Münchens Grüne wollen Parteifreundin in Spitzen-Job drücken – trotz Zweifel an Qualifikation

Die Grünen-Politikerin Laura Dornheim soll IT-Referentin der Stadt München werden – obwohl sie in der Bewerberrunde schlecht abschnitt. Auch in ihrem Lebenslauf gibt es Merkwürdigkeiten.

Mit ihrer Bewerbung für den Bundestag scheiterte die Berliner Grünen-Politikerin Laura Dornheim, 38, im September 2021. Jetzt soll sie nach dem Willen der grünen Rathausfraktion in der bayerischen Landeshauptstadt einen Spitzenposten antreten, der etwa so hoch bezahlt wird wie ein Parlamentsmandat: IT-Referentin der Stadt München. Dort würde sie ein Budget von 300 Millionen Euro verwalten; die Stelle ist mit monatlich 10.000 Euro Gehalt dotiert. Für die Position besitzt die Grünen-Fraktion das Vorschlagsrecht. Dornheims Wahl galt also bis vor kurzem als sicher – denn die Grünen bilden zusammen mit der SPD und Vertretern der Kleinpartei Volt die regierende Koalition im Rathaus, in der die Vereinbarung herrscht, den Personalvorschlägen der jeweiligen Fraktion zu folgen.

Allerdings fiel die geplante Wahl der grünen Politikerin am Mittwoch erst einmal aus. Mehrere Grünen-Abgeordnete konnten wegen Corona beziehungsweise Positiv-Test nicht anwesend sein, ein weiteres Fraktionsmitglied hatte sich anderweitig krankgemeldet. Damit wurde die zur Abstimmung nötige Mehrheit offenbar knapp. Denn bei den anderen Fraktionen gibt es massive Zweifel an dem Personalvorschlag.

Zum einen habe sich in der Bewerbungsrunde gezeigt, moniert die CSU, dass Dornheim im Vergleich mit anderen Bewerbern die geringste Qualifikation für die Stelle nachgewiesen hätte. Zu den Bewerbern gehörte unter anderem der frühere Siemens-CIO Harald Hoefler, der die IT des gesamten Konzerns erfolgreich umstrukturiert hatte. Dornheim, so der CSU-Stadtrat Leo Agerer, sei „mit Abstand die schlechteste Bewerberin“ in der Runde gewesen. Aus ihrer Vita geht nicht hervor, ob und wo sie schon einmal ein größeres IT-Projekt geleitet hatte.

Außerdem finden sich in ihrem Lebenslauf Unstimmigkeiten. Über ihrer Vita im Netz

gibt es die merkwürdige Einblendung: „wird gerade überarbeitet“ – was ein wenig an die Lebenslauf-Affäre der grünen Politikerin Annalena Baerbock erinnert. Der Lebenslauf Dornheims, der zurzeit online einsehbar ist, enthält überhaupt keine Angaben zu beruflichen Stationen und dem Inhalt ihrer früheren Tätigkeiten.

Stattdessen finden sich dort allgemeine und teils seltsam formulierte Aussagen wie:
„Technik hat mich schon immer begeistert und seitdem ich mich im Kindergarten dafür rechtfertigen musste, bin ich Feministin“, außerdem die Angabe: „Ich habe in Physik Abitur gemacht“. Zu ihrem beruflichen Werdegang schreibt sie, sie habe „in verschiedenen Digitalunternehmen gearbeitet“.

Dornheim studierte nach eigenen Angaben Wirtschaftsinformatik, ein Fach, das im Vergleich zu Informatik als weniger anspruchsvoll gilt. Daran schloss sich ein Studium in Gender Studies an, in dem sie 2014 an der Universität Lüneburg promovierte. In ihrer Bewerbung für den IT-Referentenposten schrieb Dornheim, sie sei von 2008 bis 2014 Unternehmensberaterin bei der Münchner Firma „Stern Stewart & Co.“ gewesen.

Allerdings, so die Bild, ergebe sich aus früheren Lebenslauf-Angaben, dass sie drei dieser sechs Jahre in Teilzeit gearbeitet hatte – was dafür spricht, dass sie dort wesentlich weniger berufliche Erfahrung sammelte, als sie in ihrer Bewerbung suggeriert. Ende 2012 schrieb sie über sich in einer damals online abrufbaren Vita: „Nach dem Studium habe ich über 2 Jahre in einer Unternehmensberatung gearbeitet, seit 1,5 Jahren arbeite ich dort Teilzeit und schreibe nebenbei meine Doktorarbeit.“ Für „Stern Stewart & Co.“ betreute sie von 2010 bis 2011 ein Entwicklungsprojekt in Afrika. Welchen IT-Bezug es hatte, blieb bis jetzt unklar.

In einem früheren Lebenslauf führte sie außerdem auch sehr kurze berufliche Stationen an – beispielsweise eine Tätigkeit als „Senior Strategist“ bei der Berliner Agentur „Torben, Lucie und die gelbe Gefahr“, eine Stellung, die sie von Mai bis Dezember 2014 innehatte.

Im Jahr 2015 gründete Dornheim das eigene Unternehmen Done.Consulting GmbH, das sie 2019 wieder liquidierte.

Dafür, dass die Münchner Grünen sie trotz der bescheidenen Qualifikation durchsetzen wollen, gibt es offenbar einen politischen Hintergrund. Der bisherige IT-Referent der Stadt Thomas Bönig, der die Stelle seit 2018 innehatte, wechselt auf einen anderen Posten nach Stuttgart – nach einem tiefen Zerwürfnis mit der grünen Ratsfraktion. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung hatte Bönig die Vorstellungen der Grünen Rathauspolitiker zur IT als “einseitig, wenig pragmatisch und stark ideologisch” kritisiert, und den Abgeordneten der Partei generell „ein rudimentäres Verständnis für IT“ bescheinigt. Die Grünen sehen es in München als zentral an, möglichst viel Open-Source-Software einzusetzen. Grünen-Fraktionssprecher Florian Roth ärgerte sich über die, wie er fand, “verzerrte Darstellung” Bönigs.

Ganz anders äußerte sich Dornheim nach ihrer Nominierung zu ihrer Vorstellung von städtischer IT-Politik: „Da bin ich voll auf grüner Linie“.

Ihre vorerst vertagte Wahl soll nun im Juli stattfinden.

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