Wahl von Hans-Georg Maaßen: Katzenjammer bei Spitzen von CDU und AfD

Hans-Georg Maaßen ist zurück auf der Bühne, nur diesmal nicht als weisungsgebundener Spitzen-Beamter, sondern als einfaches CDU-Mitglied, der von mehreren Kreisverbänden der Christdemokraten im Süden Thüringens gebeten worden war, als Kandidat für die Bundestagswahl zur Verfügung zu stehen.

picture alliance/dpa | Michael Reichel

Dieses erste Mai-Wochenende dürfte bei Spitzenpolitikern gleich mehrerer Parteien in Deutschland in unguter Erinnerung bleiben. Bis zuletzt hatte man gehofft, die Kandidatur des langjährigen Chefs des Inlandsgeheimdienstes der Bundesrepublik, Hans-Georg Maaßen, auf einer Liste der CDU zur Bundestagswahl verhindern zu können. Besonders im Konrad Adenauer-Haus in Berlin, neben dem Kanzleramt die unverändert zweite Machtzentrale Angela Merkels, dürfte die Stimmung auf den Null-Punkt gesunken sein. Wie gern hätte man den Mann, der sich offen gegen die Ausländer-Politik seiner Partei gestellt hatte und die vom Kanzleramt verbreitete Behauptung von Hetzjagden auf Ausländer in Chemnitz aufgrund besseren Wissens nicht bestätigte, schien man als Störenfried in den Ruhestand entsorgt zu haben.

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Und jetzt das! Der mutige Jurist Hans-Georg Maaßen ist zurück auf der Bühne, nur diesmal nicht als weisungsgebundener Spitzen-Beamter, sondern als einfaches CDU-Mitglied, der von mehreren Kreisverbänden der Christdemokraten im Süden Thüringens gebeten worden war, als Kandidat für die Bundestagswahl zur Verfügung zu stehen. Wieder einmal kam es erstens anders und zweitens, als man dachte. Das ganze Gebilde von innerparteilichen Abhängigkeiten, Absprachen und – wenn es sein muss – auch masssivem Druck war mit einem Mal wirkungslos. Dabei ist jedem klar, dass ein Mann vom Kaliber Maaßens im Falle seiner Wahl nicht als Hinterbänkler und Abnick-Puppe, wie so viele andere, vor sich hin schlummern wird.

Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird nach dem ersten Schock eine Umarmungsstrategie gefahren werden, nach dem Motto: „Erst einbinden, dann einwickeln und schließlich einschläfern!“ Doch wetten, dass auch diese Masche nicht funktionieren wird. Im Gegenteil, für die Vielen in der CDU, die sich schon lange nicht mehr in ihrer Partei zuhause fühlen, ist Maaßen schon jetzt die Figur der Hoffnung zu einer Rückkehr der Partei Konrad Adenauers und Helmut Kohls zu ihrer wertkonservativen Substanz.

So froh man in der CDU gewesen wäre, der unbotmäßige Jurist hätte sich in Richtung AfD orientiert, um ihn als rechtsradikal abstempeln zu können, umso weniger glücklich dürften sich jetzt auch Gauland & Co fühlen. Denn Maaßens erklärtes Ziel ist es, bisherige Wähler der AfD für die Union zurückzugewinnen – sozusagen eine Rückabwicklung der Merkel-Strategie. Das Schönste dabei aber ist, und man muss es noch einmal betonen, dass eine Stigmatisierung als „Rechtsaußen mit Nazi-Nähe“ ins Leere läuft, denn bei einem so peniblen Mann wie Maaßen, ist davon auszugehen, dass er keinen Millimeter von dem CDU-Grundsatzprogramm abweicht, es höchstens ergänzen wird. Bleibt die SPD. Auch hier dürfte so mancher enttäuschte sozialdemokratische Stammwähler von einst, mit dem Gedanken an Maaßen, Interesse an der CDU finden.

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Einzig die heute als Linkspartei firmierende SED und die Grünen dürften schmunzeln, lässt sich doch mit Maaßen das alte Feindbild CDU wieder aufpolieren. Andererseits hatten sich die Baerbocks und Habecks schon so kuschelig an Merkels Schulter angelehnt, dass ein Dahinschwinden der schwarz-grünen oder grün-schwarzen Option auch Magengrimmen verursachen dürfte. Einzig unberührt dürfte die FDP bleiben.

Für Maaßen heißt es jetzt, eisern die Nerven zu behalten. Die vereinigte Linke und ihre Hilfstruppen in den Medien werden eine Treibjagd eröffnen und dabei vor Hetze und Verleumdungen, auch weit unter der Gürtellinie, nicht zurückschrecken. Doch an Hans-Georg Maaßen werden sie sich die Zähne ausbeißen. Ein Mensch, der als erwiesener Spitzenjurist jede Möglichkeit hätte, Kohle zu scheffeln und sich den angenehmen Dingen des Lebens zu widmen, anstelle dessen den schweren Gang durch die Mühen der Ebene mit all seinen banalen und trostlosen Momenten wählt, ist nicht so schnell zu beeindrucken. Maaßen hat das, was heute so vielen fehlt: klare demokratische Grundüberzeugung, Verlässlichkeit und vor allem Prinzipientreue. Beim Nachdenken über Maaßen fiel mir unwillkürlich der Philosoph Sloterdijk ein, der kürzlich auf die Frage, ob er sich jetzt in der Corona-Zeit einsam fühle, antwortete: „Wieso denn einsam? Ich habe doch mich.“ So ist auch Hans-Georg Maaßen – frei, mutig und unabhängig.


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Kommentare ( 84 )

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Thorsten
2 Jahre her

So sehr ich Maaßen respektiere, so kann bzw muß ich warnen: eine Stimme für ihn, ist eine Stimme für die Fortsetzung der Merkel-Politik in einer grün-schwarzen Regierung.
Deutschland braucht eine „geistig moralische Wende“ wie sie Kohl als Programm ausgegeben hat. Dies könnte nur in einer Regierung aus CDU und FDP – UND WENN ES NICHT REICHT – AfD geschehen …

odol
2 Jahre her

Dass die AfD so furchtbar traurig über die Nominierung von Maassen ist, sehe ich nicht. Auch habe ich nirgends Statements der AfD gelesen, die auf so etwas hindeuten. Es ist doch so, dass es deutliche Auflösungserscheinungen bei der CDU gibt, wenn ich an die Vorgänge im CDU Landesverband Mecklenburg-Vorpommern denke. Dort hat der CDU Vize, von Beruf in honoriger Position Direktor des Amtsgerichts Greifswald, eigentlich alles in Frage gestellt, was Merkel bisher betrieben hat. Angefangen von der illegalen Migration 2015 , bis zu den abenteuerlichen Verschuldungsorgien von Merkel, um das nicht überlebensfähige EU Konstrukt über Wasser zu halten und Merkel… Mehr

Altchemnitzer
2 Jahre her

Die AfD sollte ihre Träume beerdigen. Sie ist keine Alternative. Völlig harmlos und ideenlos. Wenn ich an die Zeiten von Lucke oder gar Petry denke, sehe ich zur Zeit im Bundesvorstand nur ein großes Schwarzes Loch. Aber kein astronomisches, welches alles schluckt.

Juergen P. Schneider
2 Jahre her

Natürlich ist Maaßen für viele enttäuschte CDU-ler ein Hoffnungsschimmer. Die Merkel-Entourage ist dennoch die Mehrheit in der Funktionärsebene der Christdemokraten. Maaßen wird den Untergang des links-grünen aber schwarz lackierten Kanzlerwahlvereins nicht aufhalten. Die haben zu viele ehemalige Anhänger verärgert und sie als Nazis und Rassisten abgekanzelt. Hunderte von Merkel-Anhängern werden in den nächsten Jahren in Bund und Ländern ihre einträglichen Mandate verlieren. Das haben sich diese geistlosen Mitläufer auch redlich verdient. Das einzig Nachteilige ist, dass diese Mandate wohl z. T. an die Grünen fallen werden. Die CDU hat das politische Geschäft der Grünen erledigt und ironischerweise kassieren die nun… Mehr

Hans Wurst
2 Jahre her

Beidem wird der Koalitionspartner (egal ob er nun wider SPD oder Grüne heißt) niemals zustimmen. Und Laschet wird, ehe er auch nur eine Duldung durch die AfD erwägt, lieber das Land den Kommunisten (und dazu zähle ich mittlerweile auch die SPD) zum Fraße vorwerfen.

Otis.P. Driftwood
2 Jahre her

…denn bei einem so peniblen Mann wie Maaßen, ist davon auszugehen, dass er keinen Millimeter von dem CDU-Grundsatzprogramm abweicht..
So ist denn auch von Maaßen nichts Neues zu erwarten.

Mausi
2 Jahre her
Antworten an  Otis.P. Driftwood

Doch, ist es. Zwar macht eine Schwalbe noch keinen Sommer, aber ich bin froh über jede Schwalbe. Eine andere Hoffnung gibt es neben der AfD nicht.

Kappes
2 Jahre her

Im Wahlkreis Suhl lagen die Grünen bei der BT Wahl 2017 (sowohl bei den Erst- als auch Zweitstimmen) bei 3%. Dass die Grünen jetzt in diesem speziellen Wahlkreis stärker sind als CDU (Erststimmen 2017: 33%) oder die AfD (Erststimmen 2017: 23%) halte ich für ausgeschlossen.

Kappes
2 Jahre her

Im Wahlkreis Suhl hatte der Direktkandidat der CDU bei der BT Wahl 2017 über 33% (bei 30% der Zweitstimmen), der Kandidat der AfD knapp 23% (bei 23% der Zweitstimmen). Der Kandidat der SED kam nur auf 18% (bei 17% der Zweitstimmen). Suhl ist also ein CDU Wahlkreis.

Die allgemeine Stimmungslage in Thüringen ist laut „Sonntagsfrage“ ganz klar pro SED (30%, bei nur 20% für CDU, 23% für AfD), aber in Suhl könnte Maaßen das Direktmandat holen. Wie stark er auch Zweitstimmen von anderen Parteien für die CDU gewinnt, wird sich zeigen.

H. Heinz
2 Jahre her

Nachtrag: Unser Direktabgeordneter im LK Herzogtum-Lauenburg ist ein Paradebeispiel dieser Merkel Apolegeten. Seit über 10 Jahren im Bundestag, hat er es nie über den Status eines Hinterbänklers geschafft, niemals eine Rede im BT gehalten, nicht aufgefallen durch seine Arbeit im Ausschuss, war aber immer fleißig dabei das Abstimmungshändchen zu heben, sobald der Fraktionszwang ihm dies auftrug. Solche Charaktere werden sich nie gegen das Establishment wenden, da die überaus bequemen Futtertröge zu wichtig sind.

H. Heinz
2 Jahre her

Herr Gafron, ich glaube bei Ihnen ist der Wunsch Vater Ihrer Gedanken, wie auch bei so vielen Konservativen, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben. Noch sitzt Maaßen nicht im BT. Ich wette das CDU establishment wird alles versuchen dies noch zu verhindern. Dazu die Thüringer LT-Abgeordneten, die gerade nicht durch aufrechten Gang aufgefallen sind. Im übrigen, ein Maaßen macht noch keinen Frühling, er kann höchstens durch Mut und Überzeugung einige Weicheier in der CDU aus ihrer Merkel Lethargie holen. Ob ihm das gelingt, wage ich allerdings angesichts der Charaktereigenschaften dieser Herrschaften, zu bezweifeln.