Spanien will keine Rackete in den eigenen Häfen

Auch wenn die spanische Regierung das nie öffentlich zugeben würde, ähnelt die eigene Praxis auf dem Mittelmeer immer mehr der italienischen.

Europa Press/Europa Press via Getty Images

Pedro Sánchez will das Sprachrohr der europäischen Mittelmeerstaaten werden, das lässt er über seinen außenpolitischen Beraterstab in Briefings mit Journalisten immer wieder mitteilen. Schon allein deswegen muss der spanische Premier sich der italienischen Position in Sachen Einwanderung annähern. Und er muss auch Verständnis für die selber notleidenden Griechen zeigen, die im ersten Halbjahr 2019 gemäß Angaben der UNHCR 21.112 Migranten aufnahmen, mit Abstand mehr als alle andere europäischen Anrainerstaaten. Derzeit kommen vor allem Syrer, Afghanen und Marokkaner. Auf dem kleinen Malta strandeten bis Mitte Juli über 1.000 und in Spanien 14.667 Immigranten. Italien hat dagegen nur 3.186 aufgenommen.

Den Einlauf von „Rettungsbooten” wie das der Deutschen Carola Rackete will eigentlich niemand mehr im Mittelmeer, auch wenn das Länder wie Frankreich oder Spanien nicht öffentlich zugeben würden. In Spanien hat die öffentliche Seerettung seit einigen Monaten den Befehl, nur noch im eigenen Gewässer tätig zu werden. Organisationen wie Open Arms werden durch die Marine abgeschreckt, die erst Ende Juni einem privaten Rettungsschiff mit einer Strafe von 900.000 Euro drohte, wenn sie nicht aus dem Mittelmeer verschwinden.

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Sánchez ist ein cleverer Taktiker und er hat den Zusammenhang zwischen „Fluchtwellen” und „Rettungsschiffen” schnell verstanden. Als er vor einem Jahr Schiffe von Hilfsorganisationen einlaufen lieβ, stieg die Zahl der Immigranten über die Meeresenge von Gibraltar in den Folgemonaten rapide an. Seit jedoch ein anderer Wind weht auf dem spanischen Mittelemeer und Sánchez einsah, dass es auch aus menschenrechtlicher Sicht besser ist, keinen Sogeffekt zu erzeugen, ist die Zahl der Immigranten nach Spanien im ersten Halbjahr dieses Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 30% gesunken. Da die meisten Immigranten aus Marokko, Guinea, Mali, dem Kongo und der Elfenbeinküste kommen, setzt Sánchez alles dran, dass die EU die wirtschaftlichen Verbindungen zu dem Kontinent verstärkt und den Plan Marshall für Afrika endlich umsetzt.

„Verstärkte Wirtschaftsbeziehungen sind der einzige Weg aus dieser Misere auf dem Mittelmeer“, sagt er immer wieder. Seit einem Jahr praktiziert seine Regierung dies intensivst mit dem Nachbarn Marokko, wo inzwischen die Grenzkontrolle besser funktioniert und nach eigenen Angaben auch illegale Immigranten wieder zurückgeschickt werden in ihre Herkunfsländer. Sánchez begrüβt deswegen auch den gerade beschlossenen Freihandelsraum in Afrika. Der nigerianische Präsident Mahamadou Issoufou nannte die Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) das wichtigste Ereignis seit der Gründung der Organisation der Afrikanischen Einheit (AU) im Jahr 1963. Die EU ist Hauptausfuhrmarkt der Afrikaner mit einem Marktanteil von 33%, gefolgt von China mit 15%, Indien mit 7% und den USA mit 6%. „Der Wegfall von Zöllen wird die europäischen Investionen ankurbeln“, glaubt Thomas Schäfer, CEO von Volkswagen in Südafrika. Wie er träumen schon viele Deutsche von neuen Absatzmärkten für Golfs und Mercedes. Die neue Freihandelszone könne den innerafrikanischen Handel bis 2040 um 15 bis 25 Prozent steigern, schätzt Joachim Lang, Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). AfCFTA ist nicht nur aus Einwanderungsgründen für Spanien eine sehr wichtige positive Nachricht, sondern auch aus wirtschaflichen, da das Land einer der wichtigsten Komponentenhersteller für die Automobilindustrie in Europa ist.

Mittelmeer-Problematik nimmt ab

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Bis die Effekte der Freihandelszone wirken, dürfte jedoch noch einige Zeit vergehen. Bis dahin dürfte die Themen Einwanderung, Sicherheit und Integration immer wieder zum Streitthema in der EU werden. Die Zahlen belegen jedoch, dass das Mittelmeer im Vergleich zu 2015 (Grafik ersten 12 Monate) nur noch ein geringfügiges Problem ist. Dramatisch bleiben ohne Zweifel die fast 667 Migranten, die nach Angaben des UNHCR in der ersten Jahreshälfte bis Mitte Juli auf dem Weg nach Europa über das Mittelmeer den Tod fanden. „Sie treiben Menschen wie Carola Rackete auf den Plan und machen immer wieder deutlich, dass der alte Kontinent letzendlich auch nicht besser darsteht als der von den Medien als Rassist beschimpfte amerikanische Präsident Donald Trump in Bezug auf Mexiko“, sagt Javier Rivas, Ökonom und Lehrer an der EAE Business School in Madrid. Seiner Meinung erklärt sich die härtere Haltung der aktuellen spanischen Regierung auch aufgrund der Schwäche am eigenen Arbeitsmarkt, wo immer noch 15% der arbeitsfähigen Bevölkerung keinen Job haben: „Wir bräuchten ja eigentlich junge Immigranten für unser marodes Sozialversicherungssystem, weil unsere Geburtenrate so niedrig ist, aber wir haben anders als Deutschland keine Arbeit für sie.“

Quelle: UNHCR

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Kommentare ( 54 )

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Andreas aus E.
4 Jahre her

Die drei „goldenen A“ gelingender Migrationspolitik sind konsequente – Abschottung, – Ablehnung, – Abschiebung. Damit würde ein ganzer Strauß schwerwiegender Probleme erledigt: – Falsche Anreize zur Wanderung fielen weg. Keine risikoreiche Reise, keine sinnlose Verschuldung potentieller Migranten und ihrer Sippen. – Kein Kulturschock, bei Migranten wie auch bei Eingesessenen. Daheim kennt man sich aus. – Die vielbemühten „Fachkräfte“ bleiben in der Heimat, wo sie zur Veresserung der Lage beitragen können. Migration ist moderne Form der Sklavenverschiffung. – Rückgang der gefühlten wie der tatsächlichen Kriminalität. Mir kann niemand erzählen (auch keine Beton-Grüne mit „Refugee-Welcome-Sticker“), bei spätabendlicher Begenung mit gewissen „Gruppen“ kein… Mehr

Albert Pflueger
4 Jahre her

Eine Verbesserung der Lebensbedingungen in den angesprochenen Ländern wird mehr, nicht weniger Migrationswillige zur Folge haben. Es ist die Fruchtbarkeitsrate, die den Auswanderungswunsch hervorbringt. Bessere finanzielle Ausstattung der Entsendefamilien ermöglicht auch mehr überzähligen Söhnen die Auswanderung. Deren Fähigkeiten treffen hier durchaus auf Nachfrage. Sie sind entweder durchsetzungsfähig, gewaltbereit, oder fleißig und zu jeder Arbeit bereit, je nach Herkunft. Entweder rauben und stehlen sie, verkaufen Drogen etc, oder sie putzen Häuser, fahren Pakete aus, übernehmen unqualifizierte Arbeit. Die Bösen brauchen wir nicht, und die Guten? Was die können, könnte so mancher, der hier in der sozialen Hängematte liegt, auch. Das dient… Mehr

Peter Ge.
4 Jahre her

Die Rackete sollte man auf den Mond schießen.

Felix-Schmidt
4 Jahre her

Auch wenn jetzt weniger kommen, geht die Ausplünderung des Sozialsystems in Deutschland immer schneller voran.
Die kommende Wirtschaftskrise wird die Situation noch einmal dramatisch verschärfen und dann gibt es 2020 ja auch endlich die ersehnte CO2 Steuer, die alle Bundesbürger zum Beifall klatschen animieren wird.

Deutschland wird massiv an Wohlstand verlieren und dann bin ich auf das Heulen und Zähneklappern gespannt, sowie auf die Präsentation der Schuldigen (Putin, AfD sind schon gesetzt).

pcn
4 Jahre her
Antworten an  Felix-Schmidt

Ich persönlich halte einen Großteil der deutschen Bevölkerung für nicht demokratiefähig, weil des Wohlstabds wohl überdrüssig. Dieser Wohlstand hat wohl zur Dekadenz geführt, die mindestens politischer Natur ist, und den typisch Deutschen in diese sehr schlimme Zukunft bringen wird. Merkel hat diesen Staat so runtergewirtschaftet, dass aller Fleiß und Segen des bisherigen Wohlstandes dahinschmilzt wie Eis in der Sonne. Diese Entwicklung wird nicht aufzuhalten sein, wenn die Altparteien weiter regieren werden. Und danach sieht es ja wohl aus.

Horst
4 Jahre her
Antworten an  Felix-Schmidt

Ich teile diese Sicht und habe das kürzlich im Kollegenkreis in der Kantine genau so kurz und prägnant vorgetragen, wie Sie es geschrieben haben (dabei nur die AfD weggelassen): Ich dachte, ich wäre auf einer Kuhweide: Mich guckten mehrere Augenpaare ausdruckslos an, alle kauten ihren Mittagsmampf, bis endlich einer was sagte: Er habe viele Schnäppchen beim großen Amazonverkauf gemacht…

Faktencheck
4 Jahre her

Korrektur: Es soll in der Überschrift natürlich „vor Lampedusa“ heißen.

Ergänzung: Die „Echo 1 Open Arms“ kann ein Beiboot der „Open Arms“ sein. Die AIS-Signale vor Lampedusa wurden alle vor der Abfahrt der „Open Arms“ in Richtung Libyen gesendet. Die „Echo 1 Open Arms“ kann Lampedusa also gemeinsam mit der „Open Arms“ verlassen haben.

Hinweis: Ich kann keine Meldung zum Aufenthalt der „Open Arms“ vor Lampedusa finden, weder in der Presse, noch bei facebook, Twitter und Co..

Faktencheck
4 Jahre her

Korrektur: Es soll in der Überschrift natürlich „vor Lampedusa“ heißen.

Ergänzung: Die „Echo 1 Open Arms“ kann ein Beiboot der „Open Arms“ sein. Die AIS-Signale vor Lampedusa wurden alle vor der Abfahrt der „Open Arms“ in Richtung Libyen gesendet. Die „Echo 1 Open Arms“ kann Lampedusa also gemeinsam mit der „Open Arms“ verlassen haben.

Hinweis: Ich kann keine Meldung zum Aufenthalt der „Open Arms“ vor Lampedusa finden, weder in der Presse, noch bei facebook, Twitter und Co..

Faktencheck
4 Jahre her

Kurzurlaub vo Lampedusa? Während alle Blicke auf Carola Rackete gerichtet sind, hat die „Open Arms“, nachdem sie 60 Stunden direkt vor der Küste Lampedusa dümpelte, gestern um 20:45 UTC wieder Kurs auf die SAR-Zone vor der libyschen Küste gesetzt. Was aber hat die „Open Arms“ dort in dieser Zeit gemacht? Sie war laut AIS während dieser 60 Stunden zu keinem Zeitpunkt weiter als 0,5 sm von einer kleinen Bucht zwischen Punta Platto und Punta Sottile entfernt. Haben die italienischen Behörden der „Open Arms“, anders als der „Sea-Watch 3“, die Einfahrt in italienische Hoheitsgewässer erlaubt? Was tut die „Echo 1 Open… Mehr

manfred_h
4 Jahre her

Zitat: „Marshallplan? Die Weltgemeinschaft hat in den letzten 50-60 Jahren Billionen an Entwicklungshilfe an afrikanische Staaten gezahlt “

> So ist es! WORÜBER aber die „Welt“ – und schon gar nicht unsere llPolitiker und die Lücken-Medien NICHT+NIE sprechen

bfwied
4 Jahre her

Sie haben recht – nicht so ganz, es gibt wenigstens Ansätze, die allerdings in Wirklichkeit nicht weiterentwickelt werden. Auch in Ruanda rumort es wieder wegen der gewaltigen Bevölkerungszunahme, die auch die Militärs nicht in Griff bekommen. Sie halten die Bevölkerung nur noch im eisernen Griff. Ansonsten, auch meine Einschätzung, die dadurch zustande kommt, dass ich dort schon gearbeitet habe, Afrika kann sich nicht so entwickeln wie es die Asiaten konnten. Die Unterschiede, die zu nennen heute mit Gewalt, durch Androhung von sehr harten Strafen, unterdrückt und als „Volksverhetzung“ und „Hassreden“ gebrandmarkt werden, sind schlicht vorhanden. Das Gute ist, dass sich… Mehr

manfred_h
4 Jahre her

GUT & RICHTIG SO! Lt ntv will es nun Italien’s Salvini den Spaniern nachmachen und die Strafen für NGO Schiffe die unerlaubt ital Gewässer u Häfen anlaufen auf 1.000.000 € erhohen. Außerdem soll dann die NGO Schiffe nicht mehr nur beschlagnahmt SONDERN eingezogen werden. Weiterhin muß Rackete heute gzr Abhorung erscheiben. Ubd weil der Staatsanealt gegen ihre Haftentlassung Widerspruch eingelegt hat, besteht die Moglichkeit das Rackete auch in Haft genommen werden kann der erst einmal bis zum Herbst Gültigkeit haben soll 2.) Da heute auch eumin Innenminister-Treffen statt findet, hat sich auch Drehhofer zu!der Rettung von „Flüchtl“ aus dem Meer… Mehr

manfred_h
4 Jahre her
Antworten an  manfred_h

Jo, ich weiß, sorry!

Ich versuche u. bemühe mich zumeist auch Ihre Vorschläge umzusetzen. Doch spez. in diesem Fall saß ich im Buss, mußte zwei Stationen später aussteigen und hatte meine Brille nicht mit. Hibtz komnen dann natürlich auch die kleinen Tasten aufm Handy.
Natürl hätte ich mit den Verserden warten können und dies dann ib dieaem Fall etwa zwei Stunden später erledigen -wollte ich aber nicht.

Wie gesagt, ich bin grundsätzlich immer bemüht…..