Reconquista in Frankreich?

Nach dem Mord an einem Lehrer erheben sich die Franzosen gegen den radikalen Islam. Präsident Macron muss jetzt liefern.

imago Images/Hans Lucas

Die Welle aus Empörung, Angst und Wut ist gewaltig. Alles, was Rang und Namen hat, meldet sich zu Wort. Bemerkenswert: Auch der frühere Generalstabschef Pierre de Villiers erhebt seine Stimme. Er gilt für viele als heimliche Hoffnung in der Krise. Der Mord am Geschichtslehrer Samuel Paty, der seinen Schülern Gewissens- und Gedankenfreiheit beibringen wollte, wirkt wie ein kollektives Erwachen. Die Demos am Sonntag in zahlreichen Städten mit ihren Plakaten gaben es kund: „Frei zu glauben oder auch nicht zu glauben“, „Weder Hass noch Angst das ist unser Sieg“, „Lehren ja, dafür bluten nein“. Und dazu die Marseillaise, immer wieder der Marschgesang des Rouget de Lisle, den eine Kompanie Revolutionäre aus Marseille beim Einzug in Paris 1792 schmetterte. Manchen wird beim Singen auf dem Platz der Republik aufgefallen sein, wie sehr diese martialische Hymne zu Ereignis und Stimmung passte: „Zu den Waffen, ihr Bürger, das blutige Banner der Tyrannei ist gegen uns erhoben. Hört ihr auf den Feldern die Soldaten des Schreckens brüllen? Sie kommen, um Euren Söhnen und Frauen die Kehlen durchzuschneiden.“

Macron ist zum Handeln gezwungen

Das ist kein Chor der Machtlosen, ihre Stimmen zwingen den Herrn im Elysee-Palast zum Handeln. „Dort geht mein Volk, ich muss ihm hinterher, ich bin sein Führer“, pflegte Talleyrand zu sagen, der dem Volk in Zeiten von Revolution und Restauration diente. Es ist jetzt zur Devise Macrons geworden. Das Volk hat die Nase voll von seinen theatralischen Auftritten, von Worten ohne Taten, von rhetorischen Feuerwerken, die wie Sternschnuppen verpuffen. Seit Jahrzehnten gewinnt der radikale Islam wortwörtlich an Boden, besetzt er eine Banlieue nach der anderen, hier ein Dorf, da eine Stadt, dort eine NGO. 150 eroberte Gebiete zählen die Sicherheitsdienste. Millionen Franzosen leben unter dem Diktat der Radikalen und der Präsident redet von Separatisten und Spaltern der Republik. Nichts da. Sie wollen nicht spalten, sie wollen alles.

Wiedergelesen, alte und neue Antworten
Das Ende der aufgeklärten Gesellschaft – nicht nur in der islamischen Welt
Innenminister Darmanin hat die revolutionäre Lage erkannt. In einem Erlass an die Präfekten fordert er: „Abschieben, ausweisen, was abschiebbar ist“. Er nennt Vereine und Moscheen, die verboten und geschlossen werden sollen. Gegen 51 laufen Verfahren. Eine Liste erfasst hunderte radikale Imame und Gefährder. Gegen sie wird jetzt ermittelt. Ebenso gegen Internet-Nutzer, die den Mord im Netz verherrlichten. Ist das der Beginn der Reconquista, der Rückeroberung der besetzten Gebiete? Es wird nicht reichen. Die rechtskonservativen Republikaner wollen mehr Kontrolle und Auslese bei der Einwanderung sowie mehr Möglichkeiten der Ausweisung, ihre Gesetzentwürfe dafür liegen seit langem auf dem Tisch. Die rechtsnationale Bewegung Le Pens will einen Immigrationsstopp und „Kriegsgesetze“, mehr Polizei und Sondergefängnisse. Intellektuelle wie Eric Zemour fordern ein Ende der Verharmlosung des Islam und weniger Heuchelei.

Islamische Verbände haben Zeichen der Zeit erkannt

Auch die islamischen Verbände haben die Zeichen der Zeit erkannt. Der Präsident des Verbands der Imame Frankreichs bittet die Familie des Mordopfers um Vergebung und unterstützt die Maßnahmen der Regierung. Gleichzeitig bittet er angesichts von Morddrohungen im Netz: „Schützt uns, schützt die Muslime Frankreichs!“ Er wird dafür bei Grünen und Linken Verständnis finden, die auch jetzt wieder vor einer Vermengung von Islam und Islamismus warnen. Aber der Islam ist wegen seiner Ambivalenz und seines totalitären Kerns eine gefährliche Religion. Das spüren immer mehr Franzosen. Noch weiß niemand, ob die Wende im Bewusstsein zu einer Reconquista oder zu einer Revolution führt. Eins ist sicher: Eine Unterwerfung wird es nicht geben. Macron aber ist ein Technokrat der Globalisierung, er hat kein Verhältnis zur Religion, er lebt im Geist der Freimaurerei. Wenn er diese Wende im Bewusstsein der Franzosen nicht versteht, ist seine Wiederwahl gefährdet.


Dieser Beitrag von Jürgen Liminski erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken dem Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.

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Kommentare ( 102 )

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RenaC.
3 Jahre her

Bei uns heißt die Devise ‚je nach Erfordernis nachgeben‘, ‚deeskalieren‘, ‚anpassen‘, ‚aufgeben‘, Stück für Stück …Na läuft doch, sagen sich die Eroberer, und damit die artig Deeskalierenden nicht nachlassen, hin und wieder ein kleiner Schock – dann fragen wir uns nämlich erschrocken, was wir falsch gemacht haben könnten … So geht Eroberung ohne Krieg. Aber nur bei uns. Insgeheim warten wir natürlich auf das Erfolgsrezept der Franzosen…

schwarzseher
3 Jahre her

In ein paar Wochen haben die Politiker alle ihre Versprechen vergessen, die Wähler auch und der ungebremste Zustrom von Islamisten wird weitergehen. Eine Reconquista war seinerzeit nur mit überzeugten Kämpfernaturen möglich. Ein Europa aus Genderschwachsinnigen, Sprachverhunzern, Selbsterniedrigern, Wirtschaftsstrangulieren, unterwürfigen Politikern, hüpfenden Weltretterkindern etc. bietet sich geradezu für eine Conquista durch den Islam an.

Ralf Poehling
3 Jahre her

Zitat:“Eins ist sicher: Eine Unterwerfung wird es nicht geben. Macron aber ist ein Technokrat der Globalisierung, er hat kein Verhältnis zur Religion, er lebt im Geist der Freimaurerei. Wenn er diese Wende im Bewusstsein der Franzosen nicht versteht, ist seine Wiederwahl gefährdet“ Eins muss man den Freimaurern lassen: Sie haben das Problem offensichtlich verstanden und unternehmen etwas. Was man vom Durchschnittspolitiker nicht unbedingt behaupten kann. Das europäische „Reconquista“ und das amerikanische „Take our Country back“ atmen den selben Geist. Und genau dieser Geist, wird die westliche Welt vor ihrem Untergang bewahren. Durchziehen ist angesagt. Bis wir wieder Herr über unsere… Mehr

Hannibal ante portas
3 Jahre her

Ja, das ist zweifelsfrei die logische Konsequenz.

Schwabenwilli
3 Jahre her

„Reconquista in Frankreich?“

Reconquista in Frankreich!!!

Berlindiesel
3 Jahre her

Der Beitrag ist ursprünglich für ein Medium geschrieben worden, das sich sicher nicht als „konservativ“ verortet und das demzufolge keine grundsätzliche Kritik am bestehenden System üben will. Dementsprechend ist dieser Meinungsbeitrag so hilflos und im Grunde überflüssig wie große Teile der aktuellen erregten Debatte – neue Erkenntnisse gibt es nicht, außer der, dass die schwach gewordenen autochthonen Gesellscjhaften der westeuropäischen Staaten sich nicht nur mit dem Islam arrangieren wollen, sondern ihn als bestimmungssetzende Entität inmitten ihrer Gesellschaft akzeptiert haben und er nun nicht mehr weggeht. Selbst vor Sedan 1941 haben die Franzosen mehr Widerstand geleistet, und schon da hieß es,… Mehr

Hannibal ante portas
3 Jahre her

Reconquista ist ein großes Wort und gleichzeitig ein Eingeständnis, dass man schon fremdbestimmt ist.

Peter Mueller
3 Jahre her

„Revolutionäre Lage?“ Die entsteht erst, wenn das Volk nicht mehr will UND die Herrschenden nicht mehr können. Einfach mal bei Lenin nachlesen – der hat das schließlich professionell betrieben. Davon ist Frankreich meilenweit entfernt. Für eine revolutionäre Situation reicht es nicht, wenn nur eine der beiden Bedingungen eintritt. An der „Bestandserhaltungsmigration“ (Zitat UN 2001) i.V.m. Plünderung des Sozialstaates wird einfach zu viel verdient, als daß die transnationalen Großkonzerne sie einfach so aufgeben würden. Dieses Geschäft wird man sich nicht von der aufmüpfigen Bevölkerung vermasseln lassen. Die „vielen Verwerfungen“ werden von den Profiteuren billigend in Kauf genommen. Sie leben schließlich weder… Mehr

Last edited 3 Jahre her by Peter Mueller
Schonclode
3 Jahre her

Da werden sie wohl mit dem Militär in die Banlieue (wörtlich „Bannmeile“) bei Ausweisungen einrücken müssen. Ob der Marcron das bringt, ist mehr als fraglich. Alles läuft auf Madame Le Pen hinaus. Der politische Gegenpol von Merkels Regime. Auch das wird noch Deutschland bevorstehen. Nein, nicht Le Pen. Gemeint sind die Terrorakte, die mit islamisch- türkischer staatlicher Begleitmusik gewürzt wurde. Erdowahn z. B., halt ganz klar öffentlich die deutsche Polizei als „rassistisch“ hingestellt. Und befindet sich damit fast auf einer Linie mit SPD Scholz. Also, ich habe von unseren politischen Fachpersonal noch nichts gehört, dass sie sich gegen diese Ungeheuerlichkeiten… Mehr

taliscas
3 Jahre her

Wann? Wann in Deutschland?
Nie! Nie.