Römisches Zivilgericht: Corona-Verordnung der Regierung verfassungswidrig

Erneut wurden die Corona-Maßnahmen der italienischen Regierung in Frage gestellt. Endgültig rechtskräftig ist das zwar nicht, die Entscheidung spricht dennoch eine klare Sprache. Von Maximilian Zimmermann.

imago images / Panthermedia

Die sechste Sektion des Zivilgerichts in Rom hat in einer Anordnung vom 16. Dezember geurteilt, dass verfassungsmäßig garantierte Freiheiten nicht durch Dekrete des Ministerpräsidenten aufgehoben werden können – damit attackiert das Gericht direkt die Corona-Verordnung von Ministerpräsident Conte, die im November in Kraft trat und weitreichende Einschränkungen legitimiert.

Heft 01-2021
Tichys Einblick 01-2021: Wer schützt unsere Demokratie vor Corona?
Damit stellt sich das Gericht in eine kontinuierlichen Reihe von italienischen Gerichtsurteilen, die in den letzten Monaten Corona-Maßnahmen auf ihre rechtliche Substanz und Legitimation angezweifelt haben. Im August hatte bereits das städtische Gericht in Frosinone einer Klage stattgegeben, die sich gegen die Sperrstunden gerichtet hat. Damit wurden erstmals die rechtlichen Grundlagen für den Notstand gerichtlich angezweifelt. Anschließend hat das regionale Verwaltungsgericht Lazio Anfang Dezember in einem Urteil die pauschale Maskenpflicht für Schüler als „unverhältnismäßig“ bezeichnet und dem Gesetzgeber eine mangelnde epidemiologische Begründung attestiert. Zudem verlangte das Gericht Einsicht in die Protokolle des wissenschaftlichen Ausschusses, die der Regierungsverordnung zugrunde liegen, aber nie veröffentlicht wurden.

Das römische Zivilgericht urteilte in der jüngsten Klage gegen die Regierungsmaßnahmen, die sich auf die Senkung der Mieten vor dem Hintergrund der Notlage bezieht, dass die Verzögerungen bei der Zahlung der Mieten nicht auf die gesundheitliche Notlage zurückzuführen sind, da die Schließung von Unternehmen mit dem daraus resultierenden Umsatzrückgang nicht die Folgen Pandemie selbst sind, sondern auf eine Reihe von administrativen und regulatorischen Maßnahmen beruhen, die die Grundfreiheiten beschränkt haben. Daher müsse geprüft werden, ob die Maßnahmen legitim seien oder nicht.

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Die Schlussfolgerung des Gerichts war hierbei, dass diese Maßnahmen in der Tat ungerechtfertigt und illegitim sind, da die Ausrufung des Ausnahmezustands im Januar dieses Jahres laut Gesetz nicht für gesundheitliche Notfälle gelten könnte. Ebenso illegitim sei auch das Gesetzesdekret vom März 2020, auf dessen Grundlage der Premierminister begann, alle nachfolgenden restriktiven Maßnahmen zu erlassen, weil das fragliche Dekret die Grenzen der Befugnisse, die sich der Premier nahm, nicht im Vorfeld festlegte. Schließlich seien alle folgenden Dekrete des Premierministers fraglich, die stark in die von der Verfassungscharta garantierten Rechte eingegriffen haben, ohne dass sie aufgrund ihres Charakters als Verwaltungsakte tatsächlich Rechtskraft besaßen.

Hierzu muss jedoch gesagt werden, dass es sich bei dem Urteil des römischen Verwaltungsgerichts nicht um einen letztinstanzlichen Rechtsspruch handelt, sondern lediglich um eine Art Gutachten des Gerichts, das an den obersten Kassationsgerichtshof weitergeleitet und dort bestätigt werden muss, um die Regierungsmaßnahmen zu kippen. Nichtsdestotrotz ist das fundiert begründete Urteil ein nicht unerhebliches Signal an die Regierung in Rom, dass ihr Vorgehen zumindest fraglich ist und Gerichte im Zweifelsfall bereit sind, Anordnungen zu kippen.

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Kommentare ( 11 )

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reiner
3 Jahre her

unabhängig wer,der harbarth ? müssen sie da selber nicht lachen.

EndemitdemWahnsinn
3 Jahre her

Sehe ich genauso. Wenn die Lage so dramatisch und gefährlich ist, müssten die Gesundheitsbehörden, Testzentren usw. im 24 Stunden Notstandsbetrieb ohne Rücksicht auf Wochenenden und Feiertage arbeiten und auch genausoviel testen und entsprechend Zahlen melden. Der Lockdown ist genauer betrachtet tatsächlich garkeiner, der Alltagsbetrieb läuft zu 90% weiter, nur alles was irgendwie mit Freizeit und Vergnügen zu tun hat, wo meist gar keine riesigen Menschenmassen mit wenig Abstand aufeinandertreffen ist stillgelegt. Wer wirklich Angst vor dem Virus hat kann ja auch freiwillig auf Freizeitaktivitäten verzichten. Was soll außerdem eine nächtliche Ausgangssperre bewirken, wo nachts ja sowieso weniger Leute unterwegs sind… Mehr

Sonny
3 Jahre her

Da hätte Conte sich besser mal bei merkel erkundigt, wie man das macht. Wenn die Gesetze solche Freiheitseinschränkungen nicht hergeben, sollte man vorher ruckizucki ein Ermächtigungsgesetz einfügen. Quod erat demonstrandum, wie der Lateiner so hübsch formuliert.
Dann regiert es sich auch viel einfacher.
Besonders, wenn man das Parlament außer Kraft setzen möchte.

Aufgewachter
3 Jahre her
Antworten an  Sonny

Ist doch ganz einfach, die Gewalttäter, Psychopathen, Frauenschläger des Landes in Antifa umfirmieren, bezahlen und zur nachhaltigen Einschüchterung auf die Bevölkerung loslassen… klappt bei Merkel auch.

Reinhard Peda
3 Jahre her

Und wie weit sind die in Portugal?:
„PCR-Test nicht zuverlässig“ | Salto.bz

moorwald
3 Jahre her

„…nicht die Folgen der Pandemie selbst sondern einer Reihe von administrativen und regulatorischen Maßnahmen…“
Genau so ist es. Nicht das Virus schließt Geschäfte und schickt Millionen in die Kurzarbeit und Tausende in die Insolvenz. Enthält Schülern ihr Recht auf Unterricht vor.

Korner
3 Jahre her

So etwas ist von unseren Gefälligkeitsgerichten nicht zu erwarten. Alles wurde in der Merkelära auf links gedreht, selbst die Gerichte. Wenn Merkel nicht viel kann, Propaganda und politische Agitation, da kann ihr so schnell keiner das Wasser reichen. Gelernt ist eben gelernt.

GWR
3 Jahre her
Antworten an  Korner

Und nicht vergessen, sie hat ihr ergebene Leute im Verfassungsgericht platziert.
Aber anderen europäischen Ländern Verstösse gegen die Rechtsstaatlichkeit vorwerfen.

StefanB
3 Jahre her

„Zudem verlangte das Gericht Einsicht in die Protokolle des wissenschaftlichen Ausschusses, die der Regierungsverordnung zugrunde liegen, aber nie veröffentlicht wurden.“

In Deutschland ist es inzwischen völlig undenkbar, dass ein Gericht vom gesetzlich bestimmten Amtsermittlungsgrundsatz Gebrauch macht. Da wird mit ganz wenigen Ausnahmen ganz „auf Linie“ entschieden.

Peter Mueller
3 Jahre her

In Italien hat man offensichtlich nicht rechtzeitig die Richter ausgetauscht. Beim BVerfG war man cleverer. Da macht man schon mal einen umstrittenen Berufslobbyisten zum Präsidenten.

Last edited 3 Jahre her by Peter Mueller
Manfred_Hbg
3 Jahre her
Antworten an  Peter Mueller

Öhm, und deshalb leben wir nun ja auch im besten Deutschland, das wir je hatten. „Zynism/Iro/Sark off)