Bei Maybrit Illner – Szenen einer Ehe

Nun liegt sie also in Scherben, die Regierungs-Ehe auf Zeit. So ist es halt – Homo oder Hetero – bis dass der Tod oder das Amtsgericht sie scheidet. Oder die Wahlurne.

Screenshot: ZDF/maybrit illner

Viele Geschiedene kennen das – am Ende bleibt der Blick zurück im Zorn. Der Mann sagt: Ich habe dir alles gegeben, habe alles gemacht, was du wolltest. Die Frau fühlt sich trotzdem kleingehalten, untergebuttert, nicht ernst genommen. Das Finale entzündet sich schließlich an Bagatellen. Etwa an der Ehe für alle.

Die SPD ist in unserer kleinen Metapher die Frau, die alles bekommen hat, was sie sich wünschte – Mindestlohn, Atomausstieg, Bundeswehr, Grenzöffnung – und trotzdem unter dem dominanten Merkel einging wie eine Primel. Nun hofft sie auf neue Höhepunkte mit Grünen und Knallroten, obwohl derdiedas Merkel ihr auch bei der Ehe für alle (kurz Efa) geneigt war, entgegenzukommen.

Folgerichtig ging es auch bei Maybrit Illner eher um das Auseinanderbrechen der Legislaturpartnerschaft Union-Sozis als um Efa an sich. Michael Kretschmer von der CDU Sachsen sieht seine Partei von der SPD „überrumpelt“, die am heutigen Freitag mit der rotrotgrünen Mehrheit zu einem „ganz bitteren Ende der Groko“ führt.
Thomas Oppermann, ganz die alte SPD-Zicke, sagte: „Wir haben das schon immer gewollt, aber Merkel hat uns nicht gelassen!“

Wer sich für die täglichen Sandkastenspiele unserer Berliner Problemkinder nur oberflächlich interessiert, hat das womöglich verpasst: Am Montag saß die Kanzlerin bei einem lockeren Damenkränzchen der Zeitschrift Brigitte, wo sie unter anderem enthüllte, dass sie sich früher geärgert habe, dass sie ihre Leinen-Kleidung nicht faltenfrei gebügelt bekommen habe. Irgendwann aber äußerte sie zum Thema Ehe für alle: Bei so einer entscheidenden Frage wolle sie keine Vorgaben machen. Statt Parteitagsbeschlüssen wünsche sie sich eine Diskussion, die „eher in Richtung einer Gewissensentscheidung geht“.

Oppermann entzückt: „Gewissensentscheidung? Dann aber auch sofort.“ Flugs setzte die SPD für den heutigen Freitag eine Abstimmung zu Efa an. „Da war für uns das Fenster offen“, frohlockt Oppermann. „Hätte sie es am Dienstag gesagt, wäre es nicht mehr möglich gewesen.“ Robin Alexander, Autor von „Die Getriebenen“, geht davon aus, dass „Merkel sich schlicht verplappert“ hat. Taktische Ränkespiele sieht er eher bei Schulz, der aus einem Nebenthema ein großes Ding machen wolle. Alexander erinnern die Spielchen an die Polit-Groteske „House of Cards“. Dass nach einer Brigitte-Talkshow, nur weil die Kanzlerin sich verplapperte, in vier Tagen ein solches Gesetz auf den Weg gebracht werden soll, beschädige die Würde des Parlaments.

Bettina Böttinger vom WDR wird auf jeden Fall ihre Frau (die gerade in Afrika Gutes tut) heiraten, sobald das Gesetz durch ist. Hedwig von Beverfoerde, eine konservative Aktivistin, sieht in dem Gesetz einen Zivilisationsbruch, dem durch ein unwürdiges Ränkespiel zum Durchbruch verholfen wird. Auch Kretschmer will gegen das Gesetz stimmen.

Warum haben wir Efa eingangs als Bagatelle bezeichnet? Nach den Statistiken, die auf freiwilligen Auskünften beruhen, reden wir von rund 94.000 homosexuellen Paaren (2015), davon 43.000 eingetragene Lebenspartnerschaften. Da hat Deutschland gerade andere Probleme zu lösen. Die mit Millionen Flüchtlingen etwa. Und wem es ums Wohl von Kindern geht: Von 3 Millionen Alleinerziehenden kommen viele kaum über die Runden.

Efa zeigt, wie verkorkst das System bereits ist. Laut Grundgesetz sind die Abgeordneten nur ihrem Gewissen verpflichtet, in der Wirklichkeit aber einem Fraktions- oder Koalitionszwang. Zu recht mahnt Alexander an: „Eine Gewissensfrage war das vorher auch, nicht erst seit einem Brigitte-Fest.“ Bezeichnenderweise findet Sozialdemokrat und Jurist Oppermann, dieser Hinweis sei „eine fundamentalistische Einwendung“ (wie das?). Gilt beim Maas‘schen Zensurgesetz, das ebenfalls heute durchgewinkt werden soll, auch die Gewissensentscheidung?

Wohl auch deswegen kam in der Sendung, anders als bei solchen mit Themen, die den Leuten wirklich unter den Nägeln brennen, hier keine Stimmung auf – außer bei der Frage, wer nun wen reingelegt habe. Nicht mal der konservativen Hedwig wurde der Vorwurf der Homophobie gemacht. Irgendwann führte Bettina B. dann an, dass es ein sprunghaftes Ansteigen von Gewalttaten gegen Homosexuelle gebe. „Gerade auch in Berlin!“ Aber das wurde nicht weiter thematisiert. Und was sagt der Islam (der doch angeblich zu Deutschland gehört) zu Efa? Warum war kein Vertreter der Muslime geladen?

Der Star des Abends aber war der 16jährige Raphael, der von zwei Homosexuellen als Pflegekind aufgezogen wurde. Mit Anzug und Krawatte, eloquent wie ein alter TV-Hase, und dann noch gerade in die CDU eingetreten. Der war für die Homo-Ehe. Zu diesem Zeitpunkt? Welcher Zeitpunkt ist schon ideal?

Ein wesentlicher Punkt des Efa-Gesetzes ist die Adoption, die aber hier nur gestreift wurde.

Staatsmonopolist Oppermann vertraut den Jugendämtern, wir eher nicht, wir erinnern uns an Fälle, in denen Jugendämter alles andere als geeignete Zeitgenossen als Pflegeeltern für Kleinkinder einsetzten.

Bettina Böttinger durfte dann noch die „bayerische Ehevariante“ bringen, von Horst mit Zweitfrau und Kind in Berlin. Und mit Illners Frage „Worunter leiden Kinder am meisten, Frau Böttinger?“ wollen wir‘s auch gut sein lassen. Aus direkter Erfahrung kann Frau Böttinger das nicht wissen? Mit kaum mehr Wissen darüber und ohne wirkliches Interesse dafür wird heute früh abgestimmt – in Berlin.

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Kommentare ( 10 )

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Tom
6 Jahre her

Ein „Vorzeige-aufgezogenes-Kind“ durch ein homosexuelles Paar. Sorry, es gibt sicherlich bald genügend Gegenbeispiele von traumatisierten jungen Erwachsenen, die dann selbst kriminell werden mit dieser Begründung (wie es Gerichte dann bestimmt so feststellen werden). Mir geht es dabei hier in dem Zusammenhang mit diesem Artikel noch nicht einmal inhaltlich darum. Ich finde es schlicht schockierend, einen „Vorzeigejungen“ einzuladen. Das ist massive Propaganda, sonst gar nichts. Und das finde ich schlimm (egal ob man pro oder kontra ist – genauso schlimm wie das reißerische Hervorheben von kleinen Kindern als Flucht- oder Kriegsopfer). Da erheben die Eliten den moralischen Deutungsanspruch und sind moralisch… Mehr

T. Pohl
6 Jahre her

Schön wär’s!

Stefan Lanz
6 Jahre her

Bis vor ein Tagen habe ich mich noch geärgert, habe gehadert – über diese Politik, diese Politiker und die Menschen in diesem Land, die so etwas wählen. Nach dieser Show zur Ehe für alle (jetzt müsste es wohl auch der Letzte kapiert haben, dass wir von Minderheiten regiert werden), werde ich meine Strategie ändern: Ich werde mir ab heute bewusst von aussen ansehen, wie dieses Land vor die Wand fährt. Ich werde mich bewusst zurücklehenen und mich darüber amüsieren, wie alles zusammenbrechen wird, ich werde zusehen, wie diese ganzen Leute, die heute immer noch Altparteien wählen, weil sie Angst davor… Mehr

Alexander Wildenhoff
6 Jahre her
Antworten an  Stefan Lanz

Wo soll´s denn hin gehen, Herr Lanz?

Schwabenwilli
6 Jahre her

Vorhin gelesen. In Deutschland gibt es zur Zeit 94000 gleichgeschlechtliche eingetragene Partnerschaften.
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/ImFokus/Bevoelkerung/GleichgeschlechtlicheLebensgemeinschaften.html

Jetzt amtlich, die Zahl der Ausländer hat sich in den letzten zwei Jahren um 1.9 Millionen erhöht,
https://www.welt.de/politik/deutschland/article166097005/In-Deutschland-leben-mehr-als-zehn-Millionen-Auslaender.html
ca. 80% davon dürften Moslems sein.

Was denken sie, wo ich jetzt meine Besorgnis Priorität setzten sollte?

AngelinaClooney
6 Jahre her

Ich bin gespannt wie tolerant in Zukunft sich die anwachsende muslimische Community in Verbindung mit den erzkonservativen Verbänden (Ditib etc) in unserem Lande gegenüber homosexuellen Mitbürgern zeigen wird und über welche Formen der „Ehe“ wir in einigen Jahren dann diskutieren werden……

Peter Gramm
6 Jahre her

nicht der Wille des Volkes soll umgesetzt werden, sondern die Vereinnahmung von Diäten und sonstigen Vergünstigungen ist oberstes Ziel. Das alles noch ohne große Leistungsnachweise. Paradiesische Zustände.

Tensie
6 Jahre her

Aufösung der SPD wäre ja zu schön, um wahr zu sein. Die anderen dürften sich dann auch gleich mit auflösen. Am besten in Luft.

Jörg Themlitz
6 Jahre her

Sehe ich auch so. Damit hat die SPD eines ihrer letzten populären Themen für den Wahlkampf verloren. Gerechtigkeit für alle und ähnlich Phrasen holen niemanden für die SPD an die Urne.
Das Beste für alle! egal welche politische Richtung, keine Groko II.

Gerd Dammhirsch
6 Jahre her

In welche Gesellschaft sollen sich die Millionen einströmenden Muslime integrieren? In diese Anything-goes-Kultur? Wenn die herkömmliche Mann-Frau-Ehedefinition nicht grundgesetzlich geschützt ist (sonst hätte ja heute nicht abgestimmt werden dürfen), dann kann man demnächst auch Polygamie durch einfaches Gesetz einführen. Dann kann man auch der Empfehlung des Deutschen Ethikrats vom September 2014 folgen, den Geschwisterinzest zu entkriminalisieren und § 173 StGB abzuschaffen (das Grundrecht der erwachsenen Geschwister auf sexuelle Selbstbestimmung sei stärker zu gewichten als das „abstrakte Schutzgut Familie“ [sic!] ), und im nächsten Schritt dann logischerweise die Geschwisterehe einführen. Bin bloß ich so verspießert, dass ich die Entwicklung, die dieses… Mehr