Die Angst vor den „Populisten“: EU-Spitze plant Großoffensive gegen Rechts

Bei dem nächsten bevorstehenden EU-Gipfel sollen zahlreiche Maßnahmen gesetzt werden, um den Aufstieg der "Rechtspopulisten" zu stoppen.

picture alliance / abaca | Monasse Thierry/ANDBZ/ABACA

Europas Machtstrukturen stehen vor dem größten Umbruch seit Jahrzehnten: Immer mehr Nationen wählen Alternativen zu den alten Parteien, die neuen Konservativen steigen auf – in der EU-Zentrale herrscht Alarmstimmung.

Beim zweitägigen EU-Gipfel in Brüssel, der an diesem Donnerstag beginnt, wollen die Staats- und Regierungschefs erstmals gezielt Maßnahmen beraten, um den wachsenden Einfluss „rechtspopulistischer“ Bewegungen einzudämmen, berichtet aktuell Politico. Auf der Agenda stehen Themen wie Wohnungsnot, Migration, Verteidigungsausgaben und strengere Regeln für soziale Medien – alles Bereiche, in denen sich alternative Parteien „mit einfachen Antworten“ profilierten.

Seit dem Zweiten Weltkrieg haben Christ- und Sozialdemokraten sowie liberale Parteien das politische Gesicht Europas geprägt. Doch ihr Einfluss schwindet: In mehreren Ländern – von Italien über die Niederlande bis Ungarn – sitzen konservative Kräfte längst (mit) am Regierungstisch. „Europa muss zeigen, dass es die Sorgen der Menschen ernst nimmt – sonst überlassen wir das Feld jenen, die unsere Werte ablehnen“, warnte dazu die Grünen-EU-Abgeordnete Hannah Neumann.

Die Diskussionen beim Gipfel zielen auch auf eine symbolische Abwehr: Man wolle verhindern, dass in wenigen Jahren vier oder fünf oder mehr EU-Regierungen von rechten Parteien geführt werden – eine Situation, die die Handlungsfähigkeit der vdl-EU massiv gefährden würde. Bereits heute blockieren Viktor Orbán (Ungarn) und Robert Fico (Slowakei) Entscheidungen im Europäischen Rat, die Einstimmigkeit erfordern – oft aus gutem Grund. In Tschechien und Slowenien liegen konservative Parteien in Umfragen vorn, in Deutschland und Frankreich befinden sich AfD und Rassemblement National im Höhenflug, in Österreich ist die FPÖ in allen Umfragen weit vor ÖVP und SPÖ.

Ein zentrales Thema des Gipfels ist die Wohnungsnot, die in vielen Ländern soziale und politische Sprengkraft geworden ist. In den Niederlanden gewann Geert Wilders mit seiner rechten „Partei für die Freiheit“ 2023 die Wahl – getragen von Wut über steigende Mieten und Wohnungsmangel. In Portugal stieg die rechte Chega-Partei zur stärksten Oppositionskraft auf. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach bereits im Vorjahr von einer „sozialen Krise“ und kündigte mit Wohnbaukommissar Dan Jørgensen den ersten „EU-Plan für leistbares Wohnen“ an, der im Dezember vorgestellt werden soll.

Aufrüstung als Problemlösung?

Auch Verteidigung und Sicherheit spielen eine Schlüsselrolle. Insgesamt sollen die EU-Staaten in den kommenden vier Jahren 2,4 Billionen Euro in Rüstung und Verteidigung investieren – eine Summe, die erstmals mit der Bedeutung der Autoindustrie vergleichbar ist. „Verteidigung schafft Arbeitsplätze und stärkt Europas Sicherheit“, heißt es dazu aus Diplomatenkreisen. Dass diese gigantischen Ausgaben für eine tatsächliche Wirtschaftsbelebung und in den Sozialbereichen fehlen, wird ignoriert, ebenso wie die Unwirksamkeit von Subventionen.

Die EU will zudem den Einfluss rechter und extremistischer Stimmen in sozialen Netzwerken eindämmen. Plattformen wie X, Facebook und TikTok stehen im Verdacht, gezielt rechte Inhalte zu fördern. Die EU plant deshalb strengere Kontrollen und neue Transparenzvorgaben.

Auch die Migrationspolitik steht ab Donnerstag wieder zur Debatte – ein Feld, auf dem die politische Landschaft immer weiter rechts wird. Selbst sozialdemokratische Regierungen, wie jene in Dänemark, fordern inzwischen Asylverfahren außerhalb der EU. Diese Idee stammt ursprünglich von Ungarns Premier Viktor Orbán.

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Kommentare ( 60 )

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Sterling Heights
1 Monat her

Zu meinen europäischen Lieblingslaendern gehören 🇸🇰🇭🇺🇨🇿….

eifelerjong
1 Monat her

. „Europa muss zeigen, dass es die Sorgen der Menschen ernst nimmt – sonst überlassen wir das Feld jenen, die unsere Werte ablehnen“, warnte dazu die Grünen-EU-Abgeordnete Hannah Neumann“ Lese ich die Vita dieser Person bei Wikipedia, fällt mir rein NICHTS ein, was ich aus ihr als MEINEN Wert erkennen kan. ICH lese nur: Nie wertschöpfende Tätigkeiten im Sinne von „volkswirtschaftlicher Nutzen“ Zeitlebens der Allgemeinheit auf der Tasche gelegen. Sich nie außerhalb der Politblase bewegt.  Im Übrigen,Frau Neumann: Sie sollten einmal den Diercke-Weltatlas Ihrer Schulzeit hervorkramen ,um sich vor Augen zu führen, dass die EU bei weitem nicht Europa… Mehr

Last edited 1 Monat her by eifelerjong
a.stricker
1 Monat her

Welche Berechtigung hat denn diese auf links gedrehte EU sich in Wahlentscheidungen einzumischen, um willige Regierungen zu erreichen, die die „Werte“ der grünlinken Spinner teilen, die nur noch wenig mit den Werten der allgemeinen Bevölkerung gemein haben. Es wird immer offensichtlicher, dass „Unsere-Demokratie“ nichts mit Demokratie zu tun hat, sondern eher totalitäre Züge trägt

Lizzard04
1 Monat her

Ich bin mir sicher, dass ich nicht einen einzigen „Wert“ mit einem Grünen teile!

Nibelung
1 Monat her

Wer mit der menschlichen Existenz und seinen unterschiedlichen Vorstellungen nicht fertig wird, ist als Politiker völlig ungeeignet und sägt an der Statik menschlichen Seins, indem er an dieser solange herumbastelt bis sie zum Einsturz kommt und das kann es ja nicht sein weil es zerstörerische Elemente in sich trägt und nur eigenen Minderwertigkeitsgefühlen entspringt und das schlechte Gewissen plagt um dann Gewalt anzuwenden, was sich am Ende als kontraproduktiv erweist und Überzeugungsarbeit oder positive Ergebnisse lästig sind, weil man dann ja arbeiten muß, was nicht jedermanns Sache ist.

Buonarroti
1 Monat her

Gehört es zu den Aufgaben der Europäischen Kommission, unter Führung von Frau Ursula von der Leyen bestimmte politische Strömungen und Parteien zu fördern oder zu behinden?
Besteht diesbezüglich keine Neutralitätspflicht?

Phil
1 Monat her

Warte, da war doch mal was im letzten Jahrhundert, kurz bevor man den grossen Sprung nach vorn gewagt hat, welcher um die 45 Millionen Tote zur Folge hatte….. Ach ja: Die sogenannte „Anti-Rechts-Bewegung“ anno 1957 in China, bei welcher zwischen 1-2 Millionen Dissidenten willkürlich als „Rechts“ eingestuft wurden und in Erziehungshaft gesteckt, oder hingerichtet wurden. „Seit dem Zweiten Weltkrieg haben Christ- und Sozialdemokraten sowie liberale Parteien das politische Gesicht Europas geprägt. Doch ihr Einfluss schwindet: In mehreren Ländern – von Italien über die Niederlande bis Ungarn – sitzen konservative Kräfte längst (mit) am Regierungstisch. „Europa muss zeigen, dass es die… Mehr

Mr.Bolp
1 Monat her

Die EU-Eliten und das Establishment in Deutschland wirken auf mich so, als hätte man die komplette erste Mannschaft gegen die zweite Mannschaft ausgetauscht. Sie können Fußball spielen, sie kennen vielleicht die Tricks, aber es fehlt ihnen die Klasse. Und sie müssen immer befürchten ausgetauscht zu werden. Das Provinzielle und die Angst ausgetauscht zu werden steht unsern Politikern förmlich ins Gesicht geschrieben. Ich kenne solche Gernegroße auch aus dem beruflichen Umfeld. Sie agieren in Leitungspositionen oft besonders unnachgiebig und dominant, um ihren Mangel an Charisma und Können zu kompensieren.

Innere Unruhe
1 Monat her

Ich würde mich gerne an der Diskussion beteiligen, aber wer ist ein Rechtspopulist? Wie kann ich verlässlich prüfen, ob eine Haltung rechtspopulistisch ist? Wieso ist es in Dänemark akzeptiert, dass man Menschen nach ihrer Herkunft klassifiziert und die Nichtwesteuropäer nur in begrenten Größen zusammenwohnen lässt? Oder ihnen aufgrund ihrer Herkunft Kindergartenbesuche vorschreibt? Oder sie an der Grenze einfach abweist oder zurück in die Heimat Syrien bringen will? Warum ist es dort normales sozialdemokratisches Programm,. in DE aber rechtspopulismus oder gar schon mehr? Solange wir keine europaweite Definition von Rechtspopulismus haben, sind solche Vorhaben Willkür. Und wie sieht es aus, wenn… Mehr

eifelerjong
1 Monat her
Antworten an  Innere Unruhe

Wenn schon das abwertende Adjektiv „RECHTSpopulistisch“, dann auch „ÖKO-, LINKS-populistisch, denn JEDE politische Strömung ist bemüht, für dieeigene Idee, die Gunst der Wähler zu gewinnen.

Metric
1 Monat her

Es geht ja gar nicht um „rechts“ oder „links“, diese Begriffe sind völlig überholt und ziehen nur noch in D (weil rechts=böse). Fico in der Slowakei ist links, ein klassischer Sozialdemokrat. Die alle überragende Gretchenfrage ist, ob sich jemand bedingungslos der NATO (und dem ihr hörigen EU-Apparat) unterordnet oder nicht. Das macht für die EU Orban und Fico viel gefährlicher als die „rechten“ Meloni oder Wilders, die in der Frage herumlavieren.