Ungarn und die EU-Fördermittel: Es geht um politische Richtungsfragen

Zu befürchten ist, dass angebliche Defizite bei der „Rechtsstaatlichkeit“ auch weiterhin in Brüssel politisch instrumentalisiert werden, um gegen eine Politik der nationalen Selbstbestimmung in Europa vorzugehen. Von Gerhard Papke

IMAGO / Belga

Die Europäische Union hat entschieden, Ungarn bis auf weiteres erhebliche Fördermittel vorzuenthalten, die dem Land eigentlich zustehen. Doch die wesentliche Begründung für diese Entscheidung, Ungarn müsse mehr Anstrengungen unternehmen, um eine ordnungsgemäße und korruptionsfreie Vergabe von EU-Mitteln zu garantieren, mutet gerade in diesen Tagen reichlich seltsam an. Schließlich vergeht kaum ein Tag mit neuen Enthüllungen über korrupte EU-Abgeordnete. Die Verdächtigen gehören übrigens bisher allesamt zur Fraktion der Sozialisten, die Ungarn besonders scharf kritisiert.

Eingefrorene EU-Gelder
Ungarn und EU: Worum es wirklich geht
In der Sache kann es selbstverständlich keinen Dissens darüber geben, dass die Vergabe öffentlicher Aufträge in allen Staaten der EU transparent und geschützt vor Korruption erfolgen muss! Das gilt für Ungarn wie für alle anderen Staaten. Es war deshalb richtig, dass die ungarische Regierung in monatelangen Verhandlungen mit der EU-Kommission eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen aufgegriffen und in nationales Recht umgesetzt hat.

Die EU-Kommission hat dies zunächst auch durchaus gewürdigt, wurde aber von der linken Mehrheit im EU-Parlament gedrängt, zusätzliche Forderungen zu stellen. Dass es dabei natürlich ganz wesentlich um politische Richtungsfragen geht, lässt sich einem Zitat des Grünen-Politikers und erklärten Ungarn-Gegners Daniel Freund entnehmen: „Wenn wir nicht mit Ungarn klarkommen, wie wollen wir dann mit Polen oder Italien fertig werden?“

Es steht also leider zu fürchten, dass angebliche Defizite bei der „Rechtsstaatlichkeit“ auch weiterhin in Brüssel politisch instrumentalisiert werden, um gegen eine Politik der nationalen Selbstbestimmung in Europa vorzugehen. Glaubt irgendjemand, dass die EU an ihrem harten Kurs gegen Ungarn festgehalten hätte, wenn bei den Parlamentswahlen am 3. April ein Regierungswechsel erfolgt wäre?

Die EU will Ungarn in die Knie zwingen
Ungarn wird sicherlich alles unternehmen, um die aktuell eingefrorenen 6,3 Milliarden Euro aus den Kohäsionsfonds freizubekommen. Immerhin wurde die ursprünglich vorgesehene Summe von 7,5 Milliarden Euro in den Verhandlungen um 1,2 Milliarden Euro reduziert. Ein wichtiger Erfolg war vor allem, dass die EU den ungarischen Plan zur Verwendung der 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds genehmigt hat. Sonst wären 4 Milliarden Euro zum Jahresende verfallen. Allerdings bleibt auch die Freigabe dieser Mittel einstweilen blockiert.

Die weiteren Verhandlungen über die Freigabe der Ungarn zustehenden Mittel müssen also zeigen, ob noch Brücken zu den Ländern geschlagen werden können, die sich dem Brüsseler Zentralismus und der dortigen Dominanz grün-linker Weltanschauungen verweigern. Ansonsten geht die Europäische Union schweren Zeiten entgegen.

Dr. Gerhard Papke, Landtagsvizepräsident NRW a.D., ist Präsident der Deutsch-Ungarischen Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland e.V.

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Kommentare ( 12 )

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Querdenker73
1 Jahr her

Halten Sie durch, Herr Orban! Sie sehen gerade eindrucksvoll, was in Brüssel passiert! Diese geldgierige, nichtsnutzige Klientel will Ungarn vorschreiben, wie es seine Politik gestalten soll! Machen Sie es sonst wir die Briten!! Kriechen Sie bitter nicht zu Kreuze wie die Deutschen!

Dominik R
1 Jahr her

Die Frage stellt sich, ob 2023 zum bisher größten Krisenjahr überhaupt wird. Die Gefahr besteht. Ungarn soll ausgehungert werden (Katarina Barley) und Italien soll blockeiert werden, damit die Linksgrünen endlich Tabula Rasa machen können. Bestrafe wenige und erziehe viele. Am Ende wird es diese Leute aber selber umhauen. 2024 ist Europa-Wahl, die hoffentlich zum Desaster der neuen Woken und Linksgrünen wird. Die Chancen stehen gut.
Ansonsten, vielen Dank Herr Dr. Papke für die wieder mal klaren und gut verständlichen Worte. Die FDP bleibt leider ein Jammer.

humerd
1 Jahr her
Antworten an  Dominik R

„2024 ist Europa-Wahl, die hoffentlich zum Desaster der neuen Woken und Linksgrünen wird. Die Chancen stehen gut.“
auf die Vergesslichkeit der Wähler und Wählerinnen konnten sich Politiker noch immer verlassen.

bkkopp
1 Jahr her

Leider schon wieder eine nebulöse Vogelsperspektive. Rechtsstaatlichkeit ist ein transparentes, kodifiziertes und ausgewogenes Verfahren zwischen Gesetzgebung, Verwaltung und Justiz. Rechtsstaatlichkeit, die checks-and-balances, behandelt nicht per se die Inhalte, die politische Richtung. Wie ist es auf der Ebene von Europäischem Rat / EuGH möglich, dass die Verfahrensfrage instrumentalisiert wird, um bestimmte Inhalte zu befördern ? Wir haben in früheren Kommentaren erfahren, dass zuerst 18 dann 26 Punkte auf einer Liste standen. Hier erfahren wir, dass einige davon einvernehmlich, und auch im ungarischen Interesse, abgearbeitet wurden. Es wird nie zusammengefaßt welche, und welche noch übrig sein sollen. Dann wird es wieder nebulös.… Mehr

Wolfgang Schuckmann
1 Jahr her

Was bleibt von dem heheren Anspruch, die EU sei der Fels in der Brandung und nehme für sich in Anspruch, ohne ihre Moderation käme in Europa kein Mitgliedsland in der schönen, sonnenumflorten Welt der europäischen Ein(oder Nieder-) tracht an. Das verkappte Unrechtssystem in Brüssel, dessen moralischer Verwesungsgeruch nicht mehr geleugnet werden kann seit die Affäre der Vizepräsidentin des EU- Parlamentes anrüchig geworden ist, schlägt noch heftiger um sich als schon vorher. Nicht die Spur einer Legitimation kann der Verein der Würstchen in Brüssel nachweisen. Die “ EU hat keine demokratische Legitimation und ist kein Staat mit einer Verfassung, die für… Mehr

horrex
1 Jahr her

Dass „angebliche Defizite bei der „Rechtsstaatlichkeit“ auch weiterhin in Brüssel politisch instrumentalisiert werden um“ Unliebsame und Unliebsames „auszuräumen“, das ist die zahme Formulierung dessen was passiert. Nicht nur in Brüssel sondern …  Die weit weniger „fromme“ Formulierung lautet: „Ohne Recht ist Alles ein Nichts.“ Hoffnung gibt mir lediglich, dass die belgische Justiz (Staatsanwaltschaft) – zumindest scheinbar – bis heute weniger „auf Linie gebürstet“ zu sein scheint als wir es in D. schon zur Genüge kennen. –  Hoffen wir weiter! – So z.B. formuliert Vince Ebert – in seinem übrigens äusserst lesenswerten traurig-erheiternden Büchlein – wunderbar aus, dass das so geschätzte… Mehr

EinBuerger
1 Jahr her

Es ist einfach ein Machtkampf. Man kann auch Argumente verwenden. Aber die sind auch nur ein weiteres Kampfmittel in diesem Machtkampf und nicht das entscheidende.
Ungarn muss sich mindestens einen starken Verbündeten suchen. Russland fällt derzeit weg.
Es muss also ein anderer Spieler sein, der Einfluss in Europa sucht, und genügend Geld und Macht hat, um die EU unter Druck zu setzen.

Diogenes
1 Jahr her

Die EU ist durch die dominierenden Linken ein schrecklich negatives Element. Haben wir noch nicht genug Imperialismus an Europas östlicher Grenze?

Orban ist eine Persönlichkeit, die besseres verdient hat, als permanent mit abstrusen Forderungen auf Befehl aus Brüssel SEIN Land so gleichzuschalten, wie es das EU-Zentral-Komitee jede Woche anders und aufs neue wünscht.

Und mit den frechen Anwürfen, er und sein Land sei ja so korrupt, beginnt man zu verstehen, warum der Brexit stattfand und andererseits z.B. Polen sich durch Ukasse aus Brüssel schon seit Jahren nicht drangsalieren läßt. Denen geht das am Rücken vorbei.

Thorsten
1 Jahr her

in einer „ewer closing union“ ist das Alternativlos. Solange Länder wie Ungarn alleine dastehen wird es so weiter gehen.
Der Brexit war kein Zufall, sondern eine politische Grundsatzentscheidung.

EDELSACHSE57
1 Jahr her

Die Entourage von Brüssel ist moralisch verkommen bis ins Mark.
Das furchtbare ist nun passiert.
Der Sumpf an Korruption!
Was für eine Blamage!
Man versucht zwar mit billigen Floskeln abzulenken von sich selbst was nicht gelingen wird.Dafür ist das Ausmaß zu groß.
Ich hoffe es geht so weiter mit den Ermittlungen und es kommt kein Stopp von irgend woher.

Martin Mueller
1 Jahr her

Finanzelle Erpressung, um Ungarn auf den linksgrünen politischen Kurs zu zwingen.

Nur darum geht es!

Man muss aufpassen, dass die EU nicht zu einer Art EUDSSR mit Scheindemokratie mutiert. Die Ansätze sind schon vorhanden.