Spanien: Lockdown für verfassungswidrig erklärt

Der erste Lockdown von Frühjahr 2020 wurde nun für verfassungswidrig erklärt. Grund ist der fehlende Parlamentsbeschluss für einen Ausnahmezustand. Das könnte teure Klagen für den Staat zur Folge haben.

IMAGO / Pacific Press Agency

Von März bis Mai 2020 dauerte der harte, erste Lockdown in Spanien, der u.a. eine Ausgangssperre vorsah. Grundlage dafür war ein von der Zentralregierung in Madrid ausgerufener Notstand. Die Spanier durften dann nur noch aus triftigen Gründen das Haus verlassen. Sport in der Öffentlichkeit war verboten, auch Kinder durften das Haus kaum verlassen. Dieser Lockdown wurde nun vom spanischen Verfassungsgericht nachträglich für verfassungswidrig erklärt.

Helds Ausblick 3-2021
Die Dekonstruktion des Grundgesetzes
Sechs der elf Richter und damit eine knappe Mehrheit – so geht es aus einem Statement des Gerichts hervor – sehen für die damals verhängten Maßnahmen keine rechtliche Grundlage. Der Alarmzustand, der in Spanien von der Regierung ohne Parlamentsbeschluss ausgerufen werden kann, reiche nicht als Grundlage für die massiven Freiheitseinschränkungen aus, so das Gericht.

Für solche Grundrechtseinschränkungen bedürfe es die Verhängung eines Ausnahmezustandes, dem allerdings das Parlament zustimmen müsste, so die Richter. Da es einen solchen zu keinem Zeitpunkt gab, sind alle Maßnahmen verfassungswidrig.

Das Urteil könnte für Teile der spanischen Bevölkerung positive Folgen haben. Denn wer sich damals nicht an die Corona-Maßnahmen hielt, musste ein Bußgeld für den Verstoß zahlen. Rund eine Million Bußgeldbescheide soll die Polizei in diesen Monaten verteilt haben. Nach dem Urteil des spanischen Verfassungsgerichtes könnten die Bürger womöglich ihre Strafzahlungen zurückfordern.

Das Urteil ist die Reaktion auf eine Klage der spanischen Partei „Vox“.

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Kommentare ( 15 )

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Juergen P. Schneider
2 Jahre her

„Es gibt kaum etwas Dümmeres und Gefährlicheres, als wichtige Entscheidungen in die Hände von Leuten zu legen, die keinen Preis dafür bezahlen müssen, wenn sie sich geirrt haben.“ Thomas Sowell (amerikanischer Ökonom)

Mausi
2 Jahre her

Was soll’s. Nächstes Mal wird es „besser“ gemacht; die Regeln eingehalten. Und Schadenersatz? Vom spanischen „Staat“? Zahlt der Bürger in Spanien und in der EU.

Viel mutiger fand ich das polnische Urtei, mit dem entschieden wurde, dass das EU Gericht nicht über die polnische Verfassung urteilen kann. Davor ziehe ich den Hut.

Last edited 2 Jahre her by Mausi
Sonny
2 Jahre her

Das Urteil des Verfassungsgerichts in Madrid begründet sich also nur auf einem Formfehler und ist praktisch als Anleitung für Staatsregierungen zu verstehen, wie man Autokratie wirksam und straffrei durchsetzen kann.
Finde einen Anlass, einen Notstand auszurufen und du hast praktisch freie Hand für jede Sauerei.
Na bravo.

GG-Sympathisant
2 Jahre her

Und bei uns tafelt „die Kanzlerin“ mit ihren Auftragnehmern vom Bundesverfassungsgericht und ist das Grundgesetz und dessen Befürworter zum Prüffall geworden. … Stört aber die Wenigsten.

Wolfram_von_Wolkenkuckucksheim
2 Jahre her

So ein Lockdown hat auch die Rechte der LBGTQ+ eingeschränkt. Der Europäische Gerichtshof muss doch da was machen.

StefanB
2 Jahre her

So ein Urteil kann es in Schland nicht geben: Weder haben wir eine echte Verfassung, noch urteilt das Bundesverfassungsgericht mehr im Sinne des Grundgesetzes.

DW
2 Jahre her

Hat die spanische Regierung das Verfassungsgericht noch nicht auf Linie gebracht?
Die könnten ja mal bei Merkel fragen, wie sowas geht.

Der nachdenkliche Paul
2 Jahre her

So ein ähnliches Urteil wünschte ich mir auch vom Bundesverfassungsgericht, wobei mir klar ist, dass so etwas nie eintreten wird.

Britsch
2 Jahre her

Da muß jetz Merkel aber unbedingt sofort intervenieren, oder ein „Machtwort“ sprechen
so etwas geht ja gar nicht, kann man unmöglich durchgehen lassen.
Odre hat sie die EU Uschi schon beauftragt?

Freedomofspeech
2 Jahre her

Es gibt noch Richter in Madrid!