Die Jusos wollen einen „konsequenten Klassenkampf“ führen, Klingbeil und seine SPD schwenken auf diese Linie ein. Weil die Sozialdemokraten über eine Million Wähler an die anderen linken Parteien verloren haben, glauben sie, sich radikalisieren zu müssen. Zwischen Union und SPD kann es keine Kompromisse mehr geben, der Koalitionsbruch ist vorprogrammiert.
picture alliance/dpa | Kay Nietfeld
Wie lange die schwarzrote Koalition noch hält, weiß zur Stunde niemand. Die Vereinigte Linke macht mobil und bereitet sich auf den kalten Putsch vor, die CDU ist gelähmt, orientierungslos, heillos im Opportunismus verstrickt, eigentlich keine Partei mehr, sondern ratlos, welche Rettungsweste sie sich anziehen soll. Dabei ist auch das Bild der Vereinigten Linken unterschiedlich, während die Partei der Linken Morgenluft wittert und vor Kraft kaum laufen kann, sehen die Grünen und vor allem die SPD mit Schrecken den Weg in die Bedeutungslosigkeit vor sich.
Der politische Gegner der Union, der nicht die AfD, sondern die Vereinigte Linke ist, riecht die Schwäche der Union. Auffälliges Beispiel dafür ist, dass Ines Schwerdtner im Ulbricht-Ton Forderungen an die Union stellt, wie sie sich zu verhalten haben, um Gnade vor den strengen Augen der Genossen des ZKs der Linken zu finden. Während die Union Änderungen in der Frage der Migration und eine Bürgergeld-Reform anstrebt, spielt die SPD, um nichts am Bürgergeld ändern zu müssen, das Thema Erbschafts- und Vermögenssteuer hoch. Ihr Motto lautet inzwischen: Umverteilen, solange noch was da ist. So überlebt man als Apparatschik.
Deutschlands Probleme wachsen stündlich, vieles hält nicht einmal die Farbe der Losung, die man auf das marode Mauerwerk pinselt, zusammen. Die deutsche Wirtschaft wuchs auch im dritten Quartal nicht. Der LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch kommentiert: „Es läuft weiterhin nicht in Deutschland“, und Alexander Krüger, Chefvolkswirt Hauck Aufhäuser Lampe, schätzt ein: „Die Wirtschaftsaktivität zeigt weiterhin große Tristesse.“
Nun sind sie halt da, die Schulden, aber ohne Wirtschaftswachstum. Man gewinnt den Eindruck, dass in der Politik niemand mehr an Reformen, an ein Wirtschaftswachstum glaubt, sondern ein erbitterter Streit darüber ausbricht, was noch verteilt werden, in wessen Tasche noch gegriffen werden kann. Bestes Beispiel dafür ist die Dreistigkeit, mit der die SPD den Mindestlohn erhöht. Bei den Genossen kann offensichtlich niemand die Statistik der Insolvenzen lesen. Aber vielleicht hoffen die Genossen auch auf einen Anstieg der Arbeitslosigkeit, weil sie meinen, dass die „Bedürftigen“ sie wählen. Doch immer mehr Bürger begreifen, wem sie die Misere zu verdanken haben.
Die Appelle der Wirtschaftsministerin werden immer hilfloser, sie formuliert, was ein Wirtschaftsjournalist auch äußern könnte, nur ist sie kein Wirtschaftsjournalist, sondern die Wirtschaftsministerin.
Der Eindruck, dass die Koalition sich gegenseitig blockiert, ist noch geschönt, denn die Union weiß nicht recht, was sie wirklich will, sie ist vollkommen hybrid und fluid, sie bettelt: Wasche mir den Pelz, aber mache mich nicht nass.
Um zu wissen, was die Stunde geschlagen hat, muss man sich den Leitantrag für den Juso-Kongress ansehen, in dem die Jusos im Zusammenhang mit der Erbschaftssteuer nicht nur einen Klassenkampf, sondern einen „konsequenten Klassenkampf“ fordern. Wenn man den Begriff des Klassenkampfes bemüht, muss man darüber sprechen, wofür Klassenkampf steht und was er bedeutet. Definiert haben diesen Begriff Marx und Engels im Kommunistischen Manifest. Dort heißt es gleich zu Beginn:
„Die Geschichte aller bisherigen Gesellschaft ist die Geschichte von Klassenkämpfen. Freier und Sklave, Patrizier und Plebejer, Baron und Leibeigener, Zunftbürger und Gesell, kurz, Unterdrücker und Unterdrückte standen in stetem Gegensatz zueinander, führten einen ununterbrochenen, bald versteckten, bald offenen Kampf, einen Kampf, der jedesmal mit einer revolutionären Umgestaltung der ganzen Gesellschaft endete oder mit dem gemeinsamen Untergang der kämpfenden Klassen.“
Mit Demokratie hat das, wie jeder lesen kann, nichts zu tun, mit Diktatur alles. In der konkreten Geschichte steht der Klassenkampf für Genickschuss, für den Archipel Gulag, für das Ministerium für Staatssicherheit, für die Moskauer Prozesse, die Slansky-Prozesse, die Rajk-Prozesse, Klassenkampf steht für die Ermordung von deutschen Studenten wie Arno Esch oder Herbert Belter in Moskau, auch für den Leidensweg von deutschen Sozialdemokraten durch Stalins Lager und Ulbrichts und Mielkes Gefängnisse, Klassenkampf steht für Raub und Drangsal, für hemmungslose Enteignungen und für den wirtschaftlichen Ruin. Die theoretischen Grundlagen des Klassenkampfes schufen Marx, Engels, Lenin, Stalin und Mao.
Doch die Jusos wollen nicht nur den einfachen Klassenkampf führen, sondern sogar einen konsequenten. Es lohnte nicht, auf die Jusos einzugehen, wenn nicht Klingbeil und der Seeheimer Kreis, der früher sozialdemokratisch konservativ war, auf diese Linie einschwenken würden. In der SPD werden Unterschriften für ein Mitgliederbegehren eingesammelt, das sich gegen die geplanten Reformen des Bürgergeldes wendet: „Wir, engagierte Mitglieder der SPD, erheben unsere Stimme gegen die aktuellen und geplanten Verschärfungen im Bereich des SGB II (Bürgergeld).“ Dass sich SPD Apparatschiks schon gegen das Placebo-Reförmchen stellen, ist die faktische Drohung mit dem Koalitionsbruch. In der Union sollte man das sehr ernst nehmen, denn die SPD steht mit dem Rücken gegen die Wand. Denn sie befindet sich im knallharten Wettbewerb mit den anderen linken Parteien um die rotgrünen Restwähler.
Weil die SPD 1,1 Millionen Wähler an die anderen linken Parteien verloren hatte (560.000 an die Linken, 440.000 an das BSW und 100.000 an die Grünen) und auch die Grünen 700.000 Stimmen an die Linke abgaben, glauben die Genossen, dass man radikaler werden muss, dass das Erfolgsrezept in der linken Radikalisierung besteht. Dass die Genossen 1.760.000 an die Unionsparteien und 720.000 Stimmen an die AfD verlor, übersieht man, denn diese Wähler hat man längst aufgegeben. Integraler Bestandteil der Überlebensstrategie des Parteiapparats der SPD ist das Verbot der AfD. Denn das würde im Bundestag zu einer linken Mehrheit und im Land zu einer linken Diktatur führen. Immer deutlicher lässt sich die Herrschaft der SPD nur durch die Anwendung der Methoden des „konsequenten Klassenkampfes“ erhalten, nur durch Wahlen, in denen nur noch linke Parteien antreten.
Und die Union? Kämpft vor allem gegen die AfD. Hatte Kanzler Merz nicht die Reform des Bürgergeldes zur Chefsache erhoben? Man kann an Klingbeils Verhalten und das seiner Genossen erkennen, was Merz als Chef wert ist. Friedrich Merz ist der Prototyp des Politikers, der sich selbst entmachtet. Wie schwach Merz ist, lässt sich daran erkennen, dass die Merkelianer innerhalb der CDU jetzt als Compass Mitte die Destruktionsarbeit für die Grünen innerhalb der CDU übernehmen wollen, Leute wie Ruprecht Polenz, Frank Sarfeld und Monica Wüllner.
Objektiv ist in der Koalition bereits das rotschwarze Peterspiel ausgebrochen, wer den roten oder schwarzen Peter für den Koalitionsbruch zugeschoben bekommt, unabhängig davon, wie subjektiv klar das den Akteuren ist. Die rasante Beschleunigung der Krise zwingt die Politiker der Union und der SPD zum Handeln, was die Gegensätze immer weniger vermittelbar macht, mit anderen Worten, man kommt an das Ende der Kompromisse. Natürlich kann die Union sofort eine Minderheitsregierung bilden und sich noch von der AfD tolerieren lassen, doch es würde innerhalb der Partei zu einem Stresstest führen und außerhalb werden steuerfinanzierte Angriffe auf Parteibüros der CDU stattfinden, Angriffe, die womöglich von Teilen der Justiz sogar bagatellisiert werden würden.
Die Vereinigte Linke würde den Arbeitsplatz ihrer Zivilgesellschaftsbeamten, ihrer NGO-Garden sofort auf die Straße verlegen und den öffentlichen Raum besetzen, genügend Geld und gewachsene Strukturen stehen ihnen – auch dank der Finanzierung durch Merkel und Prien – zur Verfügung. Von jeher verfügten totalitäre Bewegungen über hohe Mobilisierungskraft. Doch wenn die Union ein halbes, ein dreiviertel Jahr durchhielte und den NGOs die Gelder sperrte, würde der organisierte Protest mangels finanzieller Möglichkeiten erlahmen. Sollte die Union weiter dort Kompromisse suchen, wo keine Kompromisse möglich sind, weil es für die Vereinigte Linke nach Lenin schlicht um die Macht im Wechselspiel von Strategie und Taktik geht, wird es die Union als Partei zerreißen. Die CDU wäre Geschichte und in Deutschland würde ein neues Parteiensystem entstehen.





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Es ist unbegreiflich, dass die Autoren von Tichy immer noch auf die Agenda einer CDU bauen, die nicht rotgrün sein will, weshalb ein Koaliationsbruch bevorstehe. Diese Autoren sind irgengendwie dummnaiv wie so viele „Scheinkonservative“ in Deutschland. Denn diese haben die unglaubliche Eigenschaft zu verdrängen, dass es die CDu war, die die Energiewende einleitetete, die Massenmigration in die Sozialsysteme begründete, den Corona-Zwangsstaat errichtete, den Putsch gegen die Schuldenbremse mit einem abgewähltem Parlament organisierte und mit Meldestellten die Meinungsfreiheitheit bekämpft.
Politische Entscheidungen haben immer auch eine parteitaktische Komponente, Wenn aber Parteitaktik wie in der herrschenden Koalition das einzige Motiv der Partner ist, bleibt für sachgerechte Politik nichts mehr übrig.
So muss wohl
ATZE Schröder
[ Titelfoto] mit BRILLE vor 20 Jahren ausgesehen haben.
Aus ATZE ist ja noch richtig was geworden….
Beim roten Zappel-PHILIPP sehe ich allerdings G A N Z SCHWARZ….
Ich erinnere mich noch gern an Sozialdemokraten wie Wolfgang Clement, die nach dem Leitspruch handelten »Sozial ist, was Arbeit schafft!«, und die sich wirklich für Land und Leute eingesetzt haben. Respekt! Mit denen hat die heutige SPD aber rein garnichts mehr zu tun. Denn die SPD hat sich im Vergleich zu damals schon längst links außen radikalisiert, und sie befindet sich längst im Klassenkampf. Sie bekämpft permanent alles und alle, die nicht links sind, verbal und mit feindseliger »Politik«: Unternehmer, Selbstständige, konservative Bürger, Wohlhabende, Erben, Leistungsträger, Immobilienbesitzer, traditionelle Familien, Patrioten, Deutsche usw. usf. »SPD-Politik« ist in Realität ein Anschlag nach… Mehr
Man muss sich wirklich fragen, wie dumm und unfähig ist dieser Merz als Politiker eigentlich? Wie kann man sich derart immer und überall strategisch jede politische Alternative verbauen? Statt dessen wird er mit jedem Tag abhängiger von einer 14 Prozent Partei, die beim Gang in die politische Bedeutungslosigkeit immer radikaler Auftritt. Das Ganze könnte man ja belustigt beobachten, aber leider ist Merz der Kanzlei und wirkt mit seiner inhaltlichen Anbiederung an die Linke als Brandbeschleuniger des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Niedergangs Deutschlands!
Ein Verbot der AfD würde ja kein einziges der anstehenden Riesenprobleme lösen.
Im Gegenteil: die Unfähigkeit der übrigen würde noch schärfer sichtbar werden.
Und deren Untergang eher beschleunigen.
Ich bin manchmal wirklich verblüfft, wie harmlos und opfermäßig die cdu dargestellt wird. Bitte erinnern Sie sich doch mal daran, welche Partei die DDR-Apparatischik-Frau auf den ersten Thron Deutschlands gesetzt hat und wer dabei alles mitgelaufen ist, Klatschorgien veranstaltete und Hosianna rief – einschließlich fast aller Medien! Die Kaiserin aber hatte nicht nicht nur „gar nichts an“, sie trug ein unsichtbares Kettenhemd und das Fallbeil in den Händen. Und die cdu war nur zu gern bereit, diesem beruflich gut geschulten Indoktrinations-Profi und Zerstörungsroboter ihre Unterwürfigkeit zu gewähren. Bei der Übernahme durch diese Person haben sie, bis auf wenige Ausnahmen, keinerlei… Mehr
Kein Klassenkampf ohne Klassenfeind. Diese Rolle ist für die Anhänger der AfD und der Union vorgesehen. Die dümmsten Kälber sind in der Union und wählen ihre Metzger selber.
Ohne die Grünen mit einzubeziehen können sie den Klassenkampf durchaus gemeinsam führen, denn immerhin können sie zusammen derzeit mehr Wähler hinter sich vereinigen und die Schwarzen damit zur Minderheitspartei verkommen lassen und nur noch mit den Blauen zusammen eine Mehrheit gegen die gesamte Linke möglich wäre. Da man sich aber innerhalb der Union in dieser Frage uneins ist, wird es dabei bleiben, daß sie zusammen mit den Grünen in Anbetracht des Zwiespaltes aller konservativen Kräfte immer noch die Regierungsfähigkeit für Links erhalten bleibt und mit Merz wird darüber auch kein Wandel erfolgen, denn die Übermacht der Merkelianer innerhalb der eigenen… Mehr
Lustig ist doch, daß sich diese halben Hemden keinem echten Kampf stellen.
Es klingt aber bei „gering begabten“ Menschen martialischer, wenn man die Bürgerverarsche Kampf nennt.
Frage mich ob die CDU ler überhaupt interessiert was für eine Katastrophe sie seit 2005 mittragen, glaube die Interessieren sich einen Dreck für ihre Wähler, Hauptsache sie und ihr Umfeld sitzt am Futtertrog.
Schreiben die Jusos tatsächlich „Klassenkampf“? Das ist echt lustig, denn dann ist die Jugendorganisation der Dauerregierungspartei SPD laut Definition des Verfassungsschutzes „erwiesen verfassungsfeindlich“ und muss zwingend beobachtet werden: „Beispielsweise widerspricht die Aufteilung einer Gesellschaft nach dem Merkmal der produktionsorientierten Klassenzugehörigkeit der Garantie der Menschenwürde.“, so die Antwort der Bundesregierung zur Beobachtung der Zeitung Junge Welt. Liebe AfD, bitte dazu eine Anfrage stellen!
https://www.jungewelt.de/prozess/de/article/402169.doppelte-standards.html