Ökologischer Fußabdruck: Grüne Propaganda auf morschem Fundament

Am 1. August vermeldete die Nachhaltigkeitsbewegung mal wieder den Welterschöpfungstag, an dem die Menschheit mehr Ressourcen verbraucht haben soll, als die Erde im laufenden Jahr nachliefern könne.

Zu Beginn der 1990er Jahre entwickelte der Stadt- und Regionalplaner Mathis Wackernagel ein Geschäftskonzept, das man unumwunden als genial bezeichnen kann. Befriedigt doch der von ihm erdachte „ökologische Fußabdruck“ die spirituellen Bedürfnisse linksgrüner Milieus westlicher Wohlstandsgesellschaften in idealer Weise und verschafft dem Schweizer bis heute Ruhm, Anerkennung und materielles Auskommen. Im Jahr 2003 gründete Wackernagel die international gut vernetzte und von vielen umweltaktivistischen Partnerorganisationen unterstützte Denkfabrik „Global Footprint Network (GFN)“, der er bis heute als Präsident vorsteht.

Kernaufgaben des GFN sind die Berechnung des „ökologischen Fußabdrucks“ für einzelne Länder und die Welt insgesamt sowie die öffentlichkeitswirksame Vermarktung dieser Maßzahl, um sie als Orientierungshilfe für den Weg zu einem als moralisch geboten angesehenen, das heißt „ökologisch nachhaltigem“ Verhalten zu etablieren.

Dazu kalkulieren Wackernagel und seine Mitstreiter die Fläche des Planeten, die die Menschheit benötigt, um ihre aktuellen Konsumwünsche zu decken. Dabei rechnet man die tatsächlich für Ackerbau, Viehzucht, Forstwirtschaft und Fischerei genutzten Areale in sogenannte „globale Hektar (gha)“ um, die jeweils einem Hektar mit global durchschnittlicher Produktivität entsprechen. Durch diesen Kniff werden Bereiche mit unterschiedlichen natürlichen Voraussetzungen miteinander vergleichbar. Hinzu treten in gleicher Metrik die Landflächen, die durch den Bau von Infrastrukturen wie Wohnhäusern, Verkehrswegen, Fabriken und weiteren Ver- und Entsorgungseinrichtungen verloren gehen. Und alljährlich gelangt das GFN dabei zu demselben, mit großem Tamtam verkündetem Ergebnis: Wir übernutzen den Planeten! Wir entnehmen der Natur die Ressourcen schneller, als sie nachwachsen können und leben dadurch über unsere Verhältnisse! Bildhaft verdeutlicht man dies durch den sogenannten „Earth Overshoot Day“. An diesem Tag sollen die von unserer Umwelt für das laufende Jahr bereitgestellten Leistungen aufgebraucht sein. Ab diesem Zeitpunkt leben wir daher nach Wackernagel und seinen Anhängern „auf Pump“, also auf „Kosten zukünftiger Generationen“. Immer größer wird nach dieser Doktrin das Problem, denn immer weiter rückt dieses Datum nach vorn. 2018 fiel es bereits auf den ersten August. Unser derzeitiger Lebensstil überfordere die eine Erde, die wir derzeit haben, meint das GFN, eigentlich bräuchten wir schon 1,6. Immer näher käme daher der Moment, ab dem eine zerstörte Umwelt die Menschheit nicht mehr tragen könne.

So erfüllt der ökologische Fußabdruck den Zweck, zu dem er einst erfunden wurde. Er bietet der Nachhaltigkeitsideologie eine scheinbar wissenschaftlich begründete Rechtfertigung und einen anschaulichen und leicht zu kommunizierenden Slogan. Er bietet den Untergangsgläubigen eine Skala, anhand derer sie ihren Lebensstil prüfen und gegebenenfalls Ablassbriefe in erforderlicher Höhe kaufen können, etwa durch Spenden für Projekte, die die Folgen des eigenen Luxuslebens kompensieren sollen. Wie perfekt Wackernagel mit seiner Idee den Zeitgeist getroffen hat, zeigt sich an der Bereitwilligkeit, mit der fast alle bedeutenden Medien und viele Politiker seine Mitteilungen zum Welterschöpfungstag ungeprüft übernehmen und verbreiten.

Dabei sollte man durchaus genauer hinsehen. Denn ein unvoreingenommener Blick auf die aktuellen, in diesem Jahr veröffentlichten Zahlen, die den Zeitraum 1961 bis 2014 abdecken, offenbart den Trick, mit dem das GFN seine Ergebnisse in einen propagandatauglichen Schwindel umwandelt.

Die Ökosphäre der Erde darf nämlich nicht als ein unverzichtbarer Dienstleister mit begrenzten Potentialen verstanden werden, wie es die Nachhaltigkeitsbewegung vermittelt. Längst hat sich die Menschheit von dem äußerst kargen Angebot der ursprünglichen Natur emanzipiert. Wir leben von Pflanzen und Tieren, die wir selbst geformt haben. Die wir in von uns zu diesem Zweck gestalteten Kulturlandschaften oder in gänzlich artifiziellen Umgebungen hegen und pflegen. Wie groß die Biokapazität unseres Planeten ist, entscheiden daher wir allein, mit der immer effektiveren Anwendung vorhandener und der Entwicklung immer neuer Technologien. Entsprechend zeigen die Daten des GFN eine stetige und deutliche Zunahme der insgesamt verfügbaren globalen Hektar. Bedingt durch die Bevölkerungsentwicklung sind wir diesem Limit trotzdem nähergekommen. Wir nutzen heute – um in der Wackernagelschen Sprachregelung zu bleiben – 0,7 Erden statt wie zu Beginn der 1960er Jahre 0,4 – aber umgerechnet auf den einzelnen Erdenbürger ist der Flächenbedarf im globalen Mittel trotzdem gesunken. Da die Geschwindigkeit des Bevölkerungswachstums abnimmt und sich gleichzeitig die Optionen zur Steigerung der Agrarproduktivität ausweiten, sind Ängste vor künftigen Versorgungskrisen nicht gerechtfertigt.

Diese Botschaft scheuen die Wackernagels unserer Zeit wie der Teufel das Weihwasser. Sie darf nicht ruchbar werden, konterkariert sie doch die Nachhaltigkeitsdogmen vollumfänglich und entlarvt diese als überflüssig. Um also letztendlich doch eine Übernutzung irdischer Ressourcen konstatieren zu können, addiert das GFN einfach eine Fläche hinzu, die wir gar nicht belegen.

Und zwar die, auf die Wälder anzupflanzen wären, wollte man mit diesen den anthropogen verursachten Anstieg der atmosphärischen Kohlendioxid-Konzentration in der Biosphäre binden. Nur verbrauchen wir eben keine irdischen Ressourcen, wenn wir dieses Gas einfach in der Lufthülle belassen. Es handelt sich auch nicht um giftigen Müll, sondern um die Nahrungsgrundlage aller Pflanzen dieses Planeten, deren zunehmende Verfügbarkeit die biologische Produktivität steigert, statt sie zu schmälern. Zudem behaupten selbst die größten Hysteriker unter den Klimaforschern nicht, dass jedes Kohlendioxid-Teilchen über den als Referenzwert geltenden, „vorindustriellen“ (also „natürlich“ vorgegebenen) 280 pro Million Luftmoleküle gleich zu einem gefährlichen Klimawandel mit schweren und irreversiblen Folgen führt. Nimmt man die „Zwei-Grad-Grenze“ ernst, wären solche erst ab 450, 500 oder gar 550 ppm zu erwarten, ganz davon abhängig, welches Klimamodell man mit welchen Annahmen füttert. Keine dieser hypothetischen Leitplanken haben wir bislang überschritten. Erst wenn dies erfolgt ist, dürften aber weitere Emissionen dem „ökologischen Fußabdruck“ hinzugefügt werden, will man diesen wissenschaftlich halbwegs seriös ermitteln.

Wackernagel und sein Team arbeiten mit einer anderen Motivation. Sie wollen nicht aufklären, sondern umerziehen. Deswegen vermischen sie in ihrer Darstellung Fakten mit Forderungen, beschreiben nicht die Welt, die ist, sondern die Welt ihrer Weltanschauung. In der wir schon seit etwa 1970, also seit fast fünfzig Jahren, den Planeten übernutzen. Warum dies in der Realität bislang nicht zu bemerken war und auch in Zukunft nicht zu bemerken sein wird, offenbart der ökologische Fußabdruck durchaus. Aber nur, wenn man ihn von seinen fiktionalen Bestandteilen befreit, um freie Sicht auf die Tatsachen zu erhalten.

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Kommentare ( 48 )

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48 Comments
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giesemann
5 Jahre her

Will mich aber nicht „anstrengen“, lieber entspannt leben … .

Hegauhenne
5 Jahre her

Ich war in in einer Wasserausstellung am Aletschgletscher. Bietet sich ja an. Da wurde ausführlich geschildert, wieviel tausend Liter Wasser in einem T-Shirt stecken. Ja wo denn? Das ganze Wasser, daß für die Produktion der Baumwolle, der Düngemittel, der Bewässerung, zur Herstellung der Farbe gebraucht wird, wurde da mit eingerechnet, dabei ist es ja nicht verschwunden, genauso wenig wie mein Badewasser oder die WC-Spülung. Aber so werden die Leute erzogen. Manche glauben immer noch, wenn sie hier Wasser sparen, hätten die Menschen in der Sahara mehr zu trinken. Darum drehen sie beim Duschen zum Einseifen den Hahn ab. Und dann… Mehr

elly
5 Jahre her

und wieder eine Parallele zu Merkel. Auch sie will die Deutschen umerziehen und das gelingt ihr leider auch größtenteils.
„VERHALTENSÖKONOMIE
Merkel will die Deutschen durch Nudging erziehen“ https://www.welt.de/wirtschaft/article138326984/Merkel-will-die-Deutschen-durch-Nudging-erziehen.html
ich frage mich, wann veile Deutsche, z.B. Zeit& Spiegel Leser, Gutmenschen in Flüchtlingshilfsorganisationen, sowie selbsternannte Umweltretter, erkennen, dass sie nichts anderes als manipulierte Trottel sind. Ob ich das noch erlebe?

humerd
5 Jahre her

“ Sie wollen nicht aufklären, sondern umerziehen.“ das wollen alle Politiker, die Grünen mit besonderer vehemenz. Und leider lassen das all zu viele Leute auch mit sich geschehen. Es sind gerade diejenigen, die sich für intellektuell, weltoffen und tolerant halten, die besonders empfänglich sind. Zum ökologischen Fußabdruck, den sollen ja immer die anderen optimieren. Man fährt mit dem SUV beim Bioladen vor und kauft ein Glas Marmelade (in der Sendung Panorama vom 09.08.2018 so herrlich zu sehen, ab Minute 03:11: https://www.ardmediathek.de/tv/Panorama/Traumsommer-oder-Klimakatastrophe/Das-Erste/Video?bcastId=310918&documentId=54965264 Im Prinzip aber geht es nur um eines: den Leuten mittels Steuern, Beiträgen, Abgaben, Gebühren und Umlagen das Geld… Mehr

Teufelskralle
5 Jahre her

Wohin wird denn die Erde verbraucht? Wird sie immer kleiner und verschwindet bald ganz und gar? So viel wie ich weiß, wird sie durch Kleinstmeteoriten und Weltraumstaub eher größer. Das, was von der Erde durch den Menschen verbraucht wird, verschwindet ja nicht im Nirwana. Oder haben sich die Grün*innen die Geldströme zum Vorbild genommen, die als sogenannte Entwicklungshilfen nach Afrika und andere Länder fließen? Es müsste ja im Sinne der Grün*innen sein, wenn Entwicklungshilfe nur noch in Form von Schwangerschaftsverhütungsmitteln erfolgt.

Lazar
5 Jahre her

Es wäre schon ein riesiger Schritt in die richtige Richtung, wenn die Grünen sich aus der Politik zurückzögen. Denn soviel heisse, unerträgliche und inhaltslose Luft die sie politisch ständig verbreiten könnte möglicherweise zur Erderwärmung beigetragen haben. Das wäre ein wirklicher Gewinn .

humerd
5 Jahre her
Antworten an  Lazar

wenn man den Umfragen glauben darf, erleben gerade die Grünen zur Zeit eine Hochkonjunktur.

giesemann
5 Jahre her

Mit zwei, besser drei Milliarden Erdenbewohnern weniger hätten wir ein tolles Leben mit unseren heutigen, technischen Möglichkeiten. Mit zehn Milliarden bis Mitte des Jhdts. wird’s noch enger. Es sei denn, alle machten es so wie die Euros mit ihren 1,5 Kinderchen pro Frau, sodass die Erdbevölkerung langsam und sozialverträglich sänke. Europa sollte eine Insel und Vorbild hierfür sein, alle, die das nicht begreifen, werden gnadenlos zurück gewiesen – mit allen Mitteln, vornehmlich mit Gewalt. Argumente nützen bei den meisten ohnehin nichts. Die Amis könnten das auch so machen, die 140 Millionen Russen haben das Problem eh nicht. Die anderen sollen… Mehr

rainer niersberger
5 Jahre her

Das eigentliche Schlüsselproblem dürfte die „ Entwicklung“ der menschlichen Intelligenz ( nicht unbedingt ein Widerspruch in sich, auch wenn man es annehmen könnte ) oder genauer die Frage sein, lässt man Intelligenz in Regionen, in denen sie früher einmal beheimatet war, noch zu. Diverse Bemühungen der herrschende Kaste gehen tatsächlich ideologisch begründet in die entgegengesetzte Richtung, sei des durch ( gewollte ) Vermischung auf immer niedrigeren Niveau, gezielte mediale Verblödung, Verteufelung der entsprechenden Fähigkeiten und Entbildung durch staatliche Institutionen uvm. Sollte dieses Ziel tatsächlich erreicht werden und der „ Mensch“ das ohnehin eher fragwürdige „ sapiens“ verlieren, heißt, auf seine… Mehr

Udo Kemmerling
5 Jahre her

Viel zu viel Aufmerksamkeit für pseudowissenschaftliche Winderzeuger der Spezies homo schellnhuberis. Das einzige Problem, das wir haben, ist ÜBERBEVÖLKERUNG. Findet hier nicht statt, sondern bei benachteiligten „Minderheiten“ (ist schon witzig, Überbevölkerung durch Minderheiten, aber hier geht es ja auch nicht um Logik), ist somit sakrosankt und inhärent unlösbar. Klimawandelgefasel und Ähnliches ist zu blöde, um kommentiert zu werden. Dieser ominöse Ressourcenverbrauch, gequantelt auf Jahresverbräuche, ist schlicht hanebüchen. Weit unterhalb des „Sendung mit der Maus“-Niveau wird der Bürger manipuliert. Wohin verschwindet Wasser oder Eisen, wenn wir es „verbraucht“ haben. Richtig, es ist immer noch da. Zur erneuten Zurverfügungsstellung brauchen wir ENERGIE,… Mehr

Alexis de Tocqueville
5 Jahre her

Unser Problem ist das Bevölkerungswachstum und der damit einhergehende Bodengebrauch. Die Erde kann, geht es nach landwirtschaftlich nutzbarer Fläche, locker 25 Milliarden Menschen ernähren. Oder auch 50. Dann quetschen wir eben das Letzte raus, mit Gentechnik, mit KI, mit vertikaler Landwirtschaft, wir können noch viel tricksen. Kein Problem. Aber das sollten wir vermeiden. Wir Menschen emanzipieren uns immer mehr von unserer natürlichen Umwelt; wir schaffen unsere Umwelt selbst und beginnen, unsere Entwicklung selbst zu formen. Wir werden die Herren unserer Evolution, wir werden nicht mehr nur Geschöpf, sondern Schöpfer unserer Welt und unserer selbst. Und das ist eine super Sache.… Mehr

giesemann
5 Jahre her

Mit KI, lieber Alexis: Mir wäre etwas mehr NI, also natürl. Intellenz schon auch recht. Und wer ist „wir“, die das Letzte rausquetschen? Ich bin Chemiker, kann also Düngemittel, Kunststoffe, was weiß ich noch was. Nur: Ich werde einen Teufel tun, den 25 bis 50 Milliarden aus der Patsche zu helfen. Ludwig Börne (um 1800): Es ist zumeist besser, einen Wahn aufzugeben als ständig etwas Neues zu erfinden oder durch’s Dorf zu treiben (sinngemäß). Der Wahn heißt Gebärwahn, Machbarkeitswahn, super Sache … . Wie wär’s mal mit Gemütlichkeit, hakuna matata, take it easy, it works.

Alexis de Tocqueville
5 Jahre her
Antworten an  giesemann

„Wir“ ist in diesem Kontext die Menschheit. Und die Aussage ist schlicht: Wir (als Spezies) stehen nicht kurz vorm Aussterben, weil uns das Futter ausgeht. Dazu sind wir (die Spezies homo sapiens sapiens) dann doch zu erfinderisch.
Ich heiße das rasante Bevölkerungswachstum ja auch nicht gut, und fände es schön, wenn wir uns gesundschrumpfen. Aber Grund zur Panik gibts eben auch nicht, also schiebe ich auch keine Panik. Hakuna Matta eben.