Bundesbank und Rechnungshof kritisieren Finanzplanung

Mit der Einrichtung von Sondervermögen und Schattenhaushalten umgeht die Bundesregierung haushaltspolitische Transparenz und schwächt die parlamentarische Kontrolle – eine Praxis, die Bundesbank und Bundesrechnungshof scharf kritisieren.

picture alliance / Geisler-Fotopress | Bernd Elmenthaler/Geisler-Fotopr

Unser Nachbar Frankreich erlebt derzeit ein politisches Chaos, das nun auch zur fiskalischen Demütigung führte. Am Freitagabend senkte die Rating-Agentur Fitch den Daumen und stufte die Staatsfinanzen des Landes von AA- auf A+ herab. Frankreich steckt in einer Schuldenspirale, in die es sich mit seiner ungezügelten Ausgabenpolitik und dem Versuch, soziale Verwerfungen mit billigem Kredit zu übertünchen, selbst manövriert hat.

Schattenhaushalte und Etatismus

Paris liefert ein denkbar schlechtes Vorbild, und doch arbeitet die deutsche Politik seit einigen Jahren mit höchstem Einsatz und erstaunlicher Kreativität daran, dem Nachbarn nachzueifern. Die Nachkriegsdisziplin im Ausgabenverhalten der Deutschen ist längst Geschichte. Über Parteigrenzen hinweg herrscht Einigkeit, mit kreativer Buchführung in Form sogenannter Sondervermögen jede Begrenzung des Haushalts über Bord zu werfen. Höhepunkt dieser neuen Ausrichtung ist das Billionen-Euro-schwere Schuldenpaket der Regierung von Bundeskanzler Friedrich Merz, das unter anderem die Schaffung von Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro vorsieht.

Stets geht es um hehre Ziele: Die Wehrfähigkeit soll nicht am Kreditmarkt scheitern, ebenso wenig wie die Modernisierung der maroden deutschen Infrastruktur. Medial gut verpackt wird das deutsche Volk den neuen Schuldenberg schon akzeptieren. Schließlich geht es ja um das große Ganze, so der schlichte Gedanke.

Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler handelt es sich beim Sondervermögen allerdings lediglich um einen gigantischen Verschiebebahnhof: Eigentlich steuerfinanzierte Ausgaben werden verdeckt in einen Schattenhaushalt ausgelagert, der über Kreditaufnahme gedeckt ist.

Manipulation, wohin man schaut

Der Kreditmarkt wiederum ist längst ein Derivat der Geldpolitik. Berlin setzt, ebenso wie seine europäischen Partner, eindeutig darauf, dass die EZB den Schuldenberg liquide hält und im Bedarfsfall mit Interventionen bereitsteht, wenn Anleger sich aus der Finanzierung zurückziehen.

Im Zusammenspiel mit der Geldpolitik und befeuert durch den Brüsseler Interventionismus ist ein politisches Rahmenwerk entstanden, das die Überdehnung staatlicher Aktivitäten geradezu provoziert. Von parlamentarischer Kontrolle ist nicht mehr die Rede. Deutschland wandelt sich zunehmend zu einem interventionistischen Staat, der inzwischen mehr als die Hälfte der Wirtschaftsleistung durch seine Hände gleiten lässt.

Die schwarz-rote Schuldenorgie
CDU, CSU und SPD kaufen sich die Länder
In Berlin herrscht strategische Einigkeit: Die Wirtschaftskrise soll überwunden werden, indem ausgerechnet der Staat – der sie durch Überregulierung, eine selbst erzeugte Energiekrise, überdehnte Finanzen und eine erdrückende Steuerlast selbst heraufbeschworen hat – nun seinen Einsatz verdoppelt. Die Politik agiert im Modus eines kleptokratischen Alkoholikers in einer Bar – man lässt anschreiben, pumpt die Sitznachbarn an oder stiehlt, wenn sich die Hilfsbereitschaft erschöpft, im Notfalle direkt von der Bar. Letzten Endes ist es dieser Schuldenrausch, dieses Gefühl der Machbarkeit zentraler Planung, das Deutschland als politisches und ökonomisches Modell zu Fall bringen wird.

Wirksame Opposition – sei sie parlamentarisch oder eine intellektuelle Bewegung – erhält nicht den Resonanzraum, um eine öffentliche, druckvolle Phalanx gegen diese Katastrophenpolitik zu bilden.

Kritik von ungewöhnlicher Stelle

Kritik an dieser Praxis der haushaltspolitischen Beugung und Verschleierung kommt nun aus unerwarteter Richtung – von der Deutschen Bundesbank, die nur selten in tagespolitische Abläufe interveniert. Sie beanstandete in ihrem Monatsbericht aus dem August insbesondere die Mittelverwendung im Rahmen des Sondervermögens. Dort heißt es klipp und klar: „Angesichts beträchtlicher Defizite in den Haushalten von Ländern und Gemeinden ist zu befürchten, dass sie mit den für sie reservierten Mitteln des „SV IK“ (Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität) stattdessen eher vorhandene Finanzierungslücken schließen.“

„Bereichsausnahme“
Unsichtbare Schuldenbombe: Wie die Regierung sich ein unbegrenztes Kreditrecht erschleicht
Zudem fehle es im Rahmen der Effizienzkontrolle an wirksamen Strukturen. Das Prinzip der Auslagerung großer Teile des öffentlichen Haushalts in Sondervermögen verschleiere darüber hinaus die tatsächliche fiskalische Situation im Land und beschädige die Haushaltsdisziplin.

Kritik am überbordenden Staatswesen ist nicht neu – doch dass ausgerechnet fundamentale Staatsorgane wie die Bundesbank sich in die Reihe der Kritiker einreihen, ist bemerkenswert. Sie zeigt unmissverständlich: Deutschland bewegt sich weiter auf dem Pfad in den Schuldenstaat, als die Öffentlichkeit wahrhaben will. Die Bundesbank bestätigt auch diesen Eindruck und sieht das Defizit des deutschen Staates in den kommenden beiden Jahren auf 4 Prozent anwachsen. Dies immer vorausgesetzt, dass sich die ökonomische Lage nicht noch weiter verschlechtert.

Die Bundesbank bestätigt in ihrem Bericht ganz ohne Zweifel den akuten Verdacht, dass vor allem die rund 100 Milliarden Euro, die den Ländern und Kommunen zugewiesen werden, sachfremd verwendet werden und eben nicht Infrastrukturinvestitionen zugutekommen, wie man es dem Bürger vollmundig versprochen hat.

Im Feuerwehr-Modus

Der Bürger quält sich Tag für Tag – sofern er zur produktiven Bevölkerung zählt – entweder durch einen völlig desolaten öffentlichen Nahverkehr oder vergeudet seine Zeit in endlosen Staus auf maroden Autobahnen und wartet vor zerbröselnden Brücken.

Deutschland befindet sich im Modus des Stopfens seiner Haushalte und seiner Sozialbudgets. Ein großer Teil dieser zusätzlichen Ausgaben drohe, so die Bundesbank, konsumtiven Zwecken zuzufließen.

Wir erleben Politik im Feuerwehr-Modus, die nicht erkennt, dass zur Überwindung der Krise ein Rückzug notwendig wäre – die Rückkehr zum schlanken Staat und zur Marktwirtschaft.

Die Bundesbank hat deshalb einen Reformvorschlag vorgelegt, der die Kreditspielräume für Investitionen klar begrenzen und Transparenz schaffen soll. Alternativ sieht sie ein Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung für Sachinvestitionen nur als vorübergehende Lösung, betont jedoch die Notwendigkeit strikter parlamentarischer Kontrolle.

Flankenschutz vom Bundesrechnungshof

Substanzielle Unterstützung erhält die Bundesbank schon seit Monaten vom Bundesrechnungshof. Auch der mahnt eine zielgerichtete, effiziente und nachhaltige Steuerung der neuen Kreditmittel in die investiven Kanäle der Bundesrepublik an.

Zur Not, so die Forderung, solle der Bund Mittel zurückfordern dürfen, die nicht den ursprünglich vorgesehenen Investitionszwecken – etwa im Bereich der Infrastruktur – zugutekommen. Diese Praxis ist aus der Vergangenheit wohlbekannt: Die Politik schafft sich ein Budget, sei es ein Integrationsfonds oder, wie im Falle der Corona-Lockdowns, setzt es bewusst hoch an, um später überschüssige Gelder anderweitig verwenden zu können, etwa zum Stopfen der Löcher in den Sozialkassen – alles wie gehabt.

Der Kunstgriff bei dieser Übung ist einfach: Neue Schulden werden vor der Öffentlichkeit verschleiert, und die Belastungen werden in die Zukunft verschoben. Der kurzfristige Effekt eines konjunkturellen Strohfeuers soll im Kampf gegen die erstarkende Opposition Luft verschaffen.

Geradewegs in die Pleite

Grundsätzlich überrascht es nicht, dass sich die Politik über Schattenhaushalte Luft verschafft. In Berlin herrscht parteiübergreifend die Überzeugung vor, man könne mit kreativer Buchführung und überdimensionierter Staatsnachfrage sowohl die strukturellen Haushaltsprobleme als auch die schwere ökonomische Krise des Landes aus der Welt schaffen.

Der Staat als Super-Leviathan, als Alleskönner – und doch scheitert die Politik in den Augen ihrer Vertreter keynesianischer Wirtschaftsmagie an der Realität. Wiederkehrendes Scheitern wird gern dem Kreditmarkt zugeschoben, der sich der Illusion widersetzt, schuldenfinanzierte Zentralplanung könne sämtliche Probleme lösen.

Unabhängig von seiner Mittelverwendung ist das Sondervermögen ein deutliches Zeichen des politischen Scheiterns der Bundesrepublik. Die Verantwortung dafür liegt bei Friedrich Merz, der all dem aus Koalitionsräson und aus eigener Überzeugung zugestimmt hat.

Grundsätzlich gilt: Jeder Euro, der vom freien Kapitalmarkt abgezweigt und durch die gigantische Verwaltungs- und Umverteilungsmaschine des Staates gesteuert wird, ist ein verlorener Euro. Und jedes kreditfinanzierte Staatshandeln hinterlässt letztlich nichts als neue Schulden, die später über Fiskalabgaben oder Inflation zurückgezahlt werden müssen. Einen Free Lunch gibt es nicht – es gibt nur schlechte Politik.

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Kommentare ( 10 )

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Gert Lange
2 Monate her

Leute ihr werdet den Niedergang bis zum vollständigen Zerfall nicht aufhalten können. Wer nicht auf dem Altar der kollektivistischen Politics geopfert werden will, muss jetzt gehen, oder?

sailoralex
2 Monate her

Danke für den Beitrag Herr Kolbe!
leider haben wir zuviel schlechte Politik mit zu vielen Schulden…
Und kein Ende in Sicht…

Alf
2 Monate her

Unabhängig von seiner Mittelverwendung ist das Sondervermögen ein deutliches Zeichen des politischen Scheiterns der Bundesrepublik. 

Allein die Tatsache, Schulden (nicht Vermögen) mit dem abgewählten Bundestag zu beschließen, zeigt, daß „unsere“ Demokratie keine ist.
Ob die Ergebnisse der morgigen Wahl diesen Spuk beenden?
Die Koalition der Wahlverlierer hat keine Legitimation, dieses Land zu regieren.
Sie können es nicht und es ist offensichtlich, daß sie nur ein Ziel haben….

lube
2 Monate her

Bundesbank und Bundesrechnungshof sind von Rechtsradikalen unterwandert. Der Antifa Finanzminister hat die Division durch 0 aufgelöst. Er kann mit Fritz gemeinsam zaubern.
Sie führen uns zum Endsieg.

Wilhelm Roepke
2 Monate her

Wenn das Bundesverfassungsgericht endgültig personell auf links getrimmt sein wird, werden sich die Kartellparteien auch um die lästige Bundesbank und den Bundesrechnungshof wegen Unbotmäßigkeit kümmern. Da sie aber keine Macht haben, hat das noch Zeit…

Schwabenwilli
2 Monate her

Ein kleiner Versuch einer Erklärung warum wir da stehen wo wir eben sind.

https://m.youtube.com/watch?v=JmYDlYOlsAE&pp=ygUWSsO2cmcgdXJiYW4gw7xiZXIgbWVyeg%3D%3D

Als Herr Merz vor über 20 Jahren die Politik verlassen hat war er vermutlich kein oder nur ein kleiner Millionär. Gibt eigentlich einen ungefähren Stand seines Vermögens von heute?

Klaus D
2 Monate her

Geradewegs in die Pleite…und! Schaut man sich die westlichen demokratien an haben die doch fast alle hohe schulden* und stehen vor der pleite. Nicht das ich gut finde was Merz da macht aber deutschland hat ja im vergleich zu diesen ländern noch geringe schulden. Interessant ist auch das die reichen in all den ländern mehr und reicher geworden sind – wie in deutschland auch. Auch ist die politik (im jetzt) bei allen gleich (ähnlich). Man will „unten“ einsparen, die bürger sollen mehr arbeiten und die reichen weiter abkassieren. Merz will ja auch im sozialen einsparen (unten), das die leute mehr… Mehr

Mausi
2 Monate her

Man muss inzwischen alles einklagen. Und dann ist der Rechtsweg unendlich lang. Und am Ende ist alles mit dem GrundG vereinbar, was unsere Regierungen machen.
Es sollte mal ein Unternehmen so kreativ bilanzieren und Schulden verstecken. Dann wäre der Teufel los. Es wäre Insovlenzverschleppung. Und der Geschäftsführer würde mindestens vor Gericht stehen, wenn nicht sogar ins Gefängnis wandern.

Last edited 2 Monate her by Mausi
Logiker
2 Monate her

„Bundesbank und Rechnungshof kritisieren Finanzplanung“

So sieht’s aus !

Wie nicht anders zu erwarten – die Hütchen-Spieler in voller Aktion:

https://www.n-tv.de/politik/Muetterrente-statt-neuer-Bruecken-schweres-Foul-article26030222.html

Fehlt nur noch ein vor weinigen Jahren noch übliches, drastisch einschneidendes Urteil des BVerfG – wie bei Habecks verfassungswidrigen Klimafond –

und schon ist Deutschland so pleite wie Frankreich oder GB – oder unterm Strich die gesamte EU.

BK
2 Monate her

Ist schon der 11.11. oder soll das ein Witz sein? Das ist eine Schuldenorgie verantwortungsloser Politiker, aber kein Finanzplan. Kreditaufnahme würde mindestens einen Tilgungsplan beinhalten. Am Ende wird es dann heißen, Corona war schuld, Putin war schuld und die bösen Boomer. Alle Verantwortlichen verabreden sich zum Tee im Untersuchungsausschuss und stellen sich einen Persilschein aus.