„Ehe für alle“ – und schwupps gibt Merkel eine CDU-Position auf

2013 wurden alte Unions-Positionen blitzschnell geräumt: gesetzlicher Mindestlohn, Mietpreisbremse, Frauenquote usw. Das war beim Thema Kernkraft schon im Frühjahr 2011 mit Blick auf drei Landtagswahlen der Fall. Nun also die Ehe.

Früher, als nicht alles besser, aber mancher anders war, früher also, liefen Wahlkämpfe so ab: Parteien warben, stritten, kämpften leidenschaftlich für ihre Programme, ihre Überzeugungen. Das haben Angela Merkel und die Union geändert. 2013 wurden alte CDU/CSU-Positionen mit Blick auf Wähler und Umfragen blitzschnell geräumt: gesetzlicher Mindestlohn, Mietpreisbremse, Frauenquote usw. Dasselbe war beim Thema Kernkraft schon im Frühjahr 2011 mit Blick auf drei Landtagswahlen der Fall.

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89 Tage vor der Wahl zeigt sich die CDU-Vorsitzende abermals sehr flexibel. 73 Prozent der Wähler sind laut Umfragen für die vollständige Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften mit der traditionellen Verbindung von Mann und Frau. Zudem haben SPD, Grüne und FDP die „Ehe für alle“ zum K.0.-Kriterium für künftige Koalitionen erklärt. Da ist Merkel blitzschnell auf den fahrenden Zug aufgesprungen: Flugs erklärt sie die „Ehe für alle“ zur Gewissenentscheidung. Das bedeutet: Befürworter der „Ehe für alle“ innerhalb der CDU/CSU-Fraktion können mit den anderen Fraktionen stimmen – wenn nicht mehr vor der Wahl, dann im neuen Bundestag.

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Merkel hat in der Vergangenheit immer betont, „anderen Lebensformen“ als „Mann und Frau, Ehe und Familie“ stehe ein „vergleichbarer grundgesetzlicher Schutz nicht zu.“ Nun gut: Jeder hat das Recht, seine Meinung zu ändern. Aber die Kanzlerin hat bisher nicht gesagt, warum sie nichts mehr dagegen hat, wenn Abgeordnete von CDU/CSU mit Rot-Rot-Grün im Bundestag für die „Ehe für alle“ stimmen.“ FDP-Chef Christian Linder hat ihren Positionswechsel als „weise“ gelobt. Lindners Lob ist natürlich vergiftet. Mancher konservative Wähler wird sich am 24. September der Stimme enthalten. Und die LSBTTIQ*-Community (Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle, Transgender, Intersexuelle und Menschen, die sich als Queer verstehen) wird wegen dieses Kurswechsels nicht plötzlich zur Union überlaufen.

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Meine Prognose: Die „Ehe für alle“ kommt. Und spätestens 2025 gilt als rückständig, wer den grundgesetzlichen Schutz von Ehe und Familie nicht auf Dreier-Beziehungen ausweiten will.

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Wahlkampfweisheit zum Tage: „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern, nichts hindert mich, weiser zu werden.“ Ob Konrad Adenauer Umfragen auch für Quellen der Weisheit hielt?

Hugo Müller-Voggs Countdown zur Wahl erscheint immer dann, wenn sich an der Wahlkampffront Interessantes tut.

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Kommentare ( 93 )

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Luisa
6 Jahre her

Mit Sorgfaltspflicht meine ich Politiker und MSM. An den TE-Autoren kann man sich ein Beispiel nehmen, wie Themen, die das Wahlvolk wirklich interessieren, mit Tiefgang erforscht und aufbereitet werden. Aber wenn 89 Tage vor der Wahl Fragen der Toleranz diskutiert werden, während durch diese politische Landschaft eine Völkerwanderung biblischen Ausmaßes herumgeistert und Schwerverbrechen verübt, verwundert es nicht, wenn Bürgern „die Gäule durchgehen“. Es ist ohnehin unglaublich, was für ein disziplinierter Menschenschlag wir sind. Unsere Nachbarstaaten schütteln den Kopf über das, was uns politisch zugemutet wird und wir den unbeschreiblichen Demütigungen zuschauen. Gut erzogen, selbstbewusst oder heroisch dumm? Wer provoziert uns… Mehr

SBgB
6 Jahre her

Anders als den meisten Kommentatoren hier ist mir die Ehe für alle völlig egal. M.M.n. ist das sowieso nur ein „Nebenkriegs-Schauplatz“, um von wirklich wichtigen Themen abzulenken. In Berlin reiben sie sich ob der emotional geführten Debatten die Hände und können im stillen Kämmerlein schon die nächste Schweinerei austüfteln.

Rufus
6 Jahre her

„Mancher konservative Wähler wird sich am 24. September der Stimme enthalten…. “

Ich möchte diesen meines Erachtens verkürzten Satz mal auf seine volle Aussagekraft bringen:

… oder der AFD den Vorzug vor der Union geben.

Hellweg
6 Jahre her

Herr Müller-Vogg, wie halten Sie das aus? Wechseln sie schnellstens die Partei!

treu
6 Jahre her

Nehmen Sie es mir bitte nicht übel oder persönlich, aber eher glaube ich wieder an den Weihnachtsmann und Osterhasen, als daran, daß Merkel irgendetwas räumen will oder wird, egal ob vor oder nach der BT-Wahl, wenn sie erneut Kanzlerin ist! Und auch die konservativsten Abgeordneten beißen nur deshalb die Zähne zusammen, weil sie feige und devot sind und natürlich um ihre lukrativen Privilegien, Posten und Pöstchen bangen. Normalerweise müßte wenigstens jetzt ein Aufstand der Anständigen durch CDU und CSU toben. Natürlich nicht zu erwarten. Denn wie heißt es doch so treffend: „Erst kommt das Fressen, dann die Moral“.

Lothar Finger
6 Jahre her

Unser Finnen machen es uns vor:

http://1nselpresse.blogspot.de/2016/12/auch-in-finnland-zieht-sich-die.html

Gruß
L.J. Finger

Hinrich Mock
6 Jahre her

Die „Ehe für alle“ ist laut BVerfG grundgesetzwidrig. Ganz neues Urteil.

Wenn im nächsten Bundestag die AfD vertreten ist, kann sie gemeinsam mit Teilen der Unionsparteien womöglich die Rotrotgelbgrünen in dieser Frage überstimmen bzw. eine Grundgesetzänderung blockieren.

Hellweg
6 Jahre her
Antworten an  Hinrich Mock

Genau! Der Eilantrag der GRÜNINNEN wurde abgelehnt.
Den LGTBQ-Gender-Lobbyisten und -Aktivisten kann es gar nicht schnell genug gehen. Nur nicht drüber nachdenken, einfach abstimmen fertig.
Ja, wo leben wir denn?
Es ist erstaunlich, in welch kurzer Zeit dieses Thema, das anfangs noch belächelt wurde,so schnell hochgehypt wurde.
Kann jemand mal die Pfade auf facebook und Twitter nachvollziehen? Das ist nicht so meins.
Einfach unglaublich, diese Chuzpe, das noch zwei Tage vor der Sommerpause durchs Parlament peitschen zu wollen.
Daß Gewissheiten in diesem Land sich so schnell auflösen können, ich fasse es nicht.

Hinrich Mock
6 Jahre her

Mein Abgeordneter hat schon Anfang Dezember 2013 von mir Klartext bekommen und eine ebenso klare Ansage. Er hat sich entschieden. Da kann ich ja nun nicht dranbleiben, ich bin kein Missionar, und die Entscheidung ist sowieso ausschließlich auf dem Platz.

onkelotti
6 Jahre her

Diese Frau ist schlicht unerträglich. Sie ist eine kaltherzige Opportunistin und ein politischer Wendehals. Ihre Partei scheint nur ein notwendiges Übel zum Machterhalt, während sie eisern und ohne Gegenwehr (!) das Tafelsilber der ehemals konservativen Union für weitere vier Jahre verhökert, in denen sie Kernthemen der politischen Diskussion im Handstreich entscheidet, ohne Rücksichtnahme auf Parlament oder eigene Partei. Und das allerschlimmste: Von der Wählerschaft wird dies gutgeheißen und Frau Merkel als „bürgernah“ empfunden.

Gerd
6 Jahre her

Von Wende zu Wende – so könnte man die Biografie der ehrenwerten Bundes- kanzlerin betiteln. Ach nein, dieser Titel ist ja schon belegt von Erich Mende für sein Buch. Wenn man das Lebenswerk der überaus ehrenwerten Bundes- kanzlerin betrachtet, dann darf man nicht erst bei der Energiewende anfangen, nein es begann schon viel früher: 1. die Wende von der strammen Marxistin zur CDU-Ministerin für Umwelt und Asse-Chaos 2. Sturz ihres Mentors Helmut Kohl als Parteivorsitzender der CDU 3. die Zustimmung zum italienischen Notenbankpräsidenten statt Axel Weber aus Deutschland 4. die unsägliche, unsoziale, hirnrissige Energiewende 5. die Übernahme gigantischer griechischer Schulden… Mehr