London kehrt zurück ins öffentliche Leben

Boris Johnson macht es den EU-Nachbarn vor, wie man sein Land wieder in die Freiheit führen kann. In England endete nun der Lockdown für Pubs, Geschäfte und die Gastronomie. Ein lange ersehnter Atemzug – nicht nur für die Gewerbetreibenden. Und Merkel? Will den Frühling einsperren.

IMAGO / PA Images

Die Innenstadt von London ist wieder eröffnet. Am Montag trat Großbritannien in die zweite Phase der Lockerungen ein. In England konnten Pubs, Restaurants und Biergärten ihre Außenbereiche wieder öffnen. Auch vergleichsweise kühle Außentemperaturen hielten die Tag- und Nachtschwärmer nicht mehr auf. Im Ausgehviertel Soho drängten sich Menschenmengen in den Kneipenstraßen. Dafür wurden sogar Autostraßen für die Abendstunden blockiert, um dem Gastronomie-Gewerbe einen kräftigen Schub zu geben. Bis Mitternacht bildeten sich Schlangen vor Pubs. Nur einige wenige Stimmen warnten vor zu wenig »social distancing« – ein Argument, das angesichts von (gar nicht mal so) neuen Erkenntnissen zu Aerosolen an der frischen Luft allmählich in den Hintergrund treten dürfte.

Die Bilder aus London und anderen Städten zeigen jedenfalls eine enthusiastische Stimmung, die an alte Volksfeste erinnert, wie wir sie von historischen Gemälden kennen. Nach Monaten der Entbehrungen durch zum Teil harte Lockdown-Maßnahmen ist das nur zu verständlich. Trotzdem feierten die Menschen ruhig, ohne Exzesse, was einige der Gastronomen laut der Times erstaunte. Medienmanager Attila Kulcsar sagte laut dem Daily Mirror, das sei in etwa seine Vorstellung vom Victory-in-Europe-Day, das Soho der 90er Jahre sei wieder da.

— James Melville ? (@JamesMelville) April 12, 2021

Neben der Außengastronomie konnten auch »nicht-essentielle« Geschäfte wieder öffnen, außerdem sogar Fitness-Studios, Schwimmbäder, Friseure, Nagelsalons und Zoos. Menschen kauften neue Möbel, junge Paare trafen sich mit anderen, um ihre Kinder miteinander spielen und sozialisieren zu lassen.

Die Regierung Johnson hat inzwischen allen Bürgern über 50 Jahren eine Impfung gegen das neue Coronavirus angeboten. Die Briten waren damit sogar noch etwas schneller als geplant. Fast zwei Drittel der Erwachsenen sind mindestens einmal geimpft. Boris Johnson begrüßte diesen »bedeutsamen Meilenstein« in der Covid-Strategie seiner Regierung. Man werde nun auch zweite Dosen bereitstellen. Alle erwachsenen Bürger sollen bis Ende Juli die Möglichkeit erhalten, sich impfen zu lassen. Am Montag wollte Johnson »vorsichtig, aber irreversibel« ein Pint Bier an seine Lippen führen.

Die gemessenen »Covid-19 cases« haben sich jedenfalls seit Spitzenwerten zu Beginn des Jahres (an die 60.000 am Tag) auf unter 3.000 reduziert. Da auch andere Kennziffern der Pandemie parallel zurückgehen, fällt es schwer, Einwände gegen diese Öffnung zu formulieren, die endlich den Gastwirten und kleinen Ladenbesitzern, aber auch größeren Ketten eine Perspektive gibt. Auch in Großbritannien wird eine Diskussion über Impfpässe geführt, die künftig den Zugang zu öffentlichen Orten regulieren sollen. Allerdings gibt es im Königreich traditionell eine starke Opposition gegen zwingend mitzuführende Personalausweise und ähnliches. Vielleicht bleibt den Briten also auch der Impfpass erspart.

Der IWF hat seine Wachstumsprognose für Großbritannien auf 5,3 Prozent erhöht (Euro-Zone: 4,4 Prozent; Deutschland: 3,6 Prozent). Hierzulande wird eine ähnlich stringente Strategie noch immer bitter vermisst. Stattdessen steuert Deutschland auf einen harten Merkel-Söder-Bundes-Lockdown mit Ausgangsbeschränkungen und bundesweit verbindlichen Ladenschließungen zu.

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