Der Staat will Ankeraktionär der DeutschCommerz werden

Goldman Sachs hat in einer Studie von Oktober 2018 die Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank schon begrüßt und nennt als einen der Vorteile, dass der deutsche Staat ein „wichtiger Aktionär“ der neuen Mega-Bank werden würde.

Thomas Lohnes/Getty Images

Der Wechsel von der Wirtschaft in die Politik und umgekehrt wird oft kritisiert. Denn darin wird meist ein Interessenkonflikt gesehen. Politiker sind keine Roboter, sondern Menschen, die ein berufliches Vorleben haben, das sie nicht einfach abstreifen können. Die Ausbildung, der Beruf, das Umfeld prägen einen. Und es gibt Beispiele, die mindestens ein „Geschmäckle“ haben. Jüngst ist dies der Fall beim beamteten Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Jörg Kukies. Seit vielen Wochen wird über die Fusion von Deutscher Bank und Commerzbank spekuliert. Beide Bankvorstände haben dies immer zurückgewiesen, doch immer wieder werden Olaf Scholz und sein Staatssekretär als Befürworter einer solchen Fusion genannt. Im August vergangenen Jahres stellte Scholz fest: Es sei ein Problem für eine große Volkswirtschaft wie die deutsche, „dass die Banken (…) nicht die Größe und die Globalität haben, um die Wirtschaft zu begleiten“. Ein Finanzminister, der sich so zitieren läßt, macht dies nicht ohne Absicht. Insbesondere dann nicht, wenn der Staat größter Einzelaktionär der Commerzbank ist.

Dazu ist der Staat im Zuge der Bankenkrise 2008 erst geworden. Kurz zuvor fädelte einer der Vorgänger von Jörg Kukies, Jörg Asmussen, den Deal für den damaligen Bundesfinanzminister Peer Steinbrück ein. Man wollte einen zweiten globalen Champion neben der Deutschen Bank schaffen. Am 2. November stützte der Bund das fusionierte Institut mit einer stillen Einlage in Höhe von 8,2 Milliarden Euro und schirmte die Bank mit einem Garantierahmen von zunächst 15 Milliarden Euro ab. Ein Teil dieser Einlage wurde später in Aktien gewandelt. Heute hält der Bund dadurch 15,6 Prozent der Commerzbank. Für dieses Aktienpaket bezahlte der Bund damals 5,1 Milliarden Euro, die heute nur noch 1,44 Milliarden Euro Wert sind.

Pikant ist dabei, dass Kukies bis zu seinem Wechsel ins Finanzministerium Anfang 2018 Deutschland-Chef von Goldman Sachs war. Goldman Sachs wiederum berät seit 2017 die Commerzbank, erst hinsichtlich feindlicher Übernahmen und jetzt laut Zeitungsberichten wiederum in den Fusionsgesprächen mit der Deutschen Bank. Seit Wochenbeginn legte der Kurs der Commerzbank-Aktie um rund 12 Prozent zu. Es herrscht Fusionsphantasie im Markt.

Doch warum ist das Scholz-Ministerium so erpicht auf diese Fusion? Eigentlich spricht nichts dafür. Eine Fusion würde die DeutschCommerz nicht in die Weltliga zurückbringen, allenfalls in die Europaliga. Wahrscheinlich würden mindestens 30.000 Arbeitsplätze in beiden Häusern verloren gehen, das Filialnetz ausgedünnt und dennoch die Ertragskraft wahrscheinlich nicht wesentlich verbessert werden. Die Integration beider Häuser würde das gemeinsame Institut auf Jahre lähmen. Gleichzeitig ist dieser Banken-Nationalismus auch ein Schlag gegen eine Finanzmarktunion in der EU. Dort bräuchte man weniger nationale, sondern mehr grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, um das Erpressungspotential der großen Banken gegenüber ihren Staaten zu durchbrechen. Warum das Ganze also?

Wahrscheinlich ist es die implizite Staatshilfe, die die DeutschCommerz erhalten soll. Schon heute profitiert die Commerzbank bei ihrer Refinanzierung vom größten Aktionär im Hintergrund. Der Kapitalmarkt sieht hinter der Commerzbank den Staat, der zwar nur mit 15,6 Prozent beteiligt ist, aber dennoch der maßgebliche Aktionär ist. Das Triple A des Staates überträgt sich auf die Commerzbank und verbessert ihre Refinanzierung. So wäre es auch, wenn beide Häuser zur DeutschCommerz fusionieren. Zwar würde der Anteil des Staates voraussichtlich auf rund 5 Prozent abschmelzen, aber auch dies würde der DeutschCommerz einen Finanzierungsvorteil sichern.

Es wäre also eine Staatshilfe, die die Deutsche Bank dringend braucht. Sie verliert im Wettbewerb zu anderen Instituten. Ihre Liquidität von geschätzt 250 Mrd. Euro muss die Deutsche Bank zu Minus 0,4 Prozent über Nacht bei der EZB parken. Auf das Jahr gerechnet ergibt das 1 Milliarde Euro an Aufwand, der umgekehrt bei US-amerikanischen Wettbewerbern zum Ertrag wird. Wenn JP Morgan 500 Mrd. Dollar Liquidität bei der US-Notenbank FED parkt, erhält sie aktuell 2,5 Prozent gutgeschrieben. Auf das Jahr gerechnet ergibt das einen Ertrag von 12,5 Milliarden Euro. Um diese Wettbewerbsunterschiede auszugleichen, muss eine Deutsche Bank schon ein „paar Sparbücher“ mehr verkaufen. Daher verlieren deutsche Banken generell an Wettbewerbsfähigkeit durch die falsche Zinspolitik der EZB.

Und an dieser Stelle kommen wir wieder an den Anfang unserer Geschichte. Goldman Sachs hat in einer Studie von Oktober 2018 die Fusion von Commerzbank und Deutsche Bank schon begrüßt und nennt als einen der Vorteile, dass der deutsche Staat ein „wichtiger Aktionär“ der neuen Mega-Bank werden würde. Das würde die Kreditwürdigkeit der neu geschaffenen Bank erhöhen. Von einer Privatisierung der DeutschCommerz ist dabei nicht die Rede. Deshalb ist es auch konsequent, wenn jetzt Goldman Sachs die Commerzbank bei den Fusionsgesprächen berät und Jörg Kukies dies alles im Hintergrund einfädelt.

Doch das Risiko für den Steuerzahler steigt. Der Finanzminister hofft darauf, dass sich an das Desaster aus Commerzbank und Dresdner Bank vor über 10 Jahren keiner mehr erinnert. Scholz und sein Peter Altmaier im Wirtschaftsministerium glauben an die Gestaltungswirkung der Politik. Sie wollen „nationale Champions“ schaffen, um sich gegen die USA und China ökonomisch zu behaupten. Ob das mal gut geht?

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Kommentare ( 32 )

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Petra Horn
4 Jahre her

Es geht darum, die Deutsche Bank zu retten. Die die die Milliarden Risiken eingingen sind, Millionen daran verdienten, sprangen schon ab. Nun ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die Ponzigeschäfte in tiefrote Verluste verwandeln.
Das wollen wohl einflußreiche Kreise nicht.
Und die Macht über ein großes Geldhaus ist ja auch kein schlechter Nebeneffekt.
Was mich zu der Frage bringt, was Goldman Sachs zu dieser Empfehlung angetrieben hat. Sind die Großaktionär, verwalten sie Deutsche Bank Fonds?

benali
4 Jahre her

„Dort bräuchte man weniger nationale, sondern mehr grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, um das Erpressungspotential der großen Banken gegenüber ihren Staaten zu durchbrechen.“

Große Banken in der Europaliga, die aus zwei Banken unterschiedlicher Nationalitäten hervorgingen würden dann eben mindestens zwei Regierungen erpressen. Nichts wäre gewonnen.

Das größte Problem für europäische Banken ist das Zinsniveau. Dagegen können Banken nicht ankommen, nicht durch Fusionen und auch nicht durch strukturelle Veränderungen, zumal bei Letzteren die neuen FinTechs deutlich überlegen sind.

89-erlebt
4 Jahre her

Schon wieder „Der Staat“ wo doch jeder wissen sollte, dass es auch hier wieder darum geht, das Bürgen ( Bürger und – innen) für die Managementfehler, das Unvermögen der Politik und letztlich für das Festhalten an einem von der EZB ad absurdum geführten Geschäftsmodell in Haftung zu nehmen. Diese Respektlosigkeit gegenüber den Steuerzahlern geht einher mit einem massiven Abbau von steuererbringenden Arbeitsplätzen und wird von einer sich vorgeblichen für die hart arbeitenden Menschen verpflichtet fühlenden Niete in Wirtschaftsfragen vorangetrieben. Man kann sich nur noch an den Kopf fassen und sich fragen, was die Mehrheit in diesem noch alles wird bieten… Mehr

Bernhard F.
4 Jahre her

Zur Vorgeschichte der Fusion Dresdner Bank/Commerzbank will ich nicht schon wieder anfangen. Sie war ganz einfach eine Rettungsaktion der Allianz in höchster Not. Alles, was hier zur Fusion Dt. Bank/Cobk geschrieben wird, mag richtig sein – m.E. wird es aber vor dem verkehrten Hintergrund gesehen. Auf Schlüsselpositionen wird staatlicher Einfluß genommen und Schlüsselindustrien werden (teil)verstaatlicht. Die Kindergartenpflicht sichert langfristig den Einfluß auf die Denke der Kleinsten. Die Mietpreisbremse sichert den Einfluß auf den Wohnungsmarkt. Der Mindestlohn sichert den Einfluß auf die Einkommen. Die (Teil)Enteignung der Energiekonzerne sichert den Einfluß auf die Energieerzeugung. Die Festsetzung irrationaler Grenzwerte sichert den Einfluß auf… Mehr

Wilhelm Cuno
4 Jahre her

Zu dieser geplanten Fusion gibt es mehrere Sichtweisen: Die offizielle: eine Fusion unter gleichen zur Bildung eines nationalen Champions Die der Gewerkschaften: eine Übernahme der Commerzbank durch die Deutsche Bank zum Abbau von Arbeitsplätzen bei der Commerzbank und Rettung einiger eigener. Darum sind sie dagegen. Die der Aktionäre: eine Rettung der Deutschen Bank durch den Deutschen Staat über den Umweg der Commerzbank statt direkt. Darum ist es ihnen weitgehend egal. Die der EZB: eine Verschiebung der deutschen Wahrnehmung Probleme von der Niedrigzinspolitik der EZB zum Fusionsmanagement zu lenken. Darum sind sie später dafür. Die der Mainstream-Medien: Gott sei dank etwas… Mehr

Amerikaner
4 Jahre her

Was kann da schon schiefgehen, wenn unsere Kompetenzprotze aus der Politik mit Billionen in Anlagen der Bürger spielen? Beunruhigt mich überhaupt nicht.

francomacorisano
4 Jahre her

Wieder werden die gleichen Fehler, wie vor der Weltfinanzkrise gemacht.
Der Staat soll sich gefälligst aus Unternehmen heraushalten, ABER Monopole verhindern. Genau das tut er wieder nicht. Traurig!

gast
4 Jahre her

Ich finde, Herr Schäffler sieht das alles viel zu kompliziert. Das liegt wohl daran, dass er Ahnung davon hat. Ich habe keine und sehe das deshalb einfacher. Die Deutsche Bank glaubte, sie liegt mit der Politik im Bett, dienerte ihr und dachte, egal welche Risiken wir eingehen, wir werden gerettet. (Die Autohansel dachten das auch und den Siemensfritzen sollte man ganz schnell einkassieren, denn ich hab da selbst noch Aktien). Der damalige Deutsche Bank Chef bekam sogar ein Geburtstagsdinner im Kanzleramt, dann wechselte er zu einer schweizer Bank und dann war er von einer Sekunde auf die andere absolut weg… Mehr

Petra Horn
4 Jahre her
Antworten an  gast

Die Verantwortung für Manager und Politiker muß so schnell wie möglich wieder eingeführt werden, und die der Steuerzahler gestrichen werden.

Stony
4 Jahre her

Germany goes socialism. Wundert mich alles nicht mehr. Man weiß auch, woher es kommt: die sozialistisch geprägte Pastorentochter aus der Uckermark mit unzureichendem marktwirtschaftlichen Verständnis drückt dem Land weiter ihren Stempel auf, indem sie im Hintergrund die Fäden zieht. Aber wir wissen auch, wie der Sozialismus geendet hat.

Wittgenstein
4 Jahre her

Lieber Herr Schäffler,

ich schätze mal, es gibt in ihrer Partei viele gut ausgebildete, intelligente junge Bürger, die wie Sie verstehen, dass so einiges in unserem Lande schwerpunktmäßig in die falsche Richtung läuft!

Irgendwann – so fürchte ich – muss sich die FDP „outen“… for the good natürlich! Auf viele andere können wir nicht mehr setzen… they seem to be completely lost!

Ihnen alles Gute!