Kritik an Rundfunkgebühr GEZ: ARD und ZDF sind überflüssig

Historisch gewachsen, aber im Internetzeitalter obsolet: Zwangsgebühren für Hörfunk- und Fernsehen

Es ist ein ziemlicher Knaller, was da so in den Weihnachtsfeiertagen auf der Homepage des Bundesfinanzministeriums eingestellt wurde: Der Wissenschaftliche Beirat des Ministeriums legt die Axt an das heutige System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Danach müsse das heutige System komplett auf den Prüfstand; der Gebührenzwang soll zumindest eingeschränkt und durch eine Art Abo-Modell ersetzt werden; die bisherige Gebührenerhöhung „nach Bedarf“ soll aufgegeben werden und ARD/ZDF nur noch das senden dürfen, was die Privaten vernachlässigen: Fußball gehört sicherlich nicht dazu.

Die Argumente des Beirats, der viele Spitzen-Ökonomen versammelt, sind gefährlich für ARD und ZDF und ihr Gebührenaufkommen von 7,5 Milliarden €, die über die Haushalts-Zwangsabgabe von den Finanzämtern eingetrieben werden.

 

Die Welt ist über die Rundfunkgebühren hinweggegangen

Ursprünglich war „die Zahl möglicher Fernsehkanäle technologisch eng begrenzt, zunächst auf einen Sendekanal, wenig später auf eine sehr kleine Anzahl von Sendern. Diese Begrenzung besteht heute nur noch theoretisch und ist für alle praktischen Belange keine wirklich bindende Zugangsbeschränkung mehr.“

Mit diesem Satz haut der Beirat die Gebührenfinanzierung um wie eine Tanne für den Weihnachtsmarkt. Klar – damals gab es wenige Sender; also durften die 1, 2 oder 3 Programme nicht monopolisiert werden. Aber heute gibt es über 80 Kanäle – und das Internet. Niemand kann mehr die Information monopolisieren – im Gegenteil. ARD und ZDF sind eine eigene Macht im Staat.

Der Beirat hat nachgerechnet:

„Die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten betreiben 22 Fernsehkanäle sowie 67 Radioprogramme und entfalten Aktivitäten im Bereich des Internets. Ein normales Jahr hat 525.600 Minuten. Das Jahr 2012 verzeichnete dem gegenüber 10,2 Millionen Fernsehsendeminuten im Bereich der öffentlich-rechtlichen Sender, was in etwa 19 Fernsehjahren entspricht.“

Die Frage ist also: Brauchen wir Gebühren, um 19 Jahre TV von ARD und ZDF pro Jahr zu produzieren oder hat sich da was verselbständigt?

Der Beirat gibt die Antwort: Das System ist teuer und ineffizient.

Die Zahlen zeigen, „dass Deutschland bei den öffentlichen Mitteln pro Kopf mit 94 Euro (2011) in der absoluten Spitzengruppe der betrachteten Länder liegt. Lediglich Norwegen und die Schweiz gaben pro Kopf mehr für öffentlichen Rundfunk aus.“

Diese Art von TV braucht man aber nicht. Längst seien ARD und ZDF den Privaten zu ähnlich geworden.

Kaum mehr Unterschied zu den Privaten

„Diese Sender sind von außen praktisch ununterscheidbar von ihren privaten Pendants. Selbst die Namensgebung von Radioprogrammen (beispielsweise „Jump“, „N-Joy“, „YouFM“, „Fritz“) verschleiert oft deren öffentlich-rechtliche Herkunft. Zweitens kann man auch im TV-Bereich kaum die große Zahl an Unterhaltungssendungen als „Lead- in“ zu den gelegentlichen Nachrichten- und Informationsformaten rechtfertigen.“ 

„Gelegentlich Nachrichten- und Informationsformate“ – treffender kann man es kaum sagen.

Das Bundesverfassungsgericht hat versagt

Nun hat das öffentlich-rechtliche Fernsehen einen mächtigen Freund – das Bundesverfassungsgericht. Ursprünglich, 1961, haben die Richter das System mehr oder weniger in die Welt gesetzt zu einem Zeitpunkt, als der damalige Bundeskanzler Konrad Adenauer sich mit dem ZDF so eine Art schwarzen Kanal zulegen wollte. Das war die Geburtsstunde. Der Rundfunk wurde der Politik entzogen, wenigstens ein Stück weit, um Vielfalt innerhalb der Sender zu ermöglichen. Wenn es schon nicht viele Sender gibt, so sollte die „Binnenpluralität“ innerhalb der Sender über die Gebühr und ihren Status garantiert werden. Aber mittlerweile gibt es unzählige Kanäle, und das Internet, eine Einrichtung, die die Richter vermutlich noch nicht richtig kennen.

Trotz der geänderten technischen Möglichkeit, von der Einfalt zur multimedialen Vielfalt – das Bundesverfassungsgericht hat immer ARD und ZDF verteidigt und ihnen einen Bestandsschutz eingeräumt, und als selbst der gefährdet war, sogar eine Entwicklungsmöglichkeit garantiert. Das ist der Freibrief für das Vordringen von ARD und ZDF ins Internet, wo sie allen anderen Anbietern das Leben schwer machen – ARD und ZDF sind finanziert von Gebühren, alle anderen Anbieter prügeln sich um Peanuts der Werbegelder.

Jetzt greift der Beirat das Bundesverfassungsgericht massiv an und bescheinigt im Versagen es habe nicht berücksichtigt, was seither geschehen ist:

„Das Gericht selbst geht jedoch der Sache nach kaum noch wirklich von Alternativen aus. Zur Problematik dieser Rechtsprechung gehört es, dass die Basis der rechtsdogmatischen Folgerungen ausschließlich mit Eigenzitaten belegt wird und weder ökonomische, sozialwissenschaftliche oder sonstige Fachliteratur einbezieht, der Begründungsduktus mithin zunehmend selbstreferentiell erscheint.“

Gemeiner kann man es kaum formulieren: Das Bundesverfassungsgericht nimmt die Wirklichkeit nicht wahr. Es schreibt von sich selbst ab, bewegt sich weiter in der Adenauer-Zeit und das Internet ist für die Richter ein Fremdwort. Das machen Kinder. Aber keine Richter. An diesen Argumenten wird das Gericht in Zukunft nicht mehr vorbei gehen können. Rundfunk ist etwas anderes als ein verbeamtetes Gericht.

Vage, aber grundsätzliche Reformen – und nun?

Der Beirat fordert also eine massive Veränderung. Wettbewerb innerhalb der Sender um knappe Gebühren statt deren Ausdehnung; allein der Verzicht auf Profi-Fußball könnte 450 Mio. € sparen. Die Privaten würden ja nichts lieber senden als Fußball, wenn die ARD ihnen die Programme nicht buchstäblich mit Beitragsmillionen abgejagt hätten. Das sei ein klarer Wettbewerbsverstoß – Pro7 und RTL müssen rechnen, ARD und ZDF erhöhen einfach die Gebühr. Öffentlich-rechtlicher Rundfunk sei prinzipiell nur dann erforderlich, wenn die Privaten versagen – und das tun sie ja auch: Nachrichten der Privaten sind ja nun wirklich nicht gut; politische Sendungen gibt es kaum. Jetzt rächt sich, dass RTL und Pro7 hauptsächlich Trash-TV senden; das ist die letzte Begründung für ARD und ZDF.

Insgesamt bleibt der Beirat bei den Reformwegen eher vage. Aber er stößt eine wichtige Debatte an.

Trotz der massiven Angriffe: Sehr schnell wird sich nichts ändern. Zu stark ist die Lobby von ARD und ZDF; immerhin kommen bei denen Politiker noch vor. Die Privaten sind weitgehend Politik-frei. Aber immerhin: Eine wichtige Diskussion kommt in Gang. Auf dieser Site haben wir ja vergangene Woche erlebt, wie umstritten die Debatte ist, und wie unbeliebt ARD und ZDF bei vielen Menschen sind. Mit ihrer Haushaltsgebühr, der man sich nicht entziehen kann, haben sich sich endgültig angreifbar gemacht. BILD hat zunächst darüber berichtet, DER SPIEGEL nachgezogen. Daran sieht man auch, welche Feinde am Werk sind. Auch RTL (Bertelsmann) und Pro7/Sat1 sind keine netten Jungs. Die werten Kollegen hier finden das lachhaft,  (siehe gelesen,gelacht, gelocht) aber ihnen ist zu widersprechen. http://netz-tv.blogspot.de/2014/12/gelesen-gelacht-gelocht-abschaffung-der.html

Zwar ist Rundfunk in der konkreten Ausgestaltung Ländersache; aber am Bundesverfassungsgericht kommen sie nicht vorbei und auch nicht an der öffentlichen Meinung. Zumindest sind Gebührenerhöhungen kaum mehr durchsetzbar. Dann aber ersticken ARD und ZDF an der Kombination aus Reformunfähigkeit und wachsenden Pensionslasten. Hier wurde ein für diese Sender gefährlicher Prozess beschleunigt. Allerdings: jetzt sollten auch RTL & Co. zeigen, dass sie wirklich seriöse Nachrichten und Informationsprogramme anbieten können.

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