Er wettert gegen KI-Firmen, die sich „vampiristisch“ an fremder Kreativität bedienen, hat aber vielleicht genau das getan. Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer, frisch im Amt, steht im Verdacht, jahrelang fremde Texte ohne Genehmigung verwertet zu haben. Der Mann agiert wie ein lautsprechender digitaler Kleinstkrämer.
picture alliance/dpa | Michael Kappeler
Einst stemmte der stolze Deutsche den Schild seiner Kultur gegen die bloße „Zivilisation“ der Briten, deren Geist höchstens Krämergeist sei. „Deutschtum, das ist Kultur, Seele, Freiheit, Kunst und nicht Zivilisation, Gesellschaft, Stimmrecht, Literatur“, dekretierte Thomas Mann.
Aha? Literatur hat also nichts mit Kultur zu tun? Dann erledigt sich die ganze Aufregung um die fröhliche Aneignung fremder Texte durch Kulturstaatssekretär Wolfram Weimer ganz von selbst. Literatur ist ja doch nur Zivilisation, entsprungen britischem Krämergeist! Und wer beim Essen nicht kleckert, ist nicht allein deshalb schon kultiviert.
Der Casus, hier nachzulesen: Weimers „Media Group“ in Gestalt des Magazins „The European“ soll sich jahrelang mit fremdem geistigen Eigentum geschmückt und damit Geld (Werbeeinnahmen) generiert haben, ohne die Autoren der Texte um Erlaubnis gefragt oder gar sie honoriert zu haben.
Hm. Hat er solche Gebräuche nicht zur Eröffnung der Frankfurter Buchmesse ganz streng gegeißelt? „Auf gleichsam vampiristische Weise saugen KI-Unternehmen das kreative Potenzial aus unzähligen klugen Köpfen, nutzen deren Ideen und Empfindungen, ihre Schaffenskraft, ihre Vision“, sagte er da. KI-Unternehmen. Amerikaner halt. Aber doch nicht wir Deutschen?
Nun, das war ein brillanter Schuss ins eigene Knie.
Der Minister ist für den Schutz des Urheberrechts zuständig und damit für die Einkommensquelle von Künstlern und Autoren, die es selten zu Wohlstand bringen. Und kultiviert ist die Aneignung fremder Texte schon mal gar nicht, um sie als Köder zu verwenden. Ganz im Gegenteil: das ist Krämergeist par excellence. Wer geglaubt hat, nach Claudia Roth könne es mit Wolfgang Weimer endlich einen würdigen Vertreter des Kulturellen geben, dürfte mittlerweile völlig verstört sein.
Und nicht nur die Autoren hat er getäuscht, sondern auch die zahlenden Werbekunden: Statt der öffentlich kommunizierten 2.000 Autoren seien nur etwa 100 aufrufbar gewesen, schreibt der Plagiatsjäger Stefan Weber. Wenn diese Zahlen stimmen, hätte The European seine Außenwirkung künstlich aufgebläht und seine Werbekunden in großem Stil getäuscht. Denn die Weimer Media Group verkaufte Werbepakete und Sponsoringplätze für The European mit Hinweis auf dessen publizistische Strahlkraft. „Autoren-basierte, exklusive Beiträge schaffen ein hochwertiges Werbeumfeld“. Basiert. Auf Autoren. Was immer das sein soll.
Es handelt sich um ein „ausgeklügeltes Geschäftsmodell unter Vorspiegelung falscher Tatsachen“, schließt Stefan Weber. „Das ist klassischer Internet-Betrug. Und zwar kein geringfügiger.“ Genauso sieht es aus. Man muss Alexander Wallasch mehr als dankbar sein, der den Stein ins Rollen gebracht hat.
Auch hat man es mit Weimer so gar nicht mit einem „Liberalkonservativen“ zu tun, auf den manch einer gehofft haben dürfte. Er steht für viel zu viele der bürgerlichen Klasse, die es noch immer nicht verstanden haben, dass man den übergriffigen Linksradikalen aufrecht entgegenzutreten hat, statt ihnen entgegenzukommen. Kuscheln mit Jan Böhmermann? Ernsthaft? „Ich will ja mit Ihnen kämpfen gegen die rechten Brüder“, bot Weimer dem Krawallbruder an. Das ist an Peinlichkeit kaum noch zu überbieten.
Der Herausgeber der FAZ Jürgen Kaube urteilt mit selbstbewusster Arroganz: „Weimer ein Interesse an irgendeiner Kunst oder Geist zu unterstellen, wäre spekulativ… Es müsste Konservative darüber hinaus irritieren, wenn die Quote für konservative Positionen im Kabinett ausgerechnet auf diesem Posten, also primär symbolisch erfüllt wird.“ Wir möchten hinzufügen: von einer Krämerseele, die indes mit dem Bundeskanzler befreundet ist. Zwei Männer auf dem Fahrrad. Immer schön nach unten treten.
Tatsächlich ist das Amt völlig verzichtbar. Auch Verleger oder Autoren können eine Buchmesse eröffnen und antiamerikanisches Zeugs erzählen. Die bange Frage: Haben wir in Deutschland überhaupt noch Kultur? Möglich ist das, wer kennt schon jede Nische, in der es noch kultiviert zugeht. Doch diejenigen, die in unserer Regierung das Kulturelle verwesen sollen, glänzen weder mit Zivilität noch mit Kultiviertheit. Das passt allerdings bestens zum restlichen Regierungsensemble. Wer geglaubt hat, nach Claudia Roth könne es mit Wolfgang Weimer endlich einen würdigen Vertreter der Dichter und Denker geben (so noch vorhanden), dürfte mittlerweile alle Hoffnung aufgegeben haben.
Man mag sich kaum noch entrüsten und empören. Denn ganz ehrlich: der Ekel lässt sich kaum noch in Worte fassen.


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Die Abgrenzung von dem Materialismus der englischen Normannen hätte auch Goethe unterstützt. Kultur und Krämermentalität beißen sich nun mal leicht!
Und der Kulturbegriff um 1900 war zwar in der Elite zu kunst- und technikbezogen und ein bischen politisch verdreht, aber sonst ein sehr taugliches Produkt der Frühen Neuzeit!
Der Journalist Gerhard Konzelmann (✝️ 2008) hatte mehere Plagiatsvorwuerfe und Gerichtsverfahren. Da geschah fast nichts. 🤔
Und Annalena Baerbock?
Aktuell: Professor Dr. Voigt? Ehefrau von Doktor Habeck?
Die Empoerung um Weimer ist mir etwas zu heftig. Er sollte sein Amt ruhen lassen bzw. zurücktreten.
Außerhalb von Deutschland vertreten viele Leute die Meinung, dass die Dichter und Denker nicht ganz dicht sind. Für diesen Eindruck darf man ja auch viel Verständnis haben, wenn man sich an die geistigen Ergüsse von deutschen Regierungspolitikern erinnert. Ein gewisser Herr Maier aus Thüringen hat erst heute wieder einmal ein einleuchtendes Beispiel für abwegigen Unsinn abgeliefert.
Ich habe Wolfram Weimer geschätzt. Er war der letzte gemäßigt Konservative, der im grün-linken ÖRR noch eingeladen wurde. Z.B. im „Presseclub“ derARD. Auch seinen Aufbau des Ciceros fand ich anerkennenswert. Jetzt bin ich zutiefst enttäuscht. Nicht nur beim Thema „The European“, sondern auch, dass Herr Weimer Verlage mit Steuergeld unterstützt, die linksterroristische Inhalte für Jugendliche in Büchern publizieren. Z.B. Unrast Verlag.
Dieser Kulturstaatsdingsbums ist entbehrlich. Auch wieder so ein sinnlos Bürokratenjob der nur kostet und nichts bringt. Lediglich ein Bürokratenfriedhof.
Nur mal nebenbei: ist dieser Herr wirklich den ganzen Bohei wert? Sollen sich doch die vielen Betroffenen mal dagegen zur Wehr setzen. Oder haben die wenig bis kein Interesse daran?
„Tatsächlich ist das Amt völlig verzichtbar“ Übersicht mit KI „Der Etat für Kultur und Medien des Bundes beläuft sich für das Jahr 2025 auf rund 2,33 Milliarden Euro, wie aus einem Beschluss des Deutschen Bundestages hervorgeht. Eine frühere Planung sah für 2025 einen Etat von etwa 2,25 Milliarden Euro vor. Für das Jahr 2026 wird sogar ein Rekordetat von rund 2,5 Milliarden Euro erwartet, was einen Anstieg von etwa 10 % gegenüber dem Vorjahresentwurf bedeutet. 2025: Der vom Bundestag beschlossene Kultur- und Medienetat beträgt gut 2,33 Milliarden Euro. 2026: Der Regierungsentwurf sieht ein Rekordbudget von rund 2,5 Milliarden Euro vor.“ „…Das Amt wurde 1998… Mehr
Vielleicht fallen die „Werbekunden“ jetzt nicht mehr so leicht auf so ein Windei herein. Aber die Budgets werden ja auch von treuen Agenturgenossen (JvM) mit besten Beziehungen in die Politik verwaltet. Läuft!
„der Ekel lässt sich kaum noch in Worte fassen.“
Es geht hier nicht um Ekel oder Worte um ihn zu beschreiben. Wir haben hier offensichtlich einen Hochstabler aller erster Klasse, der vor nichts zurückscheut. Einen Mann der vor krimineller Energie geradezu strotzen scheint. Der Bundesstaatsanwalt sollte die Rollator-Gang nach Hause schicken und sich diesen Fall vornehmen. Ich freue mich schon auf die Abstimmung zur Aufhebung der Immunität dieses Menschen. Die Mehrheit wird dagegen stimmen und mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit die Immunität eines AFD-Parlamentariers wegen eines nicht bezahlten Parkvergehens sofort aufzuheben
„Man mag sich kaum noch entrüsten und empören. Denn ganz ehrlich: der Ekel lässt sich kaum noch in Worte fassen.“ Leider allzu wahre Worte, verehrte Frau Stephan – und ich gehe einmal fest davon aus, dass diesem sauberen Geschäftemacher, sobald sich die Wogen der Entrüstung und Empörung erst einmal gelegt haben, nichts – buchstäblich gar nichts – passieren wird! Als hochaktiver Streiter an der Kulturfront #unsererdemokratie# ist der Herr schlichtweg unverzichtbar – und im Zweifelsfall drischt man noch kräftig auf die ‚pöööhsen Amis‘ ein, so man nicht überhaupt ‚den Russen‘ entdeckt, der sowieso an allem schuld ist… Und wenn’s ganz… Mehr