Im Ausland ist die ‚tote Kernkraft‘ quicklebendig

Weltweit werden Kernkraftwerke zugebaut, China plant 45, gefolgt von Russland und Indien. Auch unsere nächsten europäischen Nachbarn denken nicht daran, dem deutschen Beispiel zu folgen. Deutschland wieder einmal ein isolierter, einsamer, ideologischer Sonderweg.

IMAGO - Collage: TE

„Das Thema Kernkraft ist ein totes Pferd“, meint Bundeskanzler Olaf Scholz. Einschränkend: jedenfalls in Deutschland. Denn um uns herum sind die Pferdchen gesund und lebendig und springen auch unserem Land bei, wenn wir Dunkelflaute haben. Dafür hat die Mehrheit der Deutschen längst erkannt: der Kanzler ist eine müde Mähre, der man die Scheuklappen zu eng angelegt hat.

Weltweit werden Kernkraftwerke zugebaut, China plant 45, gefolgt von Russland und Indien. Auch unsere nächsten europäischen Nachbarn denken nicht daran, dem deutschen Beispiel zu folgen. Was reitet den Kanzler, also die müde Mähre?

Auch wenn es unsinnig ist, CO2 für schuldig zu halten an einem Klimawandel, der stattfindet oder auch nicht: Die deutschen „Klimaschützer“ an der Regierung haben voll funktionsfähige Kernkraftwerke abgestellt, insgesamt 17, verfeuern stattdessen Kohle und greifen auf den Atomstrom der Nachbarn zurück, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Ein Widerspruch, den sie entweder nicht merken oder stur ideologisch ignorieren. Und ein ökonomischer Irrsinn: produzieren Windkraft und Solarstrom mal mehr als nötig, muss man den Nachbarn viel Geld bezahlen, damit sie uns die Energie abnehmen. Ist Not am Strom, darf wiederum Deutschland ein Heidengeld hinlegen, damit man uns aushilft. Kosten verursachen auch die dadurch immer nötiger werdenden Eingriffe in die europaweite Netzstabilität.

Die Grünen versteht man ja noch, denen ginge es an den Gründungsmythos: blutrote Stalinisten und Maoisten haben sich unter der Ritterrüstung des Kampfes gegen das böse Atom grün gewaschen. Doch wer von sich behauptet, das Klima schützen zu wollen, kommt an Kernkraft nicht vorbei. Jedenfalls wenn man an den ganzen Quark glaubt: dass man „Klimawandel“ verhindern könne, dass man aus den bestehenden Daten einen solchen präzise vorhersagen könne, dass er in Richtung lebensgefährdender Erhitzung gehe und dass daran ein „Treibhausgas“ namens CO2 schuld sei. (In Treibhäusern wird CO2 als Pflanzennahrung zugeführt.)

Im Unterschied zu Kohlekraftwerken, deren man sich in Deutschland wieder bester Laune bedient, gibt es bei Kernkraftreaktoren keinen nennenswerten CO2-Ausstoß. Ja, aber Atomkraftwerke sind doch so gefährlich! Siehe Fukushima. Dort sind allerdings die Menschen am Tsunami gestorben, nicht an der Havarie einiger der Reaktoren, die auf die Zerstörung der Notstromaggregate durch den Tsunami zurückging. Weltweit sterben mehr Menschen in Kohlekraftwerken denn an Atomkraft. 

Doch halt! Was ist mit der Endlagerung der radioaktiven Abfälle? Nun, das Problem mit den fehlenden Endlagern ist zum einen politisch gewollt und dürfte zum anderen auf Dauer keines bleiben. Während die Deutschen, einst führend in dieser Technologie, sich aus Forschung und Praxis zurückgezogen haben, geht es anderswo weiter.

Mittlerweile sind die deutschen Fachleute abgewandert – dorthin, wo man sie braucht. Auch am Fehlen des Personals könnte es scheitern, die vier noch verbliebenen Kernkraftwerke zu reaktivieren – so es denn eine vernünftige politische Kraft gäbe, die solches in die Wege leitete.

In Deutschland möchten Politik und Medien partout nicht zur Kenntnis nehmen, welche Fortschritte es vor allem bei der Kernkraft gibt. Flüssigsalzreaktoren etwa sind inhärent sicher und hinterlassen so gut wie keine Rückstände. In Großbritannien möchte Rolls Royce kleine Atomreaktoren bauen, deren standardisierte Einzelteile in einer Fabrik hergestellt werden und mit Lastern transportiert werden können und die sich für kleinere Einsatzgebiete, etwa einzelne Städte oder Gewerbeflächen, eignen.

Längst zählt Kernkraft zu den sichersten Energielieferanten weltweit und technischer Fortschritt lässt die Menge der radioaktiven Abfälle schrumpfen. Den Kernkraftgegnern sind die Argumente ausgegangen, aber sie haben die Medien fest an ihrer Seite.

Doch nun gibt es „Klimaaktivisten“, durchaus grün gestrickt und nicht ohne spendable Finanziers im Hintergrund, denen der Verstand nicht gänzlich abhandengekommen zu sein scheint. Überwiegend junge Leute einer Gruppe namens „RePlanet“ protestieren öffentlich gegen Greenpeace. Der Umweltkonzern stecke in der Vergangenheit fest, sagen sie, da er gegen saubere, CO2-freie Kernenergie kämpfe. Greenpeace hatte jüngst gegen die Entscheidung der EU-Kommission geklagt, Kernenergie mit einem grünen Label zu versehen.

Im Unterschied zu den Ideologen setzt „RePlanet“ auf den menschlichen Erfindergeist. Und: „In ganz Europa haben Länder mit Atomkraftwerken durchweg geringere CO²-Emissionen als solche ohne Atomkraftwerke.“

Deutschland aber ist auf einem Sonderweg und hat sich international längst lächerlich gemacht. Wachstums- und Technologiefeindlichkeit hat das einst starke Industrieland verzwergt. Das gilt nicht nur für die Energiepolitik, die eine Verarmung der Bevölkerung und das Verschwinden energieintensiver Industriezweige befördert.

Das gilt auch für die Ernährungssicherheit. Das EU-Parlament hat am 12. Juli mit knapper Mehrheit für ein Renaturierungsgesetz gestimmt. Das Gesetzesvorhaben nennt sich „Verordnung über die Wiederherstellung der Natur“. 20 Prozent der Naturräume (Land und Wasser) sollen in ihren Ausgangszustand zurückversetzt werden, wie immer man den in Erfahrung bringen möchte. Mindestens zehn Prozent der landwirtschaftlichen Fläche sollen so genutzt werden, dass hier nicht mehr die Produktion landwirtschaftlicher Erzeugnisse im Vordergrund steht, sondern die Bereitstellung von Lebensraum für Wildtiere und -pflanzen.

„Zurück zur Natur“ geht jedoch nur, wenn man die Menschen weitgehend zum Verschwinden bringt. Natur ist nicht lieb und gut, sondern gefräßig, wenn sie nicht kultiviert und damit eingegrenzt wird.

Nach Deindustrialisierung und Entmilitarisierung droht Deutschland nun auch noch das.


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Kommentare ( 66 )

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Peterson82
7 Monate her

Quicklebendig? Naja… von ehemals fast 18% Kraftwerksleistung weltweit ist durch die seit Jahren mehr oder weniger vorhandene Stagnation der Leistung bei gleichzeitig explodierenden Bedarf an Energie der prozentuale Anteil der Kernernergie auf 10% abgesackt. Wenn man dann noch bedenkt dass viele der Reaktoren in den 80ern gebaut wurden und damit zunehmend zu einem Geldgrab werden bei gleichzeitig nur geringer Nachbauquote (siehe Frankreich) dann kann man schon von einem stetig absinkenden Kernkraftbedarf reden.
Ich sehe nicht im Geringsten dass sich hier große Türen für die Kernenergie auftun.

Ludwig von Gerlach
7 Monate her

Das unterscheidet halt den Dakota-Indianer vom Ampel-Indianer: letzterer steigt vom lebendigen Pferd (Atomkraft) auf ein totes (dunkelflautenempfindliche Erneuerbare) um und wundert sich, warum er beim Reiten plötzlich nicht mehr vorankommt.

Urs von Baerlichingen
7 Monate her

Atomkraft = Totes Pferd? Diese Sorte Pferd gedeiht weltweit prächtig. Das Pferd, welches von Scholz, Habeck & Co. zu Tode geritten wird, heißt Deutschland!

Mausi
7 Monate her

Wer ist denn „man“, wenn Sie von beherrschbaren Risiken sprechen? Und von welchen Risiken ist genau die Rede? Tschernobyl? Ich meine, die Wölfe fühlen sich dort wohl. War das also vielleicht bester Naturschutz und ist jetzt Forschungsspielplatz?! Und Japan? Dort gab es wieviele Kernkrafttote? Einen oder doch zwei, drei? Ich hätte auch gerne eine Erklärung, wie „man“ in einem Land überleben kann, auf das zwei Atombomben gefallen sind.

Dr. Friedrich Walter
7 Monate her

Das Pferd „Kernkraft“ liegt nur im Koma und wäre noch „reanimierbar“, aber der potentielle „Rettungsarzt Scholz“ weigert sich und leistet statt dessen „aktive Sterbehilfe“, um den Grünen zu gefallen, die dieses Pferd schon immer hassten. Wenn das so weiter geht, ist bald ganz Deutschland ein „totes Pferd“, auf das sich nur noch der Abdecker freut.

FrankF.
7 Monate her

In Deutschland wird es sehr schwierig bis unmöglich sein, wieder AKWs zu bauen. Wenn die Grünen & Co. keine parlamentarische Mehrheit mehr haben, dann greifen sie zu Randale und sog. „zivilen Ungehorsam“. Davon verstehen sie etwas. Allerdings könnte eine andere Regierung versuchen, mit den Nachbarländern Verträge zu schliessen, dass auf deren Territorium AKWs für Deutschland gebaut werden, insbesondere dort, wo Flüsse in Grenznähe sind, um von dort Deutschland mit grundlastfähigem, CO2-freien Strom zu versorgen. Nur einmal als Idee.

what be must must be
7 Monate her
Antworten an  FrankF.

Sie werden gebaut werden. Egal, wie die nächste Regierung aussieht (nach dem politischen Tod der Grünen, selbstverständlich) – bei dem jetztigen Tempo der Fortschritte auf diesem Gebiet wird es kein Halten mehr geben.

Sonny
7 Monate her

Das tote Pferd ist vor allem deshalb tot, weil es von einem trojanischen Pferd aus der Uckermark attackiert wurde.
Die Kernkraft-Abschaffung, der sich kaum ein anderes Land anschließen mag, ist unter merkel und der Klatschhasen-cdu beschlossen worden.
Alles, was danach kam und kommt, ist noch einen Zacken verheerender als die Trojanerin.

Last edited 7 Monate her by Sonny
what be must must be
7 Monate her
Antworten an  Sonny

Ja, und diese Frau sollte man nicht vergessen, auch unter dem Aspekt des Strafrechts. Sie kommt nach Hitler an zweiter Stelle unter den für Deutschland schädlichen Personen. Erstaunlich, mit welcher Dreistigkeit sie noch mitten unter uns weiterwurschtelt. (Am Schluß hat ihr sogar noch jemand einen Faschingsorden umgehängt.) Es trifft zu, wenn ich berichte: „Merkel – immer noch auf freiem Fuß“. Entspricht ja der Wahrheit.

Wilhelm Roepke
7 Monate her

Das wird schon. Armut, Hunger, Wohnungslosigkeit und Strassenkriminalität sind ein besserer Lehrmeister als woke Lehrer und heute-journal. 35% AFD Umfragewert in Sachsen weist die Richtung. Bei 47% stellt sie den Ministerpräsidenten und die aktuelle verwirrte Phase der Deutschen geht mal wieder zu Ende, nachdem wir gelernt haben werden, dass Ökosozialismus genauso wenig funktioniert wie der nationale und der internationale, nur zum Glück nicht so mörderisch wie die beiden Vorgänger. Das muss man historisch verstehen: Marx, Engels oder Habermas dachten halt typisch deutsch, Adam Smith, Ayn Rand oder Milton Friedman nicht. Zur Zeit soll am grünen deutschen Wesen die Welt genesen;… Mehr

horrex
7 Monate her
Antworten an  Wilhelm Roepke

„Lernen“ nenn ich es nicht,
wenn der Karren schon fast „bis zu beiden Achsen im Dreck steckt“ und die „Fahrer“ unverdrossen grinsend, unbeirrt und völlig realitätsblind weiter und auf vielen Gebieten Vollgas geben … statt …

Eberhard
7 Monate her

Sage nie, nie. Ein Hochleistung-Industrieland ohne Kernkraft wird es nicht geben. Ohne sie, sind derzeit die vorhandenen Probleme der Menschheit nicht zu lösen. Der zukünftige Fortschritt wird riesige Energiemengen erfordern. Die Beseitigung von Hunger, Wasserarmut und der Energienachholbedarf in vielen Regionen dieser Welt kommen noch dazu. Wer in den Ländern mit Hochtechnologien derzeit die Quelle mit höchster Energieeffizienz aufgibt, schadet nicht nur sich selbst und seiner Umwelt, sondern auch dem Fortschritt in Entwicklungsländern. Die Kernkraft selber wird über Jahrzehnte noch der Energieträger mit der höchsten Energieeffizienz bleiben. Wer dazu in den Weltraum will, auf den Mond oder zu anderen Planeten,… Mehr

Black Cat
7 Monate her

„„Zurück zur Natur“ geht jedoch nur, wenn man die Menschen weitgehend zum Verschwinden bringt.“ 
Der Probelauf dafür lief schon mit den Impfungen. Nun wird es damit auch weitergehen, und man kommt so dem Ziel der Bevölkerungsminimierung immer näher.