Die Berliner Polizei twittert sich selbst ihr Armutszeugnis

Als die „Letzte Generation“ den prominentesten Weihnachtsbaum der Hauptstadt absägte, glänzte die anwesende Polizei durch Zuschauen. Mit einem Tweet will sie ihr Nichthandeln rechtfertigen – und macht sich lächerlich.

IMAGO / Future Image
Welche Aufgaben hat die Polizei? Selbst für die Berliner Polizei gehört dazu laut eigenen Angaben an erster Stelle die „Gefahrenabwehr„. Üblicherweise versteht man darunter ganz allgemein die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Doch die Berliner Polizei interpretiert das offenbar etwas anders, wie sie durch ihr Nichteingreifen bei der Schändung des Weihnachtsbaumes auf dem Pariser Platz durch die „Letzte Generation“ am Mittwochmorgen in der Praxis zeigte – und nun auch noch durch erstaunliche Twitter-Posts nachträglich dokumentiert.

In der lokalen Presse und darüber hinaus war schnell bekannt geworden, dass Polizeibeamte direkt neben dem Weihnachtsbaum standen, als die Extremisten mithilfe einer Hebebühne dessen Spitze absägten und ein Plakat anbrachten. Erst nach vollbrachter Straftat schritten die Beamten ein.

Die Polizei Berlin hat nun dieses Handeln nachträglich gerechtfertigt und dabei ihre Aufgabe der Gefahrenabwehr völlig neu interpretiert: Nicht die öffentliche Sicherheit und Ordnung waren demnach in Gefahr, sondern die Beamten und die „Tatverdächtigen“. Darum entschieden die Beamten, „sich und die Tatverdächtigen nicht durch ein Eingreifen, insbesondere in die Fahrzeugtechnik, in Gefahr zu bringen“. Also ließ man die Straftäter ihre Straftat in Ruhe ausführen, forderte „technische Spezialkräfte“ an und dokumentierte „wie üblich die Straftat“.

Wenn dieses Verhalten der Beamten vor Ort von der Berliner Polizeiführung als angemessen gerechtfertigt wird, können Straftäter in Berlin aufatmen und künftig ganz in Ruhe ihrem Gewerbe nachgehen. Jedes Eingreifen eines Polizisten gegen einen Raubüberfall oder Ähnliches brächte schließlich eine Gefahr für „sich und die Tatverdächtigen“ mit sich. Also lautet für Berliner Polizisten offenbar die Devise: Handschellen oder ähnlich gefährliches Gerät stecken lassen, Straftäter und sich selbst vor Gefahr bewahren, aber Griffel zücken und Straftat für die Statistik festhalten.

Auf mehrere Hundert Stellungnahmen von Twitter-Nutzern, die sich über das Nichteinschreiten der Polizei – zumal in unmittelbarer Nähe zu mehreren diplomatischen Vertretungen – empörten und teilweise auch auf die wenig rücksichtsvollen Einsätze gegen Corona-Demonstranten verwiesen, antwortete die Polizei mit eisiger Gleichgültigkeit: „Unsere Kolleginnen und Kollegen da draußen und auch wir im Netz hören Ihnen zu. Wir verstehen Ihre Erwartungen, aber eine Hebebühne wird in dieser Stadt alltäglich bleiben.“

— Thomas D (@daemmi62) December 21, 2022

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