Rettet das Grundgesetz

Die Bürger wissen heute: Sie sind schutzlos einer Willkürmehrheit ausgeliefert. Auf das Grundgesetz ist kein Verlass mehr. Es sei denn, wir retten es vor dieser Regierung und ihren Abgeordneten.

„Im Grundgesetz sind die wesentlichen staatlichen System- und Werteentscheidungen festgelegt. Es steht im Rang über allen anderen deutschen Rechtsnormen.“ So definiert der Deutsche Bundestag das Grundgesetz. Für seine Veränderung wird eine Zweidrittel-Mehrheit verlangt; auch die Länderkammer muss zustimmen.

Aber neuerdings ist das Grundgesetz ein Gesetz ohne Grund geworden: Es kann so hingebogen werden, aber auch anders, ganz so, wie es der Bundesregierung gefällt. Und es geht blitzschnell:

Zwischen Gesetzentwurf zur möglichen Autobahnprivatisierung, dem Beschluss im Bundestag sowie dem Beschluss im Bundesrat reichten Anfang Juni gerade 48 Stunden. Insgesamt wurden innerhalb weniger Stunden 13 Grundgesetzänderungen in einem Rutsch beschlossen.

Ähnlich ratzfatz ging es bei der „Ehe für Alle“: Auf einem Plüschsessel im verschwurbelten Deutsch von der Bundeskanzlerin am Montag angekündigt wurde das Grundgesetz am Freitag geändert. Indem man seine Bedeutung umdefiniert hat. So einfach geht das. Es zählt nicht das Gesetz, sondern was eine Mehrheit darunter verstehen will. Heute so, morgen eben anders, lautet das Signal. Wenn aber ein Wort nicht mehr das Wort ist, ist das Wort wertlos.

Nun kann man zur Ehe für Alle unterschiedliche Meinungen vertreten: Für die Anhänger ist die Öffnung der Ehe eben für jeden, der will, ein ungeheurer Akt der Befreiung. Für die letzten Konservativen wird eine elementare kulturelle Errungenschaft zerstört. Eigentlich sollte man darüber diskutieren, streiten. Vielleicht wäre ein Kompromiss vorstellbar gewesen: Nachdem die homosexuelle Partnerschaft ohnehin rechtlich weitgehend gleichgestellt ist und die Partner wie selbstverständlich vom Ehegattensplitting profitieren, auch wenn sie nur in den seltensten Fälle Kinder aufziehen, fehlt eigentlich nur noch das Adoptionsrecht, um die Partnerschaft der Ehe gleich zu stellen.

Aber darum geht es hier nicht. Es geht um einen symbolischen Akt, eine „wesentliche Wertentscheidung“, die gegen konservative Kreise umformuliert und zum endgültigen Triumphzug der Gay-Bewegung werden soll.

Und das also in einer buchstäblichen Nacht- und Nebelentscheidung.

Wie auch immer man zum Ergebnis stehen mag: Dieser Vorgang kann nur entsetzen: So verächtlich werden also Grundsatzentscheidungen in diesem Land getroffen. Das Grundgesetz wird reduziert auf ein Gesetz wie jedes andere: Was heute gilt, kann in 48 Stunden schon ins Gegenteil verkehrt sein. Ohne Debatte, ohne Diskussion, blitzschnell. Kurz vor dem Wochenende. Es ist ein Schlussverkauf.

Dafür wird den Abgeordneten der Fraktionszwang erlassen, erklärt uns die Kanzlerin. Fassungslos steht man davor – kein Wort mehr vom Abgeordneten, der nur seinem Gewissen verantwortlich ist, wie es ebenfalls im Grundgesetz steht. Das Gewissen der Abgeordneten wird nur noch in Ausnahmefällen und auf Anordnung der Kanzlerin befragt. Noch nie in der Geschichte haben sich Bundesregierung, Parteien und Abgeordnete so kaltschnäuzig über Geist und Wortlaut hinweg gesetzt, noch nie wurde das Grundgesetz so geringschätzig behandelt wie ein beliebiges Stück Papier, auf dem herumgetrampelt werden kann: Wie es gerade gefällt.

Danach wurde das Netzdurchsetzungsgesetz durchgepeitscht, ein Anschlag auf das grundgesetzlich verbürgte Recht auf Meinungsfreiheit. Der Konfetti-Regen der Schwulenparade hatte sich noch nicht gesetzt. Lächerlichkeit tötet, auch die Ehre eines Parlaments.So zerstört man Demokratie.

Aber schauen wir nach vorne. In der Integrationsdebatte wird von den Befürwortern einer Integration im Schnellwaschgang vorgeschlagen: Migranten sollten sich nur an das Grundgesetz halten müssen.

Die Frage ist: An welches? An das, das wir noch ehrenvoll in Erinnerung haben oder an das jederzeit in kürzester Frist änderbare, das innerhalb weniger Stunden in sein Gegenteil verkehrt werden kann? Die Bürger wissen heute: Sie sind schutzlos einer Willkürmehrheit ausgeliefert. Auf das Grundgesetz ist kein Verlass mehr. Es sein denn, wir retten es vor dieser Regierung und ihren Abgeordneten.

Dieses ist ein Tag der Schande für den Bundestag.

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Kommentare ( 211 )

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Einar von Vielen
6 Jahre her

Ich sehe da keinen Widerspruch, da die jungen infantilen Kräfte meiner Meinung nach diejenigen sind, die sich für den Weg des geringsten Widerstandes entschieden haben, also dafür, das Tafelssilber aus dem Siechenheim zu tragen um es mit den neuen Herren zu teilen (wobei sie zu dumm sind um zu verstehen, dass sie von diesen nur für das Heraustragen benötigt werden).

henry paul
6 Jahre her

Das GG ist 1949 durch die Alliierten der BRD anempfohlen worden als Ordnungsrahmen einer Besatzungsmacht für das besetzte Land. 1990 wurd emit der FAKE-Friedensvereinbarung und FAKE Wiedrvereinigung das GG praktisch aufgehoben, weil ab diesem Termin durch die Pariser NEU-Verträge die alten Deutschland-Verträge wieder aktiv und die HLKO wieder eingeführt- das GG also obsolet gestellt. Das was die Regierung und das Parlament im Moment „vorfphren“ ist ein Show, ist Schall und rauch. hat mit Grundgesetz etc nix zom due. Aus der Natur der Lügensache geht hervor, dass ich NIEMAND traut, diese Wahrheiten offen und dem VOLK zu offenbaren. Wir sind nun… Mehr

henry paul
6 Jahre her

Die GG gibt es nicht mehr. Sie ist im Prinzip einfach obsolet geworden, weil die Ordnung ( also das GG für die Besatzungs-Verwaltung) des besetzten Gebietes heute wieder durch die HLKO und die Besatzer vulgo EU/ NATO fungieren. Deutschland ist seit 1990 – also falsch als Wiedervereinigung bezeichne, eine „Rückwärts-Entwicklung“ durchlaufen zum Überleitungsvertrag und Deutschland-Vetrag. Also herrscht wieder der Besatzer. Die Kontrollrats-Mitgliedr ahben ihre Macht an die EU über sog. mutual contracts abgegeben. Somit gibt es die BRD 4 nur noch als Besatzungsland unter US-Herschaft nach deren autokratischem Willen oder Haager Landkriegs Ordnung- was auf dasselbe hinausläuft. Deutschland ist Diktatur.… Mehr

Johann Thiel
6 Jahre her

Falsch! Es klingt nicht besser, auch keine „Winzigkeit“. Es ist lediglich eine Wiederholung des bereits gesagten. Das unbegründete Abwertung fragwürdig ist, bedarf keiner Argumentation da es offensichtlich ist. Da Sie aber scheinbar aufgrund eigener fehlender Argumente zum eigentlichen Thema, von diesem ablenken wollen, beende ich an dieser Stelle unseren kleinen Austausch und überlasse Sie wieder Ihren parlamentarischen Betrachtungen.

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her
Antworten an  Johann Thiel

Sie unterdrücken Sprache durch stereotype Behandung wie die Genderisten und andere Sprachwächter. I-gitt.

Sören Hader
6 Jahre her

„..und wenn wir weiter diese Partei wählen, haben wir keine andere Bundeskanzlerin verdient.“

Genau.

„Wir reden hier über die Partei deren Vorsitzende die Richtlinien der Politik für Deutschland bestimmt, nicht über einen Kleingartenverein, obwohl…. :-)“

Ja sorry, was erwarten Sie denn jetzt? Weil die Bevölkerung die Bundeskanzlerin wieder bestätigen wird, soll wenigstens die Partei Merkel entmachten? Es gehört nun mal zu den demokratischen Spielregeln, dass die Mehrheit bestimmt, wer Kanzler wird. Ich bin mir bei Ihnen nicht so sicher, ob Sie diese Regel generell akzeptieren.

Johann Thiel
6 Jahre her
Antworten an  Sören Hader

Ja, wird sind alle ein wenig verunsichert. Ich z. B. bin mir nicht ganz sicher wie Sie zur Arbeit der Bundesregierung bzw. der Bundeskanzlerin stehen. Geben Sie mir doch diesbezüglich mal einen Tip.

Sören Hader
6 Jahre her

Herr Thiel, ich würde nicht das Gerichtsurteil in Ordnung finden, aber das Rechtssystem als solches schon. Wegen einem Urteil wird sich nicht meine Gesamteinstellung zu dem Thema ändern.

Sören Hader
6 Jahre her

Yepp.

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Auf die Idee, dass Sie mit Ihrer Grundsätzlichkeit sich selber der Unterstellung grundsätzlich bedienen, kommen Sie nicht?

Johann Thiel
6 Jahre her

Wie gesagt – grundsätzlich fragwürdig, wenn unbegründet – wie in Ihrem Fall.

Dragan Isakovic
6 Jahre her

1) „Nunja, die CSU wollte ja klagen, tat es aber nicht. Man hätte aber auch vor einem normalen Gericht klagen können.“ Ach, was sie nicht sagen. Laut Verfassung liegt die Sicherheit der Grenzen beim Bund. Bayern wollte eigene Grenzkontrollen durch führen, weil der Bund seinen verpflichtungen nicht nach kam. Es handelt sich in diesem Falle um eine Organklage, also Land gegen Bund. Wie kommen sie auf die Idee, hier als Privatperson klagen zu können??? 2) Es geht nicht darum, ob die Flüchtlinge bleiben können, sondern wer überhaupt Flüchtling ist. Wenn das nicht überprüfbar ist, bleiben alle. Das ist der jetztige… Mehr

Herbert Wolkenspalter
6 Jahre her

Begriffes „faul“ um mißliebige Kritik und Argumente zu diskreditieren, läßt darauf schließen das ausreichende Gegenargumente fehlen.

Warum schließen Sie aus, dass ein Begriff zutreffen kann – und auch sonst Analysen, wenn Sie nicht von Ihnen stammen?