GroKo-Sondierung: mutlos, ratlos, planlos

Warum haben Union und SPD bloß so lange sondiert? Diese Regierung hat sich selbst zurückgestuft - zur ewigen Fortsetzung ihrer geschrumpften Koalition und zur Geschäftsführung des „Weiter so“.

© Tobias Schwaz/AFP/Getty Images

Auf den Kanzler kommt es an, hat es einmal geheißen. Es stimmt, er bestimmt die Richtlinien der Politik, beruft sein Kabinett. Gut, in einer Koalitionsregierung beruft er nur die seiner Partei, und beim Koalitionspartner hört es auch auf mit der Richtlinie. Aber umso mehr kommt es auf den Kanzler an: Wenn Führung schwierig wird, entscheidet derjenige, der führt. Und wie ist es jetzt mit Angela Merkel und den Sondierungsergebnissen:

Zunächst das Positive

Einmal kurz durch 29 Seiten
Groko-Sondierung: Zuwanderung, Sicherheit und Demokratie
Also gut, zunächst das Positive: Es soll keine Steuererhöhungen geben. Irgendwie hat sogar die SPD gemerkt, dass man mit 60.000 € Jahreseinkommen nicht „reich“ ist, sondern gerade tauglich, in einer der Metropolen eine Stadtrandwohnung zu beziehen. Der Familiennachzug soll auf 1.000 Personen monatlich begrenzt werden. Das ist weit weniger, als wir befürchten mussten. Dazu kommt ein gewollter Nachzug von bis zu 220.000 pro Jahr, die berühmte Obergrenze ohne feste Grenze, wie Merkel sie unbedingt haben will.

Europa wird wortreich belobigt, sogar ein Scheck in Aussicht gestellt, auf so was muss man erst mal kommen: Zukünftige Zahlungen anstelle der Briten, über deren Höhe erst mal verhandelt werden sollte, schon mal zusagen … Aber wenigstens ist nichts zu hören von Martin Schulz‘ „Vereinigten Staaten“, mit denen er Osteuropa abspalten will.

Kein Aufbruch, nur Verschiebebahnhof

Aber wenn man davon absieht – dies ist kein Bahnsteig für eine Reisebeginn, sondern nur ein Verschiebebahnhof. Offene Fragen werden in Kommissionen deponiert, geprüft, überlegt, auf ein anderes Gleis geschoben – aber sie kommen nicht vom Fleck.

Eine seltsame Müdigkeit liegt über dem Papier. Man kann sich nicht einmal darüber aufregen. Die neue Regierung macht da weiter, wo die alte aufgehört hat: in stagnierender Geschäftsführung. Im Weiter-So, das andern nimmt, um sich selbst nicht mühen zu müssen.

Beispiel Steuerentlastung: Gerade 10 Milliarden sollen Bezieher kleinerer Einkommen erhalten. Das ist so gut wie nichts – in vier Jahren nur 10? Zehn Milliarden Euro in vier Jahren gehen kaum als Entlastung durch. Die Wirtschaft brummt, der Staat bekommt immer mehr Geld. Die eigene Steuerschätzung der Bundesregierung geht davon aus, dass über die nächsten vier Jahre die Einnahmen der öffentlichen Hand um insgesamt 300 Milliarden Euro über dem liegen, was der Fiskus entsprechend den Steuereinnahmen des vergangenen Jahres hätte. Es ist, sagen wir es einfach, eine Frechheit. Der Staatsanteil steigt, die Steuerzahler werden abgegriffen, und sollen für ein paar Groschen applaudieren. Die vielen Regulierungen, Strangulierungen, Beschneidungen der persönlichen Freiheit, die Gängelung der Bürger und Unternehmen, die Sehnsucht nach Umverteilung, nach Gleichmacherei sind Zeichen und Fakten, die kaum mehr mit der Vorstellung von einer marktwirtschaftlichen Ordnung in Einklang zu bringen sind. Kein Wort dazu. Nur noch mehr Regulierung. Der Staat wird’s richten mit dieser Kanzlerin.

Zugriffsrecht für den Nannystaat
Groko-Sondierung: Kinderrechte in der Verfassung
Ähnlich im Gesundheitswesen: Die gravierenden Mängel bleiben: Schlecht ausgestattete Kliniken, bittere Folgen früherer Sparexzesse bei Medikamenten, gleichzeitig ungeheure Verschwendung durch schlechte Organisation und unnötiger Inanspruchnahme. Man hat sich über die Bürgerversicherung gestritten, auch nur ein Versuch, Gleichheit im Elend herzustellen. Aber eigene Ideen? Fehlanzeige. Reformen, um das kranke System zu ändern? Niente. Null.

Zuwanderung: Weiter willkommen ohne Reform

In der Zuwanderung – Leerstelle. Aber eine brüllende. Humanitäre Engagements sollen verbessert werden, die Entwicklungshilfe, der Klimaschutz und die Waffenexporte sollen reduziert werden. Natürlich sollen faire Handelsabkommen abgeschlossen werden. Irgendwann sollen Grenzen überwacht werden. Bis dahin soll Europa gestärkt werden. Vertagung eines drängenden Problems … Und, was soll das bewirken? Wird es auch nur einen Zuwanderer in die deutschen Sozialsysteme davon abhalten? Kirchentagsrhetorik statt Politik, ist das die neue GroKo? Konkret ist das Papier nur, wenn es um die weitere Zunahme der Zuwanderung geht: Bis zu 220.000 also im Jahr, und natürlich „eche“ Asylbewerber unbegrenzt, sowie begrenzten Familiennachzug. Die drängenden Probleme, praktisch ausfallende Integration in den Arbeitsmarkt, Überlastung der Schulen, wuchernde Parallelgesellschaften, Hunderttausende von Illegalen, nicht erfolgte Identifizierung, Kinder mit Vollbärten, Antisemitismus, wachsende Kriminalität und Unterdrückung von Frauen? Fehlanzeige. Die angebotenen Frauenhäuser und Frauentelefone werden da wenig helfen. Man verliert sich in solchem Klein-Klein, um nur die großen Themen nicht anpacken zu müssen.

Es ist, also ob die GroKo in einer selbstgeschaffenen Märchenwelt leben würde. Die ganze Schönheit dieser Fiktion zeigt sich in der „Wohnraumoffensive“. Abgesehen davon, dass bei Offensiven meist Wohnraum verloren geht:

Politik und Behörden blockieren
Groko-Sondierung zum Wohnungsbau: "Warum zu wenig gebaut wird"
1,5 Millionen Wohnungen sollen gebaut werden. Wie, bleibt weitgehend offen. Auch das klingt viel – bei der bisherigen und zukünftigen Zuwanderung reicht das gerade für die weiter munter wachsende Migrationsbevölkerung. Hier zeigt sich die Planlosigkeit. Diese Weiterwurstel-Regierung hat eine gigantische Zuwanderung in Gang gesetzt – und steht jetzt vor den Folgen, die sie nicht wahrhaben will. Das Land wird gerade massiv umgebaut und verändert. Diese Regierung verschließt die Augen davor und redet lieber über „Kinderrechte“, die sie in Einwandererfamilien schon heute nicht durchsetzen kann. Weil sie längst in einer eigenen Welt leben, die mit der gedachten der Regierung nichts mehr zu tun hat. Dafür dürfen zukünftig die CO2-Einsparungen auf „Quartiers- und Siedlungsebene bilanziert werden“. Klein-Klein, damit man über das Große nicht reden kann; kleinkörniger Sand für die Augen der Wähler. Einschlafhilfe statt Reform.

Kämpfen ohne Waffen

Und so holpert das „Weiter-So“ durch alle Bereiche. Das selbstgesteckte Klimaziel wird nicht erreicht – weiter so. Die Bundeswehr soll von Afghanistan bis Mali kämpfen, allerdings ohne Waffen, Munition, Flugzeuge, Heilkopter, Mannschaften und Munition: Kämpfen ohne Waffen, immer weiter so.

Aber es kommt ja auf die Kanzlerin an. Sie ist erkennbar mutlos, ratlos, planlos bis zur offenen Hilflosigkeit.

Übrigens hat mit diesem Slogan, auf den Kanzler kommt es an, 1969 die CDU die Regierungsmacht verloren. Es ist wieder so weit.

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Kommentare ( 88 )

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Franko
6 Jahre her

Diese Verhandler sind dabei, den Untergang Deutschlands Wirklichkeit werden zu lassen, wenn sie sich nicht endlich darauf besinnen, ihren einst geschworenen Amtseid ernst zu nehmen. Wo ist ihr Verständnis für das eigene Volk? Es sinkt jeden Tag ein Stück tiefer. Sie verraten die deutschen Grundwerte und sind dabei, Deutschland als ein christliches Land auf Dauer auszulöschen, damit ein alles unterdrückender Glaube Platz findet. Sie spalten die Gesellschaft in eine noch christlichen und moslemischen Parallelgesellschaft mit einer Schattenjustiz (Scharia), Moslemisches Eherecht mit Mehrfachehen, Kinderehen, die lt. bundesdeutscher Rechtssprechung nicht erlaubt ist. Zwangsverheiratung nicht zu vergessen. Verletzung der Menschenrechte der Frauen und… Mehr

jackhot
6 Jahre her

„Gleichmacherei,Umverteilung“ etc.
Nö, weiter so. Allenfalls für Großunternehmen u. „obere10.000“ .
Niedriglohnsektor ausweiten, Arbeitnehmerrechte weiter aufweichen bzw. abschaffen.
Siehe tun der SPD nicht erst seit 1990; mit zeitweiliger Unterstützung v CDU CSU
FDP…..Grün*innen. Wann hatte CDU Wirtschaftsminister bzw. „Arbeitsminister“,
und was wardn die Folgen?

mensch nach staatlichem, deutschem Recht
6 Jahre her

Was ist an dem von Ihnen genannten „Positiven“ Positiv?
Nichts, aber rein gar nichts! Setzten 6.

Jens Frisch
6 Jahre her

„1,5 Millionen Wohnungen sollen gebaut werden.“
Da es sich in der Regel nicht um 1-Zimmer Wohnungen handeln dürfte, können wir alle, für die 2+2 noch 4 ergibt, ablesen, wieviele „Flüchtlinge“ insgesamt eingeplant sind: Zig Millionen!!

Arno Schäfer
6 Jahre her

„Eine seltsame Müdigkeit liegt über dem Papier“ -das trifft es in der Tat am besten, mir erging es ebenso: Beim Lesen der 28-Seiten Papier musste ich krampfhaft dagegen ankämpfen, nicht einzuschlafen. Keinerlei Aufbruchsstimmung, keinerlei große Konzepte, ja nicht einmal _kleine_ Konzepte, weil ja nichts konkretes benannt ist, stattdessen verschwurbelte nichtssagende Phrasen. Vo allem aber: Nicht einmal der Hauch einer Vorstellung, wie eine _langfristige_ Politik für DE aussehen soll: NICHTS!
-Dieses Papier ist eine Schande für CxU und SPD, man muss es leider dermaßen deutlich formulieren.

Dr. Mike
6 Jahre her

Wer als demokratisch gewählter Amtsträger keinerlei Nachteil erleidet, wenn er verheerende Entscheidungen trifft, außer dass er – unter Beibehaltung aller Pensionsansprüche – abgewählt wird, hat keinen Anreiz, langfristig vernünftige Entscheidungen zu treffen. Weitreichende Entscheidungen, wie der Ausstieg aus der Kernenergie, die Haftung für Schulden anderer EU-Staaten, die bedingungslose Öffnung der Grenzen für Zuwanderer, werden ohne Beteiligung des Parlaments und entgegen der bestehenden Rechtslage von der Regierung einfach verfügt.

Sonni
6 Jahre her

Die beiden mit Abstand größten Wahlverlierer der Bundestagswahl 2017 regieren höchstwahrscheinlich Deutschland für die kommenden vier Jahre.
Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen.
Meine Kreativität reicht nicht aus mir vorzustellen, was darüber irgendwann in den Geschichtsbüchern stehen wird.

chrisamar
6 Jahre her

Deutsche Beamte sind „Merkel-Fans“. Auch im Deutschen Bundestag sitzen 709 „Merkel-Fans“, nämlich die Abgeordneten. Immerhin ist der Deutsche Bundestag der zweitgrößte Bundestag hinter China. China hat min. 1,3 Milliarden Bürger… Machen wir uns doch nichts vor. Wir befinden uns in der selben Lage wie die DDR in den 80er Jahren. Laut Prof. Dr. Raffelhüschen ist 2020 Schluss mit den Sozialen Kassen. Bis 2020 allerdings werden die Steuern und noch dramatischer die Sozialabgaben, weiter drastisch steigen. Damit wird dann alles für jeden noch teurer und der Staat wird „konsumtive Ausgaben“ weiter kürzen. D.h. noch weniger Leistung durch den Staat werden immer… Mehr

Freedom is not for free
6 Jahre her
Antworten an  chrisamar

Ich bezweifle dass Polizisten, Zollbeamte, Soldaten, Bamf Mitarbeiter, Jobcenter Mitarbeiter und Lehrer alle Merkel Fans sind. In meinem Bekanntenkreis wird aus diesen Berufsgruppen viel Kritik geübt.

Andie Theke
6 Jahre her

Der öffentlich rechtliche Staatsfunk hat aber auch so eine Art Beamtenstatus.
Aber Ü 70 wählt 90% Merkel, die Diktatur der Alten

chrisamar
6 Jahre her
Antworten an  chrisamar

„Deutschlands Beamte zeigen eine klare Wahlpräferenz für die Union. Wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl, würden sich 46 Prozent von ihnen für die CDU/CSU entscheiden. Das zeigt eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa für den Beamtenbund. Bei allen Wahlberechtigten käme die Union nach dem Forsa-Wahltrend für RTL und „Stern“ dagegen nur auf 38 Prozent.

Unter den Beamten ist die Zahl der Anhänger von Bundeskanzlerin Angela Merkel also besonders groß. “ Handelsblatt, 24.08.2017

chrisamar
6 Jahre her

„Rußland, und in den letzte Jahren zunehmend die Türkei zeigen überdeutlich das Hauptproblem von mafiösen Staaten, d.h. Staaten, in denen die Regierung im wesentlichen aus rein Eigeninteressen getriebenen, geschlossenen Organisationen bestehen: ist erst einmal die Macht gesichert, plündert das Regime systematisch das Land aus. Dabei wird in 3 Stufen verfahren: zuerst werden die politischen Konkurrenten ausgeraubt – was i.d.R. noch Zustimmung beim Volk findet. Dann ist die politisch uninteressierte breite Masse dran – was mit einer massiven Steigerung der Repressionsapparates einhergehen muss. I.d.R. beunruhigt dies ausländische Investoren wenig, weil sie sich meist eng mit dem Regime wirtschaftlich verzahnen. Am Ende… Mehr

Mayer
6 Jahre her

Nach der Staatskrise nun endlich die Regierungskrise. This will be good.

jackhot
6 Jahre her
Antworten an  Mayer

Haben wir nicht, hat das Steinmeier gesagt?