2020 – eine Art Bilanz

Wer in diesem Jahr 2020 noch einigermaßen bei Verstand geblieben ist, ist zum Pessimisten mutiert. Nicht nur das Virus mutiert.

Entschuldigung, aber das war – Sitzenbleiben, Gefeuertwerden, Trennungen inbegriffen – das besch… Jahr meines Lebens. Das nur mal als grobe Bilanz vorweg. Bisher galt: Es ist noch immer gut gegangen (sagt man ja nicht bloß im Rheinland). Davon bin ich nicht mehr überzeugt. Auch Familienmitglieder, Freunde sind es nicht mehr. 2020 hat fast alles und alle verdüstert. Da ist etwas gebrochen: das Grundvertrauen, die Zuversicht in die Zukunft und in die grundsätzliche Vernunft dieser Gesellschaft. Wer noch einigermaßen bei Verstand geblieben ist, ist zum Pessimisten mutiert. Nicht nur das Virus mutiert.

I.

Die Deutschen sonnten sich 2020 erst in der Illusion, sie bekämen die Pandemie besser in den Griff als andere (am deutschen Wesen …, Sie wissen schon) – mit mehr Geld, mehr Ordnung, mehr Staat. Dann aber versagte der Staat. Und am Ende schreibt die große Gleichmacherei – Deutschlands geheime Staatsideologie – vor, dass alle gleich leiden müssen, unabhängig davon, dass keineswegs alle gleich gefährdet sind und gleichermaßen gefährden. Die Deutschen werden sich selbst, das ist die finstere Prognose, am längsten quälen mit ihrem Glauben an jedwede Obrigkeit. Dabei spielen sie Kranke gegen Kranke aus, Tote gegen Tote. Auf die, die sterben müssen, weil sie am Falschen leiden und deshalb gerade nicht behandelt werden, oder aus Sorge und Verzweiflung krank werden, körperlich und seelisch, wird keine Rücksicht genommen. Sie werden noch nicht einmal richtig gezählt. Hauptsache der Mensch stirbt nicht an Covid19, für diese Prämisse dürfen Existenzen und Menschenleben vernichtet werden.

II.

Und ist es nicht Starrsinn, inmitten dieser Pandemie auch noch die Klimamaßnahmen zu verschärfen, weil man es schon vorher beschlossen hat? Jetzt erst recht. Trotz Rekordverschuldung, denen Massenarbeitslosigkeit und Pleitewelle folgen werden, stoppt Deutschlands Juste Milieu nicht die eingeleitete Deindustrialisierung. Statt Energie für neues Wachstum frei zu setzen, wird Energie verknappt und verteuert – ohne damit dem Klima wirklich zu helfen. Es wird in großem Maße nicht hierzulande belastet. Ja, wir brauchen eine globale Energiewende. Aber doch nicht ohne Maß und Sinn. Hierzulande aber wird Innovation wie Ideologie geschrieben, nicht bloß bei den Grünen und ihrer Gefolgschaft, sondern beispielsweise auch bei VW, wo Wasserstoff ignoriert wird. Warum setzt etwa niemand auf die erneuerbare Energiequelle Kernkraft? Den enormen Fortschritt auf diesem Feld nimmt kaum jemand zur Kenntnis. Kernenergie könnte sicher sein und auch das Endlagerproblem lösen, der Atommüll ließe sich verwenden. Aber nicht einer der drei bis sieben potentiellen Kanzlerkandidatenkandidaten rührt auch nur am Dogma des Ausstiegs. So wie hier, steht sich diese Gesellschaft immer wieder selbst im Weg.

III.

Das Virus dramatisiert und verstärkt Fehlentwicklungen, die seit Jahren nicht zu übersehen sind. Die Bundeswehr verkommt, die Bildung erst recht. Mich entsetzt besonders, wie leichtfertig und unverhältnismäßig im angeblichen Kulturstaat die Kultur abgeräumt wird. All die Blut-Schweiß-und-Tränen-Tiraden der Merkels und Söders intonieren 2020 einen systematischen Vernichtungsfeldzug. Nicht unsere Freizeitbeschäftigung, nein das Wertvollste, was Deutsche jemals geschaffen haben, steht auf dem Spiel. Berlin ist mit Blindheit geschlagen und auch noch stolz darauf. Aus dem ersten Lockdown wurde nichts gelernt und kein Versäumnis gut gemacht. Die Politik verachtet nicht nur Kultur, sie besitzt noch nicht einmal Fehlerkultur. Sturheit, Besserwisserei und falsche Beratung verdichten sich zu Realitätsverleugnung. Damit wird sich die Mentalität dieser Gesellschaft ändern. Mehr Materialismus, weniger Wohlstand der Massen, noch mehr Staat, noch weniger Freiheit.

IV.

Die selbst ernannten Hüter einer vermeintlich unanfechtbaren Moral verschanzen sich nicht erst 2020 hinter „Wissenschaft“, deren zugelassene Vertreter ihre wissenschaftliche Reputation dem Talkshowpopulismus geopfert haben. Sie suhlen sich in Rechthaberei. Wer nicht folgt, wird ausgesondert, dafür gab es jeden Tag neue Beispiele. Die Medien verraten ihren Auftrag, die Parlamente ohnehin.

V.

Die Bevölkerung, schockiert, verängstigt und hysterisch, lässt sich entmündigen. Weder das blanke Leben noch der Lebenssinn ist so zu retten. Dieses Land ist vom Virus bedroht, ja, aber heruntergewirtschaftet hat es sich selbst. So träumen die Deutschen 2020 in ihrem „Luftreich des Traumes“ (Heinrich Heine) von einer neuen Normalität und vom Systemwandel. Dagegen hilft keine Impfung. Dieser Erreger sitzt in den Köpfen und frisst die Vernunft. Aber der Bundespräsident schwadroniert vom besten Deutschland, das es je gab, und die Kanzlerin ist so beliebt wie nie zuvor.

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Kommentare ( 98 )

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98 Comments
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Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Seien Sie doch nicht gar so pessimistisch. All das Neue, die Buntheit der Bilder, mit denen uns die Kultur und alten Riten der anschließend zu uns Kommenden von 3-Sat, Arte und wem auch immer sonst noch im TV vorgeführten Beweis-Dokumentationen gezeigt werden. Und dann diesen sanften verschweigungsbeschönigenten Zerriss dieser beschwerlich wirkenden eigenen Kultur, die ja von erwiesenermaßen ausgezeichneten „Experten“ sowie so schon lange nicht mehr als auf unserem Mist gewachsen erkannt wurde.(Böhmerman und Genossen) Dieses Vakuum, allein das kulturelle, nein, nicht das in den Köpfen der Betroffenen auszumachende, muss doch gemildert werden. Also sollten wir froh sein, wenn uns die… Mehr

mbam
3 Jahre her

Es ist weniger Staats- als vielmehr Regierungsversagen. Wie 2015.

Dr. Friedrich Walter
3 Jahre her

Wenn ich mir die heutige Politik so ansehe, denke an die Apostelgeschichte 19, Vers 32 in der Lutherbibel: „Dort schrien die einen dies, die anderen das und die Versammlung war in Verwirrung, und die meisten wußten nicht, warum sie zusammengekommen waren“. Ich halte es inzwischen mit Hanns Dieter Hüsch, der – nachdem er sich angewidert von der frustrierten, unproduktiven „Linken“ – abgewandt hatte – so herrlich schrieb: „Der eine schreibt gerade die Analyse dieser Krise, der nächste beschreibt bereits die Krise dieser Analyse, aber ich mach Quatsch tam tam, Quatsch tam tam….“! Was soll man in einem Irrenhaus noch ernst… Mehr

Karli
3 Jahre her

Ich bestelle inzwischen über 80% meines Nonfood-Bedarfs online. Warum? Entweder die Läden sind im Lockdown oder sie haben den Artikel nicht da. Amazon boomt. Neulich war ich in einem großen Sportartikelmarkt. Die Langhantelstange war online im Geschäft vorhanden. Im Laden dann die Info: Bestand Null. So gehts halt auch nicht. Sprit verfahren, Zeit verplempert.

giesemann
3 Jahre her

ad II: Wasserstoff, das ist gut: Man nimmt alte Karren und Schrott, in Salzsäure werfen, dann entsteht jede Menge Wasserstoff und im Bottich bleibt Eisenchlorid – kann man gut als Dünger für die Meere brauchen, sodass ordentlich Fisch für die wachsende Menschheit da ist, gucksdu worldoceanreview.com/de/wor-1/meer-und-chemie/kohlendioxidspeicher/das-meer-mit-eisen-duengen/ Man sieht: Das einzige was wächst ist die Bevölkerung weltweit. Die Verschrottung des Standortes DE bringt auch Nutzen, oder? TE zu „2020 …“
 

Finnegan
3 Jahre her

„Erkenne die Lage“ (G. Benn):
Die Medien preisen die von Merkel angeführte Nationale Front 2.0 als moralische Weltmeisterin aller Klassen.
Die Wahrheit findet sich jenseits der Grenzen: Im Rest der Welt wird „Schland“ zunehmend als mal lustiger, mal nerviger Klassenkasper betrachtet – dank einer Politik, die nur noch zwischen grünem Kindergeburtstag und rosa-roter Kirchentagslyrik oszilliert.

H. Priess
3 Jahre her

Hans Rosling hat in seinem Buch Factfulness, absolut empfehlenswert, beschrieben wo in einigen Jahren die Musik spielt. China, Indien, Indonesien und die anderen asiatischen Staaten. In ein paar Jahren wird dort die Hälfte der Weltbevölkerung leben, das ist ein Humankapital dem wir nichts entgegen setzen können. Während dort die Bildung immer weiter im Vordergrund steht setzen wir auf Verblödung. Wenn sich die Asiaten weiter zusammenschließen, wie sie es jetzt mit dem größten Freihandelsabkommen der Geschichte, getan haben und warum sollten sie damit aufhören, werden wir klägliche Konsumenten werden. Aber nicht nur wir, die USA, die EU sowieso sondern in großen… Mehr

Schraubenberny
3 Jahre her

Zukunftsaussichten für Deutschland:
Die Menschen werden psychisch zerstört.
Das Land deindustrialisiert.
Handwerker und Selbständige verschwinden.
Reisen,Hotels und Gasthäuser sind schon gestorben.
Die Kultur ist vernichtet.
Schulen sind geschlossen.
Es gibt keine Veranstaltungen mehr.
Das Geldsystem wurde geschreddert.
Die Verfassung gestrichen.
Millionen Arbeitsplätze sind prekär.
Defätismus und Angst machen sich breit.
Wenn der Winter vorbei ist,gibt es dieses Land nicht mehr.
Graue,verängstigte Masse huscht über die Straßen.
Diue Menschen denunzieren sich gegenseitig.
Wozu noch Wahlen?
Was bleibt? DIE TOTALTE MACHTERGREIFUNG UND GLEICHSCHALTUNG!!!
Die Menschen lassen alles geschehen.
Ego,cogito,ergo sum:
Ich denke,also bin ich.

moorwald
3 Jahre her
Antworten an  Schraubenberny

Dieses Land wird es noch geben, geographisch, bevölkerungsmäßig… Es wird sich trotzdem vollständig verändert haben, wir werden in einem vertrauten und gleichzeitig fremden Land aufwachen. Unsere Wahrnehmung, unsere Deutungsmuster werden sich verändert haben. Alle Gewißheiten, alle Gewohnheiten werden weggebrochen sein. Die Liquidierung des demokratischen Verfassungsstaates, ein weitgehender Zusammenbruch der Wirtschaft, die Zerstörung des sozialen Kapitals … „Corona“ hat etwas ungeheuer beschleunigt, was lange mehr oder weniger latent im Gange war. Es handelt sich tatsächlich um eine „Große Transformation“ – aber nicht als Ergebnis irgendwie noch nachvollziehbarer (utopischer) Planung, sondern als ein Prozeß, der inzwischen eine Eigendynamik gewonnen hat, der die… Mehr

Tizian
3 Jahre her

„Die Corona-Krise ist eine große Chance. Der Widerstand gegen Veränderung wird in der Krise geringer. Wir können die Wirtschafts- und Finanzunion, die wir politisch bisher nicht zustande gebracht haben, jetzt hinbekommen…“
Wolfgang Schäuble

Beobachterin
3 Jahre her

Die dunklen Tage vergehen, Herr Herles. Und zwar genau in 2 Tagen am 21. Dezember 2020 um 11:02 Uhr. Ab der Wintersonnenwende werden die Tage wieder länger und die UV-Strahlung nimmt zu.
Zwei Effekte erwarte ich: Das Virus wird geschwächt und die Menschen tanken wieder Sonne für die Immunabwehr und für die Psyche.
Unsere Vorfahren haben gewusst, warum sie diesen Tag feiern und im Laufe der Christianisierung auf Weihnachten verlegt haben.
Allen eine schöne Adventszeit.