland nun also 25% der neu angekommenen Flüchtlinge aufzunehmen gedenkt, wächst der Unmut, besonders bei Matteo Salvini und dessen ehemaligem Staff im Innenministerium, denn dort wisse man, wie lang solch ein Verteilungsprocedere dauern würde. Niemand, so ist aus Salvinis Lager zu vernehmen, würde den Bürgern reinen Wein einschenken. Die aufnehmenden Länder würden das Verfahren in die Länge ziehen, die Migranten müssten ja befragt werden, und die Administration bereite sich einmal mehr vor, und in der Zwischenzeit bleiben sie, die Migranten, alle in Italien (oder viele machen sich unkontrolliert gen Norden auf den Weg). Es sieht aus wie ein verabredetes Muster, was in der EU so akzeptiert würde.

Mehr als Lampedusa noch, werde Italien quasi „angegriffen“, das bereits jetzt voll sei mit Wirtschaftsmigranten, die innerhalb der EU eigentlich niemand zu mögen scheint. „Sie müssen alle wieder gehen“, sagt ein sizilianischer Bürgermeister. Außerdem könne sich die EU nicht nur für die einsetzen, die mit den NGO-Schiffen ankämen, was ist mit all den Phantombooten abseits der Scheinwerfer? Überall herumvagabundierende Männer, Männer, und nochmals Männer, die sich in Europa das holen wollen, was ihnen (nach ihrem Selbstverständnis) zustünde. Statt Demut und Dankbarkeit, zeigen viele von ihnen eine recht offensive Seite, endlich den Fuß auf europäischen Boden gesetzt. Es scheint ganz so, als kommen nicht nur auf Italien, aber auf Europa generell, unruhige Zeiten zu.

Salvinis Politik war überaus erfolgreich, das Sicherheitsgefühl hatte im Lande zugenommen, und auch heute scheint es so, als wären Streitkräfte und Staatsbedienstete wie die Guardia Costiera, die Polizei und Carabinieri allgemein dem ehemaligen Innenminister weiterhin sehr zugetan. Egal wo Salvini auch auftritt, Tage nach Einstieg der neuen Regierung, überall füllt er die Plätze und Hallen, Tausende, die zu seinen Kundgebungen kommen.

Auch die Bürger wollen mehrheitlich den Kurs Salvinis. Nur 11 Prozent wünschen sich tatsächlich offene Häfen a la EU, und das sind wohl eher Gesellschaftsläuterer des linken Spektrums. Die Lega geht ihre Opposition so an, dass Neuwahlen bald fällig werden.

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