Geld für Stromer

Ach, was waren das noch für einfache Zeiten, als Bertha Benz sich über den in Selbstzweifeln verfangenen Herrn Gemahl ärgerte, der der eigenen Erfindung nicht traute: Bertha packte die Kinder auf die komische Kutsche ohne Pferde und los ging’s zur Probefahrt in die Epoche des Verbrennungsmotors. Das Auto verdanken wir einer Frau, die das Werk eines grüblerischen Ingenieurs resolut durch das Hoftor schob.

Geht es nach den Granden der deutschen Automobilindustrie, soll es wieder eine Frau sein, die den Weg in die neue Ära der individuellen Mobilität frei macht: Bundeskanzlerin Angela Merkel soll auf einem Auto-Gipfel Anfang Mai dazu gebracht werden, Milliarden Euro lockerzumachen für Batterien, Forschung und Fabriken, auf dass das E-Mobil ins Rollen kommt und den Erben von Bertha und Carl Benz die Weltgeltung in der Autoindustrie auch nach der elektrotechnischen Revolution erhält. Am Auto hängen ja in Deutschland um die 700 000 Arbeitsplätze, und damit das so bleibt, drängt’s die Branche an die Fördertöpfe.

Nach einer Analyse, die McKinsey für die WirtschaftsWoche erstellt hat, haben derzeit andere die Nase vorn: Die USA führen dank einer Starthilfe von 22 Milliarden Euro für die zukünftigen E-Autos made in Detroit. Im Rennen um das E-Auto liegt Deutschland auf Rang drei; an der Stoßstange drängelt China. Mit drei Milliarden Euro an bekannten Subventionen und den Tricks einer zentral gelenkten Wirtschaft setzt das Land zum großen Sprung in dieser Industrie an. Deutschland dagegen kleckert mit 615 Millionen und riskiert, dass die wichtigste Branche nein, nicht zurückfällt, sondern ausfällt.

Ist das wirklich so? Brauchen wir staatliche Subventionen, um bei technischen Umbrüchen mithalten zu können? Ein Blick in den Rückspiegel offenbart ein Panorama des Scheiterns früherer Subventionierungen. Mit Milliarden wurden seit den Sechzigerjahren Kernenergie und Computer und Chipindustrie gefördert. Die Atommeiler will jetzt kaum einer mehr; der jüngste Meiler wurde nach Fertigstellung sofort zum Vergnügungspark umgerüstet. Die Computerindustrie kam nie so richtig ans Laufen. Der Schiffbau wurde gepäppelt – und jetzt erleben wir, wie die letzten Werften abgewrackt werden. Die Airbus-Flotte fliegt – gut, dass wir vergessen haben, wie viele Milliarden die Startbahn geebnet haben.

Deutschland kann viele moderne Technologien vorweisen. Aber es fällt auf, dass dies nie direkter Förderung bestimmter Vorhaben, viel häufiger aber den vielen Forschungseinrichtungen zu verdanken ist, die die Voraussetzungen dafür schaffen, dass Ingenieure in der Industrie dann die Umsetzung in Produkte und Verfahren schaffen. Gerade erleben wir, wie das jüngste und vorerst aufwendigste Förderprogramm katastrophal scheitert: die Solarindustrie. Allein die im vergangenen Jahr installierten Solarpaneele werden in den kommenden 20 Jahren 22 Milliarden Euro an Subventionen verschlingen. Ihr Beitrag zur Stromerzeugung liegt aber bei 0,7 Prozent – dafür stammen weit mehr als die Hälfte der Produkte aus Asien. Längst haben andere Länder solartechnisch aufgeholt; meist finanziert aus deutschen Hilfen. 100 Milliarden Euro kostet der solare Irrweg bis 2011; das Doppelte in den kommenden 20 Jahre obendrauf. Diese Verteuerung des Stroms wiederum bremst das Elektroauto – anderswo ist der Strom billiger und der Anreiz größer, auf die Stromer umzusteigen.

Die Vision des schadstofffreien Elektroautos hat ein globales Wettrüsten ausgelöst. Was zu tun ist, zeigt unsere Serie. Aber direkte Subventionen sind süß, trotzdem Gift, lehrt die Erfahrung.

(Erschienen am 17.04.2010 auf Wiwo.de)

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