Putin ernennt neuen Oberbefehlshaber – und will über 20.000 Reservisten in den Krieg schicken

Aufgrund hoher Verluste und wenig Fortschritten im Krieg gegen die Ukraine ändert Moskau seine Militärstrategie. Für die Offensive im Donbass forciert Putin seine Reserven. Im Pentagon fürchtet man harte Kämpfe: „Das könnte sehr blutig und sehr hässlich werden“.

IMAGO / ITAR-TASS
Aufgrund hoher Verluste und geringem Fortschritt im Krieg gegen die Ukraine ändert Moskau seine Militärstrategie. Die russischen Streitkräfte bemühen sich nach Ansicht des US-Verteidigungsministeriums, ihre Einheiten nach erheblichen Verlusten im Norden der Ukraine mit neuem Material und Soldaten wieder aufzustocken. Es gebe auch Berichte, wonach die Einheiten, die nun im Osten der Ukraine eingesetzt werden sollten, durch das Mobilisieren von Reservisten verstärkt werden könnten, sagte Pentagon-Sprecher Kirby. Das amerikanische Verteidigungsministerium spricht von 20.000 Mann, die an die Front geschickt werden sollen. Russland hat bereits Tausende zusätzliche Soldaten nahe der Grenze zur ukrainischen Stadt Charkiw zusammengezogen. Die Zahl der taktischen Bataillone in der Nähe der Stadt sei von 30 auf inzwischen 40 angestiegen. Im Pentagon geht man davon aus, dass Putin „mehr als 60.000 Soldaten“ mobilisieren lässt.

Die Reorganisation des Angriffes geht bis an die Spitze: Die BBC zitiert einen ranghohen westlichen Beamten, der bestätigt, dass Putin einen neuen Oberbefehlshaber für die Invasionsarmee ernannt hat. General Alexander Dvornikow, bisher Kommandant des südlichen Militärbezirks Russlands, sei das Kommando über die Operation übertragen worden. Dvornikow ist ein Veteran des russischen Syrien-Einsatzes und verfügt so über wertvolle Erfahrung – Erfahrung, die den schwer vorwärts kommenden russischen Streitkräften zugute kommen könnte. Mit dem neuen Befehlshaber wolle der russische Präsident Wladimir Putin versuchen, die verschiedenen Einheiten besser zu koordinieren, da die Truppen zuvor getrennt organisiert und befehligt worden waren, so der Beamte. Für seinen Einsatz im Syrien-Krieg wurde Dwornikow 2016 von Putin mit dem Heldenstatus ausgezeichnet. Offiziell wurde der Kommandowechsel von russischer Seite zunächst nicht bestätigt.

Das Ziel Moskaus: Dem Vormarsch im Donbass neues Leben einhauchen. Die „Befreiung“ der ostukrainischen Region war von Anfang an eines der zentralen Ziele von Putins sogenannter „Spezialoperation“. Außerdem ist er das bedeutendste Industriegebiet der Ukraine. Das viertgrößte Kohlefeld Europas mit schätzungsweise Reserven von über 10 Milliarden Tonnen befindet sich dort. Die starken ukrainischen Kräfte von rund 30.000 Mann sollen in einer Zangenbewegung geschlagen und die Region gesichert werden – davon geht auch die Nato aus. Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärt, Russland plane den gesamten Donbass zu erobern und sich einen Korridor zur besetzten Krim zu erkämpfen. Er sprach von „einer entscheidenden Phase des Krieges“. „Wir sehen jetzt eine erhebliche Truppenbewegung weg von Kiew, um sich neu zu formieren, neu zu bewaffnen und neu zu versorgen. Und sie verlagern ihren Schwerpunkt in den Osten. In den kommenden Wochen erwarten wir einen weiteren russischen Vorstoß in der Ost- und Südukraine, um zu versuchen, den gesamten Donbass einzunehmen und eine Landbrücke zur besetzten Krim zu schaffen“, sagte Stoltenberg vor dem Treffen der Nato-Außenminister am Dienstag in Brüssel. Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, berichtet von einem verstärkten russischen Beschuss der ostukrainischen Region. „Sie bündeln Kräfte für eine Offensive, und wir sehen, dass die Zahl der Granateneinschläge zugenommen hat.“

Das Ziel könnte sein, bis zum 9. Mai zumindest einen Teilerfolg verbuchen zu können. Der 9. Mai wird in Russland als Tag des Sieges über NS-Deutschland als Nationalfeiertag begangen. Nach dem Scheitern des Dreifrontenkrieges gegen die Ukraine könne die Truppenmassierung im Osten eine neue Phase des Krieges einleiten. Im Pentagon fürchtet man harte Kämpfe: „Das könnte sehr blutig und sehr hässlich werden“, so Sprecher Kirby. Der frühere US-Militärberater Douglas Macgregor  argumentiert, dass anders als in Afghanistan die unmittelbare Nachbarschaft der Ukraine dazu führe, dass „Putin einfach nicht verlieren kann – das wäre so, als ob die USA in Mexiko Krieg führen und verlieren würde“. Nach einer Niederlage wären feindliche Kräfte einfach zu nahe an Russlands Ressourcen.  US-Präsident Joe Biden habe versäumt, diesen Konflikt rechtzeitig zu beenden und lasse jetzt eine Ukraine einen Krieg führen, den sie nicht gewinnen könne.

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Kommentare ( 78 )

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Peter Silie
2 Jahre her

Das schlimmste, was uns passieren kann, wäre ein zerfallendes, instabiles Russland. 6000 atomare Sprengköpfe in der Hand von Kriminellen, Kriegsfürsten, Dieben, Weltrettern, Sekten. Dann wäre es nur noch eine Frage der Zeit bis: „Sag mir dein letztes Angebot, sonst Berlin buuum“.

Anne
2 Jahre her

„… nun treffen da zwei slawische Sturköpfe aufeinander.“
Es geht um mehr als um das Aufeinandertreffen von slawischen Sturköpfen.
Zu empfehlen ist hierzu der sehr erhellende Beitrag „Ist Putin wirklich ein Kriegsverbrecher?“ von Generalmajor Gerd Schultze-Rhonhof. Einfach den Titel in die Suchmaschine eingeben. Der Beitrag wurde mehrfach veröffentlicht.

Rosalinde
2 Jahre her

Die gesamte militärische Planung Moskaus scheint mir kopflos zu sein.
Da stehen ungefähr 200.000 russische reguläre Soldaten gegen Millionen von ukrainischen Wehrpflichtigen. Solange Russland nicht bereit ist mit mehr Soldaten und Material da rein zu gehen, solange wird Kiew nicht für Verhandlungen zu haben sein und die Natostaaten auch nicht.

Weiss
2 Jahre her
Antworten an  Rosalinde

Die russische Seite ist im Moment eigentlich ganz zuversichtlich, dass sie die ukrainischen Verbände im Donbass schlagen kann. Das wird hier aktuell näher erklärt: Sitrep: Operation Z | The Vineyard of the Saker Wundert mich, dass solche wichtigen Infos der russischen Seite von BRD-Medien ignoriert werden ? Der Ex US-Marine Scott Ritter erklärt hier, dass die russische Armee den Krieg gewinnen würde. Er rechnet auch mit einem Angriff Chinas auf Taiwan im Herbst 2022: The first casualty of War is Truth (Live w/Scott Ritter) – YouTube Quelle: The first casualty of War is Truth (Live w/Scott Ritter) – The Duran… Mehr

tomo
2 Jahre her
Antworten an  Weiss

Gut, wenn „die russische Seite ganz zufrieden ist“. Den Krieg militärisch können sie gewinnen, den Krieg haben sie aber schon längst verloren. Unwissende Soldaten, die getötet werden und weinende Mütter, die sind das Bild welches der Krieg hinterlässt. Das weiss natürlich kein „Stratege“, aber die Geschichte aller Kriege beweist es.
Das ist der Unterschied zu Vermutungen, denn das nennt man einen Fakt.

margit-kaestner
2 Jahre her
Antworten an  Weiss

Nun die 2 jährige Konditionierung nach Pawlow hinterlässt halt Spuren . Gegenargumente werden ignoriert . Lese morgens die Tass mit Übersetzungsprogramm und mittags die Überschriften der Welt . Abends den Saker und des weiteren uncut -news. Bin im Bilde und denke selbst .

Klaus D
2 Jahre her

WIR sollten endlich waffen liefern – viele und schwere waffen!

Last edited 2 Jahre her by Klaus D
Flavius Rex
2 Jahre her

Dieser Krieg hat wenig mit Demokratie und Freiheitsrechten der Menschen in der Ukraine zu tun, dafür aber umso mehr mit den Zwischenwahlen in den USA im November und vielleicht auch mit den Zahlungen ukrainischer Firmen an Mitglieder der Familie Biden. Leider fahren westliche Regierungen und Medien wieder einmal eine massive Desinformationskampagne um die Hintergründe zu verschleiern. Da wird NICHTS zu den Minsker Verträgen erklärt (die die Ukraine ignoriert hat), NICHTS zu den Geldern der Bidens aus der Ukraine, NICHTS zur fehlenden Rechtsgrundlage der willkürlich verhängten Sanktionen. Dieser Krieg ist die Kulmination westlicher Korruption und russischen Unvermögens. Putin ist letztlich nur… Mehr

Thorsten
2 Jahre her
Antworten an  Flavius Rex

Es geht um Nordstream 2:

  1. Russland sollen die Einnahmen verwehrt bleiben und
  2. die USA-hörigen Staaten Polen und Ukraine sollen weiter Transitgebühren scheffeln dürfen.
  3. Wobei die Ukraine auch Gas „abzweigt“. Vulgo: klaut.
Flavius Rex
2 Jahre her

In 80% der Ukraine gibt es seit dem Abzug der russischen Truppen aus dem Norden keine Kampfhandlungen. Im Westen des Landes werden wieder die berühmten Kabelbäume gefertigt und geliefert. Odessa, als Hauptverladehafen für Getreide ist auch relativ ruhig. Im übrigen kaufen deutsche Müller gar keinen Weizen in der Ukraine. Als Reaktion auf diese signifikante Deeskalation der Russen hat der „Westen“ neue Sanktionen erlassen, redet viel über ein Totalembargo und liefert immer mehr Angriffswaffen ins Kriegsgebiet. Erkennt man ein Muster? Die staatlich geschürte Corona-Hysterie? Scheitert der Euro, dann scheitert Europa Sprüche? Meine Meinung: unsere Politiker und deren Komplizen in den Medien… Mehr

Thorsten
2 Jahre her
Antworten an  Flavius Rex

Getreide ist ein globaler Markt: sobald Angebot fehlt, steigen die Preise. versuchen Sie mal Mehl zu kaufen. Oder fragen Ihre Frau dazu …

Thomas
2 Jahre her

Jeder der noch bei Trost ist in Europa muss verhindern, daß die Situation in den kinetischen Dritten Weltkrieg (wirtschaftlich ist er schon da) eskaliert. Die Schäden, die bereits jetzt angerichtet sind, sind von historischem Ausmass. Deutschland hat wirtschaftlich bereits Harakiri vollzogen. Was übrig bleibt wird total abhängig von den USA sein.
Reicht das nicht?

RobertF
2 Jahre her

Grundsätzlich verurteile ich jeden völkerrechtswidrigen Angriffskrieg. Daher verurteile ich auch den seit 24. Februar 2022 stattfindenden Überfall von Putin auf die Ukraine. Dieser ist durch nichts zu rechtfertigen, weder durch die Situation auf der Krim, noch die NATO-Osterweiterung und auch nicht durch den innerukrainischen Bürgerkrieg seit 2014 zwischen Kiew und Donezk-Luhansk. Allen Putinfans hier sei dies mal in aller Deutlichkeit gesagt! Auch das Argument der völkerrechtswidrigen US-Kriege kann man nicht als Rechtfertigung gelten lassen. Ein Unrecht legitimiert nicht ein anderes. Der Irakkrieg unter G.W. Bush zum Beispiel war ebenfalls ein völkerrechtswidriger Angriffskrieg und wurde von mir schon damals mit der… Mehr

Last edited 2 Jahre her by RobertF
Werner Pfetzing
2 Jahre her
Antworten an  RobertF

Einen Unterschied gibt es schon ! George W. Bush wollte im Irak in naiver Selbstüberschätzung eine Demokratie nach westlichen Muster einführen. Die Kurden, die am schlimmsten unter Saddam Hussein gelitten haben, begrüssten die amerikanische Invasion !
Putin wiederum -wie in Tschetschenien vorexerziert- führt einen brutalen Unterwerfungskrieg gegen die Ukraine, mit dem Ziel, dieses Land zu einem Vasallenstaat von Moskaus Gnaden zu machen.

Ralf Poehling
2 Jahre her

Zitat:“Der frühere US-Militärberater Douglas Macgregor  argumentiert, dass anders als in Afghanistan die unmittelbare Nachbarschaft der Ukraine dazu führe, dass „Putin einfach nicht verlieren kann – das wäre so, als ob die USA in Mexiko Krieg führen und verlieren würde“. Nach einer Niederlage wären feindliche Kräfte einfach zu nahe an Russlands Ressourcen. US-Präsident Joe Biden habe versäumt, diesen Konflikt rechtzeitig zu beenden und lasse jetzt eine Ukraine einen Krieg führen, den sie nicht gewinnen könne.“ Sehr gute Einschätzung. Die Eskalation nimmt jetzt ihren Lauf. Hätte man verhindern können. Genau genommen hatte Trump sie bereits verhindert. Biden hat sie hingegen ausgelöst. Da sollten die… Mehr

Sinnesfeuer
2 Jahre her
Antworten an  Ralf Poehling

Das Problem ist, NIEMAND scheint den Frieden zu wollen, man schiebt immer weiter Waffen nach, die alles nur verlängern ! Die Amis wissen es, die Europäer vermutlich auch, denn deren Thinktank sprechen eine klare Sprache, wenn Putin wollen würde, stünde er in nur 14-21 Tagen vor den Toren von Paris ! Putin hat gezeigt das er in nur wenigen Tagen oder gar Stunden 100 oder gar 200.000 Soldaten nebst voller Ausrüstung verlegen kann, die Amis brauchen dafür rund 3 Monate ! Aber wer nun denkt die USA schicken hier viele Truppen hin, NEIN die Amis schicken ihre Truppen nach Australien… Mehr

Michael Palusch
2 Jahre her

Man muß nicht extra zur ultralinken ‚taz‘ greifen um das falsche Spiel zu erkennen, ein Blick in die Süddeutsche vom 25.02.2021 genügt vollauf um sich ein erstes Bild über „unseren Helden“ Zelenski zu machen.
https://www.sueddeutsche.de/meinung/ukraine-korrupt-wie-eh-und-je-1.5217924