Das ABC von Energiewende- und Grünsprech 82: Reichenfeinstaub

Es ist staubig geworden in Deutschland. Es geht um Emissionen, nicht um den Zustand einer alternden Regierungskoalition.

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Täglich werden wir mit Begriffen konfrontiert, die im Ergebnis einer als alternativlos gepriesenen Energiewende verwendet werden oder durch sie erst entstanden sind. Wir greifen auch Bezeichnungen auf, die in der allgemeinen Vergrünung in den Alltagsgebrauch überzugehen drohen – in nichtalphabetischer Reihenfolge.

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Reichenfeinstaub, der

Diesen schönen Begriff schenkte uns Wetterspezi Jörg Kachelmann. Er bezeichnet damit nicht etwa den Partikelgehalt des Rauchs einer teuren Zigarre, der von einem Besserverdiener inhaliert wird. Er meint die Emissionen der Holzheizungen, die in neuen Eigenheimsiedlungen gehobener Klientel von Kaminen und Holzöfen ausgestoßen werden.

Nicht nur das anheimelnde Ambiente eines beruhigenden Kaminfeuers ist die Ursache der Verbreitung dieser Heizungsart, die ohnehin meist nur die Zusatzheizung darstellt. Vielmehr ist es das gute Gewissen, das die Schicht gut verdienender sich ökologisch korrekt verstehender Menschen antreibt, in ihrer CO2-zentrierten Weltsicht die Faktoren Feinstaub, Kohlenmonoxid und Stickoxide zu ignorieren. Holz verbrennen ist in, denn es gilt als „klimaneutral“. Über die Sinnfälligkeit „neutralen“ Klimas, das „neutralem“ Wetter entstammen müsste, oder der vermeintlichen „Klimawirkung“ der Holzverbrennung inklusive der Holzgewinnung und Holzbearbeitung möge jeder selbst nachdenken.

Das grüne Reinheitsgebot für die Holzheizung schreibt unbehandeltes, trockenes Holz als Brennstoff vor. Inwieweit nicht ganz charakterfeste CO2-Triebtäter der Verlockung erliegen, den schnellen und preiswerten Entsorgungsweg durch den Kaminschlot auch für anderes Material zu nutzen, kann man nicht wissen, aber oft riechen. Dann käme als Abgaskomponente noch Dioxin hinzu. Praktisch und sinnvoll ist natürlich auch, dem ziemlich schnell runter brennenden Holzfeuer das eine oder andere Braunkohlebrikett hinzuzufügen, um die hohe Frequenz des Nachlegens der Scheite zu verringern. Ergebnis ist dann böser fossiler Staub.

Natürlich sollen die kommunalen Feinstaubfestspiele kontrolliert werden. In Stuttgart geht man beim Staubalarm auf diese Weise vor: „Das Befeuern privater Kaminöfen, die nur dem Wohlbefinden dienen, ist ab dem Abend verboten“. Bei Dunkelheit ist dies besonders gut kontrollierbar. Der grimmige Nachbar kann natürlich auch der Nase nach Anzeige erstatten. Gegen Reichenfeinstaub.

Deutschland ist ein waldreiches Land, der Holznachwuchs reicht jedoch nicht zur Deckung der Nachfrage aus, zudem sind Importe oft billiger. Etwa 80 Prozent der deutschen Holzimporte kommen aus der EU, insbesondere aus Skandinavien und dem Baltikum. Allerdings gibt es auch Einkäufe aus so genannten kritischen Staaten, wo illegaler Einschlag, nicht nachhaltige Waldbewirtschaftung und der Ursprung von Stämmen oder Schnitzeln in ökologisch sensiblen Bereichen wie Regenwäldern vermutet werden kann.

Der Reichenfeinstaub ist gewissermaßen auch die Herstellung von Gerechtigkeit, denn Armenfeinstaub gibt es auch und schon länger. So wie wir gutes (natürliches) und böses (anthropogenes) CO2 inzwischen ideologisch rein trennen, kann man dies auch beim Feinstaub quellengemäß tun. Der Armenfeinstaub hat dieselbe toxische Wirkung wie der Reichen- oder Mittelschichtstaub. Wie auch der von Diesel, Benzin, von Kupplung und Reifen, vom Silvesterfeuerwerk, aus der Landwirtschaft oder aus der Sahara. Man trifft aber den Armenfeinstaub eher in abgehängten, metropolfernen Dörfern, wo alte Kachelöfen und gusseiserne Erbstücke die Finanzkraft der Heizer widerspiegeln. Allerdings stammt das hier verbrannte Holz meist aus der Umgebung, privaten Flächen und Wäldern oder selbst gesammeltem Kleinholz.

Muss dann ein Landei aus der Provinz mit dem gepflegten und gehüteten Alt-Diesel in die Großstadt zum Job, drohen Fahrverbotszonen, Nahverkehrsabgaben und Tempo-30-Zonen mit dem hirnrissigen Zusatzschild „Luftreinhaltung“. Über die Sinnfälligkeit des Letztgenannten äußerte sich Dieter Nuhr (hier mal) sehr treffend in seinem Jahresrückblick 2018 (ab 30:25). Im heutigen Deutschland fällt Kabarettisten die Aufgabe zu, Tatsachen öffentlich und deutlich zu kommunizieren. Wir sollten respektvoll zur Kenntnis nehmen, dass dies in einem GEZ-finanzierten Medium stattfinden kann.

Nach Angaben des Umweltbundesamtes emittieren die Holzheizungen 20 Kilotonnen Feinstaub pro Jahr. Kein „Umweltskandal“, der nicht von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegeißelt wird. Nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz von 2010 ergeben sich nach Baujahr der Öfen und Kamine gestaltete Fristen zur Nachrüstung einer Abgasreinigung, Nichtbefolgung kann Strafen bis 50.000 Euro nach sich ziehen. Ein neues Arbeitsfeld für die Außendienstmitarbeiter der DUH.

Einflussreiche Kräfte rufen immer lauter nach einer CO2-Steuer. Ziel ist, fossile Brennstoffe so zu verteuern, dass die „Erneuerbaren“ in die Reichweite einer Wirtschaftlichkeit kommen. Die Folge wird sein, dass Reiche wie Arme mehr Holz heizen werden. Den einen dient dann der Kamin weniger der heimeligen Atmosphäre, sondern der Erwärmung des in besseren Zeiten zu hohen Preisen und niedrigen Zinsen gebauten superisolierten Kastens. Für die Armen ändert sich am Holzofen nichts, aber Autofahren und ÖPNV werden für sie halt überproportional teurer.

Legen wir noch ein Scheit nach und machen es uns auf dem Sofa gemütlich.


Frank Hennig ist Diplomingenieur für Kraftwerksanlagen und Energieumwandlung mit langjähriger praktischer Erfahrung. Wie die Energiewende unser Land zu ruinieren droht, erfährt man in seinem Buch Dunkelflaute oder Warum Energie sich nicht wenden lässt. Erhältlich in unserem Shop: www.tichyseinblick.shop

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Kommentare ( 44 )

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Nimrod Foresta
5 Jahre her

Ich habe einen Kaminofen, der nebenbei im angebauten Wohnzimmer zu Zeiten befeuert wird wenn es notwendig erscheint. Es werden je nach Witterung zwischen 4 und 5 Raummeter trockenes Buchenholz verbrannt. Die Tür zum Rest des Hauses steht immer offen, und so habe ich eine Grundwärme im ganzen Haus, und spare jährlich gut 1000 l Heizöl ein im Vergleich zu der Zeit ohne Anbau und ohne Kaminofen. Das Holz wuchs in einer Umgebung von max. 15 km und wurde bisher entweder selbst aufgearbeitet (als Dörfler hat man entsprechende Ausrüstung oder Kumpels mit entsprechender Ausrüstung) oder vom lokalen Händler bezogen. Wie hier… Mehr

gmccar
5 Jahre her
Antworten an  Nimrod Foresta

Alles gut. Scheinbar erinnert sich niemand, , das bei gewöhnlichen Komposthaufen oder auch Holz durch den Verrottungsprozess ebenfalls die gleiche Co²-Menge und auch Feinstäube freigesetzt wird wie beim Verbrennen im Ofen. Verrottet das Holz im Wald, dauert die Freisetzung eben länger.
Sowas hat man früher in der Schule gelernt.
Wird wohl heute durch den allgegenwärtigen Kampf gegen Rechts überlagert ?

IJ
5 Jahre her

Ich habe eigentlich nicht ganz verstanden, auf was der Artikel abzielt bzw. was der Autor eigentlich kritisiert. Geht es um die Kritik an Verbrennen von Holz zum reinen Vergnügen bzw. ohne Wärmeausbeute? Ich glaube, dies ist so marginal und bedeutungslos, dass es sich nicht lohnt, darüber zu diskutieren. Ich persönlich kenne niemanden, der systematisch Holz, Pellets oder Hackschnitzel verbrennt, ohne Wärme oder warmes Wasser erzeugen zu wollen.

Frank Hennig
5 Jahre her
Antworten an  IJ

1. Der Begriff „Reichenfeinstaub“ ist neu und vielleicht noch nicht allen bekannt.
2. Die Holzverbrennung ist – wie früher – weder schlecht noch gefährlich.
3. In Zeiten des Dieselfahrverbotes, also von Staub-, NOx- und vielen anderen Ängsten, reagieren die unsere Umwelt Schützenden aber anders als früher – siehe Stuttgart.
4. CO2-neutral heißt nicht automatisch umweltfreundlich. Auch hier zu sehen: „Klimaschutz“ und Umweltschutz (Luft) sind zwei verschiedene Sachen.

Franz Reinartz
5 Jahre her
Antworten an  IJ

Nun, an Heilig Abend 2018 veröffentlichte die Welt einen Artikel, der u.a. genau die Feinstaub – und Geruchsbelästigung thematisierte. Manche Kommentatoren wähnten sich als Opfer perfider Mordversuche qua Feinstaub. Kaminöfen? Verbieten!

holdtheline
5 Jahre her

Das auf dem Land auch behandeltes Holz und mit Sicherheit (ätzender Rauch) auch Kunststoffe oder dergleichen verbrannt werden kann ich bestätigen. Die Polizei war auch schon mehrmals vor Ort, erreicht wurde bisher nichts. Weder das Umweltbundesamt noch eine DUH sind in den Nachtstunden unterwegs. Übrigens: In unserem Kachel- und Kaminofen wird nur luftgetrocknetes Birken-, Buchen- und Eichenholz verbrannt. Wenn beide Feuerstellen gut durchgewärmt sind (3-4 Stunden) sind reicht es meistens für 24 Stunden. Also 20 Stunden ohne Emissionen.

suprav32
5 Jahre her

In einem Punkt eine Ergänzung Herr Hennig. In NRW hat man einen Holzsammelschein. Man geht also in den nahe gelegenen oder fernen Wald und hat die Berechtigung gekennzeichnete Baum zu Kaminholz zu verarbeiten. Das gibt Muskeln kann ich Ihnen sagen! Aber man stößt natürlich sehr viel CO2 aus, das gebe ich zu! Das dann zerkleinerte Holz wird dann nach Hause geschafft (hoffentlich mit dem Elektroauto). Doch Vorsicht dies muss schnell gehen, weil manchmal (in den letzten Jahren immer öfter) über Nacht das hergerichtete Holz verschwindet, sich in Luft auflöst und weg ist. Außerdem, dies wissen natürlich nur eingefleischte KAMINER, muss… Mehr

Franz Reinartz
5 Jahre her
Antworten an  suprav32

Ergänzend dazu: Nach Jedermanns Recht steht es auch ohne Sammelschein frei, Totholz (das muss dann ja schon auf dem Boden liegen) einzusammeln. Dass das ggf. erstmal 1 bis 2 Jahre trocknen muss, um halbwegs emissionsfrei zu verbrennen, ist eine andere Sache. Persönlich würde ich meinen Fahrradanhänger (als als Handkarre nutzbar) verwenden, 80 kg passen da schon drauf und nach etwas 15 „Waldspaziergängen“ hätte ich dann etwa meinen Jahresbedarf.

maxmink
5 Jahre her

Wir leben auf dem Land und heizen (teilweise) auch mit dem Kaminofen.
Ganz ohne schlechtes Gewissen.
Wir heizen vom späten Nachmittag bis in den frühen Abend damit.
Das reicht völlig aus um für den Rest des Tages uns und unser Haus zu wärmen.

Das Holz beziehen wir vom Nachbarn, der selbst Wald hat.
Wir verheizen nur reines Birkenholz und es riecht gut, draussen vor unserem Haus, wenn der Kamin an ist.
Wir geniessen das Kaminfeuer im Winter – ja, es ist nicht nur wärmend sondern auch gemütlich!

Reich sind wir absolut nicht – aber priviligiert durch unsere Wohnlage.

M.E.S.
5 Jahre her

Wer den Entwurf zum Luftreinhalteplan Stuttgart aufmerksam gelesen hat konnte lernen, dass Feinstaub plötzlich gar kein großes Thema mehr ist. Man hat das Landesgesundheitsamt eine Studie durchführen lassen, bei der die tatsächliche Exposition von Kindern erfasst wurde. Dort wurde festgestellt, dass die größeren Expositionen aus den Wohnungen stammen (Kerzen, Feuer, Kochen,..) und dass Kinder im ’schmutzigen‘ Mannheim weniger Anzeichen von schädlichen Wirkungen zeigten als auf dem ’sauberen‘ Land. Es gibt dann zwei bemerkenswerte Aussagen: 1. „Bei der Bewertung von Feinstaubbelastungen ist zu beachten, dass sich die Menschen in der Regel überwiegend in Innenräumen aufhalten.“ 2. „Diese erheblichen Feinstaubanteile können nicht… Mehr

rainer101
5 Jahre her

Tut mir leid, bis zu einem gewissen Maß genieße ich den Reichenfeinstaub, der bei mir auf dem Land tatsächlich ein eher „Armen“feinstaub ist. Alleine wegen seiner würzigen olfaktorischen Note, so wie man an einem Räucherschinken schnuppert. In Kombination mit eiskalter trockenen Winterluft – unschlagbar. (Ok., wer’s mag.) – Ein Nachschlag zu Dieter Nuhr: er hat in diesem Jahresrückblick auch behauptet, dass 6000 Neonazis durch Chemnitz gezogen sind. Da war dann schon „Ende Gelände“ mit den kommunizierten Tatsachen eines Kabarettisten.

gmccar
5 Jahre her
Antworten an  rainer101

Diese Lüge wird auch permanent von den ÖR wider besseres Wissen verbreitet. Von Fall zu Fall in der Hessenschau; vorgestern von einer Radiomoderatorin des SWF; in HR Info ohnehin.Diese VEB-Meinungskombinatsmitarbeiter glauben das eventuell selbst oder vertreiben die bösartige Lüge, um durch vorauseilenden Gehorsam Pluspunkte bei Merkel /Nahles/Baerbock zu erhalten.

Thomas Holzer
5 Jahre her

zu Nuhr-Jahresrückblick:
Fakt ist aber auch, daß (fast) alle, welche sich in diesem Saal befanden und über die Pointen gelacht haben, nahezu flehentlich nach Verboten, Vorschriften etc. rufen (welche diese Pointen erst ermöglichen), um möglichst viel Eigenverantwortung freiwillig! an den Nanny-Staat abzugeben, um dann beim nächsten Jahresrückblick noch herzhafter über die eigene Unfähigkeit und Miniaturisierung zu lachen. Denke zumindest ich 🙁

H. Priess
5 Jahre her

Schon seit vielen Jahren sage ich zu jedem, wenn du ein Haus besitzt sorge dafür das du eine Feuerstelle und genügend Pelletts oder Feuerholz im Vorrat hast. Der Grund? Ganz einfach, wenn der Strom weg ist bist du nicht auf Campingkocher zum kochen angewiesen und du hast wenigstens einen Raum den du beheizen kannst. Ja ja ich weiß, der Strom wird bei uns nie ausfallen, sicher? Vielleicht wird er nur abgeschaltet wenn die Grundlast nicht mehr erreicht werden kann? Horrorszenarium? Reichenfeinstaub! Eine schöne Wortkreation. Warum nicht Dekadentensteuer denn einen Kamin zu besitzen ist pure Dekadenz oder? In dem Sinne müßte… Mehr

elly
5 Jahre her

wenn ich mir die Wählerklientel der Grünen so anschaue, dann habe ich meine wahre Freude beim Reichenfeinstaub. Ich bin gespannt, ob sich die Grünen wirklich an ihre Wählerschaft herantrauen. Vermutlich nicht. Denn Umweltschutz sollen gefälligst die Anderen erledigen.