Bitte mehr Regierungskrisen!

Ein Kanzler ohne Mehrheit regiert mit Stimmen der Linken und der extremen und radikalen Linken. Eine charakterlose, mittlerweile ebenfalls linke CDU steht vor den versammelten Linken einzig aus Machterhalt stramm. Die wahre Krise ist nicht der Sturz der Regierung, sondern ihr Fortbestand.

Es war in doppelter Hinsicht eine armselige Woche. Wäre die Realität in Berlin noch von Bedeutung, hieße die Überschrift: Sozialstaat aufgebläht – Demokratie in Atemnot. Aber über der Debatte prangt eine ganz andere Schlagzeile: Regierungskrise abgewendet. So, als sei das eine beruhigende Nachricht.

I.

Deutschlands Regierung steckt, erstens, längst in einer Krise. Zweitens ist diese Feststellung noch das Beste, was man über die unsägliche Koalition sagen kann. Nur die „Krise“ verschafft ihr einen Rest von Bewegungsnot. Ohne „Krise“ wäre die Politik bereits vollkommen erstickt und erstarrt. Die generelle „Krise“ ist die einzige Chance, die es noch hat. Die spinnen, die Deutschen: Glauben sie doch tatsächlich, der Zusammenhalt einer unfähigen, das Land systematisch herunter wirtschaftenden Regierung sei wichtiger als die überfällige Sanierung von Wirtschaft und Staat. Aber das große Aufatmen darüber, dass ein Kanzler, der kein Kanzler ist, weiter so tun darf, als würde er dieses Land regieren, dominiert Talkshows und Leitartikel. Nichts wäre dringlicher, als eine Regierungskrise, die wirklich zum Regierungsbruch führt. Die Angst davor ist absurd – und typisch deutsch. Hierzulande ist „Zusammenhalt“ oder „Geschlossenheit“ der höchste aller Werte. Und „Stabilität“! Dabei ist das, was die Regierung liefert, das Ende aller Stabilität. Die Fundamente des Lebensstandards bröckeln, die Grundlage des Vertrauens in die politische Klasse auch.

II.

So also wird in Berlin der notwendige Streit beendet: Ein paar jüngere Abweichler der Regierungsfraktion proben die notwendige Ablehnung eines Rentenpakets, welches die Steuerzahler weiter belastet, ohne zuvor das strukturelle Problem der von Überalterung und Wirtschaftskrise bedrohten Alterssicherung zu lösen. Die Abweichler werden mit den üblichen Methoden bedroht und erpresst. Es sind ja keineswegs nur ihrem Gewissen verpflichtete Abgeordnete, sondern de facto existentiell von ihrem „Beruf“ Politik abhängige Parteifunktionäre. Sie haben nicht zu diskutieren, sondern zu parieren und zu akzeptieren, was im Koalitionsvertrag steht. Sie haben zu begreifen, dass Sachfragen hierzulande Machtfragen sind. Und damit die „CDU-Rebellen“ am Ende nicht auch noch darüber in Gewissensnot geraten, wenn ihr Vorgesetzter und Kanzlerdarsteller am Ende ohne Mehrheit im Parlament dasteht, wird ihnen auch diese Sorge abgenommen. Es kommt auf ihre Stimmen gar nicht mehr an. Denn der Kanzler bekommt Schützenhilfe von den Linkssozialisten, von denen, die Deindustrialisierung, Wohlstandsvernichtung, Umverteilung und all das andere auf die Fahnen geschrieben haben, was dieses Land in den Abgrund treibt. Der Linken verdankt der Kanzler die Sicherung seiner Macht.

III.

Warum ringt der Kanzlerwahlverein mit dem C wie Chaos oder Charakterlos im Namen eigentlich panisch die Hände, wenn der Begriff Minderheitsregierung fällt? Merz steht längst einer Minderheitsregierung vor, nicht nur im Bundestag. Seine Koalition wird nur noch von einer weiter schrumpfenden Minderheit der Bevölkerung unterstützt. Eigentlich, das ist die verquere Dialektik dieser Republik, wird dieses Land von denen regiert, die nicht einmal existieren dürften, ginge es nach „unseren Demokraten“. Ein einziges Ziel ersetzt das, was früher einmal „Richtlinienkompetenz“ des Kanzlers genannt worden ist: Die Alternative darf keine Alternative sein. Sie soll nicht einmal ihre Stimmen in die Waagschale werfen dürfen. Auch wenn das schöne deutsche Wort „Brandmauer“ neuerdings so gut es geht vermieden werden soll – die „demokratischen Parteien“ lehnen alles ab, was richtig oder notwendig wäre, wenn es nur mit den Stimmen der Unantastbaren beschlossen werden könnte. Die größere der beiden „Regierungsfraktionen“ unterlässt lieber Maßnahmen und stimmt falschen Gesetzen zu, als sich den Vorwurf einzuhandeln, damit das „Tor zur Hölle“ zu öffnen. Für diese absurde Regierungsmethode hat die Politologie noch keinen Begriff gefunden, wahrscheinlich, weil sie sich jeder rationalen Betrachtung entzieht.

IV.

Aber die Methode wird nicht überleben. Eine sich selbst kastrierende Regierungspartei macht sich überflüssig. Die SPD ist weiter dabei, Arbeitsplätze großflächig abzuschaffen – und damit die letzten Stammwähler zu vergraulen. Etwa, wenn herauskommt, dass die Namensänderung des Bürgergelds ein Täuschungsmanöver ist. Die Hälfte der Bürgergeldempfänger suchen gar keine Arbeit. Und die Krankenkassenbeiträge explodieren vor allem deshalb, weil davon die Krankenkosten jener Sozialstaatsbürger beglichen werden, die in diese „Versicherung“ nie etwas einbezahlt haben und überwiegend keine Deutschen sind. Das ist nur ein Beispiel. Ein Kanzler, der von ahnungslosen SPD-Ministern und willenlosen CDU-Vasallen im Amt gehalten werden muss, braucht keine Vertrauensfrage mehr zu stellen. Er hat sie schon verloren. Deshalb: Bitte noch mehr
„Regierungskrisen“! Keine Bange, sie stehen bereits Schlange.


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Kommentare ( 2 )

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Juergen P. Schneider
29 Minuten her

Hoppla, Herr Herles, die Schwefelpartei kommt ja bei Ihnen mittlerweile richtig gut weg. Ihre „alte Liebe“ namens Union wird ja neuerdings bei Ihnen als das gelabelt, was sie ist, eine links-grüne Kartellpartei. Ich weiß, es ist bitter, wenn man dermaßen von der alten Liebe betrogen wird. Mir ging es genauso. Man muss sie einfach vergessen, denn die Union hat keine Prinzipien mehr. Merkel und Merz haben alles in die Tonne getreten, was diese Partei jemals ausgemacht hat. Da wird nichts mehr kommen. Zurück bleibt eine entseelte Machtmaschine ohne politischen Kompass und ohne Überzeugungen. Traurig, aber nicht mehr zu ändern.

Werner Meier
29 Minuten her

Ein einziges Ziel ersetzt das, was früher einmal „Richtlinienkompetenz“ des Kanzlers genannt worden ist: Die Alternative darf keine Alternative sein.

„Cogito, ergo sum.“

Herr Herles lebt!
Es lebe Herr Herles!

Last edited 26 Minuten her by Werner Meier