Zypern und Griechenland wollen Botschafter nach Damaskus entsenden

Die Ächtung Syriens infolge von zehn Jahren Bürgerkrieg hat effektiv zu den illegalen Migrationsströmen nach Europa beigetragen. Um die Lage zu normalisieren, müssen zunächst diplomatische Beziehungen aufgenommen werden. Nur so werden Rückführungsabkommen mit Syrien möglich.

IMAGO / ITAR-TASS

Die Republik Zypern hat eine Immobilie in Damaskus angemietet und will schon bald mit ihrer Botschaft nach Syrien zurückkehren.Das hatte die Regierung in Nikosia eigentlich schon im Mai 2020 angekündigt, aber angeblich haben die Wirren der Pandemie diesen Schritt verzögert. Ebenfalls seit letztem Jahr schon will auch Griechenland seine diplomatischen Beziehungen zu Syrien normalisieren.

Außenminister Nikos Dendias hat die ehemalige Botschafterin in Damaskus, Tasia Athanasiou, zur Sondergesandten für Syrien ernannt. Diese Normalisierung, die mit der Entsendung von Botschaftern beginnt, könnte ein wichtiger Grundstein für eine bessere Kontrolle der illegalen Migration im östlichen Mittelmeer werden. Aus Diplomatenkreisen in Damaskus wird berichtet, dass die Botschaften von Zypern und Griechenland schon vor einem halben Jahr inoffiziell wiedereröffnet wurden, jene Ungarns sogar vor einem Jahr. Weitere westliche Botschaften könnten laut der Zeitung Al-Watan folgen.

— Sham fm شام إف إم (@radioshamfm) May 31, 2021

Zypern beklagt noch immer einen unvermindert hohen Migrationsdruck an seinen Küsten, wobei die Boote von den südlichen Küstenabschnitten Syriens, speziell vom Hafen Tartus, aus starten. Das berichtet die griechische Tageszeitung Proto Thema. Im Mai gab es demnach eine richtiggehende Welle von Bootsankünften, ein schlechter Vorbote für diesen Sommer. Seit Jahresbeginn wurden sicher 4.000 Asylanträge auf Zypern abgelehnt. Aber zugleich sind die Aufnahmezentren des Inselstaates bereits überfüllt.

In einem dramatischen Brief an die Kommission erklärte Innenminister Nikos Nouris den Migrationsnotstand der Insel. Die Insel habe keine Möglichkeit mehr zur Unterbringung von irregulären Migranten. Von der EU fordert Nouris vor allem eins: die Verhinderung illegaler Abreisen von syrischen Küsten und Häfen. Allerdings hat man nicht das Gefühl, dass dem Zyprioten sehr viel Beachtung zuteil wird, und das dürfte nur zum Teil an der geringen Größe der Insel liegen. In zehn Jahren Syrienkrieg hat es die EU sträflich unterlassen, eine konstruktive Haltung zu diesem Syrien einzunehmen, das durch Zypern ein ziemlich naher Nachbar ist. Mindestens seit Baschar al-Assad erkennbar die Oberhand gewann, wäre eine Revision der EU-Strategie fällig gewesen. Sie unterblieb.

Für Rückführungsabkommen braucht man diplomatische Beziehungen

In technischer Hinsicht beklagt Nouris die Abwesenheit von Abmachungen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber in Drittstaaten im allgemeinen. Solche Abkommen müssen seiner Meinung nach zentral von der EU abgeschlossen werden. Erst Mitte Mai wurde das auch im EU-Innenministerrat diskutiert, und zwar in Anwesenheit von Regierungsvertretern aus Subsahara-Ländern, aus denen auch auf Zypern sehr viele Migranten ankommen.

Übrigens konnte ein Boot aus dem Libanon zuletzt wieder zurückgeschickt werden – eben weil Zypern mit dem Libanon ein Rückführungsabkommen besitzt. Diplomatische Beziehungen mit Nachbarstaaten haben ihren Sinn. Der sogenannte »arabische Frühling« hat hier leider viel Unordnung gestiftet, um von den Luftschlägen gegen Libyen gar nicht erst anzufangen. Die Unruhe rund ums südliche und östliche Mittelmeer war der Grundstein für die folgende Migrationskrise. Die Ächtung Syriens führt bis heute dazu, dass illegale Migranten nicht mittels eines Abkommens in das Land abgeschoben werden können.

Syrien wurde so – ganz abgesehen vom Bürgerkrieg – zu einem zentralen Transitland für Migranten aus zwei Kontinenten. Das belegt die aktuelle Lage ebenso wie die Äußerungen von Inneminister Nouris auch aufs Neue. Übrigens hatte Tschechien seine Botschaft in Syrien als einziges europäisches Land auch in der Phase, als in Damaskus selbst Kämpfe ausbrachen, nicht geräumt. Heute ist die Hauptstadtregion laut Einschätzung von Dänemark und anderen Ländern sicher.

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