In Erdogans Fängen – ein EU-Gipfel ohne Aussicht auf Erfolg

Wieder einmal wird die EU zeigen, dass sie unfähig ist, aktuelle Krisen konsequent anzugehen. Eine entscheidende Rolle dabei spielt die Bundesrepublik Deutschland, die sich fest in den Fängen des türkischen Präsidialdiktators befindet.

imago images / photothek
Recep Tayyip Erdogan und Heiko Maas, aufgenommen im Rahmen der Libyen-Konferenz in Berlin, 19.01.2020. Berlin

Es soll ein deutliches Zeichen werden. Die Türkei, seit der Machtübernahme durch den radikalislamischen Muslimbruder Recep Tayyip Erdogan nicht nur als NATO-Mitglied auf Abwegen, sollte dazu gebracht werden, ihre ständigen Provokationen einzustellen. So zumindest wünschen es sich vor allem jene, die tagtäglich an ihren Grenzen mit einer unberechenbaren Türkei konfrontiert sind. Doch Erdogan-Freund Deutschland wird schon dafür sorgen, dass die angedachten Sanktionen keine Schmerzen bereiten.

Die Liste der Provokationen ist lang

Wir erinnern uns:

  • Trotz eines von der EU verhängten Waffenembargos gegen Libyen mit dem Ziel, die dort kämpfenden Bürgerkriegsparteien zur Friedensbereitschaft zu bringen, hat der Türke schwere Waffen und syrische Islamkämpfer in das nordafrikanische Land gebracht. Der Versuch der der deutschen Fregatte „Hamburg“, einen türkischen Frachter mit verdächtiger Ladung zu kontrollieren, wurden von der türkischen Regierung verhindert. Ohnehin ist diese Mission ein Witz: Lehnt der Kapitän des verdächtigen Schiffes die Inspektion ab, bleibt den Inspekteuren nichts anderes, als erfolglos abzudrehen.
  • Statt sich an die Vereinbarung des Merkel-Deals zu halten, wonach die illegale Einwanderung in die EU durch die Türkei nicht zugelassen wird, hat die Türkei an der Landesgrenze zu Griechenland gezielt Migranten als Sturmtruppen eingesetzt. In der Ägäis hat der von sogenannten NGO beförderte Transport von Personen, die sich vorsätzlich in Lebensgefahr bringen, um so die illegale Einreise in die EU zu erzwingen, zunehmend professionalisiert. Die Türkei sieht nicht nur zu – sie schaut zumindest gezielt weg und behindert griechische Grenzschützer, ihrer Aufgabe gerecht zu werden.
  • Seit Monaten sucht ein türkischer Explorer in der Ägäis und vor Zypern entgegen internationalem Recht nach Öl- und Gasvorkommen. Gezielt werden dabei die Hoheitsrechte der EU-Staaten missachtet.
  • Auf der teilweise türkisch besetzten Insel Zypern propagiert die Türkei die dauerhafte Spaltung: Zwei Staaten statt der Versuch regionaler Politiker auf beiden Seiten des Konflikts, zu einer föderativen Lösung zu kommen.
    – In Syrien wie in Berg-Karabach führt Erdogan mit NATO-Waffen einen unerklärten Krieg, der vorerst in einem fragilen Waffenstillstand verharrt.
  • Regelmäßig wiederholt Erdogan seine Auffassung, wonach die griechischen Ägäis-Inseln ebenso wie Teile des griechischen und des bulgarischen Festlands zur Türkei gehöre.
  • Unvergessen auch die nationalchauvinistischen Auftritte des Türken in Deutschland, um türkeistämmige Neusiedler der Bundesrepublik von der Integration abzuhalten, sie als fünfte Kolonne gegen die christliche Kultur zu munitionieren.
  • Im Inneren hat die Türkei längst ein faschistisches Herrschaftssystem installiert, in dem nationale und religiöse Minderheiten ebenso wie die politische Konkurrenz verfolgt werden.

Nicht nur den Griechen und Zyprern ist angesichts dieses Sündenregisters längst schon der Kragen geplatzt. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell stellte zur Türkei fest: „Bei mehreren Aspekten hat sich die Lage verschlechtert“ – eine eher freundlich-diplomatische Beschreibung der Entwicklung.

Die Bundesregierung verhindert konkrete Maßnahmen

Schon vor vier Jahren hatte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz festgestellt, dass es keinen EU-Beitritt der Türkei geben wird. Doch statt angesichts der ständigen Provokationen des zunehmend diktatorisch regierten Landes am Bosporus endlich Konsequenzen zu ziehen, klammert sich die EU unter deutscher Führung an der Illusion fest, über die EU-Beitrittsverhandlungen statt des angestrebten Kalifats ein Gemeinwesen nach westeuropäischen Vorstellungen durchsetzen zu können.

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Zu groß ist offenbar die Angst im Kanzleramt, Erdogans fünfte Kolonne gegen die Bundesregierung aufzubringen. Auch spielen nach wie vor wirtschaftliche Interessen eine Rolle: Wichtige deutsche Unternehmen haben im Vertrauen auf die EU-Beitrittsillusion in der Türkei investiert. Zwar haben einige der Unternehmen längst die Zeichen der Zeit erkannt und ihr Engagement zurückfahren – die Befürchtung steht dennoch im Raum, dass Erdogan im Falle des offiziellen Endes der Beitrittsoption das tun könnte, was er bereits angedroht hatte: Deutsche Kapital enteignen, um so seine durch türkische Misswirtschaft und Kriegsabenteuer in den Ruin getriebene Wirtschaft zu retten.

Wie ein Damoklesschwert schwebt auch die illegale Einwanderung vor allem über den Berliner Häuptern. Kündigt die EU die Kooperation, verhängt sie gar ein Waffenembargo gegen die Türkei, wie zum Leidwesen des Großlieferanten BRD von Griechenland gefordert, könnte türkische Politik, wie bereits am Evros demonstriert, an der EU-Balkangrenze und in der Ägäis zu kriegsähnlichen Situationen und unschönen Bildern führen. Also begibt sich die Bundesregierung weiterhin in die Hände des Muslimbruders und riskiert damit, dass europäische Wertesystem der EU abschließend zu zerstören.

Zwar lässt Heiko Maas ein wenig die schwachen Muskeln spielen, wackelt mit dem erhobenen Zeigefinger zaghaft Richtung Erdogan. „Uns geht es innerhalb der Europäischen Union jetzt zunächst einmal darum, zu reagieren auf das, was insbesondere mit Blick auf Zypern schon sehr, sehr lange innerhalb der Europäischen Union diskutiert wird,“ lässt er nach Beratungen mit den EU-Kollegen wissen. Doch am Ende des für den Donnerstag und Freitag dieser Woche anberaumten EU-Gipfels wird es sein wie immer: Wortblasen statt wirkmächtiger Taten. Deutschland, so die Auffassung der Bundesregierung, kann und will es sich nicht leisten, es sich ernsthaft mit dem Kalifendarsteller aus Ankara und seinen Fans in der Bundesrepublik zu verderben.

Auch Illegale Migration aus Libyen steht auf der Agenda

Dabei beschäftigt nicht nur die Türkei derzeit die EU. Da die illegalen Wirtschaftsmigranten nicht nur über die Kanaren und die Ägäis in die EU drängen, sondern nach wie von selbsternannten Lebensrettern von Libyen aus an die Ufer Italiens und Maltas verbracht werden, wird in EU-Kreisen nun darüber nachgedacht, den sich bereits in Sachen Türkei als teures, aber nur mäßig wirkungsvolles Instrument entpuppenden Merkel-Migrations-Deal auch auf Libyen anzuwenden. Wie das allerdings geschehen soll in einem Land, das zunehmend unter türkischen Einfluss gerät und in dem die Konfliktparteien infolge einer verfehlten und undurchdachten US-Politik zäh um Macht und Öl ringen, steht in den Sternen.

Offenbar treibt die anstehende Weihnachtszeit in den Büros der Brüsseler Bürokratie manch einen dazu, das große Wünsch-mir-was in den Raum zu stellen. Ziel jedenfalls sei es, so ist aus Brüssel zu hören, Libyen gegen Milliardenhilfen dazu zu bewegen, Illegale aus der EU wieder aufzunehmen. Im Gegenzug wolle man dann alte, kranke und minderjährige Migranten koordiniert aus Libyen aufnehmen. Diese sollen dann über das UN-Umsiedlungsprogramm legal in die EU überführt werden. Wie das allerdings mit einem Land möglich sein soll, das nach wie vor über keine funktionsfähigen Verwaltungsstrukturen verfügt und in dem kriminelle Schlepperbanden gutmenschelnden NGOs die Hand reichen, fällt offenbar nicht in den Wunschkatalog der EU-Bürokratoren.

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Kommentare ( 13 )

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13 Comments
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Thomas Riessinger
3 Jahre her

„Im Inneren hat die Türkei längst ein faschistisches Herrschaftssystem installiert.“ Deshalb ist Erdogan bei der deutschen Regierung auch so beliebt.

Peter G.
3 Jahre her

Wenn Politik, und gerade Außenpolitik, im Normalfall die Bemühung um Ausgleich und Balance unter Berücksichtigung eigener Interessen bedeutet, ist das, was die Regierung Merkel und Ihr Personal abliefern, bestenfalls als planloses Verramschen von Wohlstand und Ansehen des eigenen Landes zu bezeichnen.

Giovanni
3 Jahre her

Erdogan wird die NATO-Partner weiter durch sein Handeln provozieren. Eigentlich will er gar nicht mehr Mitglied dieser Vereinigung sein. Er ist dann nicht mehr an die Vereinsregeln gebunden. Er möchte jedoch nicht austreten , sondern von der NATO ausgeschlossen werden. Sein ganzes Bestreben ist es, in die Opferrolle zu gelangen. Denn so schafft man die Unterstützung des Volkes. Um dies zu erreichen wird er wohl seine Provokationen erhöhen.

Il Jolly
3 Jahre her

…bleibt nur die Hoffnung auf die anderen EU-Staaten und das diese nun endgültig die Nase voll haben. Maas und Merkel gehen unter Corona langsam die finanziellen Mittel aus, um all die erkennbar nutzlosen Beschwichtigungen bezahlen zu können, mit denen man bisher geglaubt hat, Erdogan milde stimmen zu können, aber auch die anderen EU-Nationen von schärferen Maßnahmen abzuhalten. Griechenland dürfte wieder einmal, und völlig zu recht, ein Fass aufmachen, denn immerhin muss es ständig wachsende Ressourchen auftreiben und einsetzen, um den vielfältigen türkischen Aggressionen an seinen Grenzen, etwas entgegen setzen zu können. Aber können die Griechen diesmal auf mehr Unterstützung hoffen?… Mehr

thinkSelf
3 Jahre her

„ein EU-Gipfel ohne Aussicht auf Erfolg“ Herr Spahn, sie kommen zu dieser Aussage, weil Sie von der inhärenten Annahme ausgehen „Die Türkei […] sollte dazu gebracht werden, ihre ständigen Provokationen einzustellen.“ Bereits diese Annahme ist falsch. Sie gilt nicht mal für die Regierungen der „zuerst betroffenen Ländern“. Sonst würden die eine völlig andere Politik machen.Sie gilt auch nicht für die Mehrheit der betroffenen Bevölkerungen, sonst würden die nicht immer diese Typen wählen. Das Ziel, auch dieses EU-Gipfels ist es, dafür zu sorgen das das so bleibt. Und ich gebe Ihnen Brief und Siegel das das auch diesmal wieder funktionieren wird.… Mehr

Korner
3 Jahre her

Erdogan weiß genau, dass die EU-Stubentiger nicht einmal brüllen können, geschweige denn beißen. Ein Haufen von selbstverliebten Versagern versuchen sich selbst und ihre Lieben zu versorgen. Erdogan hat mit seinen Bezeichnungen unserer Regierung und der EU vollkommen recht. Wer so strohdumm agiert, hat es nicht besser verdient.

Old-Man
3 Jahre her

Ob unsere Politiker Pampers tragen??. Auf jeden Fall könnte man daran denken,wenn man sieht wie sich diese feige Bande vor Erdolfangst in die Hose machen,diese Feiglinge!!. Warum macht man dem Erdolf nicht einmal ein schönes Geschenk,in dem man auf einen Schlag alle Aufenthaltsgenehmigungen für „sein“ Volk hier widerruft,und ihm die lieben Landsleute binnen drei Monaten allesamt über den Bosporus schickt??. Solche Typen wie Erdolf,die verstehen und akzeptieren nur eine Sprache,alles andere sehen die als Schwäche an!!. Hätte Merkel etwas Mut oder auch Anstand,dann würde sie das in der unvermeidlichen Sylvesteransprache verkünden!!. Zeit um ihre Bückbeterburgen ab zu bauen hätten die… Mehr

Jan Frisch
3 Jahre her
Antworten an  Old-Man

Schon Helmut Kohl wollte 1982 die Hälfte aller hier lebenden Türken zurückschicken, ihnen sogar ihre Rentenansprüche in bar auszahlen, aber das hat ihm Maggie Thatcher verboten. Mehr muss man über den „souveränen Rechtsstaat BRD“ gar nicht wissen.

Ralf Poehling
3 Jahre her

Zitat:“Doch am Ende des für den Donnerstag und Freitag dieser Woche anberaumten EU-Gipfels wird es sein wie immer: Wortblasen statt wirkmächtiger Taten. Deutschland, so die Auffassung der Bundesregierung, kann und will es sich nicht leisten, es sich ernsthaft mit dem Kalifendarsteller aus Ankara und seinen Fans in der Bundesrepublik zu verderben.“ Die Situation wird von unserer Seite fortwährend völlig falsch eingeschätzt. Es ist ein nicht enden wollendes Trauerspiel… Man verdirbt es sich nicht mit Erdogan, wenn man klare Worte findet und denen Taten folgen lässt. Man verdirbt es sich mit Erdogan und den Türken, wenn man das NICHT tut! Man… Mehr

Ruehwaldner
3 Jahre her

Sämtliche Probleme mit der Türkei sind nur durch den Rassismus und den latenten Nationalsozialismus der Deutschen verursacht.
Also Kampf gegen Rechts weiterführen! Hierbei sind allerdings nicht etwa Erdogans „Grauen Wölfe“ die Rechtsradikalen oder die muslimischen Herrschaften, die in Berlin am  al Quds Tag „Juden ins Gas“ skandieren.
Nein, die Rechtsradikalen sind die AfD Politiker, die genau das schärfstens kritisieren, der Türkei die finanziellen Zuwendungen streichen wollen und die Erpressbarkeit Europas beenden wollen.

Carlos
3 Jahre her

Na prima. Die, die arbeiten könnten, aber nicht wollen, werden nach Libyen abgeschoben. Dafür übernehmen wir Alte, Kranke und Minderjährige. Genau das, was wir auf dem Arbeitsmarkt brauchen können. Der Sozialstaat ist gerettet.