Sarkozy zu fünf Jahren Haft verurteilt wegen „krimineller Verschwörung“

Ein gefälschtes Dokument des Rechercheportals Mediapart löste 2012 die Ermittlungen gegen Nicolas Sarkozy aus. Seitdem zieht sich die Mediapart-Affäre durch die französische Politik und hat nun ihren Höhepunkt erreicht: Ein Pariser Gericht verurteilt den Ex-Präsidenten wegen „krimineller Verschwörung“. Sarkozy nennt das Urteil „politisch“ und will Berufung einlegen.

picture alliance / Hans Lucas | Xose Bouzas
Nicolas Sarkozy nach seiner Verurteilung, Paris, 25.09.20265

Man kann sich förmlich das Feixen vorstellen, das die Richter in Paris nach ihrem Urteilsspruch über Nicolas Sarkozy überfiel. Ein Urteil, das sich gewaschen hat, das einen regelrechten Schock auslöste, und das vor allem eine Warnung an andere sein soll: Hütet euch vor der Macht der Justiz! Die regiert unabhängig als Moralinstanz, und was Moral ist, bestimmen wir.

Der ehemalige französische Präsident Nicolas Sarkozy ist am Donnerstag in Paris wegen krimineller Vereinigung im Zusammenhang mit angeblichen libyschen Finanzhilfen für seinen Wahlkampf 2007 zu fünf Jahren Haft verurteilt worden. Drei Jahre davon sollen sofort vollstreckt werden, zwei Jahre sind zur Bewährung ausgesetzt. Am 13. Oktober muss Sarkozy vor Gericht erscheinen, um den Termin für seinen Haftantritt zu erfahren. Der 70-Jährige kündigte Berufung an und erklärte nach der Urteilsverkündung: „Ich bin unschuldig. Ich werde mit erhobenem Kopf im Gefängnis schlafen.“ Das Urteil bezeichnete er als „äußerst schwerwiegend für den Rechtsstaat“. Die Richter wollten auch, dass das Urteil sofort vollstreckt wird – unabhängig von einer Berufung.

Das Gericht sprach Sarkozy von den Vorwürfen der Korruption, der Hehlerei und der illegalen Wahlkampffinanzierung frei, stellte aber fest, er habe seine engsten Mitarbeiter aufgefordert, sich um libysche Gelder zu bemühen. Das war noch bevor er auf die Idiotie verfiel, einen Krieg gegen Gaddafi anzuzetteln.

Mitangeklagt waren enge Weggefährten: Ex-Innenminister Claude Guéant erhielt wegen passiver Bestechung und Urkundenfälschung sechs Jahre Haft, Ex-Minister Brice Hortefeux zwei Jahre mit elektronischer Fußfessel. Die Verteidigung wertet das Urteil als politisch motiviert. Sarkozy, von 2007 bis 2012 Präsident, sieht sich als Opfer einer mehr als zehnjährigen Kampagne der Finanzstaatsanwaltschaft.

Beweise liegen trotz einer Verfahrensdauer von fast zehn Jahren nicht vor. Denn die Beweislage beruht auf Indizien ohne Belege von Geldflüssen. Ausgang des Prozesses war ein Dokument des französischen Rechercheportals Mediapart. Das „Mediapart-Dokument“ war ein von der französischen Investigativplattform Mediapart im Jahr 2012 veröffentlichtes Schriftstück. Es sollte angeblich belegen, dass das Regime von Muammar al-Gaddafi Sarkozy 2007 insgesamt 50 Millionen Euro für seinen Wahlkampf zugesagt habe. Das Dokument war als interne Notiz des libyschen Geheimdienstes präsentiert worden – unterschrieben von einem hohen Funktionär.

Es löste die jahrelangen Ermittlungen überhaupt erst aus – und war die Grundlage für den Verdacht der illegalen Wahlkampffinanzierung. Doch inzwischen stellte es sich heraus: Es ist gefälscht. Selbst das Gericht, das Sarkozy nun verurteilte, stellte fest, dass das Dokument nicht echt ist. Damit brach ein zentrales Beweisstück weg, was die Pariser Richter nicht weiter störte. Übrig bleiben vor allem Indizien und Aussagen einzelner Zeugen, aber keine nachvollziehbaren Geldflüsse oder Kontobelege.

Die sogenannte „Mediapart-Affäre“ zieht sich seit 2012 durch die französische Politik – und hat nun mit einem Urteil gegen Nicolas Sarkozy ihren Höhepunkt erreicht. Jetzt also verurteilte ein Pariser Gericht den Ex-Präsidenten wegen „krimineller Verschwörung“ zu fünf Jahren Haft, obwohl es ihn von Korruption und illegaler Finanzierung freisprach. Sarkozy nennt das Urteil „politisch“ und will Berufung einlegen.

Ein Fall, der mit einer Fälschung begann – und Frankreichs Justiz ins Zwielicht rückt. Der Eindruck, dass Frankreichs Justiz links dominiert ist, ist nicht neu. Schon 2013 hatte ein Fernsehteam das sogenannte „Mur des cons“ („Mauer der Idioten“) entdeckt: In der Zentrale der größten Richtergewerkschaft hingen Fotos konservativer Politiker, Journalisten und Persönlichkeiten – versehen mit abfälligen Kommentaren. Der Skandal zeigte, wie offen politische Feindbilder auch innerhalb der Richterschaft gepflegt werden.

Heute ist es derselbe Verband, der 33 Prozent aller Richter repräsentiert, der sich auch politisch äußert. Vor der Parlamentswahl 2022 rief er seine Mitglieder öffentlich dazu auf, „den Aufstieg der extremen Rechten zu verhindern“ – ein klarer politischer Appell. Selbst konservative Regierungsmitglieder äußern inzwischen Zweifel an der Neutralität der Justiz. Innenminister Bruno Retailleau sprach von „unbestreitbar vorhandenen roten Richtern“. Für viele Bürger hat sich der Eindruck verfestigt, dass die Waage der Justiz in Frankreich nicht im Gleichgewicht ist.

„Der Schuldspruch gegen Nicolas Sarkozy stößt auch in England auf heftige Reaktionen. Der ehemalige Präsident wurde … verurteilt, obwohl er von den Vorwürfen der Korruption und direkten Wahlkampffinanzierung freigesprochen wurde“, schreibt der Telegraph. Er zitiert den konservativen französischen Politiker François-Xavier Bellamy (Republikaner), der von „Ausnahmebehandlung ohne jede Rechtfertigung“ sprach und verwies auf mildere Strafen für Gewaltverbrecher, die zudem täglich freigelassen werden.

Marine Le Pen nannte das Urteil ein Beispiel für ein „Zwei-Klassen-Justizsystem“. Sie selbst wurde 2024 von der Politik ausgeschlossen, ebenfalls mit dem Vorwurf politisch motivierter Urteile. Der Eindruck verfestige sich – so Telegraph schließlich: In Frankreich trifft es auffällig oft Politiker von Mitte-Rechts, während linke Skandale selten juristische Folgen haben. Beispiele wie das „Mur des cons“ 2013 oder Wahlaufrufe von Richtergewerkschaften gegen Rechts unterstreichen die systematische politische Verzerrung.

Für viele bleibe die Frage, so der Telegraph abschließend: „Sind linke Politiker wirklich sauberer – oder die Richter einfach röter?“

Für Sarkozy selbst ist das Urteil eine persönliche Demütigung. Als „Präsident Bling-Bling“ hatte er Frankreich geprägt, mit engen Beziehungen zu Industriellen und einem kompromisslosen politischen Stil. Auch Frankreich ist voller Fälle, in denen meist migrantische Gewalttäter kaum verurteilt werden und verblüffend häufig frei herumlaufen dürfen. François Mitterrand wird der Satz zugeschrieben: „Die Richter haben die Monarchie zerstört, sie werden es mit der Republik machen.“ Eine Quelle dafür gibt es zwar nicht, dennoch ist der Satz bezeichnend.

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Kommentare ( 35 )

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karlotto
2 Monate her

Sarkozy , wie man den Bock zum Gärtner macht.

GR
2 Monate her

Es sind immer mehr mentalitätsmäßig kleine Menschen in Machtpositionen. Und gib einem kleinen Menschen Macht …

Sonny
2 Monate her

Halte nur ich es für einen Skandal, dass ein Mensch, der aufgrund der Fakten freigesprochen wurde, trotzdem verurteilt wird und eine Gefängnisstrafe verbüßen muss? Was läuft in Europa (insbesondere in Frankreich und Deutschland) eigentlich so dermaßen schief, dass Urteile nur noch nach Gutdünken von einer linksextremen Richterclique gefällt werden, die mit Recht und Gesetz so dermaßen im Konflikt stehen? Aber wer Frankreich verurteilt, vergißt, dass es in Deutschland kein Stück anders aussieht. Die linken Sozialisten überlagern jegliches Recht und Gesetz. Was ihnen nicht in den Kram paßt, wird von oberster Stelle „passend gemacht“, damit die konservative Konkurrenz möglichst keinerlei Handhabe… Mehr

Last edited 2 Monate her by Sonny
Anglesachse
2 Monate her
Antworten an  Sonny

Es ist ein aktuelles Problem, weil unsere Rechtsprechung auf das römische Rechtssystem besteht, Jede Gesetzesgrundlage wurde definiert.
Nach neusten Aussagen wird nun ein Gesetz „interpretiert“.
(Quelle: Die Aussage eines aktuellen Verff.Richters)

Haba Orwell
2 Monate her

In den USA wird ein Schlag gegen das organisierte Verbrechen vorbereitet: https://tkp.at/2025/09/26/new-york-times-us-justizministerium-draengt-auf-untersuchung-gegen-george-soros/

> „… Die Anweisung, die der NYT vorliegt, listete mögliche Anklagepunkte auf, die von Erpressung und Überweisungsbetrug bis hin zu Brandstiftung und materieller Unterstützung des Terrorismus reichten. … Präsident Donald Trump hatte schon früher angedeutet, dass gegen Soros wegen seiner Rolle bei der Finanzierung gewalttätiger Gruppen ermittelt werden sollte. Trump warnte, dass Soros und sein Netzwerk wegen organisierter Kriminalität gemäß dem Racketeer Influenced and Corrupt Organizations (RICO) Act angeklagt werden könnten. …“

Müsste man nicht genauso die dem Soros-Netzwerk ähnliche Davos-Organisation belangen?

Grandler
2 Monate her

Na ja, Fr. Lagarde hat es da besser erwischt, obwohl der 400 Mio Adidas deal des M. Tapie damals letztendlich von ihr durchgewunken wurde. Ein Freispruch mit Gschmäckle. Aber eben ein Freispruch. Der konservative Sarkozy war in der linken französischen (Richter-) Szene nie sehr beliebt. Das kommt einem irgendwie bekannt vor.

Last edited 2 Monate her by Grandler
PaulKehl
2 Monate her
Antworten an  Grandler

Lagarde bekam aufgrund ihrer Reputation keine Strafe. Tiefstes Mittelalter. Sarkozys Vater war ungarischer Jude aus einfachen Verhältnissen. Das reicht für die ewige Verdammnis.

PaulKehl
2 Monate her
Antworten an  Grandler

Nachtrag: Zwei Tage vor der Urteilsverkündung ist der Hauptbelastungszeuge gg. Sarkozy, Takedienne, gestorben.

Laurenz
2 Monate her

Es ist tragisch bezeichnend, daß der Schwerkriminelle Sarkozy auf von Ihnen nicht als solcher identifiziert wird, Herr Douglas. Aber Sarkozy steht damit nicht alleine, es gilt für das gesamte Franzmann-Volk. Man kann zwar, wie in den USA mit Wahlkampf-Manipulation aus dem Ausland, Schlagzeilen machen, aber die eigenen Machenschaften interessieren, zB als die Clintons 1996 die Präsidentschaftswahl in Rußland manipulierten, niemanden. Frankreich war bereits schon mal 2011 pleite. Gemeinsam mit Cameron überfiel Sarkozy deswegen den souveränen Staat Libyen mit einem Angriffskrieg. Gaddafi wurde gepfählt. Weil Briten & Franzmännern nach 2 Tagen die Bomben ausgingen, lieferte Westerwelle aus BunteWehr-Depots Nachschub. Dafür müßte… Mehr

Last edited 2 Monate her by Laurenz
Haba Orwell
2 Monate her
Antworten an  Laurenz

> Dafür müßte der Kriegsverbrecher Sarkozy in einem Rechtsstaat lebenslang Knast erhalten. Aber Französische Kolonialpolitik sehen auch Französische Linke als völlig legitim an. Meistens sind die Liberal-Konservativen von westlichen Kolonialabenteuern begeistert und jegliche Kritik daran als linkswoke beschimpft. Die kommt zwar auch aus den 90% der nichtwestlichen Welt, doch das ist ja nur „Dschungel“, während der „Garten“ für sich selbst ganz andere Maßstäbe hat. So las ich gestern beim Röper aus StPetersburg, dass ein westlicher Anführer zum leeren UN-Saal reden durfte – nichtwestliche Länder sehen sein Treiben als letztes Kolonialprojekt des Planeten. Unter den Liberal-Konservativen wird er aber frenetisch bejubelt… Mehr

Laurenz
2 Monate her
Antworten an  Haba Orwell

Die größten Kriegstreiber bei uns sind die Grünen, zumindest solange sie in der Junta saßen.

R.Baehr
2 Monate her

So etwas ist bei uns seit 2015 überfällig und wäre schon lange angebracht.

Arminius
2 Monate her

Bei uns müssten 3/4 des Bundestag in den Knast

Siggi
2 Monate her

Genauso blöde werden Merkel und ihre Mittäter, nebst Erfüllungsgehilfen aus der Wäsche glotzen, wenn für die das Urteil fällt. Ich freue mich schon jetzt wie Bolle darauf.

Deutscher
2 Monate her
Antworten an  Siggi

Im Gegensatz zum wenig begabten Sarkozy ist die andere Hälfte von Merkozy ihm an Verschlagenheit und Raffiniertheit durch die alte DDR-Schule weit überlegen! Die wird niemals zur Rechenschaft gezogen werden.

verblichene Rose
2 Monate her

Ich kann und will dieses „Verfahren“ nicht beurteilen.
Was mich allerdings fasziniert ist, daß sogar ein ehemaliger Präsident vor Gericht gestellt wird.
Allein daran sollte sich Deutschland mal ein Beispiel nehmen!
Es erübrigt trotzdem hoffentlich zu betonen, daß ich politische Urteile grundsätzlich ablehne. So auch ähnlich gelagert beim Versuch, die AfD mittels Verfassungsgericht verbieten zu wollen.

wat nu
2 Monate her
Antworten an  verblichene Rose

Das Vorgehen gg Ballweg uvam war ebenfalls rein politischer Natur.
Diese Methodik scheint sich immer weiter auszubreiten. Widerlich.

joly
2 Monate her
Antworten an  verblichene Rose

Mein Opa pflegte zu sagen: Steck alle Politiker in einen Sack und hau drauf bis du nicht mehr kannst. Du triffst immer einen Richtigen. Solch einen Sack wünsche ich mir für Merkel, Olaf und den Lügen-Fritze + deren gesamte Mischpoke.