Beate Klarsfeld ist als Rednerin die falsche Wahl

Die Einführungsrede zu einer Bundestags-Ausstellung aus Anlass der Befreiung des KZ Auschwitz soll ausgerechnet Beate Klarsfeld halten. Obwohl längst bekannt ist, dass sie nach ihrer Ohrfeige gegen Kiesinger 1968 Geld der Stasi angenommen hat.

NICHOLAS KAMM/AFP via Getty Images

Am 29. Januar 2020 eröffnet Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble im Paul-Löbe-Haus die Ausstellung „David Olère. Überlebender des Krematoriums III – Eine Ausstellung anlässlich des Tages des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus“. Namensgeber der Ausstellung ist mit David Olère (1902 – 1985) einer der sehr wenigen Häftlinge, die die KZ-Hölle von Auschwitz-Birkenau überlebten, und zugleich der einzige, der seine Erfahrungen in Gemälden und Zeichnungen festhielt. Kurz nach Kriegsende fertigte David Olère eine Serie von 70 Zeichnungen an; es sind minutiöse Aufzeichnungen der Vernichtung und der Szenen aus dem Leben von KZ-Häftlingen.

Anlass der Ausstellung ist der 75. Jahrestag der Befreiung des KZs Auschwitz-Birkenau. Sie wird unterstützt vom Rundfunk Berlin Brandenburg, Kuratorin und Co-Kuratoren sind Agnieszka Sieradzka, Marc Oler, Serge Klarsfeld (Gatte von Beate Klarsfeld – siehe nachfolgend), als Organisator firmiert Jürgen Kaumkötter.

So weit, so gut und so notwendig in einer Zeit, in der sich bei Jung und Alt nicht nur ein historischer Analphabetismus, sondern eine historische Demenz breitmacht. Demenz scheint auch angesagt gewesen zu sein, als man als Einführungsrednerin dieser Ausstellung ausgerechnet Beate Klarsfeld (*1939) bestimmte. Sie und ihr Mann Serge Klarsfeld mögen ihre Verdienste haben, wenn es um die Aufdeckung von NS-Greueltaten und NS-Verstrickungen ging. Dafür sind sie mit Preisen überhäuft und von Mitterrand bis Sarkozy gewürdigt worden. Zuletzt bekamen sie im Juli 2019 den Deutsch-Französischen Journalisten-Preis für ihren Einsatz für Menschenrechte.

Erinnern sollte man sich aber auch an folgendes: Beim CDU-Parteitag am 7. November 1968 ohrfeigte Beate Klarsfeld Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU, 1904 – 1988) und rief „Nazi, Nazi, Nazi!“. Klarsfeld wollte damit spektakulär in Erinnerung rufen, dass Kiesinger im Februar 1933 der NSDAP beigetreten und später Vizeabteilungsleiter in der Rundfunkabteilung des Auswärtigen Amtes war. Mit Kiesinger aber hatte sich Klarsfeld den Falschen ausgesucht. Laut einem Protokoll des berüchtigten Reichssicherheitshauptamtes soll Kiesinger beispielsweise „antijüdische Aktionen gehemmt und verhindert“ haben.

In gewissen Kreisen gilt Klarsfeld wegen der Ohrfeige bis heute als Heldin. Zum Beispiel für die Partei „Die Linke“, die Klarsfeld für die einzig wahre anti-faschistische Partei hält. Diese Partei nominierte sie 2012 gegen Joachim Gauck als Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten. Apropos „Linke“ und deren Vorgängerpartei SED: Es ist längst bewiesen, dass auch in der DDR Tausende ehemalige NSDAP-Mitglieder teilweise in Funktionen aufstiegen. Auch der Mitarbeiterstab der SED war durchsetzt von früheren Parteigängern Hitlers.

Das Pikante an der Ohrfeige freilich ist: Dafür wurde sie von der Stasi in der Hoffnung auf weitere Aktivitäten mit 2.000 DM belohnt. Das Geld soll Klarsfeld auf einem verschlungenen Weg erhalten haben – getarnt als Honorar für einen Zeitschriftenartikel. In einer Stasi-internen Hausmitteilung heißt es dazu: „Diese Unterstützung wird ihr aus Sicherheitsgründen offiziell als Honorar ihres Artikels gegeben, den sie für die Auslandszeitschrift ,DDR-Revue‘ geschrieben hat.“ Klarsfeld war von der DDR sogar ein Historiker zur Seite gestellt worden, damit sie kompromittierende Papiere aufspüren könne. An anderer Stelle steht in Stasi-Papieren: „Mehrfachen Bitten von Beate Klarsfeld, ihre Aktionen finanziell zu unterstützen, wurde nicht entsprochen.“

An all dies will sich Klarsfeld nicht erinnern können. Auf eine Anfrage von „Welt Online“ Anfang März 2012 antwortete sie: „Ich kann mich an den Vorgang nicht erinnern.“ Im übrigen – so ihre Antwort – sei sie „empört“ über die Anfrage.

Klarsfeld hin oder her: Wolfgang Schäuble, Bundestagspräsident und Hausherr der Ausstellung, hätte es nicht akzeptieren dürfen, diese umstrittene Dame in Szene zu setzen. Der Würde des Anlasses wird das nicht gerecht.

P.S.: Wie sehr die Ausstellung mit heißer Nadel gestrickt wurde, erkennt man auch am Titel: „Überlebender des Krematoriums“. Die Achtung gegenüber den Opfern verbietet es uns, diesen Titel näher zu beleuchten.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 50 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

50 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
der Doc
4 Jahre her

Schäuble… Schäuble? … Schäuble… !

Who the f… is Schäuble?!

Peter Mueller
4 Jahre her

Sie vergleichen Äpfel mit Blumenkohl. Der Unterschied war: Grass gehörte der Flakhelfergeneration an, hat seine Waffen-SS-Zugehörigkeit im Alter von 17 Jahren zu Anfang nicht verschwiegen. Aber das hat – aufgrund seines jugendlichen Alters – damals niemanden interessiert. Kiesinger hingegen saß in der NS-Zeit an den Schaltstellen der Macht, war 23 Jahre älter als Grass und trug als Propagandist und stellv. Chef der Rundfunkpolitischen Abteilung des Reichsaußenministeriums Verantwortung.

Paul Pimmel - der Herr des Kosmos
4 Jahre her

Wenn man sich anschaut, in welchem Maße es die nach heutigen Maßstäben (allein aufgrund der beschränkten damaligen technischen Mittel) dilettantisch vorgehende Stasi schaffte, nahezu jedermann, der im Westen irgendetwas zu sagen hatte, auf ihre Gehaltsliste zu bekommen, fragt man sich natürlich, was in 50 Jahren über unsere Zeit zu lesen sein wird und wer da auf wessen Gehaltsliste gestanden sein wird. Vielleicht wird der eine oder andere von den Jüngeren hier im Forum noch die zu erwartenden chinesischen Bücher mit Titeln wie „Milliarden aus Öl, Erz und Sklaverei und ihre Rolle beim Zusammenbruch Westeuropas: Ein Rückblick auf die Jahre 2000-2030“… Mehr

Peter Mueller
4 Jahre her

Tatsache ist, Kiesinger war lupenreiner Nazi. Können Sie bei Albert Norden nachlesen – gewöhnungsbedürftige Formulierungen – aber Fehlerquote laut Götz Aly gerade mal im Promillebereich. Wenn Sie jemanden weißwaschen wollen, haben Sie sich den Falschen ausgesucht – und nicht Frau Klarsfeld mit ihrer Ohrfeige. Daß er angeblich „antijüdische Aktionen gehemmt“ haben soll, wußte er selber nicht, bis das denunziatorische Dokument auftauchte. Hintergund war lediglich Kompetenzgerangel zwischen AA und dem Reichsministerium für Volksaufklärung sowie Kiesingers Kritik, bei antijüdischer Propaganda nicht zu plump vorzugehen, um nicht die eigene Glaubwürdigkeit zu riskieren. Der eigentliche Skandal ist auch nicht die nachträgliche Anerkennung durch die… Mehr

Peter Mueller
4 Jahre her
Antworten an  Peter Mueller

Nachtrag – Zitat: „Es ist längst bewiesen, dass auch in der DDR Tausende ehemalige NSDAP-Mitglieder teilweise in Funktionen aufstiegen. Auch der Mitarbeiterstab der SED war durchsetzt von früheren Parteigängern Hitlers.“ Tausende? Zu dieser wenig professionellen Geschichtsklitterung verweise ich auf meine Renzension zu Olaf Kappelts bemühtem Versuch eines Braunbuches: https://www.amazon.de/gp/customer-reviews/R1IED2CEEZIA96/ref=cm_cr_dp_d_rvw_ttl?ie=UTF8&ASIN=3939929123 Äpfel und Birnen: Es ist schon entscheidend, welche Funktion man vor 1945 hatte und ob man Verbrechen begangen hat. Und genau diesen Punkt blendet Kappelt vorsätzlich aus. Wenn man insbesondere auch die einfachen Mitglieder der Massenpartei NSDAP (insgesamt 7,5 Millionen Mitglieder – die größte Partei hat heute gerade mal 419.000), die… Mehr

usalloch
4 Jahre her
Antworten an  Peter Mueller

Dann graben Sie mal tiefer. Die SED war bei ihrer Gründung eine Kopie des Bolschewismus. Da wurden hohe Lieder auf Stalin gesungen. Anna Seghers sinngemäß zum Tode Stalins“, daß sich Millionen Menschen verwaist fühlten“. Was dieser auf dem Kerbholz hatte kann Ihnen nicht entgangen sein. Millionen Russen mussten unter Stalin ihr Leben lassen. Im übrigen ist es uninteressant wie viele Mitglieder eine Regierungspartei hat. Es kommt darauf an, wer , wie entscheidet. Leider auch bei uns.

Gisela Fimiani
4 Jahre her

Seine „Vergesslichkeit und meisterhafte Verdrängung“ in eigener Sache, läßt Herrn Schäuble über Schwächen von Menschen seinesgleichen hinwegsehen. Menschen, die sich „über den Dingen“ stehend glauben, treffen ihrem Selbstverständnis entsprechende Entscheidungen. Auch darin ähneln sich Schäuble und Klarsfeld durchaus.

Johann Thiel
4 Jahre her

Seht zu uns auf und ehrt uns, so gut, gerecht und menschlich, wie wir sind.

maru
4 Jahre her

„Ich kann mich an den Vorgang nicht erinnern. Im übrigen – so ihre Antwort – sei sie „empört“ über die Anfrage“.

Wieder mal wird moralische Empörung statt eines Arguments ins Feld geführt und sich vor einer inhaltlichen Stellungnahme gedrückt. Man darf die Linken einfach nicht mehr mit ihrem moralinsauren Gesülze von „Empörung“ davonkommen lassen. Man muss sie stellen!

Johann Thiel
4 Jahre her

Josef Kraus gehört jedenfalls zur ersten Wahl, möchte man klare Worte zu einem Thema lesen. Immer wieder gut.

Cethegus
4 Jahre her

Dürfte doch keinen verwundern. Es gilt das Narrativ von der permanenten Bedrohung dieses Staates von Rechtsaußen aufrecht zu erhalten, unter allen Umständen,
schließlich ist das das Mittel um alle Kritiker mundtot zu machen und von den Fleischtrögen der politischen Verantwortung fern zu halten!
Wer wäre dazu wohl besser geeignet als die berühmteste „Ohrfeigerin“ der Nation von Stasis Gnaden?

BOESMENSCH
4 Jahre her

Ich würde mir wünschen, dass Eli Wiesel die Rede hält:

Wiesel begleitete den amerikanischen Präsidenten Barack Obama bei dessen Besuch im Konzentrationslager Buchenwald am 6. Juni 2009. In seiner Rede anlässlich dieses Besuches sagte Wiesel:

„Die Welt hat nichts gelernt aus den Schrecken von Buchenwald: Wie kann es sonst ein Darfur, ein Ruanda und ein Bosnien geben?“

In diesem Satz steckt viel mehr Wahrheit, als in den Standardphrasen „nie wieder“ und “ aus der Geschichte lernen“.