Laschets „Klimapolitik“ kann im Wahlkampf nicht zünden 

So vernünftig die energiepolitischen Vorschläge der Union auch sein mögen, Armin Laschet wird damit im Wahlkampf nicht punkten können, weil er in den grundlegenden Fragen den Mythen der Grünen und dem Unfug einer "klimaneutralen Gesellschaft" hinterherläuft.

IMAGO / NurPhoto
Feindbild Laschet: Fridays For Future Demonstration In Düsseldorf am 27.08.2021

Viele Journalisten haben Olaf Scholz zum Gewinner des Triells ausgerufen. Übersehen wurde dabei meist, dass Armin Laschet in der Runde konkret und realistisch argumentierte, wenngleich auch der klügste Umgang mit falschen Zielen immer noch der Umgang mit falschen Zielen bleibt. Denn die so genannte Energiewende, zu der sich die Mobilitätswende gesellt, ist die Wende hin zur De-Industrialisierung, zu Verzicht, Gängelung und Einschränkung.

Olaf Scholz hat es zweimal im Triell angekündigt, dennoch überhören es die Journalisten beharrlich, denn diese Ankündigung demaskiert Scholz, den aktuellen Medienliebling. Der Kanzlerkandidat der SPD kündigte an, dass er den Strom den Verbrauchern zuteilen will. Man könnte Scholz, der schwammig formulierte, äußerst wohlwollend so interpretieren, dass man die Stromerzeugung erneuerbarer Energien, denn nur sie gibt es in der neuen schönen Baerbock-Scholz-Welt noch, entsprechend des Bedarfs plant, da man ja wisse, wie viel ein Stahlwerk bspw. an Strom benötigt. Nur, was wenn man mit den erneuerbaren Energien, selbst wenn man jedes Dach und jeden Keller mit Photovoltaik zupflastert und alle fünf Meter ein Windrad aufstellt, nicht genügend Strom erzeugt, zumindest nicht zu jeder Zeit?

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Scholz hat selbst gesagt, dass ein Stahlwerk Strom von 6 Off-Shore-Parks benötige, also von vor der Küste stehenden Windrädern, die den Wasserboden aufwirbeln und analog zu Fluginsekten und Fledermäusen für Wassertiere zu Tötungsanlagen werden. Sechs davon für ein einziges Stahlwerk. Scholz hat wahrscheinlich bezüglich des benötigten Platzes die Länge der Küste Südamerikas vor Augen. Warum stellen die Klima-Schützer eigentlich nicht einmal die Frage, welche Auswirkungen die Off-Shore-Parks auf die Meeresströmungen haben? Aber Frau Baerbock, die den Wald schützen will, verrät natürlich auch nicht, wie viel Bäume für Windparks und Stromtrassen gefällt werden müssen. 

Armin Laschet nannte bei seiner Pressekonferenz die Zahl von 655 Terrawattstunden, die bis 2030 zusätzlich an Strom benötigt werden würden, wenn beispielsweise E-Mobilität und Digitalisierung weiter voranschreiten – und nicht nur diese. Was also, wenn durch erneuerbare Energien der Bedarf nicht gedeckt werden kann und wir uns Strom aus dem Ausland nicht mehr leisten können wie bis jetzt?

Dann würde der Strom zugeteilt, dann würde die Bundesregierung entscheiden, wie viel Strom jeder Fabrik, jeder Firma und jeder Familie zustände. Die Familie, die dann am Anfang der Woche ihr Stromdeputat verbraucht hätte, müsste dann für den Rest der Woche ohne Energie auskommen. Dass das keine Dystopie ist, belegt die Arbeit an gesetzlichen Regelungen im Bundeswirtschaftsministerium, wer wie wann unter welchen Umständen wie lange vom Netz genommen werden darf. 

Wie man es auch immer dreht und wendet, es bleibt dabei, dass mit einem Kanzler Olaf Scholz die staatliche Planung und Leitung der Wirtschaft beginnen würde, denn wenn man das nicht täte, dann würde Annalena Baerbock die „Kontrolle“ über das Klima verlieren, die sie im Triell für sich beanspruchte. Verzicht, Verzicht und nochmals Verzicht,  Regulierung und Einschränkung sind die fünf Schwänze der Baerbockschen Geißel, mit der sich die Bundesbürger für ihre großen Klimasünden in der Vergangenheit zu kasteien hätten. Baerbock bemühte in der Art eines mittelalterlichen Bußpredigers tatsächlich das Bild von unseren gräulichen Klimasünden. Bekanntlich wollen die Grünen ohnehin zu vorindustriellen Standards zurück, zu einer Welt also mit Kohle- und Holzöfen und ohne Kanalisation. 

Es ist atemberaubend zu beobachten, wie ein modernes Land sich selbst aufgibt und in der irrationalen Vorstellung schwelgt, dass ohne Zutun der Sonne und anderer Faktoren der Klimawandel rein vom Menschen verursacht wird, und der Teufel, der mit jeglicher Selbstkasteiung zu bekämpfen ist, sich im CO-2 versteckt. Doch eine Bewegung in der Gesellschaft kann noch so irrational sein, dass sich nicht Leute fänden, die mit dieser Irrationalität sehr rational Geld verdienen. Die sogenannte Energiewende und die Mobilitätswende sind in Wahrheit große Umverteilungsprogramme von unten und von der Mitte zu einem neuen, sehr grünen Oben. 

Politischen und finanzwirtschaftlichen Kreisen ist es mit medialer und kultureller Unterstützung gelungen, das Klimathema in der öffentlichen Wahrnehmung zum Hauptthema zu machen und in eine Mobilisierungsideologie zu verwandeln. Und auch die Union läuft dieser Bewegung hinterher. 

Union und Kanzlerkandidat im Tief
Wenig prominente CDU-Politiker sollen Laschet retten
Armin Laschet hat am Mittwoch seine Kampagne vorgestellt, mit der er in den nächsten Wochen und Tagen das Ruder herumreißen will. Er setzt auf Kernthemen, die er stärker in den Wahlkampf einbringen möchte, indem er sie mit „Köpfen“ besetzt, mit prominenten Parteimitgliedern, die für diese Themen stehen. Dass die SPD ihre Führung hinter Olaf Scholz versteckt, ihre Saskia Esken, ihren Kevin Kühnert, will die CDU dadurch verdeutlichen, dass sie mit einem Personaltableau kontert, und Laschet sich als Teamplayer, als primus inter pares darstellt. Ob diese Idee aufgeht, darf bezweifelt werden, denn der Wähler will jemanden als Kanzler, der führen kann, der Autorität besitzt – er will keinen Stuhlkreis. 

Die fünf Kernthemen heißen: Klimaneutrales Industrieland, Digitale Modernisierung von Staat und Wirtschaft, Entlastung der gesellschaftlichen Mitte, Stärkung der wirtschaftlichen Mitte, äußere und innere Sicherheit.

Als erste seiner fünf Themen stellte der Kanzlerkandidat der CDU seine Überlegungen zu einem klimaneutralen Industrieland vor. Auch die Union folgt der Illusion, Energie aus 100 Prozent erneuerbaren Energien (übernatürlich nicht aus Kernkraft) bereitstellen zu können. Allerdings wolle man keine Vorschriften erlassen und Vorgaben machen, sondern Investitionsanreize schaffen, Vorschriften, Steuern und Abgaben einschränken. Man setzt auf Innovation, auf, wie es bereits in der Überschrift deutlich wird, die Industrie. Mittels Wissenschaft und Technik sollen vollkommen neue Industrien, Berufe, Techniken und Technologien entstehen. Man hofft in der besten aller Welten, dadurch die Weltspitze zu erobern und umweltfreundliche Technologien in alle Welt zu exportieren. Im Stil der Sendung mit der Maus könnte man sagen: Das hilft dem deutschen Export, das hilft der Umwelt, das hilft der Welt. Eine gute Sache. Doch besteht daran in der Welt überhaupt ein Bedarf? In Indien? In China?

Abgeschafft werden soll das EEG. Das heißt, Laschet setzt darauf, dass die Windkraftanlagen sich wirtschaftlich rechnen werden. Er will zinslose Kredite durch die KfW dafür vergeben, dass die Dächer mit Photovoltaikanlagen bedeckt werden. Vor allem will er die Mitte der Gesellschaft entlasten. Auch ohne Klima-Apokalyptik sind einzelne Vorschläge durchaus sinnvoll und realistisch. 

Richtig ist, dass ein Klimawandel stattfindet – übrigens seit dem es Klima gibt, wie ein Blick auf die Erdgeschichte belegt. Richtig ist, dass der Mensch das Klima nicht kontrollieren kann, nicht einmal wenn er mit so glänzenden Gaben wie Annalena Baerbock bedacht worden ist, die übrigens erkannt hat, dass die größte Gefahr für deutsche Frauen in ihren eigenen vier Wänden lauert. 

Aber, was der Mensch vermag, ist, Klimaveränderungen zu analysieren und ihnen  mittels Wissenschaft und Technik zu begegnen, das Klima zu kontrollieren wird ihm nie gelingen. Unsere wissenschaftlichen und technischen Fertigkeiten können uns Mittel in die Hand geben, um dem Klima nicht vollkommen ausgeliefert zu sein. Das funktioniert in vielen Bereichen sogar schon recht gut. 

Aber so gut die Vorschläge der Union im einzelnen sein mögen, sie wird damit im Wahlkampf nicht Punkten können, wenn sie dem Mythos vom allein vom Menschen gemachten Klimawandel hinterherläuft, dem Unfug einer klimaneutralen Gesellschaft folgt, denn eine klimaneutrale Gesellschaft wäre eine Gesellschaft ohne Klima. Wenn man das Armageddon-Argument, das Argument der Alternativlosigkeit, des  Weltunterganges nicht entkräftet, sondern ihm nachrennt, dann werden die gewinnen, die die größte Apokalypse beschwören und die Besonnenen, die Realisten werden nur als Bremser, als Verhinderer wahrgenommen. Es stellt eine erhebliche Hypothek für den Wahlkampf der Union dar, dass er dem Klima-Ideologem der Grünen gefolgt ist und weiterhin folgt. 

Im Triell gestern und in der Vorstellung der Kernthesen der Klimapolitik mit ihren Protagonisten heute hat Armin Laschet den Realisten gegeben mit einer klaren Ausrichtung zur sozialen Marktwirtschaft, den Mann der Vernunft – nur ist die Vernunft bekanntlich leise, vielleicht zu leise für einen Wahlkampf. Laschets Vernunft haftet vor allem etwas Unentschiedenes an, sie ist zu vernünftelnd, als dass sie vernünftig ist. 

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Kommentare ( 71 )

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Manfred_Hbg
2 Jahre her

Zitat: „Dass (……) belegt die Arbeit an gesetzlichen Regelungen im Bundeswirtschaftsministerium, wer wie wann unter welchen Umständen wie lange vom Netz genommen werden darf.“

> Mhh, von wegen DDR 2.0. Es ist/wird viel schlimmer: Nord-Korea 2.0!

Stefan Z
2 Jahre her

Auch wenn alles stimmen würde, was Annalenchen und Co behaupten, wird Deutschland daran nichts ändern können. Dieses Land wird weder sich selbst oder gar die ganze Welt retten können. Diese Aufgabe, müssen schon andere Länder übernehmen. Das Hauptthema des ganzen Wahlkampfes ist also eine glatte Lüge. „Wir“ haben Platz und Geld ist genug da, sind weitere Lügen. Es gibt weder genug bezahlbaren Wohnraum und Rekordschulden sind nicht genug Geld um feuchte Träume zu finanzieren. Dazu kommt nun das „Wunder“ von der Energiewende und die „neue“ Mobilität. Dies in einem Land mit maroden Brücken, mangelndem Hochwasserschutz, digitaler Steinzeit, einer Monsterbürokratie und… Mehr

Ego Mio
2 Jahre her

Es ist ernüchternd, dass inzwischen sogar Laschet zu realistisch für diese Gaga-Gesellschaft erscheint. Aber es ist so. Laschet bewirbt sich für das Amt des Kindergärtners von Schreikindern.

EinBuerger
2 Jahre her

Bezüglich des Klimas habe ich vor Jahren mal einen Vortrag gehört. Eine Art Bestandsaufnahme zur Klimawende in Deutschland. Der Vortragende (ich glaube er war Teil des staatlichen Apparats, der die Energiewende managt.) war ein überzeugter Anhänger der Energiewende und des Kampfes gegen den Klimawandel, aber er war kein kompletter Idiot und er war ehrlich. Er sagte, dass die Energiewende bisher kein großer Erfolg war. Der Strompreis ist extrem hoch. Gleichzeitig hat es kaum zur CO2-Reduzierung geführt. Er hat noch etliche Fehlentwicklungen aufgezählt. (Würden Klimaretter in einer öffentlichen Diskussion niemals machen.) Er sagte, dass viele weltweit auf Deutschland und seine Energiewende… Mehr

Wolfgang M
2 Jahre her

So viele Fragen: Warum darf nicht mehr darüber diskutiert werden, wie stark oder wenig CO2 für den Klimawandel verantwortlich ist. Wenn man an den Klimawandel durch CO2 glaubt, warum ist Deutschland so auf „Atomkraft, nein danke“ festgelegt. Müsste die These vom menschengemachten Klimawandel nicht erst einmal bewiesen werden? Müssen wir erst 50 Jahre CO2 reduzieren, um dann festzustellen, dass dies der falsche Weg war? Müsste man nicht forschen, wie Menschheit, Tierwelt und Pflanzenwelt mit der Erderwärmung zurecht kommen können? Alle weisen auf die negativen Veränderungen durch die Erderwärmung hin. Wie will man gesundheitliche Auswirkungen bekämpfen? Wie will man zukünftig Katastrophen… Mehr

Hueckfried69
2 Jahre her

„Die sogenannte Energiewende und die Mobilitätswende sind in Wahrheit große Umverteilungsprogramme von unten und von der Mitte zu einem neuen, sehr grünen Oben“. Der Satz des Monats kommt spät, aber er kommt!

Biskaborn
2 Jahre her

Laschet wird das Ruder nicht rumreißen obwohl es wünschenswert weil er er das kleinere Über dieser drei Bruchpiloten wäre. Wir sehen aber an den Umfragen das die Bürger er Scholz und sogar Baerbock favorisieren. Nicht nur die Angst vor Corona sondern auch vorm Klima hat das Denken vollends gelähmt. Dieser Schockstarre, medial täglich neu aufbereitet insbesondere vom ÖRR aber auch von den Privaten befeuert, kann Laschet nicht entgegentreten, dann wäre er endgültig im Abseits bei dieser Medienmacht!

eschenbach
2 Jahre her

Laschet müsste eigentlich die Wahrheit bemühen und darauf hinweisen, dass selbst die sofortige Stilllegung der Bundesrepublik keinen klimarelevanten Einfluss hätte. Das wäre das Schlimmste, was er machen könnte. Der Mainstream will die Welt retten, koste es, was es wolle!

Last edited 2 Jahre her by eschenbach
Cabanero
2 Jahre her

Hilft alles nichts. Laschet ist wie er ist, so wird er bleiben, obwohl seine politische Karriere mit hoher Wahrscheinlichkeit am 27.09.2021 enden wird. Schafft er es nicht, die Union zur stärksten Partei zu machen, wird er nicht nur kein Minister in einer danach folgenden Regierung, Reul wird ihn als Versager in Düsseldort stürzen und selbst MP. Egal was geschrieben wird: In der Union gibt es niemanden, der die erhoffte Mischung von Hans Georg Maaßen und Ludwig Erhardt ist. Das ist Phantasie. Wenn Ihr Gauland nicht wollt, bekommt Ihr eben Scholz mit Baerbock und Lindner als Digitalminister (also nichts) und Mehreitsbeschaffer.… Mehr

Graeferin
2 Jahre her

Das mit dem Krieg würde ich so nicht sagen. Warten wir mal einen mehrtägigen Blackout ab, warten wir mal ab, wenn die Kassen leer sind und unsere Gäste nicht mehr in dem gewohnten Maße alimentiert werden. Oder wenn auch dem letzten Schlafmichl ein Licht aufgeht und er merkt, dass Ali mit 3 Frauen und 20 Kindern gut und gerne hier lebt, während er selbst nicht mehr die Grundbedürfnisse befriedigen kann, weil das Gehalt nicht mehr reicht und/oder die Inflation das Ersparte vernichtet. Dann könnte es – selbst in Deutschland – zu einem Bürgerkrieg kommen

Donostia
2 Jahre her
Antworten an  Graeferin

Wer glaubt, dass es in Deutschland keinen Krieg mehr geben kann ist sehr naiv. In Deutschland hat fast jede Generation auf deutschem Boden einen Krieg erleben müssen. Der Krieg ist statistisch gesehen für jede Generation ein Bestandteil seines Lebens. Nur die letzten 76 Jahre sind hier eine rühmliche Ausnahme und ist nur dem wirtschaftlichen Wohlstand zu verdanken. Dieser wird gerade massive abgebaut und daher ist die Wahrscheinlichkeit einer kriegerischen Auseinandersetzung in Deutschland viel wahrscheinlicher als dies in den letzten 76 Jahren je war.