Griechenland will Türkei zum sicheren Drittstaat erklären

Für 2021 hat sich die griechische Regierung unter Kyriakos Mitsotakis vorgenommen, die »Abschiebungen« und Rücküberführungen von Migranten zu steigern. Dabei setzt sie zwar in Worten auf die »gemeinsame Erklärung« von 2016, kündigt aber mehr direkte Zurückweisungen an der Grenze an.

IMAGO / ZUMA Wire
Migranten und eine griechische Grenzbeamtin an der griechisch-türkischen Grenze bei Dydimoteicho

Griechenland will die Türkei nun definitiv als sicheres Herkunfts- und Transitland klassifizieren. Das soll speziell für Migranten aus Syrien, Afghanistan, Pakistan, Bangladesch und Somalia gelten. Migranten aus den genannten Ländern, die nicht zufällig sämtlich über muslimische Bevölkerungsmehrheiten verfügen, machen einen Großteil der illegalen Migration an der griechisch-türkischen Grenze aus. 90 Prozent sind kein unwahrscheinlicher Wert.

Durch die Entscheidung erhofft sich die konservative griechische Regierung eine Vermeidung der illegalen Migrationsströme. So könne die »gemeinsame Erklärung« mit der Türkei endlich vollständig und »unbeirrt« umgesetzt werden, ließ Migrationsminister Notis Mitarakis verlauten. Das hört sich erst mal nach verstärkter Zusammenarbeit mit der Türkei an, läuft aber aufs Gegenteil hinaus.

»Das Nachbarland«, wie die Türkei in Griechenland oft schlicht genannt wird, sei dazu verpflichtet, die Tätigkeit von Schlepperbanden endlich zu unterbinden. Da die Türkei selbst ihren Verpflichtungen aus der Erklärung nicht nachkomme, kündigt Griechenland die Zusammenarbeit auf. Es geht nicht mehr um das Zurückschicken irregulärer Migranten, das ohnehin nie funktionieren konnte. Die Grenzen werden nach dieser und weiteren Entscheidungen der Athener Regierung stärker denn je geschützt werden.

Kommentatoren in Griechenland gehen davon aus, dass es irregulären Migranten aus der Türkei nicht mehr möglich sein wird, Asylanträge in Griechenland zu stellen. Wenn Anträge zugelassen werden sollten, sind Schnellverfahren möglich. Doch werden sie bei den oben genannten Herkunftsländern auch abgelehnt werden? Das glauben Beobachter, und zwar innerhalb von wenigen Tagen. Sie müssten dann ebenfalls wieder in die Türkei zurückgebracht werden. Natürlich erhofft man sich auch eine abschreckende Wirkung von der Entscheidung, die negative Asylbescheide und einen Zwangsaufenthalt in griechischen Abschiebezentren in Aussicht stellt.

Zurückweisungen sind für Athen das Mittel der Wahl

Eine andere Meldung aus der Tageszeitung Kathimerini sagt eindeutig, dass das Migrationsministerium am Ende auf mehr Zurückweisungen an den Grenzen abzielt – also auf jene Praxis, die in der hiesigen Presse als »Pushbacks« angegriffen wird. Illegale Migranten, die an der Grenze aufgegriffen werden, sollen danach umgehend »abgeschoben« werden, da dieses Verfahren leichter handhabbar und weniger zeitraubend sei als die Rückführung über die »gemeinsame Erklärung«.

Migranten ohne Anrecht auf internationalen Schutz müssten das Land sofort wieder verlassen, auch wenn das Herkunfts- oder Transitland dem nicht zustimmen sollte. Griechenland vermeidet so, dass die Türkei Ansprüche aus der jüngst erneuerten 2016er-»Erklärung« ableiten kann – etwa die dann legale Umsiedlung von Migranten in die EU im Austausch für zurückgeführte irreguläre Migranten von der griechischen Grenze. Für die Europäer wäre das endlich eine Win-win-Situation.

Der griechische Gesetzentwurf soll bald von Kabinett und Parlament verabschiedet werden. Nach ihm dürfen Migranten das Land außerdem nicht freiwillig verlassen, wenn sie eine Bedrohung für die Sicherheit des Landes darstellen oder die Gefahr besteht, dass sie »vom Radar verschwinden«. Die Verschärfung der Regeln zur freiwilligen Ausreise scheinen darauf angelegt, eine Pendelbewegung der Migranten zu verhindern, in der sie wieder und wieder an den griechischen Grenzen auftauchen.

Erste Schritte sind gemacht

Das Ziel aller dieser Maßnahmen ist, dass illegale Einwanderer nicht mehr über längere Zeit in Griechenland bleiben, indem sie Schlupflöcher oder »Unregelmäßigkeiten« des Systems ausnutzen. Mit diesem »System« kann wohl nur die bislang immer wieder gescheiterte, gemeinsame Migrationspolitik der EU gemeint sein.

Mit dem neuen Gesetz schafft die griechische Regierung auf nationalstaatlicher Ebene eine wichtige Voraussetzung für die Neufassung dieser Politik, die sich zur Nachahmung auch für Ceuta, Malta und Lampedusa empfehlen könnte. Das Gesetz gibt Instrumente an die Hand, die neben der technischen Aufrüstung der Grenzen dafür sorgen sollten, dass der Migranten-Zuzug aus türkischen Gewässern und am Evros konsequent abgeschnitten wird.

Erste Schritte sind gleichwohl gemacht. Im ersten Quartal dieses Jahres verzeichnete Griechenland 2.463 irreguläre Neuankünfte. Laut offiziellen Zahlen hielten sich Ende Mai noch knapp 84.000 Asylbewerber im Lande auf. Auf den Inseln der Nordägäis leben zum ersten Mal seit 2015 wieder weniger als 10.000 Asylbewerber.

Zugleich werden die Nachrichten von neu eintreffenden illegalen Kleingruppen an der Landgrenze im Nordosten mehr statt weniger. Angeblich ist nun auch Bulgarien ein Problem, indem es Illegale durchlässt, die dann an der griechisch-bulgarischen Grenze nach Griechenland gelangen. Durch das griechische Thrakien und Makedonien ziehen sich die Netze der Schleuser. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht junge Männer – meist selbst Migranten – beim Schleusen erwischt und verhaftet werden. Anfang Juni wurden sechs Ausländer und ein Grieche in verschiedenen nördlichen Provinzen gefasst. Man kann das natürlich auch positiv sehen: Immerhin werden sie gefasst.

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Kommentare ( 16 )

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Mausi
2 Jahre her

Hatten Sie schon mal einen Artikel, welche Vorschläge für eine EU-weite Asylregelung zur Debatte stehen? Und welches Land welche Lösung anstrebt?

giesemann
2 Jahre her

Muslime sollen in muslimischen Ländern bleiben, basta. Alles andere ist auch unwürdig für diese Leute, die sich schließlich im Besitz der BERAZ, also der besten Reli aller Zeiten befinden. Bei uns nur Ungläubige, sollten wir denen nicht zumuten – und die uns nicht. Uns vor allem nicht, weil uns die Moslems göttlich-koranisch bedrohen – wir mögen das nicht so gerne. Kann man denen auf Handzetteln mitteilen, Inshallah wirkt es auch. Zusammen mit dichten Grenzen, klar. Was soll so schlimm für einen Moslem sein, in ein muslimisches Land zurück verfrachtet zu werden? Wo Allah herrscht in himmlischem Frieden – was Besseres… Mehr

lube
2 Jahre her

Endlich handelt eine konservative griechische Regierung zum Wohle der eigenen Leute und Ggf Europas. Deswegen winselte heute früh im Dlf ein Grüninnenwesen aus EU Brüssel über den Wahnsinn an den Aussengrenzen.
Ich denke die Führerin wird massiv die Direktflüge aus der Türkei und dem gesamten Morgenland massiv erhöhen für Menschengeschenke .
Wir brauchen doch Rentenkasseneinzahler.

Barbiefehlpressung
2 Jahre her

Für mich stellt sich immer die Frage: warum fliehen diese Menschen aus ihren so tollen muslimischen Ländern, um dann in säkularen Staaten leben zu wollen, deren Lebensweise sie grundsätzlich ablehnen? Migration setzt u. a. ein hohes Maß an Verstand voraus. Verstand dahingehend, dass man sich auf die Lebensweise/die Sprache/die Kultur des aufnehmenden Landes anpasst und diese auch verinnerlicht.

Til
2 Jahre her
Antworten an  Barbiefehlpressung

Es gibt in Deutschland doch Stadtviertel, in denen überwiegend Muslime leben. Da braucht man sich nicht anzupassen und mit den Kuffar abgeben. Man braucht hier auch keine reguläre Arbeit. Mit Hartz-4, Wohn- und Kindergeld und einigen Nebentätigkeiten lässt sich bei und von den Kuffar besser leben als in der Heimat.

Kaltverformer
2 Jahre her

Die Türkei verwendet die Wirtschaftsimmigranten aus der muslimischen Welt, um die freien Demokratien so weit wie möglich zu destabilisieren und über die Zeit (sprich mathematische Demographie) diese zu eliminieren.
Und Angela, Annabert & Co sind die Helfershelfer dazu.

ketzerlehrling
2 Jahre her

Das sog. Flüchtlingsabkommen mit der Türkei hätte Griechenland die Möglichkeit gegeben, diese sog. Flüchtlinge von haus aus zurückzuweisen.

imapact
2 Jahre her

Hoffentlich setzt Griechenland das konsequent um. Eigentlich besagt ja auch das deutsche Asylgesetz, daß jeder abgewiesen wird, der aus einem sicheren Drittland kommt, aber bekanntlich hat das Merkelregime mit Unterstützung der Regimemedien und der Pseudoopposition das Recht ausgehebelt.
Die Türkei könnte es ja ähnlich machen, denn beispielsweise liegen zwischen Afghanistan und der Türkei noch andere sichere Länder. Aber Erdolf wird weiterhin graue „Diplomatenvisa“ ausstellen lassen und die no-border-Genossen in Berlin werden alles dafür tun, daß der Zustrom nicht versiegt. Die griechische Politik liegt auf einer Linie mit der dänischen… eigentlich der aller EU-Länder, mit Ausnahme des migrationsbesoffenen Deutschlands.

lube
2 Jahre her
Antworten an  imapact

Deutschland sollte von den 26 anderen EU Ländern massiv abgemahnt werden und Strafen zahlen .

Wilhelm Roepke
2 Jahre her

Hut ab, so muss es leider sein. Hoffentlich nehmen sich möglichst viele Länder ein Beispiel. Wir müssen dazu mindestens erst einmal eine Kanzlerin in Ruhestand schicken.

Felicitas21
2 Jahre her

Fakt ist doch, dass Griechenland von der EU keinerlei Unterstützung erhält für ihren Grenzschutz.
90% der Migranten, die auf den griechischen Inseln nahe der türkischen Küste anlanden, kommen eh aus der Türkei. Solche, die Erdogan nicht mehr behalten will. Obwohl er ja Milliarden bekommt zur Versorgung der Flüchtlinge in der Türkei. Ich habe vollstes Verständnis dafür, dass Griechenland nun die Nase voll hat von dem ganzen Destaster. Hoffe die diversen Asyl- NGOs und Menschenrechtsorganisationen werden nicht gleich wieder einen medialen shitstrom der Empörung lostreten.

Andreas aus E.
2 Jahre her

Klingt ja gut, aber das Hauptproblem bleibt: Die bundesdeutsche Politik.