Wie die Energiewende Ressourcen und Landschaft verschlingt

Die Ausbauziele von Bundesminister Habeck würden allein an Land bis 2030 den Zubau von sieben bis zehn Windkraftanlagen pro Werktag erfordern. Und selbst dann wäre fraglich, ob die Vorgaben aus dem Klimaschutzgesetz erreicht würden. Den Zahlen vom grünen Tisch stehen unbequeme Realitäten entgegen.

IMAGO / Werner Schmitt
Montage der Nabe eines Windrades

Nachhaltig soll sie sein, die Energiewende. Nur noch ein schwacher Veilchenduft in der Luft und eine naturbelassene Erde zu unseren Füßen, nur etwas angekratzt für sparsam verwendete Rohstoffe. Für die Lieblingstechnologien hauen wir den Spaten allerdings ganz tief rein.

Die neue Energiewelt wünscht man sich voll smarter Lösungen, die wenig Aufwand verursachen und wenige Ressourcen verbrauchen. Nachhaltigkeit wird verschieden definiert, drei Strategien nachhaltiger Entwicklung sind in der Diskussion: Suffizienz (Verringerung Aufwand), Effizienz (optimale Ausnutzung von Material und Energie) sowie Konsistenz (umweltverträgliches Material, Kreislaufwirtschaft, Müllvermeidung). Keiner dieser Ansätze kommt beim exzessiven Ausbau der Windkraft zum Tragen. Immer größere Anlagen verschlingen immer mehr Material und produzieren dennoch nicht verlässlich, nicht nachhaltig die Ware Strom.

Die Zahlen sind eindrucksvoll. Für eine Anlage des Typs Enercon E-82 mit 3,2 Megawatt Nennleistung und 130 Meter Nabenhöhe ist folgender Materialaufwand nötig:

  • Verbundmaterial (Rotorblätter): 29 t
  • Kupfer: 12 t
  • Aluminium: 1,3 t
  • Gusseisen: 73 t
  • Stahl: 283 t
  • Beton: 1.750 t
  • Masse: ca. 2.150 t

Der Jahresstromertrag beträgt bei unterstellten 2.000 Volllaststunden etwa 6,4 Gigawattstunden (GWh). Zwei MAN V10-Dieselmotoren mit je 18 Litern Hubraum, 500 Kilowatt Dauerleistung und 8.000 Betriebsstunden würden im gleichen Zeitraum etwa 8 GWh erbringen. Konstant und im Bedarfsfall regelbar, jedoch mit laufenden Emissionen verbunden. Ihre Gesamtmasse: 3 Tonnen.

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Die besonders „ehrgeizigen“ Ausbauziele des Ministers für Wirtschaft und Klima Robert Habeck würden allein onshore einen Zubau bis 2030 von sieben bis zehn Windkraftanlagen pro Werktag erfordern und selbst dann wäre fraglich, ob die Forderungen aus dem Klimaschutzgesetz erreicht würden. Den Zahlen vom grünen Tisch stehen unbequeme Realitäten entgegen, so die der Beschaffbarkeit der großen Materialmengen und die der Montagegeschwindigkeiten.

Die für die heute üblichen Windkraftanlagen erforderlichen 1.000- bis 1.300-Tonnen-Kräne stehen nicht so einfach auf den Höfen der Montagefirmen herum, sie sind ausgebucht und werden auch anderweitig in der Industrie gebraucht. Zudem können sie nur bei niedrigen Windgeschwindigkeiten die Turmsegmente, Rotorblätter und Gondeln heben, sodass ein durchgehender Montageablauf nicht gesichert ist.

Der Kern aus Eisen

Ein gewichtiges Teil jeder Anlage ist die Nabe, die die Rotorblätter aufnimmt und die Kraft an die Welle überträgt. Hier beispielhaft ein solches Bauteil für eine 2,5-MW-Anlage. Masse: 16,3 t (Wehner/Sonntag „Neue Dimensionen – Windenergie fordert die Gießereibranche“ Konstruieren+Giessen 30, 2005).

Ebenfalls aus Stahlguss bestehen die Verbindungsstücke zwischen Nabe und Turm (Grundrahmen einer 2-MW-Anlage, 8,65 t):

Die Gießereikapazitäten in Deutschland sind ausgebucht. Die Firma Siempelkamp („Wirtschaftswoche“ vom 21. Januar 2022, Seite 6), die größte Handformgießerei des Landes in Krefeld, gibt an, dass sie ihre Produktion um das Fünffache steigern müsste, um den Ausbau zu sichern. Auch Gießereien in Spanien und Italien, die solch große Teile herstellen können, seien ausgebucht. In Deutschland wurden seit 2007 erhebliche Kapazitäten reduziert. Dass die Produktion wieder ausgebaut wird, hält Dirk Howe, Geschäftsführer von Siempelkamp, für unwahrscheinlich: „Explodierende Energiekosten, Umweltauflagen und Bürokratie lassen Investoren vor dem energieintensiven Gussgeschäft zurückschrecken.“

Auch das andere materielle Hinterland schwindet. Europaweit sinkt die Produktion von  Aluminium und Zink, Hüttenkapazitäten wurden vor allem in Frankreich, Spanien, Rumänien und Deutschland aus Kostengründen stillgelegt. Dies ist auch ein Ergebnis deutscher Abschaltpolitik und europaweit verminderten Energieangebots. Dazu kommt ein globaler Anstieg der Nachfrage nach Lithium, Kobalt, Nickel und Kupfer, den sogenannten Schlüsselelementen der Energiewende.

Prinzipiell sind in der Erdkruste ausreichend Bodenschätze vorhanden, aber die Erschließung neuer Förderstätten kann bis zu 20 Jahre dauern. 30 Rohstoffe gelten inzwischen „kritisch“ mit einem hohen Versorgungsrisiko, darunter das für die Windkraftgeneratoren wichtige Neodym. Die Abhängigkeit von wenigen Lieferländern, besonders China, Russland, Chile, Indonesien und den Philippinen steigt. Die Chinesen sind mit einem Anteil von 44 Prozent der Hauptlieferant für diese kritischen Rohstoffe. 

Kosten und Gewinn

Folgerichtig steigen die Preise. Der Windkraft-Multi Siemens-Gamesa fuhr allein im letzten Quartal 2021 309 Millionen Euro Verlust ein. Gerissene Lieferketten und damit geplatzte Termine trugen ebenso dazu bei wie stark gestiegene Rohstoff- und Materialpreise, während die Produktpreise vertraglich schon vereinbart waren. 

Für den Neubau gelten weiterhin die Ausschreibungsverfahren nach dem EEG 2017. Bisher waren die Angebote für Fotovoltaik immer überzeichnet, während im Bereich der Windenergie das ausgeschriebene Volumen meist nicht erreicht wurde. Zudem musste der Wind-Zuschlagswert der Vergütung von anfangs 6,2 auf 7,5 Cent pro Kilowattstunde angehoben werden, um überhaupt Angebote zu erhalten. 

Steigenden Kosten auf Herstellerseite stehen inzwischen stark gestiegene Strom-Börsenpreise von zeitweise über 300 Euro pro Megawattstunde (€/MWh) gegenüber. Selbst Orkan Nadia schaffte es am 29. und 30. Januar 2022 nicht, mit einer Windleistung von mehr als 45 Gigawatt den Strompreis ins Negative zu drücken, sondern nur auf 2,30 Euro pro Megawattstunde. Den erwarteten „Überschussstrom“, den man künftig für die Wasserstoff-Elektrolyse verwenden will, wird es nicht geben. Mehr oder weniger Ökostrom im Netz wird nur noch weniger oder mehr Mangel bedeuten. Die Stromproduktion aus Wind und Solar kann nicht den Entfall der Produktion aus Kern- und Kohlekraftwerken ersetzen. Für die Sektorenkopplung wird nichts übrigbleiben.

Verschiedene Faktoren machen das wirtschaftliche Umfeld für die Windmüller künftig sehr unübersichtlich:

  • stark steigende Herstellungs- und Montagekosten
  • Standorte zunehmend in immer windschwächeren Gebieten 
  • Fachkräfte- und Materialmangel
  • steigende Wartungs- und Entsorgungskosten
  • zunehmender Widerstand aus der Bevölkerung

Demgegenüber sind weiter steigende Strompreise im Großhandel zu erwarten. Hier wirken bereits jetzt Windfall-Profits. Basierend auf der Regelung zur sogenannten Management-Prämie können die Betreiber der Ökoenergieanlagen die Gewinne aus hohen Strompreisen voll abschöpfen, während sie nach unten durch die gesetzlich zugestandene Vergütung abgesichert sind. Anstelle wie in Großbritannien die Überschüsse auf das EEG-Umlagekonto für Zeiten niedriger Marktpreise umzubuchen, darf die grüne Bourgeoisie hier voll abschöpfen. Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren – Asozialpolitik in Reinform.

Der große Vorteil der Marktwirtschaft besteht in der Selbstregulierung von Nachfrage und Angebot. In Zeiten unkalkulierbar steigender Energiepreise wird jedoch niemand in den Ausbau von Produktionskapazitäten investieren, letztendlich begrenzt die Materialfrage den wunschgemäßen Ausbau der Ökostromerzeuger. 

Die planwirtschaftlich angelegte Energiewende wird auch planwirtschaftliche Erscheinungen hervorbringen. Produzenten werden wie in realsozialistischen Zeiten immer öfter sagen: „Ham wa nich“.

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Kommentare ( 66 )

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derostenistrot
1 Jahr her

wenn man sich die oben gezeigten Bilder der Teile einer Windkraftanlage anschaut, ist man beeindruckt, und wenn man sich dann noch die Bilanz der beteiligten Materialien wie Stahl, Beton etc. ansieht, dann kann ich mir nicht vorstellen, daß ein grüner Politiker diese Details je zur Kenntnis genommen hat. Und nach einiger Zeit ist das dann alles Sondermüll oder bleibt im Pfälzer Wald in der Erde.

F.Peter
2 Jahre her

Es war schon immer Grundsatz der Betriebswirtschaftslehre, mit minimalem Aufwand den größtmöglichen Erfolg zu erzielen – also nach Möglichkeit maximal effizent zu wirtschaften. Die grüne Energiewende postuliert genau das Gegenteil. Mit enormem Aufwand ein mickriges Ergebnis erzielen und dann auch noch die Natur in jedweder Form damit zu schädigen, ist wohl das genaue Gegenteil von Umweltschutz! Bisher hat sich noch niemand über das Mikroklima im Umfeld dieser grünen Technologie gekümmert: austrocknende Felder um die Solarfelder und hinter den Windkraftanlagen. Dass tonnenweise Insekten und tausendfach Vögel den Schredderanlagen zum Opfer fallen wird negiert. Und der Irrsin hat Methode. Die jetzt angedachten… Mehr

reconquistadenuevo
2 Jahre her

Laut Wallstreet online hat Deutschland. „Die dümmste Energiepolitik der Welt“.
Kein Wunder. Was erwartet man denn von der „weltdümmsten Regierung“ ?
Das Ergebnis dieser Energiepolitik ist doch für jeden, der 1 und 1 zusammenzählen kann, absehbar. Weiterhin massiv steigende Energiepreise und Blackouts, mit der Folge, dass insbes. energieintensive Industriebetriebe die Produktion aufgeben oder in andere Länder verlagern.

h2m2
2 Jahre her

Reingefallen. In den Flügeln steckt genug Holz. Stammt übrigens aus Naturwäldern, die eigens für unsere feinen Grünen abgeholzt werden. Gesägt vermutlich mit STIHL Sägen und dann mit dem CO2 Abdruck eines Altöl abfackelnden Dampfers nach Hamburg geliefert.

Last edited 2 Jahre her by h2m2
Bernd Schulze sen.
2 Jahre her

Der Traum von Wasserstoff wird zerplatzen, zu groß ist der Energieaufwand zur Herstellung um auf Gas verzichten zu können. Zudem braucht man auch Wasser oder nicht und eignet sich dafür jedes Wasser wie Süß-, Salz oder Abwasser. Wenn es geht noch in Länder wo Wasser ehe Knapp ist und eine tickende Zeitbombe ist Wasserstoff immer. Was Gaskraftwerke betrifft womit sollen sie betrieben werden, der Ami wird dahin liefern, der am meisten zahlt und die Produktion in den USA endet irgendwann und es sind nicht nur Deutschland die Gas benötigen. Denn mit Bärbock und der Grünen Seuchen Frau sowie Habeck ist… Mehr

Aboriginal
2 Jahre her

Finanziert werden soll der ganze Irrsinn mit privaten Mitteln, die in geschlossene Fonds fließen, so wie früher Bauherrenprojekte. Wenn das Windgutachten eine zu hohe Ausbeute ausweist und 30% weiche Kosten in die Gestehungskosten includiert sind, entstehen so Renditeraketen wie Prokon und Green City Energy. Dabei hatten die Investoren das Nachsehen, und ich sehe noch viele entstehen, die den Gutmeinenden schlaflose Nächte bereiten werden.

H. Meier
2 Jahre her

Ich halte die Energiewende für ein „trojanisches Pferd“ lanciert von einer Finanzelite, die sich per politischer Einflussnahme ihre Profite auf Kosten der Verlierer, organisiert. Aus der Ingenieur-Perspektive ist die politische Durchsetzung eines „hahnebüchenen Blödsinns“ das eine. Die andere, dahinter stehende Perspektive eröffnet auf einer Macht-Ebene, die Sicht auf die Länder in denen die Regierungspolitiker zuerst für ihre Bevölkerung eher logisch am Start sind, und darum „zu Feinden erklärt werden“, die sich um keinen Preis von „trojanischen Pferdereitern aus Übersee“ einfangen lassen wollen. Siehe https://uncutnews.ch/die-oligarchie-das-trojanische-pferd-der-kapitalisten/ Ich finde es wichtig, die aktuellen politischen Entwicklungen im Kontext zu analysieren, um zu sehen, welche… Mehr

moorwald
2 Jahre her

Es gibt auch Grund zur Gelassenheit: Eine Regierung, die höchstwahrscheinlich die laufende Legislaturperiode nicht durchstehen wird, will bis 2030 oder gar 2050 geltende Beschlüsse fassen?
Wir werden bald ein jetzt noch kaum denkbares roll back auf vielen Feldern erleben.

Cumulus
2 Jahre her

Zu jedem, der jetzt ins Gigantomanische geplanten Neubaugebiete wäre seitens der Planer fairer Weise die Anzahl der WKAs zu benennen, die den zusätzlich entstehenden Strombedarf erzeugen werden (würden, wenn sie es denn könnten.)

Wer konfrontiert die Grünen zudem mit der Frage, wie ein glaubhafter ökologischer Umbau bei gleichzeitig wachsender Bevölkerungszahl gelingen sollte? Wir zwingen uns damit immer auch zu Wachstum: Der Städte, der Zersiedelung, der Produktion und der notwendigen Arbeitsplätze, des Konsums, des Verkehrs (auch des Luftverkehrs) auf Generationen hinaus.

JamesBond
2 Jahre her

Dann gibt es ja noch Hoffnung, das Deutschland, wie die DDR rechtzeitig Pleite ist.
Diese Zahlen zeigen den wahren Grund für die Preissteigerungen in vielen Bereichen. Wer ein Einfamilienhaus bauen will der hat bei dieser Regierung gar nichts mehr zu lachen, benötigt er doch ähnliche Rohstoffe wie diese Molochindustrie.
Schickt die Grünen in die Wüst (e) und alle anderen Blockparteien gleich mit.