Bundesweite Polizeirazzien gegen „Hass und Hetze“: Kriminell ist, wer das Falsche sagt

Morgens um sechs klopft der Staat. Nicht bei Terroristen, sondern Facebookern. Was freie Meinung war, heißt heute schnell „Hass“. Ein nicht definierter Begriff, der Willkür Tür und Tor öffnet. Bundesweit finden über 180 Polizeieinsätze wegen Politikerbeleidigung und mutmaßlicher Volksverhetzung im Internet statt.

picture alliance / Maximilian Koch | Maximilian Koch
Symbolbild

Es ist sechs Uhr morgens. Die Polizei klingelt. Nicht bei Schwerkriminellen, nicht bei IS-Rückkehrern oder Schleuserbanden, sondern bei Bürgern, die sich in sozialen Medien „falsch“ geäußert haben. Was früher Meinungsäußerung war, heißt heute „Hass“, „Hetze“ oder „delegitimierende Äußerung“. Begriffe, die im Strafgesetzbuch so nicht als Straftat vorkommen, aber gerade deshalb politisch umso wirkungsvoller eingesetzt werden können.

Der Rechtsstaat zeigt hier nicht Stärke, sondern Schwäche. Es ist die Metamorphose einer demokratischen Ordnung in eine empfindliche Gesinnungsbürokratie. Während das Bundeskriminalamt stolz verkündet, im Rahmen eines bundesweiten „Aktionstags gegen Hass“ über 180 Maßnahmen vollzogen zu haben, stellt sich eine zentrale Frage: Was ist eigentlich „Hass“?

Die semantische Abrüstung der Meinungsfreiheit

Der Begriff „Hass“ ist im deutschen Strafrecht nicht definiert. Kein Paragraf, keine klare Abgrenzung, keine juristisch belastbare Schwelle. Und gerade das macht ihn so gefährlich: Was strafbar ist, bestimmt zunehmend nicht mehr das Gesetz, sondern das Empfinden. Ein Tweet, der gestern noch polemisch war, gilt heute als Hetze, was er morgen vielleicht schon bedeuten kann, wollen wir uns nicht ausdenken.

Der Staat, sekundiert von den “vertrauenswürdigen” Medien, weiß, dass unklare Begriffe machtvolle Werkzeuge sind. Die „Volksverhetzung“ etwa wird inzwischen derart extensiv ausgelegt, dass sie als Allzweckwaffe gegen missliebige Stimmen dient. Wer in zugespitzter Sprache Kritik an Migration, Regierung oder Medien übt, riskiert heute nicht nur den digitalen Pranger, sondern polizeiliche Ermittlungen.

Was man nicht mehr sagen darf, bestimmt das Klima

Der aktuelle Aktionstag ist nur der jüngste Ausdruck eines viel grundsätzlicheren Problems. Die politische Klasse hat verstanden, dass sie mit juristisch vagen, emotional aufgeladenen Kampfbegriffen ganze Meinungslager delegitimieren kann. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Verbot des Magazins Compact war ein seltener Lichtblick. Es sagt, dass selbst zugespitzte Kritik, ja besonders diese, so die Richter, von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Eine Ohrfeige für eine ehemalige Innenministerin, die Grundrechte offenbar als Behinderung verstanden hat.

Doch was nützt ein rechtsstaatlicher Erfolg, wenn die gesellschaftliche Tendenz eine andere ist? Wenn immer mehr Bürger sich nicht mehr trauen, ihre Meinung zu sagen, nicht aus Angst vor Widerrede, sondern vor Ermittlungen? Wenn politische NGOs, finanziert vom Steuerzahler, rund um die Uhr Inhalte „melden“ – was nichts anderes als denunzieren bedeutet –, die ihnen ideologisch nicht passen? Wenn die Unschärfe der Begriffe bewusst genutzt wird, um das Sagbare zu verengen?

Der Totalitarismus kommt auf leisen Sohlen

Dieser Staat braucht keine Stasi. Er hat Plattformrichtlinien, moralische Empörungsrituale und einen Paragrafen-Dschungel, dessen Deutungsmacht sich zunehmend in die Hände politischer Akteure verlagert. Die Maschinerie funktioniert. Polizeiliche Maßnahmen werden als „Schutz der Demokratie“ bezeichnet, mediale Gleichschaltung als „Verantwortung“ und Überwachung als „Sensibilisierung“.

Dass gleichzeitig ein Magazin wie Compact nur mit Mühe vor dem Verbot bewahrt wird, zeigt, wie dünn der rechtsstaatliche Firnis bereits ist. Der Versuch, über das Vereinsrecht eine missliebige Publikation zu verbieten, war nichts anderes als ein politischer Taschenspielertrick, der vom Gericht auch als genau das benannt wurde. Der eigentliche Skandal ist, dass ein solches Vorgehen überhaupt versucht wurde und der Versuch bei der Mehrheit keinerlei Empörung auslöste.

Nicht Hass, sondern seine Instrumentalisierung ist das Problem

Die Meinungsfreiheit in Deutschland stirbt nicht in einem großen Knall. Sie stirbt in unklaren Begriffen, juristischen Spitzfindigkeiten und vermeintlich gut gemeinter Erregung. Wer heute meint, mit Polizeieinsätzen gegen Worte die Demokratie zu schützen, hat nicht verstanden, was sie ausmacht. Der freiheitliche Staat lebt vom Streit, nicht von der Einheitsmeinung. Und er stirbt, wenn Begriffe wie „Hass“ zur politischen Waffe werden.

 

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Kommentare ( 124 )

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124 Comments
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GWR
20 Tage her

J.D.Vance hatte vollkommen recht als er sagte, dass es in Deutschland keine Meinungsfreiheit mehr gibt.

Will Hunting
20 Tage her
Antworten an  GWR

War die Doku über Vance im ZDF gestern? Ich habe ab dem Zeitpunkt umgeschaltet als die Stossrichtung klar wurde. Oder hat sich der Eindruck, der in Fragestellung bzgl. der vollkommenen geistigen Gesundheit, aufgrund kindlicher Erfahrungen von Vance im Sendungsverlauf geändert? Wisst ihr mehr? Vielleicht schaue ich es mir noch einmal an?

siebenlauter
20 Tage her

Es sind „Richter:innen“, die das genehmigen. Justitia ist zur gewaltbereiten Willkürherrscherin verkommen.

imapact
20 Tage her

„Empfindliche Gesinnungsbürokratie“. Netter Euphemismus für ein diktatorisches System, welches abweichende Meinungen mit Polizei und Justiz verfolgt.

Will Hunting
20 Tage her

Ich würde Hass so definieren. Eine begründete Ablehnung gegenüber einer Sache oder Personen, die soweit geht, daß man sich passiv verhalten würde, wenn es um die Existenz oder das Leben, des auslösenden Umstandes bzw. Konfliktes ginge.
Klingt etwas verschwurbelt. Ich hasse übrigens sehr viel. 😉

Last edited 20 Tage her by Will Hunting
Koeki171
20 Tage her

Auf Arte lief eine zweiteilige Dokumentation über Chinas Straflager. Und alles fing so an, wie derzeit von der deutschen Regierung und EUKommission geplant. Kritik am Staat, an dessen Agieren, an einzelnen Personen bedeutete Verhaftung, Prozess mit vorher feststehendem Urteil, Lager. Soweit darf es in Europa nicht kommen. Wehret den Anfängen.

bfwied
19 Tage her
Antworten an  Koeki171

Absolut richtig, doch wer wehrt sich denn gegen die Aggressiven, die Linken? Diese wollen die Macht, sie wollen ihr Traum-Weltbild Realität werden lassen, auch wenn das nie und nimmer geht – bekanntlich ist auch Marx gescheitert mit seinem Unsinn von „wissenschaftlichem Marxismus“. Wenn Sie mit jemandem reden, zufällig, so stimmen die meist zu, äußern sich gegen die Linksgrünen, aber wenn es öffentlich wird, dann singen sie mehr od. weniger laut im Chor der Linksgrünen mit, und am Schlimmsten sind die, die „ja schon, aber…“ sagen, dann kommt immer irgendein verschwurbelter Glaube von Toleranz und „brauchen wir“ und „wir müssen“ und… Mehr

Haedenkamp
19 Tage her

#Der Versuch, über das Vereinsrecht eine missliebige Publikation zu verbieten, war nichts anderes als ein politischer Taschenspielertrick, der vom Gericht auch als genau das benannt wurde.# Falsch: Das Gericht hat genau das als rechtmäßig bestätigt und angekündigt, jedes #Sichrichtens# eines Vereins genau zu beobachten und einzuschreiten, wenn (angebliche) Hetze #prägend# wird.

AlexR
19 Tage her

Hat Bamberg wieder im Sinn der Regierung gearbeitet? Wenn ich das hier sage, was ich von der Scholz und jetzigen Merz(k)el Regierung denke, bin ich sofort in einer Zelle in Guantanamo. Wir haben 1933 weitgehend überschritten.

ESC-Gast
19 Tage her

Leider haben das viele Leute nicht kapiert, was hier abläuft. Gestern war eine Umfrage im Radio, die Beifall zu dieser Aktion geklatscht haben, nur einer hat das ganze kritisch gesehen. Solange das so ist, müssen die Initiatoren nichts befürchten, sie haben die (vermeintliche) Mehrheit hinter sich und können die Kritiker mundtot machen. Es zieht sich wie ein roter Faden: Migration, Corona, soziale Netzwerke, Einstimmung auf Krieg…

D. Harry
19 Tage her
Antworten an  ESC-Gast

Bei Radio- oder Fernsehumfragen bin ich immer „überrascht“, dass die Ergebnisse immer den jeweiligen Bericht unterstützen. Glaubwürdigkeit nahe Null.

Peter Pascht
19 Tage her

„Bundesweite Polizeirazzien gegen „Hass und Hetze“: Kriminell ist wer solche stalinistischen Razzien macht !!! GG Art 13 (1) Die Wohnung ist unverletzlich !!!!! (2) Durchsuchungen dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzuge … stattfinden bei Gefahr im Verzuge = bei faktisch im Präsent der Durchsuchung besthender Gefahr für Rechtgüter die im Grundgesetz geschürtzt sind Rechtgüter: Freiheit, Leben, Gesundheit, Vermögen, Bestand des Staates Eine fahrlässige oder politisch begründete Gefahr-Vermutung ist unzulässig gemäß Grundgesetz !!! – die Gefahr muss faktisch bestehen im Präsent der Durchsuchung Fahrlässige oder politisch begründete Gefahr-Vermutung sind die Vorwegnahme eines Urteils ohne Beweis. Die möglicherweise „Vernichtung… Mehr

Haba Orwell
19 Tage her

> Wenn politische NGOs, finanziert vom Steuerzahler, rund um die Uhr Inhalte „melden“ – was nichts anderes als denunzieren bedeutet –, die ihnen ideologisch nicht passen?

In Berlin lässt die CDU solche Denunziation-Portale weiter finanzieren. Erstaunlicherweise ärgert den liberal-konservativen Michel mehr eine Lehrerin, die im Kopftuch rumlaufen möchte – wird die Pullover-Farbe auch noch vorgeschrieben?

Evero
19 Tage her

Wer den Korridor so verengt, dass er zur Einbahnstraße wird, ist ein bewußter Provokateur und kein Demokrat.

MartinKienzle
20 Tage her

Herr Punzmann, bitte unternehmen Sie nicht den Versuch, das Verhalten der antideutschen BRD (www.youtube.com/watch?v=QNyLvPPVszQ ab Minute 2:20) mit kritischem Blick respektive tiefgehend zu betrachten, da dies ein aussichtsloses Unterfangen ist: Der einzige Grund, der diesen sogenannten „Razzien“ der BRD-Polizei mit Blick auf die sogenannte „Hass und Hetze“ zugrunde liegt, lautet, uns Autochthonen zu erniedrigen, unseren Widerstand gegen die sogenannte „Transformation“, ergo vorsätzliche Zerstörung unserer Heimat, zu brechen, das solange weitergehen wird, solange wir Einheimischen weiterhin das Wesen der BRD, ergo eine, wie oben dargelegt, dezidiert antideutsche Konstruktion, die als Gegenentwurf zum volksfreundlichen Nationalsozialismus gegründet wurde (siehe das Buch „Wahrheit sagen,… Mehr

Last edited 20 Tage her by MartinKienzle
Elisabeth5
20 Tage her

Leise sind die Sohlen schon lange nicht mehr.

Rob Roy
20 Tage her

Was tun mit einem Misanthropen, der alle Menschen hasst und keinen bevorzugt oder diskriminiert? Wird der Staat diese Person zwingen, alle Menschen zu lieben?
Oder zumindest die Linken und andere Gutmenschen? Denn Hass auf „Rechte“ wird ja nicht strafrechtlich verfolgt, sondern ist sogar erwünscht.

Florian Teubert
20 Tage her

Mein schon lange gehegter Verdacht zeichnet sich langsam als Realtät ab: Das vielfach beschworene „Nie wieder!“, es hat nicht verfangen. Man hat, wie man unter Pädagogen sagt, die Transferleistung vergessen. Es war nichts weiter als eine behavioristische Konditionierung. Wie Pawlows Hund wurden wir Deutschen in ein simples Reiz-Reaktions-Schema gepresst. Das Übel, es existierte allein 1933 bis 1945. Dies funktiontierte so gut, dass man heute mit der Assoziationskette konservativ = rechts = rechtsextrem = Nazi im Handstreich sämtliche Opposition verbal vernichten kann. Deutsche Gründlichkeit. (Diejenigen, die sich nicht verdummen lassen, für die braucht es halt den Einsatz repressiver Mittel.) Bei den… Mehr