Lambrecht wird für die Bundeswehr und für Scholz zum ernsten Problem

Die Bundeswehr ist in einem desolaten Zustand. Das hat auch mit 16 Jahren Merkel zu tun. Aber auf der nach unten offenen Richterskala scheint die Talsohle noch nicht erreicht. Wie viele Klatschen will Christine Lambrecht der Bundeswehr noch zumuten? Wann entlässt Kanzler Scholz seine Verteidigungsministerin endlich?

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Am 27. Februar 2022 hatte Kanzler Scholz drei Tage nach Putins Überfall auf die Ukraine seine „Zeitenwende“-Rede gehalten. Angesagt waren: die Bundeswehr zur stärksten Armee Europas machen! 100 Milliarden „Sondervermögen“ für die Ertüchtigung der Bundeswehr schaffen! Zwei Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung für die Bundeswehr ausgeben! (Derzeit sind es rund 1,5 Prozent).

Eine Frage hätte Scholz damals zumindest für sich im stillen Kämmerlein nicht ausblenden dürfen. Die Frage: Schaffen wir all dies mit einer Bundeswehrchefin Christine Lambrecht (SPD)? Mehr noch: Habe ich mich nach den GroKo-Erfahrungen mit einer anderen Dilettantin (von der Leyen) richtig entschieden, eine in Sachen Bundeswehr von jeder Ahnung freie Frau zur Chefin im Bendler-Block zu machen?

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Eigentlich rhetorische Fragen! Aber nicht einmal diese wurden gestellt, geschweige denn beantwortet. Scholz sonnte sich in seinem Ruhm als „Zeitenwende“-Kanzler und ließ erst einmal alles schleifen, ohne qua Richtlinienkompetenz auf Tempo zu machen. Im Brustton der Selbstgewissheit sagte Scholz am 15./16. September auf einer Führungskräftetagung in Berlin noch: „Das ist mein Anspruch als Bundeskanzler. Daran können Sie mich messen.“ Das war rund 30 Wochen nach seiner „Zeitenwende“-Rede, und nicht einmal im Ansatz hatte sich etwas zum Besseren gewendet. Im Gegenteil: Die Bundeswehr stand – auch aufgrund von Waffenlieferungen an die Ukraine – schlechter da als vor dem 27. Februar.

Dass Lambrecht auf ihrem Weg als Inhaberin der „Befehls- und Kommandogewalt“ (IBuK) Peinlichkeiten über Peinlichkeiten hinterließ, wollen wir mal nur in Ansätzen erwähnen: die von ihr “geschossenen“ Fotos ihres Sohnes, von diesem öffentlich gepostet, von einem gemeinsamen Flug in einem Bundeswehrhubschrauber; ihr Auftritt in Stöckelschuhen im Wüstensand von Mali; das „Geschenk“ von 5.000 Stahlhelmen an die Ukraine … Aber zuletzt kamen die Probleme und Ungeschicklichkeiten in immer höherer Frequenz.

Klatschen über Klatschen

1. Der reguläre Etat der Bundeswehr wurde am 11. November von 50,4 Milliarden im Jahr 2022 um 300 Millionen auf 50,1 Milliarden im Jahr 2023 gekürzt. Zwar sollen aus dem 100-Milliarden-Paket rund 8 Milliarden zusätzlich einfließen. Für Munition sollen für 2023 ganze 1,25 Milliarden zur Verfügung gestellt werden. Und das in einer Situation, in der die Munitionsvorräte der Bundeswehr im Falle eines Krieges allenfalls für zwei Tage reichen und damit weit vom Nato-Standard einer Bevorratung für 30 Tage entfernt sind. Generalinspekteur Eberhard Zorn hatte zuvor errechnet, dass bis 2031 rund 20 Milliarden Euro allein für Gefechtsmunition investiert werden müssten. 1,25 Milliarden: Klatsche für Lambrecht!

2. Heeres-Chef Generalleutnant Alfons Mais (60) hatte in einem Interview für die „Süddeutsche“ vom 11. November 2022 unter anderem gesagt: „Wir könnten keinen Kampf über mehrere Wochen führen.“ Was tut Lambrecht? Sie verdonnert die Chefs der Teilstreitkräfte zum Schweigen. Und auch dem Bundestag gegenüber hüllt sie sich in Sachen Munition in Schweigen. Immerhin freut sich SPD-Kollegin und Wehrbeauftragte Eva Högl: „Bei einigen Soldaten kommen zumindest warme Socken an.“ Auch eine im Grunde zynische Klatsche aus dem Munde einer SPD-Genossin!

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3. Am 28. November schaltet sich das Kanzleramt in Sachen Munition ein. Vertreter der Rüstungsindustrie und mehrerer Ministerien waren zu Gesprächen über die Munitionsproduktion eingeladen. „Munitionsgipfel“ sollte das Treffen indes offiziell nicht heißen. Es waren auch kein Kanzler, keine Verteidigungsministerin und kein Finanzminister mit von der Partie. Aber: Wieder eine Klatsche für Lambrecht, der man die Organisation eines solchen Gesprächs offenbar nicht zutraute.

4. Dann der Folgetag, der 29. November: Lambrecht schreibt an Finanzminister Lindner und bittet um mehr Geld für Munition. Lindners Antwort: Er lässt Lambrecht abblitzen (siehe hier und hier).  Lindners Antwort an Lambrecht ist um so pikanter, als er entgegen üblichen protokollarischen Gepflogenheiten seine Absage an die Ministerkollegin durch seinen (beamteten) Finanzstaatssekretär Steffen Saebisch tags darauf kundtut. Letzterer wirft Lambrecht und ihrem Ministerium Planungsfehler vor. Implizit schreibt Saebisch: Lambrecht solle erst mal ihren Laden in Ordnung bringen, bevor sie mehr Geld fordere. Eine weitere Klatsche für Lambrecht, diesmal von einem „Ampel“-Partner!

5. Am Montag, 5. Dezember, muss Lambrecht erneut zusehen, dass sie nicht mehr die Dirigentin in Sachen Bundeswehr ist. Im Verteidigungsministerium soll es laut Bild am Sonntag an diesem Tag eine Krisensitzung zu dem von der Regierung geplanten Kauf von F-35-Kampfjets aus den USA geben. Daran sollen auch die zuständigen Abgeordneten des Haushaltsausschusses teilnehmen. Hintergrund ist, dass die Anschaffung offenbar mit erheblichen Risiken behaftet ist. Unter Berufung auf eine geheime Vorlage des Verteidigungsministeriums berichtet die BamS, es sei ungewiss, ob die Bundeswehr es schaffe, ihren Flugplatz in Büchel in Rheinland-Pfalz bis 2026 für die Tarnkappenjets umzubauen.

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Außerdem bestehe das Risiko, dass es nicht rechtzeitig eine nationale Zulassung für den Flugbetrieb gebe. Allerdings hatte Bundeskanzler Scholz noch vor wenigen Tagen angekündigt, dass er die Bestellung der Jets für die Bundeswehr in Kürze durchführen wolle. Es geht um 35 Maschinen im Wert von 9,99 Milliarden Euro. Und dann wieder eine Klatsche aus dem eigenen SPD-Stall. Der SPD-Abgeordnete Schwarz, Hauptberichterstatter im Haushaltsausschuss für den Verteidigungsetat, nannte es nicht hinnehmbar, dass der Bundestag erst jetzt von den Problemen bei der milliardenschweren Anschaffung erfahre, und forderte Aufklärung vom Ministerium.

6. Und dann noch so nebenbei eine gigantisch diplomatische Tollpatschigkeit: Lambrecht war beauftragt worden, Polen die Stationierung deutscher Patriot-Flugabwehrsysteme anzubieten. Das tat sie am 17. November. Heraus kam aber ein heftiger Streit mit Polen. Denn Lambrecht hatte die Vertraulichkeit der Verhandlungen gebrochen. Exakt darum hatte Polen gebeten. Zwei Tage später nämlich verkündete Lambrecht per Interview mit der Rheinischen Post das Patriot-Angebot. Wiederum zwei Tage später erklärte Polens Verteidigungsminister Mariusz Błaszczak (53), dass Deutschland die Patriot-Batterien lieber in der West-Ukraine aufstellen solle. Diesmal also eine Klatsche von einem wichtigen Nato-Partner!

Im Interesse der Bundeswehr: Es ist Zeit, den Hut zu nehmen!

Die Bundeswehr ist in einem desolaten Zustand. Das hat auch mit 16 Jahren Merkel zu tun. Aber auf der nach unten offenen Richterskala scheint die Talsohle noch nicht erreicht. Wenn der „Zeitenwende“-Kanzler wirklich an seinem Anspruch gemessen werden will (siehe oben), dann muss er jetzt handeln und seine Parteigenossin Lambrecht auffordern, ihren Hut zu nehmen. Oder sie vor die Tür setzen.

Mit Hans-Peter Bartels (SPD), dem vormaligen Wehrbeauftragten und renommierten Fachmann, hat er jemanden an der Hand, der dieses Amt sofort übernehmen kann. Für die Bundeswehr wäre Lambrechts Abschied jedenfalls ein Segen. Bartels mag keine Frauenquote erfüllen, aber was heißt das heute schon in Zeiten von „gender fluency“!?


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Kommentare ( 68 )

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Forist_
1 Jahr her

Vertraulichkeit hin oder her, in einer Demokratie gehört der Souverän informiert. In diesem Sinn sehe ich Punkt 6 des Artikels nicht als kritikwürdig an.
Zuviel militärische Geheimdiplomatie endet immer in Kriegen, die nachher die Bevölkerung, nicht die Regierigen ausbaden muss.

Robert Tiel
1 Jahr her

Nicht Lambrecht wird für Scholz zum Problem.
Die gesamte Regierung mit den Grünen ist ein Problem.

Malb
1 Jahr her

Fast alle Frauen versagen in Männerministerien. Dazu gehören alle Ministerien bis auf die, die mir jetzt einfallen wie z.B. Familienministerium

the NSA
1 Jahr her

Leute, der F-35 ist nicht bezahlbar, nicht mal fuer die USAF….. Hier die off. Darstellung des US Gov Acc. Office (Bundesrechnungshof) https://www.gao.gov/products/gao-22-105128 Uebrigens, Madame Lampen-xxx, die Isrealis haben schon mehere schwere Luecken im Stealth System gefunden. Auch jeder Airforce Experte weiss, dass die Rusian S-500 Prometey, ( 55R6M) Raketensystemdie F-35 detecten koennen. Es mehren sich Stimmen von Experten, dass sogar die F-22, das neueste Superspielzeug wenig bis keine Chancen hat, den S 500 Schirm zu durchbrechen. Nehmen Sie’s gelassen, Mme Lampe, Sie verstehen davon ohnehin nix. Fuehrt einfach die Wehrpflicht endlich ein, fuer Maenner und Frauen. Punkt. Und fokussiert auf… Mehr

Micky Maus
1 Jahr her

Der Einsatz Lambrechts als Verteidigungsminister zeigt doch eindeutig das diese gesamte Regierung das Problem ist. Wie kann man überhaupt solche Lachnummern installieren? Ich verstehe auch die hochgebildeten Offiziere und Generäle nicht, dass sie alle so ruhig bleiben als man ihnen solch eine unfähige stricknadelnschwingende Mutti als Befehlshaber vor die Nase setzte. Aber auch hier zeigt sich wieder das deutsche Problem. Keiner hat den Mut den Mund aufzumachen und daran wird Deutschland kaputt gehen, auf dem besten Weg dorthin ist es ja bereits!

giesemann
1 Jahr her

Das brauchen wir, die Amis haben das schon lange, sogar mit Ballade, Ballad of the Green Berets, Songtext von Elvis Hitler (https://www.songtexte.com/songtext/elvis-hitler/ballad-of-the-green-berets-4bf127b6.html) Fighting soldiers from the sky Fearless men who jump and die Men who mean just what they say The brave men of the Green Beret Silver wings upon their chest These are men, America’s best … https://lyricstranslate.com Ehrlich from the very beginning. Zu Zeiten des Vietnamkrieges haben die Absetzübungen gemacht auf unserem BW-Flugplatz am Rande des Nord-Schwarzwaldes, bevor es ab ging nach Vietnam. Als der Cornel der Truppe sah, dass wir auch Fallschirme hatten in unseren Flugzeugen, fragte der nur: ever… Mehr

Ralf Poehling
1 Jahr her

Die F35 braucht kein Mensch. Das ist eine überflüssige und sauteure Technikdemonstration für ein längst ausgelaufenes strategisches Werkzeug von vorgestern, was spätestens mit der ersten atomar bestückten Interkontinentalrakete seine Berechtigung verloren hat. Wie nennen die Amerikaner so etwas? Richtig. Money Pit. Wir brauchen eine Abwehrschirm für Raketen und Drohnen, deutlich mehr Panzer und Hubschrauber, sowie massenhaft Soldaten mit guter Ausbildung und Ausrüstung. Und natürlich die dafür nötige Munition in rauen Mengen. Wenn die Infrastruktur bzgl. Kasernen für die Soldaten nicht ausreicht, dann braucht es die Vor-Ort Ausbildung, damit die Soldaten in ihren eigenen vier Wänden unterkommen. Und wenn die sich… Mehr

StefanZ
1 Jahr her

Nein Herr Krauss, Olaf Scholz ist das Problem. Frau Lambrecht setzt doch nur das um oder besser nicht um, was der große Führer mit seiner Note 1 Regierung will.

Hieronymus Bosch
1 Jahr her

Lambrecht könnte man vermutlich auch ein Bügeleisen als neues Kampfflugzeug verkaufen! Waren ihre Vorgängerinnen schon unerträglich, so setzt sie noch eins drauf! Im Witzfigurenkabinett dieser Regierung steht sie jedenfalls ganz vorne!

Biskaborn
1 Jahr her

Ich bin dafür das eine Grüne ohne jegliche Ausbildung das Amt übernimmt. Vielleicht noch mit bunten Haaren und nicht so genau wissend ob Weiblein , Männlein oder sonst etwas auf der bunten Skala der Geschlechter. Denke Scholz wird sich da von der Grünen Fraktion gern beraten lassen!