Wie lange kann Merz seinen glücklosen Außenminister noch halten?

Johann Wadephul versucht, seine Vorgängerin in Sachen Peinlichkeiten zu toppen. Hypermoralisch und belehrend. Vom Desaster in China zum Wiederaufbau-Größenwahn für Gaza und Syrien. Deutschlands Außenpolitik ist wie von Merz angekündigt aus einem Guss. Aus einem Guss von Peinlichkeiten.

picture alliance/dpa | Marcus Brandt

Man setzt keinen Kontrapunkt gegen Baerbocks deutschlandfeindliche Außenpolitik, wenn man sich eine Krawatte umbindet. Dass, seitdem Frank-Walter Steinmeier das Amt des Außenministers bekleidete, keine deutsche Außenpolitik mehr im Interesse Deutschlands stattfand, dass Annalena Baerbock, der in ihrer Stahlbetonmischung aus Arroganz und Ignoranz nicht einmal die Peinlichkeiten peinlich waren, nicht für Deutschland, sondern für die Ukraine und Palau Politik machen wollte, hätte für den ersten Außenminister der Union seit 60 Jahren doch Chance und Notwendigkeit für einen Neuanfang, für einen konsequenten Kurswechsel bedeutet.

Zugegeben, keine leichte Aufgabe, nachdem Maas und Baerbock Deutschland in aller Welt lächerlich gemacht und dadurch den Spielraum Deutschlands drastisch verkleinert hatten. Außenpolitisch nimmt Deutschland niemand mehr ernst, spätestens seitdem sich das Land von einem überheblichen Botschafter der Ukraine namens Melnyk hat herumschubsen lassen.

Auch keine leichte Aufgabe, da nach zwei Jahrzehnten allem Anschein nach in der Personalpolitik des Außenministeriums Gesinnung über Kompetenz gestanden haben dürfte.

Bundeskanzler Friedrich Merz hätte also einen Mann oder eine Frau finden müssen, die über die nötige Härte und Klugheit verfügt, diese Herkules-Aufgabe anzugehen. Doch Friedrich Merz, der Kanzler der großen Worte und ausbleibenden Taten, setzte auf den außenpolitischen Sprecher der Union aus Daniel Günthers Provinz, auf Johann Wadephul, mit dem den Kanzler, wie man hört, ein langjähriges Vertrauensverhältnis verbindet. Deshalb ging Merz auch leicht die Ankündigung von den Lippen, dass nun Außenpolitik aus einem Guss gemacht würde. Und das wurde es ja dann auch, eine Außenpolitik aus einem Guss von Pleiten, Pannen und Plaudereien an der Wirklichkeit der Welt vorbei.

Wadephul versagte als Frühwarnsystem des Kanzlers vor vermintem Terrain. Als Merz die Waffenlieferungen an Israel auf Druck von Klingbeil an der Unionsfraktion vorbei in einsamer Entscheidung zu begrenzen verkündete, warnte ihn Wadephul nicht nur nicht, sondern verteidigte Merz vor der Kritik aus Bayern und aus der Fraktion. Er fand die Entscheidung richtig und angemessen.

Doch damit nicht genug, in einer Zeit, in der die Bundesregierung 400 Milliarden Euro pumpt, weil in Deutschland die Infrastruktur zerfällt und das Land tagtäglich einem Entwicklungsland immer ähnlicher wird, will Wadephul den Gaza-Streifen wiederaufbauen: „Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass Ordnung hineinkommt, dass verwaltet wird und dass Sicherheit hergestellt wird.“ Ob man mit Blick auf den verwalteten Zerfall von Ordnung, Sicherheit und Infrastruktur in Deutschland Gaza tatsächlich einen Gefallen tut, soll hier nicht weiter erörtert werden.

Die SPD-Ministerin Alabali Radovan, deren Hauptaufgabe darin zu bestehen scheint, Milliarden deutscher Steuergelder in aller Welt zu verteilen, will erstmal 200 Millionen Euro nach Gaza transferieren. Und damit über Umwege auch die Hamas unterstützen.

Angesichts dessen kann sich der Nachfolger der großen Außenministerin Baerbock, Johann Wadephul, nicht lumpen lassen: „Wir wollen gemeinsam – die Bundesrepublik Deutschland mit Ägypten – eine Wiederaufbaukonferenz veranstalten in Kairo. Wir wollen Geberländer dazu einladen und ganz praktisch darüber sprechen: Wie kann man dieses Land wieder aufbauen? Wie kann man Häuser errichten? Am Anfang muss es um Krankenhausinfrastruktur gehen…natürlich haben wir nicht alles Geld, das am Ende des Tages benötigt wird. Aber wir organisieren den Handlungsrahmen. Wir bringen auch Geld mit. Ich glaube, wir müssen auch in der Bundesregierung darüber reden, dass wir jetzt kurzfristig noch weitere humanitäre Mittel zur Verfügung stellen.“ Aber ad hoc und unabhängig von den Millionen und wohl Milliarden, die noch folgen werden, soll es schon mal 29 Millionen Euro von Wadephul auf die Hand geben.

 

Anstatt mit China ins Gespräch zu kommen, reist Wadephul auf dem Niveau eines Schulhofintriganten um China herum, um Japan, Indonesien, Malaysia und Indien auf antichinesische Linie zu bringen. Und wo er in diesen Ländern öffentlich China kritisieren konnte wie in Tokio, tat er das auch. Die „Premiumpartnerschaft“, die er Tokio andiente, wollten die Japaner nicht einmal in Geschenkpapier eingewickelt. Selbst in Indien, das in scharfer Konkurrenz zu China steht, wollte Präsident Modi von strategischer Partnerschaft im Indopazifik nichts wissen und erteilte einer „Allianz der Eindämmung“ eine Absage.

Kein Wunder, dass niemand in China mit ihm reden wollte. Man kann natürlich einwenden, dass der Minister von seinem Ministerium schlecht beraten war, aber auch schon in Machiavellis Il Principe kann man nachlesen, dass ein starker Herrscher seine Berater auswählt – und nicht umgekehrt. Vor Amtsantritt hätte er sich über den Zustand des Außenministeriums informieren und sich parallele Beratung sichern müssen. Wenn es nicht diese Folgen für Deutschland hätte, könnte der brave Mann einen sogar leidtun, denn in seiner Gestalt erleidet die Baerbocksche Außenpolitik ihren Zusammenbruch. Doch die ist längst weg und wird mit dem Finger auf Wadephul als Schuldigen zeigen. So wie die Ruinatoren der deutschen Wirtschaft, Habeck und Kellner, mit dem Finger auf Reiche zeigen. So ist Politik.

Doch nun der Skandal zu viel: Vor wenigen Tagen reiste der Außenminister nach Syrien. Und auch hier reklamierte Merzens Minister eine führende oder aktive Rolle Deutschlands beim Wiederaufbau. Warum? Wieso? Hat Deutschland für die Schäden in Syrien gesorgt? Und damit nicht genug, der Wiederaufbaufonds für Syrien wurde auf 110 Millionen Euro aufgestockt. Hinzu kommen übrigens die Leistungen, die Bund, Länder und Gemeinden für syrische Migranten ausgeben – von Geldern bis zur kostenlosen medizinischen Betreuung, von der gesetzlich versicherte Deutsche nur träumen können.

Mehr noch. Der Hans-Guck-in-die Luft des Kabinetts Merz-Klingbeil, Wadephul,  verstieg sich zu der Aussage, dass die Rückkehr nach Syrien „zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr eingeschränkt möglich“ sei, „weil in der Tat doch sehr viel an Infrastruktur in diesem Land zerstört ist“. Kurzfristig könnten die Menschen „nicht zurückkehren“. Denn: „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“ Wer Syrien wiederaufbauen soll, wenn nicht die Syrer, bleibt Wadephuls Geheimnis. Vielleicht die Türken. Schließlich haben nach Meinung von Wadephuls Ministerium „Menschen aus der Türkei „das Wirtschaftswunder möglich gemacht & Deutschland mit aufgebaut“.

Mit diesen Worten, mit denen er die Rückkehr der syrischen Migranten ausschloss, löste Wadephul einen handfesten Krach in der Union aus. Dobrindt hielt sich mit der in der Hose geballten Faust zurück, um den Kabinettskollegen nicht vollkommen bloßzustellen, denn damit widersprach Wadephul selbst der zaghaftesten Lösung des Migrationsproblems. Grüne und Sozialdemokraten jubelten, es war, als ob Baerbock das Außenministerium niemals verlassen hatte. Merz ließ seinen Sprecher abwiegeln, was Sprecher und Merz lächerlich machte. Zumal selbst Günter Krings, Fraktionsvize und Chef der Landesgruppe NRW Bild gegenüber äußerte: „Der Zerstörungsgrad eines Landes ist als Argument gegen eine freiwillige oder pflichtgemäße Rückkehr selbstverständlich denkbar ungeeignet. Denn wer soll ein zerstörtes Land wieder aufbauen, wenn das nicht seine eigenen Staatsbürger und Staatsbürgerinnen tun?“ Krings sehr deutlich: „Der syrische Bürgerkrieg ist vorbei und in weiten Teilen des Landes ist für die allermeisten ausgereisten Syrer eine Rückkehr nun möglich und zumutbar.“

Und: „Die Grundlage eines jeden Schutzes für Bürgerkriegsflüchtlinge kann und muss sein, dass sie unser Land wieder verlassen, wenn der Krieg in ihrer Heimat beendet ist.“ Dem in einem schon fast aussichtslos zu nennenden Wahlkampf befindlichen Spitzenkandidaten der CDU in Sachsen-Anhalt, Sven Schulze, könnten Wadephuls Äußerungen weitere Stimmen kosten, deshalb äußerte er sich entsetzt: „Der Fluchtgrund für Hunderttausende Syrer war der mittlerweile beendete Bürgerkrieg. Somit muss jetzt ganz gezielt an einer Strategie zur schnellen Rückkehr dieser Menschen gearbeitet werden.“

Im Grunde muss Friedrich Merz Wadephul entlassen. Er kann es einfach nicht, mehr als Baerbocks Bürovorsteher ist einfach nicht drin. Doch dann müsste Friedrich Merz sich selbst entlassen, denn er wollte mit Wadephul Außenpolitik aus einem Guss machen. Andererseits passt Johann Wadephul perfekt in das Kabinett Merz-Klingbeil, denn welcher Minister scheitert nicht.

Man ist beinah schon beruhigt, wenn sich SPD und Union gegenseitig blockieren, dann werden Abstieg und Niedergang nicht noch zusätzlich beschleunigt.

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Kommentare ( 102 )

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Antti Stulzky
11 Tage her

Mit Tobias Hans, ex-MP vom Saarland, hat Merz noch ein weiteres Ass im Ärmel.Er hat keine außenpolitische Erfahrung, könnte das Thema also gänzlich unbelastet angehen. Eine erfreuliche Perspektive!

Haba Orwell
11 Tage her

Zur Außenpolitik – Böses Medium heute: „Militäranalyst Bosshard: Stimmung im russischen Generalstab wird „etwas antideutsch““ Der Schweizer studierte an der Generalstab-Akademie in Moskau, um die russischen Militärs besser zu verstehen. > „… Ich habe in dem Jahr, das ich an der Generalstabs-Akademie verbracht habe, eigentlich keinen Hass gegenüber Deutschland verspürt. … Das fand ich nach den 27 Millionen Toten im Zweiten Weltkrieg sehr bemerkenswert. Was ich jetzt aber in den Diskussionen mit meinen Kameraden aus dem Generalstab feststelle, ist eine gewisse Enttäuschung über Deutschland. … Die Stimmung kippt. Sie wird jetzt leider etwas antideutsch. Aber ich denke, mit einem ausgereiften… Mehr

Eddie
11 Tage her

Vorschlag: Wadephul organisiert ein Kontingent von freiwilligen Grünen, die als Trümmerfrauen den Schutt in Syrien beiseiteräumen und die Ziegel sauber klopfen. Gleichzeitig stellt er syrische Bürgergeldempfänger als Bautrupps zusammen, die die marode Infrastruktrur Deutschlands verbessern helfen.

Kassandra
11 Tage her
Antworten an  Eddie

Da bekommt das Wort „Fachkraft“ doch tatsächlich endlich eine ganz neue Bedeutung.
Neugierig, was rauskommt, wenn die heim müssen, was da so alles als „Syrer“ firmiert – was uns aber egal sein kann – denn wer einreist, kann auch heim reisen.

Micky Maus
11 Tage her

Das Beste für alle wäre, wenn der Wadephul heute sofort seinen Rücktritt erklärt, den Lügenfriedrich gleich mitnimmt und Neuwahlen ausgerufen werden. Dass wird aber nicht passieren, weil die linksrotgrüne, verlogene Regierung noch Zeit braucht, um einen zusammengezimmerten Verbotsantrag für die AfD noch zusammenzulügen und auch noch nicht fertig hat.

Rasparis
11 Tage her

Herr Krall bezeichnet diese Provinz-Knallcharge voellig zutreffend nur noch als „what a fool“.

LF
11 Tage her

Ist er „Glücklos“, oder berechnend und zielstrebig, nach seiner eigenen oder vorgegebenen Agenda?

karlotto
11 Tage her

Diplomatie ist nicht seine Stärke.
Russophobie und Außenminister ?
Bismark rotiert im Grabe.

BKF
11 Tage her

Weg, ist ja nur ein Schritt. Gäbe es denn einen sinnvollen Nachfolger als Außenminister, der diesen Posten im Sinne der nationalen Interessen Deutschlands auch ausfüllt?

humerd
11 Tage her

Abschiebungen nach Syrien:
Wadephul sieht „überhaupt keine Differenz“ zu Bundeskanzler MerzAußenminister Wadephul widerspricht dem Eindruck, er sei bezüglich Rückführungen nach Syrien anderer Meinung als der Kanzler. Auch er hoffe auf baldige Abschiebungen.“ https://www.zeit.de/politik/deutschland/2025-11/johann-wadephul-abschiebungen-syrien-kanzler-friedrich-merz-keine-differenz
Hat der grüne Außenminister von der CDU jetzt Angst um seinen Posten & Pfründe? Oder hat er die Stimmung im Land falsch eingeschätzt?
Aber keine Sorge: Abschiebungen werden sich weiter auf einem marginalen Niveau halten

Axel Fachtan
11 Tage her

Norbert Röttgen ist zwar auch nicht ganz sauber.
Aber eine derartige Blamage wäre er nicht.

Kassandra
11 Tage her
Antworten an  Axel Fachtan

Auf was man so kommt, wenn nichts Rechtes in Position gebracht werden darf?