In der Sache gleich falsch, in der Form verschieden

Das Corona-Virus lässt sich weder ein- noch aussperren oder "ausrotten". Mit dem Virus leben lernen ist das Gebot der Stunde - und zwar in einem Leben, das Menschen als Leben empfinden.

Am Sonntag verfolgte ich das CORONA-QUARTETT auf Servus TV, am Montag das Original im Bundeskanzleramt beim ORF. Merkels Video-Podcast vom Samstag hatte ich da schon hinter mir.

Der Frau Bundeskanzler Botschaft aus Berlin ist schnell zusammengefasst: Bleibt zuhause, reist nicht, trefft euch nicht – kurzum: lebt euer Leben nicht, bis ich euch sage, jetzt wieder und in welchem Umfang.

Des Herrn Bundeskanzlers Botschaft aus Wien im Quartett mit Vizekanzler, Gesundheitsminister und Innenminister unterscheidet sich in der Sache so gut wie gar nicht, sie ist nur angenehmer in der Form – in Wien haben sie halt Lebensart.

Und die Kommunikation von Sebastian Kurz ist im Unterschied zu Merkel professionell. Sie ordnet mit immer wieder weit aufgerissenen Augen an, er wirbt im verbindlichen Ton ums Mitmachen, Tenor, Leute, tut mir ja leid, aber anders geht’s nicht. Trotzdem mehren sich die Anzeichen von Opposition gegen die Regierungspolitik in Österreich und nicht in Deutschland. In Österreich reicht sie vom Nationalrat bis zum Innsbrucker Gymnasium. Der Standard schreibt:

»Beate Meinl-Reisinger, Neos-Chefin und liberale Bürgerliche par excellence: „Das ist ein Panik-Kanzler, der gut ist im Zusperren und Abriegeln, aber er ist nicht in der Lage, etwas vorzubereiten.“ Er habe nach Ischgl eine überstürzte Quarantäne ohne Rechtsgrundlage verhängt. Wie gerecht oder ungerecht ist das? Kurz ist gut im politischen Spiel, in der Inszenierung, in der Message-Control? Ist er auch gut im akuten Krisenmanagement und – mindestens so wichtig – in längerfristiger, konzeptiver Sachpolitik?«

Im ORF waren die Bilder aus Innsbruck im regionalen wie Bundesprogramm zu sehen. Die Tiroler Tageszeitung berichtet, „Oberstufenschüler äußerten ihren Unmut bei einer lautstarken Demo. Gewerkschaft und Jugendanwaltschaft schließen sich anhaltenden Elternprotesten an:“

»„Wir wollen Schule!“, „Wir wollen Lehrer sehen!“: Slogans wie diese würde man von Schülerinnen und Schülern dem Klischee nach nicht unbedingt erwarten. Doch genau das waren die Kernforderungen bei der gestrigen Demo am Innsbrucker Landhausplatz. Der Tenor der rund 100 Teilnehmer (neben Schülern der Oberstufe auch Eltern und Lehrer): Mit dem Home-Schooling – das derzeit über 25.000 Schüler ab der 9. Schulstufe in sechs Tiroler Bezirken betrifft – „kann es so nicht weitergehen“.«

Innerhalb der Politik steht kein Teil der Opposition hinter Kurz, hinter Merkel, wenn es drauf ankommt, alle außer der AfD. Widerspruch kommt im Moment aus der FDP, weit wird das erfahrungsgemäß nicht tragen; Wolfgang Kubicki im BILD-Talk „Die richtigen Fragen“:

»„Es ist der Aufruf zu einem freiwilligen Lockdown.“ Dabei seien wir „meilenweit entfernt“ von einer Überlastung des Gesundheitssystems. „Weder im Frühjahr noch jetzt droht, dass das Gesundheitssystem überlastet wird. Insofern sollten wir uns konzentrieren auf die Maßnahmen, die wirklich sinnvoll sind und nicht die Bevölkerung in Angst und Schrecken versetzen.“«

Auch wenn berichtet wird, mehrere Bundestagsabgeordnete aus verschiedenen Fraktionen würden mehr Parlament, weniger Regierung fordern, sind das bei Lichte betrachtet bloß Zwischengeräusche. Die Regierung mit Gesundheitsminister Spahn will in die ganz entgegengesetzte Richtung, nämlich mit »einem dritten „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ einige der Sonderrechte, die er seinem Ministerium wegen der Corona-Krise eingeräumt hat, dauerhaft beibehalten.« 

In Wien hat die Regierung so etwas nicht vor, nicht zuletzt weil sie weiß, dass sie nicht nur in der österreichischen Bundespolitik, sondern vor allem und schon lange vorher mit jeglichen derartigen Ansinnen an den Landeshauptleuten scheitern würde unabhängig davon, welcher Partei diese angehören.

Roland Tichy und die anderen, die Michael Fleischhacker beim CORONA-QUARTETT auf Servus TV versammelte, waren sich in zwei Dingen einig: Mit Käfighaltung von Bürgern (meine Formulierung) lässt sich das Corona-Virus weder aussperren noch gar „ausrotten“. Und: Mit dem Virus leben lernen ist das Gebot der Stunde – und zwar in einem Leben, das freie Bürger als gute Lebensart empfinden. Dieser Einschätzung stimme ich als Mitglied einer Risikogruppe uneingeschränkt zu.

Screenshot Servus TV

 

Der Innsbrucker Chris Veber, meine Internet-Bekanntschaft, schrieb die Tage unter anderem:

Die WHO hat per 14.10.2020 ein Bulletin veröffentlicht in dem die Fallsterblichkeit von Covid19 mit 0,23% angegeben wird. Und damit dem Niveau einer stärkeren Grippe entspricht. Das paper wurde von anderen Wissenschaftlern geprüft und akzeptiert. Die Rückkehr zur Normalität ist alternativlos. Eine stärkere Grippe rechtfertigt den Schutz von Altenheimen und Krankenhäusern, aber nicht die massiven Eingriffe in das Leben aller Menschen.

Heute setzte der Ex-Grüne fort: Die Grippesaison 2017/2018 war tödlicher als Covid.

Während der Grippewelle 2017/18 sind in Deutschland laut Angaben des Robert Koch Instituts 9 Mio. Patienten wegen Grippe zum Arzt gegangen, 25.100 Menschen sind an oder mit Grippe gestorben. Die Fallsterblichkeit lag bei 0,28%. „Maßnahmen“: keine. „lockdown“: keiner. Angst & Panik: keine. Die Fallsterblichkeit von Covid19 liegt laut WHO bei 0,23%. Beispielloses Herunterfahren des Lebens. Obwohl die Grippe sowohl in absoluten wie auch relativen Zahlen tödlicher war. Was im Übrigen das behauptete Präventionsparadox widerlegt.

Ich verstehe die Überreaktion unserer Politiker im Frühjahr. Wenn ich nicht weiß, was auf mich zukommt, tue ich gut dran, vorsichtig zu sein. Auch vor psychologischen Aspekten wie Gruppendruck und Massenpanik ist ein Politiker nicht gefeit. Ebensowenig wie ein Investor bei einem Börsencrash, da sind ähnliche Mechanismen am Werk. Aber ab Anfang April hätte ein Evaluieren der Lage und Zurücknehmen der “Maßnahmen” erfolgen müssen. Dies ist bis jetzt unterblieben. Statt eine Fehleinschätzung zuzugeben, versucht unsere Regierung weiter stur an ihrem Kurs festzuhalten. Der das Land in den Abgrund führt. Auch damit ist sie nicht allein in Europa, aber das macht das Verhalten nicht besser.

Einen Fehler einzugestehen erfordert Größe. Aber ich glaube, die Bevölkerung würde ein Eingeständnis und eine Korrektur des Kurses begrüßen und eventuell jetzt noch honorieren. Später dürfte die Rache des Wählers unbarmherzig sein.

Liebe Regierung, ich weiß, sie haben beispiellose Macht gewonnen. Da trennt man sich ungern wieder davon. Ich weiß, Durchregieren mittels Dekret und Verlautbarung ist einfacher als das lästige parlamentarische Herumgerede. Ich weiß, die außerparlamentarische Verfügungsgewalt über die 27 Milliarden der COFAG (Covid19 Finanzierungsagentur GmbH) ist verlockend. Aber die Rückkehr zu unserem normalen Leben ist alternativlos. Beweisen Sie Größe und beenden Sie den Covid Ausnahmezustand. Bevor die Bevölkerung Ihnen die Gefolgschaft versagt. Sie werden überrascht sein, wie viele Regierungen europaweit Ihrem Beispiel folgen werden.

Diesem Appell an die Regierung in Wien schließe ich mich an. Veber sieht das richtig, eine Regierung muss mit der Kursänderung anfangen, dann fassen auch andere Mut. Die in Wien kann es vielleicht sein, die in Berlin nie und nimmer.

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Kommentare ( 67 )

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esreichtfraumerkel
3 Jahre her

Alles was von der deutschen Regierung beim Coronaausbruch 2020 an Maßnahmen ergriffen wurde, war und ist nachvollziebar.Alles was seit Herbst 2020 dann folgte, kann nur einen Namen tragen und zwar „Totalversagen der Regierung“. Sinnvolle Maßnahmen zum Schutz der Risikogruppen seit Ausbruch der Pandemie gleich null, stattdesen legt die Regierung die Wirtschaft lahm, wobei gerade die schwächsten im Wirtschaftleben am meisten getroffen werden. Die Betriebe und Selbstständigen ohne große Kapitalrücklagen lässt mein einfach über die Klinge springen, die „Coronahilfen“ sind ein schlechter Witz. Statt unbürokratischer Soforthilfe für alle, ein Flickenteppich ohne Sinn und Verstand. Ein Beispiel sind hier diejenigen die rege… Mehr

Wolfgang Schuckmann
3 Jahre her

Ganz kurz. Corona ist nach längerem Hinsehen für mich eine Viruserkrankung, die wie eine typische, echte Virusgrippeerkrankung daher kommt. Die Übertragungswege der Infektion sind bekannt, der Verlauf bei vielen Menschen von unterschiedlicher Intensität, für manche sehr leicht zu ertragen bis zur Genesung, für Andere leider auch mit tödlichem Verlauf. Es dürfte sich somit um eine ganz normale Viruserkrankung handeln, der das menschliche Immunsystem nach einiger Zeit ein Ende bereitet. Leider nicht bei allen Erkrankten. Aber da das Leben von Anfang an lebensgefährlich ist, muss man da von Normalität ausgehen. Impfung kann/wird vielleicht dauerhaft, vielleicht auch nicht, helfen, und ich würde… Mehr

Rebel Girl
3 Jahre her

Jegliche Diskussionen über die Corona-Maßnahmen sind m.E. sinnfrei. Hier spielt eine weitaus größere Liga. Ich sage nur: DAVOS, Klaus Schwab, „The Great Reset“.
Rowan Dean, Sky News Australia: ‚The Great Reset‘: World leaders to harness COVID and pursue ’sinister‘ climate agenda
https://www.youtube.com/watch?v=GeykREAlYSg&feature=youtu.be
Verschwörung oder am Ende doch die Wahrheit???

Sonny
3 Jahre her

Wir wissen es doch – das ist eine feindliche Übernahme der freien Länder, der sich viele Politiker bereits ergeben haben bzw. als glühende Miteiferer hervortun. Die eigentlich Initiatoren befinden sich jedoch immer noch im Hintergrund.

Peter Pascht
3 Jahre her

Nachdem Astra ZENECA schon einmal sein Impfstoffentwicklungprogramm zeitweilig gestoppt hatte ist nun ein junger Proband gestorben.
Astra ZENECA ist die Firma bei der die deustche Regierung schon mal vorsorglich zig Millionen Impfungen bestellt hat. (so ähnlich wie Scheuer’s Autobahnprojekt)
Das einzige was Spahn, Brau, Merkel an den Tag legen ist eine naive Euphorie in Masken, Abstandshaltung, Impfung.
Dei Fakten aber zeigen dass sie bisher damit nichts bewirkt haben,
ausser propagandistischer Rechthaberei.
Der Corona Fall Spahn belegt dies offensichtlich. .

Peter Pascht
3 Jahre her

Als Löwe gesprungen und als Merkel Bettvorleger gelandet, kann da zu Kurz nur sagen. Man beruft sich in den „grün“ versifften österreicheschen medien und Politik ausdrücklich auf „Merkel hat gesagt“. Als Dank dafür erklärt nun ds RKI gesamt Österreich zum Risikogebiet, während die österreichische Touridtikbranche noch immer von dem Ansturm deutscher Touristen träumt. Es geht da, wie in Deutschland auch, nur ums „Geschäft“ nicht um den Schutz der Menschen, den man angeblich mit „Sicherheitskonzepten“ gewährleisten will. Ob diese „Sicherheitskonzepte“ helfen weiß keiner, genau so wenig ob die Maßnahmen in Deutschland helfen. Es gilt Prinzip „freier Fall“ und wenn es schief… Mehr

Detlev Schmidet
3 Jahre her

Und NRW führt die Maskenpflicht im Unterricht in den Schulen ab Klasse 5 wieder ein. Wer bitteschön berät die?

Kassandra
3 Jahre her
Antworten an  Detlev Schmidet

Mehr und mehr denke ich, dass die das auswürfeln – und entsprechend selbst nicht erklären können, wie solche Entscheidungen zustande kommen.

Riffelblech
3 Jahre her

Man kann die allgemeine Interessenlosigkeit an den wirklichen , recherchierten Folgen dieser sog, Coronakrise bedauern oder auch nicht , sie ist bei der großen Mehrheit der Bevölkerung nun mal vorhanden . Die breite Masse interessiert sich nicht für die Gründe und den Sinn der angeordneten Maßnahmen . Das ist zu schwer ,zu kompliziert und im Überigen „ L.m.a. A, „ Die dauernde Endsiegbombardierung zur Überwindung der Coronakrise,in den Medien praktisch ohne Faktenwissen und ohne Hinterfragung lähmt die Massen.Das weiß diese Regierung und genau darauf läuft es hinaus . Durch dauernde Lähmung des demokratischen Geistes der Bevölkerung durch Merkel und ihre… Mehr

Karl Schmidt
3 Jahre her

Wir haben ja auch eine Kanzlerin, die keine Fehler macht: Sie wird auch rückblickend wieder nicht erkennen können, was sie hätte anders machen müssen. Aber dafür haben wir eigentlich ein sehr teures Parlament, das nur leider seine Arbeit verweigert – und trotzdem weiter bezahlt wird.

Leonor
3 Jahre her

Dass Sie zur Risikogruppe gehören tut mir sehr leid Herr Goergen.
Noch mehr leid tut mir, dass ich in diesem Land gelandet bin, wo gerade alles tristlos und düster zu sein scheint.
Eine Hoffnung hat schon mal Berge versetzt. Diese Regierung will diese endgültig begraben.
Irgendwann wird das Volk unbarmherzig, davon bin ich überzeugt.