Hans-Georg Maaßen zwingt Friedrich Merz zu einer Entscheidung

Die Werte-Union hat Hans-Georg Maaßen zum Vorsitzenden gewählt. Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz sagt, für den ehemaligen Chef des Verfassungsschutzes gebe es keinen Platz mehr in der Partei. Eine Entscheidung steht an.

IMAGO / Chris Emil Janßen

Kann sich noch jemand daran erinnern, was Eva Herman seinerzeit in der Kerner-Talkshow gesagt hat? Irgendwas mit „Autobahn“. Aber was genau? Jedenfalls hat es gereicht, die ehemalige Tagesthemen-Moderatorin aus der Show zu werfen und in dem überwiegenden Teil der Medien als unerwünschte Person zu stigmatisieren. Jeder weiß, welche Medien mit der Formulierung „überwiegend“ gemeint sind. Aber wie sie beim Namen nennen? Wer dafür den Begriff „Mainstream-Medien“ benutzt, gilt als ebenso stigmatisiert wie Herman. Diese Medien selbst haben sich eine Zeit lang als „Qualitätsmedien“ tituliert. Aber der Begriff hat mittlerweile einen solch stark ironischen Unterton, das ihn außerhalb von Satire-Beiträgen kaum noch einer verwendet.

Genau dieses Sprachdilemma ist die aktuelle Geschichte von Hans-Georg Maaßen. Er hat den Begriff „rot-grüne Rassenlehre“ verwendet. Deswegen will ihn nun der Parteivorsitzende Friedrich Merz aus der CDU werfen. Wegen seiner „Sprache“ und wegen seines Gedankengutes, wie Merz in der Bild am Sonntag sagte. Der Ausschluss werde gerade „sorgfältig“ geprüft. Das soll entschlossen klingen, zeigt aber auch, dass der Nachfolger von Angela Merkel, Annegret Kramp-Karrenbauer und Armin Laschet nicht viel gegen Maaßen in der Hand hat.

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Nun ist „rot-grüne Rassenlehre“ ein ungünstiger Begriff. Jeder PR-Experte, der sich nicht als politischer Gegner Maaßens definiert, wird aufgestöhnt haben, als er davon gehört hat, und gedacht haben: Wie kann er nur? Das Wort „Rassenlehre“ wird in Deutschland eindeutig mit der massenmörderischen Geschichte des NS-Systems verbunden – und ist folglich stark vergiftet. Wenn für Eva Herman „Autobahn“ gereicht hat, ist „Rassenlehre“ für Maaßen mehr als genug.

Nur: So wie es die Mainstream-Medien gibt, aber ein als akkurat anerkanntes Wort fehlt, um sie zu beschreiben, genauso fehlt es an einem akkuraten Wort, um zu beschreiben, was Maaßen gemeint hat. Zumindest im Deutschen. Das Englische kennt den Begriff der „Critical Race Theory“, der Kritischen Rassentheorie. Sie wurde in den 70er Jahren in den USA entwickelt von farbigen Anwälten, um tatsächliche Benachteiligungen von farbigen Menschen im amerikanischen Rechtssystem begrifflich zu machen – also begreifen zu können.

Allerdings ist auch der Begriff der „Critical Race Theory“ höchst unbefriedigend für eine glasklare Analyse. Gleich mehrere Ansätze kommen unter diesem Dach zusammen und von denen ist wiederum jeder so wenig präzise, dass die „Critical Race Theory“ eine Art Wundertüte ist. Nur dass es egal ist, was man aus dieser Tüte zieht. Denn jeder wird behaupten, dass es jeweils genau das Argument ist, das ihm und nur ihm recht gibt.

Die Critical Race Theory ist längst in Deutschland angekommen. Hierzulande wird sie – in Ermangelung einer jüngeren Geschichte der Sklaverei – anhand von Minderheiten ausgelegt. Die jüngste Volte dieser Tendenz ist es, den Holocaust als Geschichte der Verfolgung von Transmenschen auszulegen. Angesichts von sechs Millionen ermordeten Juden ein gewagter Ansatz, dem aber die „Qualitätsmedien“ nicht widersprochen haben.

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Angesichts von abgelehnten Asylbewerbern, die bereits mehrfach straffällig, aber trotzdem nicht abgeschoben wurden. Von einer Einwanderung, die laut Kanzler Olaf Scholz (SPD) die Bevölkerungszahlen in den nächsten Jahren von 83 auf 90 Millionen steigen lassen soll. Von einer Anwerbung von Fachkräften, die so lange umdefiniert werden, dass sie auch ohne jede Ausbildung als Fachkraft gelten. Von Arbeitnehmern, die bis zum 70. Lebensjahr oder länger auf ihre Rente warten sollen, oder von Hausbesitzern, die eine Vermehrfachung der Grundsteuer bezahlen sollen, um diese Einwanderungspolitik zu bezahlen. Von staatlich unterstützten Aktivisten, die von „Weißbroten“ sprechen und sich öffentlich darüber freuen, dass es in 50 Jahren keine „weißen Deutsche“ mehr geben werde. Angesichts all dessen hat Maaßen von „rot-grüner Rassenlehre“ gesprochen.

Ungeschickt. Aber wie hätte es Maaßen denn so formulieren können, dass er seine Kritik inhaltlich vortragen kann, ohne dass ihn Merz wegen der Sprache aus der CDU ausschließen will? Gar nicht. Denn genau das ist nicht gewollt. Zur Methode woke-linker Politik gehört es, Sprache zu verminen. Sodass ihre Politik zwar geschehen, aber nicht beschrieben und folglich nicht kritisiert oder problematisiert werden kann. Die Logik lautet: Weiße tragen eine historische Schuld und haben daher jetzt Nachteile zu tragen. Wer aber diesen Gedanken aufgreift und sagt, damit würden Menschen wegen ihrer Rasse benachteiligt, hat verloren, weil er das verbotene Wort gesagt hat. Im Zweifelsfall würden Kritiker auch schon damit mundtot gemacht werden, dass sie den Begriff „Weiße“ verwenden.

Die Critical Race Theory wurde in einer Zeit stark, in der sich die Niederlage des Marxismus abzeichnete und letztlich besiegelte: eine Mauer, an der Sozialisten Menschen erschießen mussten, die aus dem Arbeiterparadies fliehen wollten. Ein Wirtschaftssystem, das alle Staaten in den Bankrott führte, die es übernommen haben. Und schließlich Millionen von Menschen, die feierten, nachdem sie den Marxismus abgeschüttelt haben. Als in den USA die Ciritical Race Theory aufkam, versuchten Aktivisten wie Joschka Fischer und andere spätere Grüne bei Opel und in anderen Fabriken sich unter die Arbeiter zu mischen und diese für den Klassenkampf zu gewinnen. Doch von denen ernteten sie nur Spott. Jeder neue Denkansatz war in dieser Sackgasse willkommen. 40 Jahre später ist es nicht mehr die Klasse der Kapitalisten, die Proletarier ausbeuten, sondern sind es Menschen privilegierter Herkunft, die andere Bevölkerungsgruppen unterdrückt und ausgebeutet hätten. Nur „Rassenlehre“ darf sich das nicht nennen. Das Wort ist vermint.

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Merz will nun Maaßen loswerden. Die Werte-Union, die so gerne von der CDU anerkannt werden will hat Maaßen mit 95 Prozent zum Vorsitzenden gemacht. Das ist mehr als eine stilistische Debatte. Es geht um den inhaltlichen Kampf, in dem die Sprache nur die gefährlichste Waffe der anderen Seite ist. Der anderen Seite? Das würde voraussetzen, die CDU wüsste, auf welcher Seite sie steht. Aber genau das ist das Problem, das Merz von Merkel, Kramp-Karrenbauer und Laschet geerbt hat – und das er nun lösen muss. Wo steht die CDU 2023 eigentlich? Ausweichen, wie es der CDU-Chef sonst gerne tut, geht nun nicht mehr. Mit seiner Kampfansage gegen Maaßen und dessen Wahl durch die Werte-Union hat er sich zu einer Entscheidung gezwungen.

Die Werte-Union hat sich 2017 gegründet als Reaktion darauf, dass Merkel die CDU immer weiter ins grün-woke Links führte und so die AfD sich auf dem frei werdenden Gelände ausbreiten konnte. Mit einer Politik hat es Merkel getan, die auf der Behauptung beruhte, Grenzen ließen sich nicht schützen. Eine Politik, die versprach, die Einwanderer würden die Renten bezahlen, die jetzt erst ab 69, 70 oder wann auch immer ausgezahlt werden sollen. Die Geld für Sozialausgaben ausgegeben hat, mit dem dringend Brücken, Straßen und Schienen hätten repariert oder das Internet ausgebaut hätte werden müssen. Die in Chemnitz einen Mob gesehen haben wollte, auch weil der so wunderbar über Gewalt von Flüchtlingen hätte ablenken können. Und die Maaßen als Gegner auf dem Schirm hat, seitdem er zu Chemnitz gesagt hat, dass es diesen Mob nicht gegeben hat.

Spannend ist das nicht. Merz wird sich für die woke-grüne Politik seiner Vor-Vor-Vorgängerin entscheiden. Die Konservativen, die ihn ins Amt gebracht haben, werden immer weniger. Und sind auch eher an der Basis vertreten. In den Vorständen, Landtagen, Verwaltungen, Ministerien und im Parlament sitzen aber vor allem Muttis Mitläufer, die ihre Partei weiterhin auf Grün bügeln – auch weil sie hoffen, dass sie mit den Grünen schon vor 2025 an Dienstwagen und Amtssessel kommen. Interessant ist an dem Vorgang eigentlich nur, dass es nicht mehr reicht, mit Maaßen einen Sündenbock symbolisch zu schlachten – nun muss Merz eigentlich die ganze Werte-Union rauswerfen: in die Parteilosigkeit, in Richtung AfD oder einer anderen konservativen Partei, die erst noch wachsen muss.

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Kommentare ( 134 )

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hassoxyz
1 Jahr her

Daß nun eine schmutzige Kampagne von Seiten grün-woker Kräfte in der CDU gegen einen bewährten Politiker geführt wird, der außerdem jahrelang große Verdienste in Sachen Sicherheit erworben hat, beweist doch nur, daß Merz endgültig auf den Kurs der links-orientierten Funktionärsebene eingeschwenkt ist. Maaßen ist im Gegensatz zu Höcke in der AfD eben kein Rechtsaußen, sondern ein bekennender Politiker der rechten Mitte. Sollte Maaßen tatsächlich aus der Partei ausgeschlossen werden, dürfte das die Fliehkräfte an der konservativen Basis bestärken, sich von ihrer Partei zu trennen und die Gründung einer neuen Partei ins Auge zu fassen. Diese CDU unter Merz will mit… Mehr

IJ
1 Jahr her

Wenn Herr Merz und die CDU Hans-Georg Maaßen aus der CDU auschließen, hat die Partei die letzte Chance verspielt, noch einmal das geeinte Sammelbecken für alle Liberal-Konservative und alle Wähler rechts von Grün-Links zu werden – so wie es stets das Ansinnen von Adenauer und Strauss und später Helmut Kohl gewesen ist. Durch den Ausschluss wird die CDU endgültig zur pseudo-grünen Splitterpartei bzw. zum Mehrheitsbeschaffer der Grünen. Überzeugte Liberal-Konservative werden sich endgültig abwenden und sich anderen oder neuen Parteien zuwenden. Das wird zwar nicht von heute auf morgen geschehen. Aber wenn es passiert, wird die Abkehr endgültig sein. Friedrich Merz… Mehr

Ede Kowalski
1 Jahr her

Es gilt, mehr denn je, dass in Deutschland derjenige für wirklich gefährlich gehalten wird, der auf den Schmutz hinweist – und nicht der, der den Schmutz macht. (nach Tucholsky)

Chris_Muc
1 Jahr her

Ich bin immer wieder amüsiert, daß konservative CDU’ler an der Basis wirklich geglaubt haben, der Herr Merz werde eine grundsätzlich andere Richtung als die Merkel einschlagen. Wie kommt man eigentlich darauf zu glauben, Herr Merz wäre ein „Konservativer“? Nichts, aber auch wirklich gar nichts deutet darauf hin, wenn man sich mal seinen (politischen) Lebenslauf näher anschaut. Im übrigen war Merz in den strategisch wichtigen Fragen (z.B. Grenzöffnung 2015 oder Atomausstieg) immer auf Seiten von Merkel. Daß er von gewissen Medien (z.B. der BILD-Zeitung) als Merkel-Gegenspieler hochgejazzt wurde, lag ausschließlich an den persönlichen Animositäten zwischen Merz und Merkel. Nie oder fast… Mehr

Waehler 21
1 Jahr her
Antworten an  Chris_Muc

Es geht nicht um Richtungen. Es geht um die Fähigkeit die eigenen Vorstellungen umzusetzen, ohne Schaden anzurichten. Es geht um um die Bereitschaft den Rechtsstaat zu verteidigen und das Wohl der Menschen in diesem Land zu mehren.
Da lag das Versagen der Merkelzeit.

Klaus Weber
1 Jahr her

Wenn Merz unbedingt die CDU zu Grabe tragen will, dann nur zu! Ich jedenfalls halte Maaßen für einen glasklaren und echten Konservativen, der für viele auch einer der letzten Hoffnungsschimmer in dieser Partei ist. Würde er ausgeschlossen, würde ich mich anschließen. Zumal er recht hat, es gibt eine rot/grüne Rassenlehre, die alle Weißen, vorzugsweise „alte Männer“, permanent beleidigt und benachteiligen will. Darüberhinaus gibt es eine muslimische Rassenlehre, wozu man nur recht oberflächlich den Koran kennen muß, die ebenfalls klare Rangordnungen herstellt.

Hans E.
1 Jahr her

Sorry, die critical race theory ist m.E. Rassismus in Reinkultur. Ebenso wie Identitätspolitik nicht nur bullshit ist, sondern Tribalismus und letztlich totalitären Systemen den Weg bereitet. Wenn die CDU sich jetzt für CRT und gegen Maaßen einsetzt, ist das dann nicht auch ein Bekenntnis zum Linksextremismus? Ob Herr Haldenwang jetzt aktiv werden muss?

Conradp
1 Jahr her

Bei den gegenwärtigen Kräfteverhältnissen ist nicht damit zu rechnen, daß sich die CDU von Merz oder den Merkel-Jüngern wie Harbarth oder Günther befreit. Auch wenn es einen jahrzehntelangen Unionswähler schmerzt, ist es die CDU selbst, die als politische Altlast in den Orkus zu schicken ist; für aufrechte Konservative ist dieses Ensemble von zunehmend ergrünenden Politfunktionären schlechterdings unwählbar und mithin überflüssig.

ssasse
1 Jahr her

Wer hat es gesagt ?? mit dem Unterschied, dass die aktuell Beteiligten schon einen Schritt weiter sind. Sie glauben Ihre Lüge bereits aufgrund ideologischer Verblendung und fehlenden kognitiven Fähigkeiten: Zitat: Wenn man eine große Lüge erzählt und sie oft genug wiederholt, dann werden die Leute sie am Ende glauben. Man kann die Lüge so lange behaupten, wie es dem Staat gelingt, die Menschen von den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Konsequenzen der Lüge abzuschirmen. Deshalb ist es von lebens­wichtiger Bedeutung für den Staat, seine gesamte Macht für die Unterdrückung abweichender Meinungen einzusetzen. Die Wahrheit ist der Todfeind der Lüge, und daher… Mehr

fatherted
1 Jahr her

Gerade in den 13.00 Uhr Nachrichten auf WELT….Franka Lehfeldt mit Reporterin Laura Kickelsberger im Gespräch. Frau K. meinte sinngemäß…“Maaßen habe ja damals behauptet es gäbe keine rechtsradikalen Hetzjagden durch Chemnitz“. Mir fällt fast der Löffel aus der Hand…hat nicht TE in akribischer journalistischer Kleinarbeit nachgewiesen, dass die „Hetzjagden“ eine Erfindung waren? WELT holt diese Story also jetzt wieder aus dem Keller. So wird „moderner Journalismus“ gemacht….widerlegte Meldungen werden nach ein paar Jahren einfach wieder als „Fakten“ gemeldet. Es bleibt einem der Mund offen stehen. Wir können uns also auf nächstes Silvester freuen, wenn die Meldung von Klingbeil und Pistorius wiederholt… Mehr

Conradp
1 Jahr her

Gegenwärtig geht es den grünen Sozialisten aller Parteien nicht nur darum, Worte als unsagbar oder „vermint“ zu erklären, sie setzen darüber hinaus totalitäre Verhältnisse ins Werk, indem Worte von ihrem Sinn getrennt werden; als Folge wird der Unsinn verbreitet, es gebe ausschließlich einen weißen Rassismus. Letzten Endes geht es dabei keineswegs um irgendeine, geschweige denn wissenschaftlich begründete Wahrheit, sondern um die ordinäre Ausübung von Macht, indem man selbst bestimmt, welche Geßlerhüte zu grüßen seien. Die CDU hat diesen Kulturkampf nicht aufgenommen, sondern sich diesem Zeitgeist mehr und mehr angebiedert; dies erkennt man an all jenen im Grunde widersinnigen schwarz-grünen Koalitionen… Mehr