Meinungsführer-Medien?

Wir fragen uns, sollen wir uns mit den sogannten Meinungsführer-Medien überhaupt noch befassen. Na, wir haben im Sommerloch ja Zeit zum Nachdenken. Roland Tichy und Fritz Goergen lasen.

Wie man mit der „Ehe für Alle“ umgeht, da ist man ja meist unsicher: Manche glauben an die Gemeinsamkeit von Mann und Frau. Der eigentliche „Fortschritt“ ist jetzt, dass die bislang „eingetragene Partnerschaft“ nun Ehe heißt und Kinder adoptieren darf, was wegen des strengen deutschen Adoptionsrechts nur in wenigen Fällen etwas bedeutet, es sei denn, die Schwulen-Lobby schafft es, das Adoptionsrecht für die “ Ehe für Alle“ zu privilegieren.

Auch das „Familiensplitting“ gilt längst für schwule Paare. Also wozu aufregen? Lass´es laufen, was ohnehin längst gelaufen ist.

Die FAZ am Sonntag belässt es nicht bei Jubel und Konfetti für einen Sieg, der so klein ist. Die „Ehe für Alle“ „ist nicht das Ende einer Debatte, sondern deren Neuanfang“, titelt ihr Feuilleton. Was könnte das bedeuten?

Der Feuilleton-Chef zählt auf, was es in der bisherigen Ehe so gab und gibt: Ein bisschen Liebe, aber meist Hass und Not und Betrug und Elend, führt er weit schweifend auf. Stimmt ja, das alles gibt es, weil die Welt voll Sünde ist und das Ideal meist unerreichbar – für Heteros. Und er stellt die Schwulen-Ehe als Idealbild nicht daneben, sondern dagegen: Sie sei „überall dort als Fall von Liebe und nicht nur Sexualität erkannt, wo überhaupt nachgedacht wird und nicht nur Reflexe gepflegt werden.“ Müssen wir also befürchten, dass die Hetero-Ehe abgeschafft wird, weil sie weniger liebevoll ist als die von Schwulen in ihrer Güte und Vollkommenheit? Die als einzige vollenden, was Heteros nicht schaffen, das immerwährende, ewige Glück? Müssen Heteros sich jetzt schämen, wenn es am Frühstückstisch mal wieder rumpelt?

Das ist eben echte Toleranz, die da gepflegt wird. Kinder sollen sie in die Welt setzen, die Heteros, irgendjemand muss ja die Rente finanzieren. Aber Ehegattensplitting nur für die schwule Liebes-Ehe? Man fürchtet, sich verlesen zu haben oder zu überinterpretieren, kommt ja schon mal vor.

Aber man liest, wie es nun weitergehen soll nach Ansicht der FAS: „Man könnte die Ehe also abschaffen, aber leichter ist es, sie neu zu besetzen. Sie denen wegnehmen, die sie als zentrale Bastion des Patriarchats und der Homophobie verteidigt haben.“ Und die sich dabei quasi auf „Nazirecht“ berufen, steht da. Alles klar, wer für die Hetero-Ehe ist, kann nur ein Nazi sein (und der Lebensborn?). Das wirre Geschreibe endet in folgendem Absatz, den man nur zitieren kann:

„Eine weitere Emanzipation der Ehe kann aber nur heißen, dass sie auch ihre Binarität überkommen muss. Dass sich also auch mehr als zwei Leute vermählen können, wenn sie das gerne wollen. Dann könnten sich Ehetrios, -quartette und so weiter bilden, die das Ehe-Prinzip, die gemeinsame Verantwortung füreinander, ausweiten auf größere Liebes- oder Lebensgemeinschaften, die längst existieren – ob man sie Familie, polyamouröse Beziehung, WG oder sonst was nennt.“

Es sei erwähnt, dass ein weiterer Kolumnist der FAS der Ehe in ihrer „nur halbverbindlichen, zeitlich befristeten bei Nichtgefallen jederzeit kündbaren Vertrag“ doch noch einen Sinn gibt. Die schwule Ehe ist die Keimzelle des Widerstands gegen den Markt. Da sei die schwule Ehe die „Avantgarde. Wenn die Ehe eine Zukunft haben soll, dann in diesem Geist.“

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Die Ehe also doch als Kampfgemeinschaft für den Sozialismus? Nun ahnt man, was in dem Blatt passiert, hinter dem früher viele und heute noch manche klugen Köpfe stecken: Hatte doch die Tageszeitung am Donnerstag einen Gastkommentar abgedruckt, der gegen das Alle-Gejubel anstänkerte. Da war die Rede davon, dass Schwule ja das Recht auf „Differenz“ hätten, gar nicht so unbedingt in die Spießerwelt der verheirateten Häkeldecken-Heteros eintreten wollten, weil das nun ihrem Lebensstil widerspräche, dass es unabweisbar eine Gefahr des erhöhten Kindesmissbrauchs gäbe. Dieser Gastkommentar hatte u.a. beim Erzkonkurrenten Handelsblatt und dessen Medienableger „Meedia“ wütende Proteste hervorgerufen und zum Aufruf geführt, nun müsse das Feuilleton der FAS gegenhalten.

Hat es. Es zeigt die Zerrissenheit des Unternehmens Frankfurter Allgemeine Zeitung, die schon seit längerem zu beobachten ist. Der Kampf der verschiedenen Kulturen um die Deutungshoheit – und die unbedingte Entschlossenheit der Verbände, diesen Sieg nicht stehen zu lassen, sondern die Bewegung in Bewegung halten zu wollen. Nach 10-Prozent-Gleichstellung ist zwar nichts mehr zu holen, außer Dominanz.

Mit dieser Ausgabe verabschiedet sich Der Sonntagsleser von der Lektüre der FAS.

Die WeLT AM SONNTAG kompakt und Die Presse am Sonntag  haben keinen Platz für das Thema mit dem irreführenden Titel „Ehe für alle“. Dem öffentlichen Abschied von Helmut Kohl widmen sich beide. Im Wiener Traditionsblatt erfahren wir von Bill Cliton: „Hillary sagte, dass ich ihn so sehr liebte, weil er der einzige Mann mit einem noch größeren Appetit war als ich.“ Dank WamS wissen wir, dass Angela Bills Linke mit beiden Händen tätschelte.

Lesen wir im WamS-Interview mit Martin Schulz auf die Frage, ob er sich vorstellen könne, in ein Kabinett Merkel einzutreten, „Der nächste Bundeskanzler heißt Martin Schulz“, müssen wir nicht weiterlesen. Im Interview mit Norbert Lammert weicht dieser allen interessanten Fragen aus.

Ansonsten ist Sommer. Nach dem Loch geht’s weiter: Passiert nichts Sensationelles, nach den Ferien so, wie’s vor ihnen aufhörte – demoskopisch und überhaupt.

Wir fragen uns, sollen wir uns mit den sogannten Meinungsführer-Medien überhaupt noch befassen. Na, wir haben im Sommerloch ja Zeit zum Nachdenken.

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Kommentare ( 79 )

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79 Comments
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Renata
6 Jahre her

‚Ältere…..Sie wollen, dass alles bleibt wie es ist, deswegen wählen sie mehrheitlich Merkel…..‘ Ich habe eher den Eindruck, dass genau die es nicht sind, da sie noch eine andere Kultur gewöhnt sind, die der politischen Auseinandersetzung, darüber hinaus sind sie grundsätzlich sehr kritisch Politikern gegenüber. Und gebildet, zumindest sehr interessiert am Weltgeschehen. Und ebenso viele haben noch die Nachkriegszeit in Erinnerung und fürchten Schlimmes bei den heutigen monetären Versprechen für Alle und für andere Länder. Merkel profitiert von Frauen, und von Ostdeutschen – eine von uns -, sowie von politisch Ungebildeten (davon gibt es eine Menge), die die Plattitüden von… Mehr

Remix
6 Jahre her

Die Art und Weise, wie das Gesetz zustande gekommen ist, bringt mich in eine Zwickmühle: einerseits gönne ich allen homosexuellen Bekannten und Kollegen das Resultat von Herzen, andererseits empfinde ich das Procedere als Verhöhnung des Parlamentarismus, vor allem auch wegen des – leider erfolgreichen – Versuchs, vom NetzDG abzulenken.

Dozoern
6 Jahre her

Ja, einige wenige Kommentatoren sind nach Blumencron zum Don übergelaufen. Aber, der Don ist doch sehr abgehoben, elitär und doch wieder auch spiessbürgerlich. Dort kann man fast alles veröffentlichen, Hauptsache es hat einen elitären Touch. Die kritische Seite für Möchtegern-Adel, Spiessbürger, Landbewohner, alleinstehende Damen, Tunten, Italienfans, Rennradfahrer (aber nur italienische Modelle), Kirchgänger, Moralisten und Feuilletonisten. Spezialität: Merkel – und EU-Bashing, aber aufrechte Demokraten. Das liberale Feigenblatt der FAZ und Gegengewicht gegen Blumencrons Zensurpolitik. – Okay, ist nicht so bös gemeint. Von Zeit zu Zeit les‘ ich den Alten gern und wage nicht mit ihm zu brechen…

Horst Hauptmann
6 Jahre her

Zitat: „Dass sich also auch mehr als zwei Leute vermählen können, wenn sie das gerne wollen.“ Juhu, ich habe es geahnt: die Moslem-Lobby bereitet die Vielehe vor. Und da fragt weiter unten Herr Wahlder, was DITIB dazu sagt…. Die Merkelsche Kanzlerschaft wird als DIE Katastrophe in die deutsche Geschichte eingehen. Aber: der Wähler will es offenbar so. Die Konsequenz mangelnder Bildung und mangelnden politischen Interesses. Bleibt einem selbständig denkenden Menschen nur die Option, sich selbst bestmöglich auf diesen gesamthaften Unsinn einzustellen und sich selbst so gut es eben geht vor den Konsequenzen zu schützen. (Überfremdung, Öko-Fanatismus, Zerstörung unseres kulturellen Erbes,… Mehr

Dozoern
6 Jahre her

Ja, so ist es. Für mich heisst das, dass es überwiegend kritische Kommentare gibt. Wer kommentiert, will ja in den seltensten Fällen die Meinung der Redaktion bestätigen. Es ist ja auch nicht so, dass nichts Kritisches veröffentlicht wird. Das ist ja einfach auch Gesichtswahrend. Ich habe dort ca 2500 Beiträge veröffentlicht. Mit einer Veröffentlichungsquote von am Anfang 99 %, am Ende noch 40 %. Dümmliches, Feuilletonistisches, Pseudokritik, das wird alles veröffentlicht. Ein No-Go sind fundamentale Kritik an der transatlantischen Ausrichtung, der Exportindustrie, der NATO, der öffentlichen Statistik, dem Putin-Bashing, dem Syrienkrieg, etc. Also Themen, bei denen die FAZ unbedingt die… Mehr

Reinhard Aschenbrenner
6 Jahre her
Antworten an  Dozoern

Interessant sind die Beobachtungen, die ich bei SPON machen konnte: Ich habe zwar keinen Account dort, aber es ist interessant zu sehen, dass bei den Artikeln zu Heiko Maas (einmal zum NetzDG, ein andermal zu seiner neuesten Idee der Kontrolle der Algorithmen), zumindest einer nicht auf der Facebookseite zu finden war. Beim NetzDG waren die positiven Kommentare in der Mehrzahl beim zweiten Artikel interessanterweise nur auf den hinteren Seiten.

Abnsdllnnlosnfd
6 Jahre her

Q.e.d.! Versachlichen! Nicht beleidigen und/oder unterstellen! Wie sie jetzt den Bogen von Ehe für Alle zum Islam schlagen, erschließt sich mir leider nicht. Im Gegenteil: Die Ehe für Alle ist ja inhaltlich sogar gegen den Islam gerichtet, oder glauben sie, dass die das toll finden, wenn Homosexuelle heiraten dürfen?

Jaco Sandberg
6 Jahre her

So manches Mal denke ich ernsthaft, ich bin verrückt. Dann lese ich TE und stelle fest: Nein, dem ist nicht so. Es gibt andere, die an der derzeitigen Situation ähnlich verzweifeln wie du …

Teufelskralle
6 Jahre her

Rafaela von Bredow, immerhin Leiterin des
Wissenschaftsressorts des „Spiegel“ reagierte vor nicht allzu langer Zeit auf eine Veröffentlichung von
Wissenschaftlern der Universität Pennsylvania (Ingahalikar und Mitarbeiter), in
der u.a. nachgewiesen wurde, dass die Gehirnhälften bei Frauen und Männern unterschiedlich miteinander verschaltet sind, mit einem abwertenden
Kommentar nach dem Motto:“ Es kann nicht sein, was nicht sein darf.“, obwohl sie es als Biologin besser wissen müsste. Abgesehen davon, dass das pseudosozialistische DDR-Ideologen genauso gesehen hätten, zeigt dieses Beispiel das Eindringen linker Ideologie in die sogenannten Leitmedien, selbst wenn es sich um die Darstellung von naturwissenschaftlichen Erkenntnissen handelt.

Abnsdllnnlosnfd
6 Jahre her

Bei der Kritik an den sogenannten Meinungsführer-Medien kann ich mich nie des Eindrucks erwehren, dass viele Rechts-Konservative auch gerne Meinungsführer-Medium wären. Das wird man aber nicht durch Jammern und/oder Polemiken gegen die „links-grüne“ Presse, sondern nur durch objektive und gut recherchierte Artikel – so wie dies bspw. beim Spiegel (Printversion!) früher mal der Fall war. Online-Ausgaben (egal welcher Art) können das ohnehin nicht leisten, weshalb es in Zukunft sowieso keine Meinungsführer-Medien im klassischen Sinn mehr geben wird, da durch das riesige Online-Angebot der Markt unüberschaubar wird.

Michael M.
6 Jahre her

„Wir fragen uns, sollen wir uns mit den sogannten Meinungsführer-Medien überhaupt noch befassen.“

Auf jeden fall!
Und wenn es nur dazu dient, die dummheit und verlogenheit und das desinteresse der ‚meinungsführer-medien‘ zu belegen.