Anlagerat vom Roboter? Nein danke!

Kaum sind die Zinsen auf Null-Niveau angelangt, da überschlagen sich Banker und sonstige Ratgeber mit Vorschlägen zu Anlage-Alternativen. Nur wer selbst die Initiative ergreift, kann die schlimmsten Risiken vermeiden.

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17. März, drittes Fintech Forum der Analystenvereinigung DVFA, gleich zu Beginn ein Test. Über 68 Prozent der zahlreich erschienenen Geldprofis tippen in ihre Smartphones: Robo Advice wird sich gegen die traditionelle Anlageberatung durchsetzen. Wie bitte, in Zukunft sollen Roboter bestimmen, ob ich mein Erspartes zu mickrigen Zinsen als Tagesgeld bunkere oder in ein Fonds-Kunstprodukt namens ETF stecke? Nie und nimmer, schwöre ich mir – bis der 23. März kommt und das SWR-Fernsehen mit dem Thema „Zinsfalle, was mache ich mit meinem Geld?“ Marc Friedrich und Matthias Weik, bekannt geworden durch reißerische Bücher wie „Der größte Raubzug der Geschichte“ und „Der Crash ist die Lösung“, begleiten Anleger auf der Suche nach Renditen aus Wald und Whisky, aus ethischen Investitionen und glänzenden Edelmetallen. Quintessenz: Geld streuen.

Das hat mir allerdings schon meine Oma eingebläut. Sie war eine kluge Frau und hat ihr Streu-Credo stets um den Hinweis ergänzt: Junge, übe dich in Geduld, wenn dir etwas zu teuer erscheint, warte auf Schnäppchen und steige nur dort ein, wo du dich einigermaßen auskennst. Oma war für mich also eine Art weiblicher Warren Buffett, nur dass sie im Gegensatz zu ihm weder auf Münchener Rück- noch auf Coca-Cola-Aktien stand.

Bankier von Metzler will von Zertifikaten nichts wissen

Will denn niemandem etwas Besseres einfallen als Roboter-Rat und Streuobst-Geld? Es sieht ganz danach aus. Und die traditionelle Anlageberatung? Es gibt sie noch hier und da, vor allem für High und Ultra High Neworth Individuals. Warum sagen Banker dazu nicht treffender: Millionäre und Milliardäre? Oder einfach nur: reiche Anleger? Was indes dominiert, ist der Verkauf von Finanzprodukten: Fonds und Zertifikate aller Art, die Riester-Rente in zig provisionsträchtigen Varianten, nicht zu vergessen die Jagd auf Kunden mithilfe von kurzfristigen Tagesgeld-Lockangeboten zu ausgequetschten Zinsen im Promillebereich.

Es war neulich dem Bankier Friedrich von Metzler vorbehalten, in Anwesenheit von einigen Dutzend Journalisten alle Zertifikate für überflüssig zu erklären. Darüber sind inzwischen gut zwei Wochen vergangen, geschadet hat es Konstrukteuren dieser vermeintlichen Wunderdinger nicht. So ignorant kann eine ganze Branche sein, ihre Kunden inbegriffen. Derweil vergeht kaum eine Woche, in der Anlegerschützer sich nicht über hohe Provisionen beklagen. Ihre Spitzenorganisation mit dem sperrigen Namen Verbraucherzentrale Bundesverband hat bereits im vergangen November eine 18-seitige Studie mit dem Titel vorgelegt: „Provisionen im Finanzvertrieb verbieten“. Bewegt hat sie nichts; Produktinformationsblätter, im Volksmund Beipackzettel genannt, sind wertlos, Beratungsprotokolle erweisen sich in der Praxis als umständlich bis untauglich – als Anlegerschutz gut gemeint, aber schlecht gemacht.

Der Rat vom Roboter ist nur ein billiger Trick

Die ganze Anlageberatung krankt daran, dass es in erster Linie um kollektive Finanzprodukte und deren Verkauf geht, aber nicht um Methoden, damit die Finanzen von Kunden sich individuell besser steuern lassen. Wie, wann und wo, in welchem Kundenalter und Umfang, über was für Anlageklassen in welcher jeweiligen Höhe verteilt und in welchem Chance-Risiko-Verhältnis sie sinnvollerweise einzusetzen sind, all diese Anforderungen bleiben weitgehend auf der Strecke. Sogar der Robo Advice, der Rat und nicht Produkt zu sein verspricht, entpuppt sich letztlich als ein billiges Algorithmus-Produkt. Er ist nicht mehr als eine weitere Verkaufsmasche, die sich nahtlos in Ansätze wie Bottom up, Top down, Benchmark oder Absolute Return einreiht.

Banker, die sich schon mal gern als Idealisten gebärden, schwören auf die Honorarberatung. Doch dieser Ansatz krankt zunächst an der Konzentration auf die Geldanlage. Honorarberater, die zusätzlich so wichtige Themen wie Währungen, Versicherungen, Steuern, Erbschaftsrecht, Immobilien und Baufinanzierung abdecken, können dies nur im Verbund mit Spezialisten erfolgreich leisten. Dann wächst die Summe der Honorare allerdings schnell in die Höhe.

Wer kein Multimillionär ist, muss selbst die Geld-Initiative ergreifen

Darüber hinaus taucht eine weitere Frage auf: Von welcher Höhe des anzulegenden Betrags an lohnt sich überhaupt die Honorarberatung für beide Seiten, also gleichermaßen für Berater und für ihre Kunden? Ab 10.000 Euro? Bestimmt nicht. Ab 100.000 Euro? Vielleicht, aber für die meisten Berater wahrscheinlich immer noch uninteressant. Ab 1 Million Euro? Ja, aber nur für den Fall, dass als Empfehlung in erster Linie Standardprodukte herauskommen, wie – je nach Entwicklung an den Kapitalmärkten – mal auf Aktien, mal auf Anleihen, mal auf beiden Anlagekategorien basierende Fonds. Wer dagegen vom Standard abrücken und einzelne Anleihen oder Aktien kaufen möchte, dürfte nicht um ein besonders umfangreiches Beratungsprotokoll herumkommen, mit dem sich Berater nach allen Regeln der Kunst von jeglicher Haftung befreien.

Unter solchen Umständen ist Anlegern dringend anzuraten, das Heft selbst in die Hand zu nehmen. Das heißt, zunächst Spezialisten für Themen wie zum Beispiel Versicherungen, Steuern und alles andere einzuschalten, was rund ums Geld bedeutsam ist. Da primär am Kundenwohl interessierte Spezialisten für die Geldanlage erst von hohen Millionenbeträgen an infrage kommen, tun Anleger mit weniger Geld gut daran, das bis zu solchen Größenordnungen vorhandene Beratungs-Vakuum im Zweifel selbst zu füllen. Das bedeutet, sich um Aktien, Immobilien, Edelmetalle, Zinsen und Währungen so intensiv zu kümmern, wie es die Freizeit zulässt. Ratschläge vom Roboter und allzu exotisch anmutende Anlagen wie Wald und Whisky sollten dann eher tabu sein.

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