Juristen wollen Maaßen aus dem Geschäft mit Rechts-Kommentaren drängen

Rechtswissenschaftler wollen den ehemaligen Präsidenten des Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, aus dem Geschäft mit Rechtskommentaren drängen. Anlass ist das Thema Asylrecht. Sie beziehen sich auf eine vermeintliche Nähe des CDU-Politikers zur AfD.

IMAGO / ari
Hans-Georg Maaßen, CDU-Direktkandidat, nach der Bundestagswahl, 26.09.2021

Zur Natur von Gesetzestexten gehört es, dass sie Spielraum für Interpretationen bieten. Oft wichtiger als die eigentlichen Gesetze sind daher die Kommentare. Sie entscheiden darüber, wie das Regelwerk in der Praxis angewandt wird. Der ehemalige Präsident des Bundesverfassungsschutzes Hans-Georg Maaßen soll an einem Kommentar über das Asylrecht mitschreiben. Dagegen haben nun andere Kommentatoren protestiert. Sie wollen nicht mehr mit ihm zusammenarbeiten.

Auslöser für die Kampagne gegen Maaßen ist ein Gastbeitrag in der FAZ. Geschrieben hat ihn Stefan Huster, Professor für Öffentliches Recht an der Ruhr-Universität Bochum. Huster spricht dem ehemaligen Leiter des Bundesverfassungsschutzes ab, hinter der Verfassung zu stehen: „Wer als CDU-Mitglied Sympathien für eine Zusammenarbeit mit einer Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, formuliert, ein ‚Covid-Impfverbot‘ fordert … muss sich schon fragen lassen, ob er nach Art, Inhalt und Kontext seiner Äußerungen noch zu den verlässlichen Unterstützern der freiheitlichen Ordnung gezählt werden kann.“

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Perfide ist die Methode, wie der Jurist Huster in seinem Beitrag Maaßen angeht. Er wirft mit Dreck, will aber nicht als jemand mit schmutzigen Händen gelten. Er sagt nicht, Maaßen gehöre nicht „zu den verlässlichen Unterstützern der freiheitlichen Ordnung“, sondern er stellt die Frage. Ja, nicht mal das: Man „muss sich schon fragen lassen“ … Huster will dem ehemaligen Verfassungsschützer die Treue zum Grundgesetz absprechen, aber er lässt sich ein Schlupfloch offen, um später behaupten zu können, er habe es so ja nicht gesagt.

Der ganze Beitrag in der FAZ ist entsprechend aufgebaut: Bevor Huster konkret auf Maaßen eingeht, baut er ein Umfeld auf, in das er Maaßen damit stellt. Manche Juristen würden mit Freiheit, Gleichheit und Demokratie fremdeln. Er erzählt die Geschichte des Juristen Theodor Maunz (CSU), der Landesminister war, aber auch Berater der „National-Zeitung“ und in der NSDAP-Diktatur Parteimitglied. Dann schwenkt Huster auf Maaßen um: „Aber andere Fälle sind komplizierter.“ In einem Zitat wird dann Husters Methode besonders anschaulich, wie er mit Dreck werfen, aber als Mann sauberer Hände gelten will:

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„Nachvollziehbarerweise hält es nicht jeder für akzeptabel, dass nun zum Beispiel gerade die Normen des Grundgesetzes zur Ausbürgerung und Auslieferung sowie zum Asylrecht von jemandem kommentiert werden, der – um die Formulierung eines Bundesrichters aus einem ganz anderen Zusammenhang aufzugreifen – allenfalls noch auf den Fransen des Verfassungsteppichs zu stehen scheint.“ Es geht um Maaßen und um Menschen, die „allenfalls noch auf den Fransen des Verfassungsteppichs“ stehen. Aber es sei ja ein „ganz anderer Zusammenhang“. Huster muss wissen, dass er trotz seiner juristischen Sprachtrickserei den Eindruck erweckt, den Vorwurf der fehlenden Treue zum Grundgesetz gegen Maaßen auszusprechen. Und es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder will Huster diesen Eindruck erwecken – oder er schwafelt.

Huster verweist auf einen anderen Juristen, der nicht in einem Kommentar mit Maaßen auftauchen will – und der sogar fordert, Maaßens Namen aus dem Beitragsverzeichnis zu streichen. Immerhin: Dass Maaßen in dem Verzeichnis steht, will er nicht dem Verlag und dem Herausgaber vorwerfen. „Sie haben das Problem nicht provoziert.“ Huster erhält von diesem Vertrag ebenfalls Aufträge. Ein Journalist hat mal geschrieben – in einem ganz anderen Zusammenhang – dass man halt nicht in die Hand beißt, die einen füttert.

Dass er einen guten Verteidiger abgeben würde, beweist Huster in eigener Sache. Mit der „Cancel Culture“ wolle er nichts zu tun haben – Dreck werfen, ohne schmutzige Hände zu haben. „Wir sprechen hier nicht über Ge- und Verbote … sondern über ein professionsethisch angemessenes Verhalten der Autoren, Herausgeber und Verlage.“ Soweit der Jurist. Auf Deutsch heißt das: Maaßen darf keine Rechts-Kommentare schreiben, aber das sei kein Gebot und Verbot, sondern das mit dem angemessen und so. Wie der Spiegel berichtet, haben sich weitere Juristen dem Bochumer Professor Huster angeschlossen. Doch bisher halte der C.H.Beck-Verlag stand: „Als juristischer Fachverlag stehen wir für eine pluralistische und freie wissenschaftliche Diskussionskultur, solange sich diese im verfassungsrechtlichen Rahmen bewegt.“ Das Gegenteil hat Huster nicht bewiesen, nur behauptet, dass man sich die Frage stellen lassen müsse.

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Kommentare ( 34 )

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RA.Dobke
1 Jahr her

Mein Herz schlägt links, aber Herrn Maaßen gehört meine ganze Sympathie. Gute Kohle und Opel kam aus Bochum und ich auch, aber juristisch Gutes jedenfalls derzeit kaum …

Dieter Kief
1 Jahr her

Ihre treffende Schlussbemerkung, Mario Thurnes, ist der Punkt: Ruhr-Professor Stefan Huster hat nicht viel behauptet. Sein Artikel ist gefühlsbeladen, im Grunde hysterisch. Die Frage lautet, wie weit er mit seiner sozialdemokratisch gefärbten Antifa-Hysterie kommt. Die Melodie, die hier gespielt wird, ist immer die gleiche: Links ist gut, rechts ist schlecht.

Takeda
1 Jahr her

Ich persönlich kann keine Leute ernst nehmen, die vor der AFD warnen, aber keinerlei Berühungsängste mit der Die Linke oder Grünen haben. In jedem demokratischen Land der Welt, wären sowohl die Linke, als auch Grünen unter massiver Beobachtung. (Hass auf das eigene Land, die eigene Bevölkerung? Finanzierung von Terrorismus? Deindustralisierung? Oder auch simple Glorifizierung von Mao und anderen Charmbolzen) Mittlerweile, könnte man wohl gar die neue SPD dazuzählen.

Waehler 21
1 Jahr her

Wer lieber einer offensichtlichen Lüge einer Kanzlerin hinterherrennt, als die Fakten benennt, ist eigentlich nur an der Demontage der Reputation von Herrn Maaßen interessiert. Wie sieht es denn mit der Reputation von diesem Prof. aus? Ist er nur mit dem Parteibuch zu diesem Job gekommen? Das ist auch nur eine Frage, aber berechtigt! Sollte man daher ausblenden, dass Linke und Grüne auch vom Verfassungsschutz beobachtet wurden und es trotzdem eine Zusammenarbeit der SPD mit diesen Leuten gab, die öffentlich als Ziel propagiert haben, diesen Staat zu zerstören? Wer konservativ ist, also werterhaltend, steht der beabsichtigten Demontage unserer Gesellschaft im Weg… Mehr

RUEDI
1 Jahr her

Erst Haltungs-Journalisten- jetzt auch Haltungs-Juristen, Haltungs-Pädagogen sowieso, selbstverständlich Haltungs-Bürgermeister, nun auch noch Haltungs-Handwerker (als DIE RICHTIGE Antwort auf den bekannten Handwerkerbrief ) – es fehlen nur noch die sozialistischen Arbeiterkollektive, die die Regierung durch 200% Planerfüllung unterstützen wollen und damit Haltung zeigen, gegen den Klassenfeind. Das hält man kaum noch im Kopf aus.

Stuttgarterin
1 Jahr her

Wie auch immer man zu Maaßen steht, klar ist, dass er ein sehr gutes Denkvermögen hat. Die Angst davor ist vermutlich größer als vor der vorgeworfenen Nähe zur AfD – von der Maaßen sich selbst ausdrücklich abgrenzt.

Emsfranke
1 Jahr her

Ein großer Anteil von Juristen war schon immer flexibel in ihrer Art der Anpassung an jeweils vorherrschende politische Systeme. Grundsätzlich dürfte schon immer der alle juristischen Entscheidungen begleitende Gedanke an die Karriere sein. Es ist also nicht verwunderlich, wenn auch in der heutigen Verirrung der demokratischen Erwartung an die Haltung sich genügend Mitläufer unter dieser Berufsgruppe finden lassen. Frei wurde und wird mit solch einer Flexibilität generell nicht gedacht und geurteilt. Und wenn heute mal frei vom „Zeitgeist“ geurteilt wird, dann steht der Staatsanwalt vor des Richters Türe und biegt die Haltung in die gewünschte Richtung.

Lars Baecker
1 Jahr her
Antworten an  Emsfranke

Der Staatsanwalt klagt an, aber er urteilt nicht. Das machen Richter, und die lassen sich selten von Staatsanwälten verbiegen.

Emsfranke
1 Jahr her
Antworten an  Lars Baecker

Das war auch nicht die Intension. Denken sie an den Richter aus Weimar. Der hat Besuch vom Staatsanwalt mit Durchsuchungsanordnung bekommen, weil dieser Richter in politischer Coronaangelegenheit nicht systemgerecht geurteilt hat. Nach der Durchsuchung ist es dann wiederum der Staatsanwalt, der Anklage gegen den missliebigen Richter erhebt, wenn es die Beweislage nach der Durchsuchungsaktion beim Richter hergibt.
So wird ein Schuh draus.

Brotfresser
1 Jahr her
Antworten an  Lars Baecker

Sie haben den letzten Satz vermutlich missverstanden!? Ich paraphrasiere mal den letzten Satz des n (der mich korrigieren möge, sollte ich falsch liegen…), wie ich ihn verstanden habe:
Und wenn heute ein Richter mal frei vom „Zeitgeist“ urteilt, dann steht der Staatsanwalt morgens um 6 Uhr vor des Richters Türe und biegt dessen Haltung mittels einer Razzia in die gewünschte Richtung.

Micci
1 Jahr her

Ich frage mich inzwischen vielmehr, wofür diese ganze Juristerei überhaupt da ist.
Heute finden sich doch allen Ernstes Juristen, die den ungewöhnlich klaren Text des GG Art. 16a („Auf [das Asylrecht] kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften … einreist“) angeblich streng juristisch in sein Gegenteil verkehren – zwei Millionen Verstöße werden damit abgesegnet. Kosten für den Steuerzahler: dreistellige Milliardenbeträge. Kosten für Hunderte Verbrechensopfer: das Leben.

Juristen scheinen also nicht nur leicht verzichtbar – Heute schaden sie unserer Gesellschaft schlimmer als ALLES andere!

Karl Schmidt
1 Jahr her

Die F.A.Z. ist inzwischen das Zentralorgan des politisch guten Geschmacks: Was der reaktionäre Spießer von heute zu lesen wünscht, findet sich dort ganz bestimmt. Weniger Information im Tausch für mehr Gewissheit; weniger Vielfalt für mehr Dogmatismus, weniger Vernunft für mehr Eifer, weniger Relevanz für mehr Eitelkeit und keine Fragen, aber auf alles eine – und nur eine – Antwort. Der Spießer will eine wohl geordnete Welt nach seinem Geschmack, in dem es keine „schmutzige“ Ecke gibt, die sich seinem Verständnis von richtig und angemessen widersetzt. Freiheiten – und das auch noch für andere – sind eine Abscheulichkeit, eine Provokation, ein… Mehr

wenmic
1 Jahr her

Aber das der SW MP Günther mit der auch vom VS beobachteten SED Nachfolgepartei zusammenarbeiten will ist für den Herrn Huster kein Problem?