Die Hoffnung auf Angst richtet sich gen Himmel

Angst ist in Deutschland oberste Bürgerpflicht. Seit sechs Jahren ohne Unterbrechung. Sie macht den Bürger gefügig, etwa wenn er für Luft Steuern zahlen soll. Nun beschwören Gesundheitsfunktionäre den Tod, der aus dem Himmel kommt.

picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Seit nunmehr sechs Jahren befinden sich rund 60 deutsche Städte im „Klimanotstand“. Ununterbrochen. Seit sechs Jahren schwören und beschwören sie, das jeweils laufende Jahr sei das letzte, in dem sich das Klima-Armageddon abwenden lasse – und vielleicht noch das Jahr danach. Da kann der Bürger sich nicht nur fürchten, da soll er sich sogar fürchten. Denn ganz ohne Furcht wäre er kaum bereit, die Steuer auf Luft zu bezahlen, ebenso wenig wie die Kosten der Klima-, Energie- und sonstigen -Wenden oder das Heer an hauptamtlichen Klimaschützern in staatlich finanzierten staatlichen Gesellschaften sowie in staatlich finanzierten nicht-staatlichen Gesellschaften.

Wobei die Angst in Deutschland nicht nur oberste Bürgerpflicht ist, sondern auch ein Vollzeitjob. Denn es reicht ja nicht, dass der gemeine Deutsche sich seit sechs Jahren rund um die Uhr vor dem Klimatod fürchten muss. Er musste sich ja noch Sorgen machen um ein heimtückisches Virus, das bereit war, ihn in der Freizeit oder auf dem Weg zur Arbeit zu töten – nicht aber am Arbeitsplatz selber.

Vor Putin, der zwar ein halbes Jahr braucht, um 15 Kilometer in der Ukraine vorranzukommen, der aber zusammen mit „den Russen“ in 15 Minuten am Kurfürstendamm wäre. Und vor dem Faschismus, der in Deutschland mitten in der Gesellschaft ausbricht. Oder in den USA durch Donald Trump. Oder durch Elon Musk… Wer als vorbildlicher Deutscher alle Angstpflichten erfüllen will, der braucht schon einen Furchtplaner.

Und genau so etwas gibt es: das Bündnis gegen den Hitzetod. Sein Motto lautet: „Deutschland hitzeresilient machen – wir übernehmen Verantwortung“. Zu dem Bündnis gehören nach eigenen Angaben „zahlreiche Akteure des Gesundheitswesen“. Etwa die „Gesetzliche Krankenversicherung“, die AWO, die Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft, der Deutsche Pflegerat oder der Verein Klug. Erst wer diese bunte Vielfalt besorgter Funktionäre erlebt hat, versteht, wie ein System gleichzeitig unbezahlbar teuer und trotzdem kein zeitnaher Facharzttermin möglich sein kann.

An diesem Mittwoch, 4. Juni, veranstaltet das Bündnis seinen „Hitzeaktionstag“. Gut. Genauso könnten sich die gleichen Funktionäre um ausreichend Pfleger kümmern. Oder Medikamente für Kinder. Oder Kostenreduktion in der Pflege. Oder sinkende Kassenbeiträge. Aber „das Bewusstsein für die Gefahren von Hitze“ stärken ist ja auch schon ein Anfang. Denn schließlich ist die Gefahr durch den Hitzetod durchaus real. So sollte zum Beispiel ein 89-jähriger Herzpatient besser auf Sex in der Sauna verzichten. Zumindest dann, wenn er gerade einen Marathon gelaufen ist.

Komplett abwegiges Thema… Panik schüren… Der Mann dahinter ist – Favoritensieg – Karl Lauterbach (SPD). Die „absolute Killervariante“ des Ängsteschürens. Die Panik vor der Pandemie hat ihn von einem gescheiterten SPD-Vorstandskandidaten zum Medienliebling und zum Gesundheitsminister gemacht. In der Reihenfolge. Nachdem er aber selbst mit Hilfe von Bild, BamS und Lanz die Coronapanik nicht mehr aufrechterhalten konnte, hat er sich dem Hitzetod zugewandt. In der Hoffnung, dass die Deutschen sich wieder aus Furcht in ihre Wohnung einsperren lassen. Wenn auch nur in ihrer Freizeit.

Nur leben wir in Deutschland. Da sagt nicht einer, lasst uns das Bewusstsein vor den Gefahren des Hitzetods stärken und schon steht man mit einem Infostand in der Fußgängerzone. Da müssen Papiere geschrieben und Konferenzen abgehalten werden, Positionen abgeglichen und Konferenzen abgehalten werden, Interessen ausgeglichen und Konferenzen abgehalten werden – und dann, ja dann kann man sich endlich mit einem Infostand in die Fußgängerzone stellen.

Zu entdecken gibt es am Aktionstag eine bunte Vielfalt, die zeigt: Auch wenn das deutsche Gesundheitssystem keine Facharzttermine mehr hinkriegt, politische Folklore kann es: etwa auf dem „Klimaspaziergang in Herne“, der Veranstaltung „Schatten. Tipps. Erfrischung“ von der BKK Akzo Nobel, die „Kindergartenolympiade Landkreis Sömmerda“, „Cool bleiben am BKK Pfalz Beach“, die „Klimasprechstunde“ in Bergisch Gladbach, der „Trinkbrunnenspaziergang durch die Würzburger Innenstadt mit kleiner Lesung“, das „Klima-Eiscafé“ in Bad Schussenried oder die „UV-Tafel-Übergabe ans Freibad Schätzlerbad mit Glücksrad“ in Merklmosslohe.

Wer allerdings in der Hitze leicht friert, sollte zum Aktionstag eine Übergangsjacke mitnehmen. In Saarbrücken werden es am Mittwoch laut Apple-Wetter-App 20 Grad Celsius, genau wie in Tötensen, Niedersachsen. In Kempten im Allgäu klettert die Skala auf lebensbedrohliche 22 Grad Celsius. Dafür herrscht dort am Aktionstag eine Regenwahrscheinlichkeit von 60 Prozent. Zwei Jahre hat Lauterbach als Minister versucht, den Hitzetod zu beschwören. Immer haben ihm Regen und Temperaturen diese Tour kaputt gemacht. Und auch nach dem Ende seiner Amtszeit sind ihm die äußeren Umstände nicht mehr hold. Wobei die gleichen Experten, die während der Pandemie die symptomfreien Erkrankungen beschworen haben, nun dabei sind zu erklären, dass auch Regen und kühle Temperaturen Teil der Dürre und des Hitzetodes sein können. Angst haben ist in Deutschland oberste Bürgerpflicht. Zur Not muss der Michel seine Phantasie dafür ein wenig bemühen.

Wobei es demnächst spannend werden kann. Die vor 27 Tagen angetretene Regierung möchte Optimismus im Land verbreiten. Künftig könnte es zur obersten Bürgerpflicht werden, keine Angst vor der Zukunft zu haben. Wer gerade noch als Akteur des Gesundheitswesens über Panik konferiert hat, muss dann zur eigenen Existenzberechtigung auf Angstvermeidung zu machen. Das könnte im Übergang zu Erklärungen führen wie: Um optimistisch in die Zukunft blicken zu können, brauchen wir die Furcht vor der aufgehenden Sonne. Klingt absurd. Aber keine Angst. Wer einem als Funktionär ein sechsstelliges Jahresgehalt bezahlt, obwohl man keine Facharzttermine erhält, der frisst einem auch den Quatsch aus der Hand.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 86 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

86 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Dr. Friedrich Walter
1 Monat her

Ich hatte schon Angst, daß meine Angstfreiheit unnormal ist und ich ein Fall für den Psychiater bin. Übrigens meine größte Angst seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Also werde ich mich morgen mit allen Möglichkeiten, Angst zu bekommen, beschäftigen. Vielleicht finde ich ja etwas, was mir so richtig Angst macht, damit ich wieder normal werde und dem gewünschten Bürgerbild entspreche. Ich möchte unsere Politiker doch nicht enttäuschen. Das würde mir Angst machen.

hansgunther
1 Monat her
Antworten an  Dr. Friedrich Walter

Gehen Sie einfach in die nächste Fußgängerzone, da wird ihnen dann schon heiß und kalt zugleich. Die Wahnsinnigen haben vorgesorgt, falls mal wieder auf das „Wetter“ kein Verlaß ist. Hier ist immer was geboten ……

Urbanus
1 Monat her

Habe den Mut Selber zu Denken ! (nach Horaz bzw. I. Kant)

P.Schoeffel
1 Monat her
Antworten an  Urbanus

Selber denken?
Gefährlich!
Und außerdem: Denken ist Glückssache – wie man meistens sehen kann.

Kassandra
1 Monat her
Antworten an  P.Schoeffel

Ja. In der neu hier willkommen geheißenen Ideologie will man das auch nicht. Ich hoffe, dass es noch nicht Unterwerfung ist, die unsere Politiker eine ähnliche Masche verfolgen und Freidenker bestrafen lässt!

Bambu
1 Monat her

Meine größte Angst oder nennen wir es auch Verunsicherung, ist das was so alles mit den zunehmenden Geoengineering Projekten zur Wetterbeeinflussung getrieben wird. Heute weiß man doch gar nicht mehr, was ist Wetter und was ist gemachtes Unwetter. Bei den Überschwemmungen in Dubei kam es zufällig raus, aber wie oft nicht? Scheint die Politik nicht zu interessieren.
https://map.geoengineeringmonitor.org/

H. Priess
1 Monat her

Letztes Jahr habe ich am 11. Juni das letzte Mal geheizt und das erste Mal wieder Mitte September. Drei Monate mit angenehmen Temperaturen auch mit Regen und wie es aussieht wird sich das dieses Jahr widerholen, Pfingsten sind 16 Grad und Regen angesagt. Während hier dieses Jahr Tausende den Hitzetod sterben werden werden Zigtausende in den Süden fliegen um bei 30 Grad unter dem Sonnenschirm dem Hitzetod zu Hause zu entgehen. Ich bin einer von denen denn hier an der Küste kann es unter besonderen Umständen wirklich mal bis zu 30 Grad werden. Sehr selten aber das gibt es. Ich… Mehr

Dundee
1 Monat her

Also ich finde schon, dass man vor der Hitze Angst haben sollte. Ich war zum Gefallen meiner Frau mit ihr am Sonntag auf dem „Flohmarkt“. So heißt der Markt zwar ist aber eher ein billiger, riesiger Bazar, auf dem eine kleine Flasche Wasser für 2€fünfzig zu haben war. So was hab ich zum Mißgefallen meiner Frau, seit mindestens 10 Jahren nicht gemacht. Jedenfalls waren alle dort, ich schwöre alle außer mir und meiner Frau, verschleiert oder zumindest mit Kopftuch bekleidet. Natürlich als Schutz vor der Hitze, vor der meine Frau und ich ebenfalls eine Jacke übergezogen hatten, am 1sten Juni.… Mehr

Nachhaltiger Energie und Klimawandler
1 Monat her

Ich habe mir vor einigen Jahren eine Regenhose gekauft, um auch beim Radfahren mit trockenen Beinen am Ziel anzukommen. Diese Regenhose führte lange ein Schattendasein, da ich sie nicht gebraucht habe. Mittlerweile kommt sie sehr häufig zum Einsatz, so auch heute wieder. Von Hitze war am Morgen des Hitzeaktionstags nichts zu verspüren, dafür vom Regen umsomehr. Auch Handschuhe gegen die Nässe und Kälte machen auch noch Anfang Juni viel Sinn. Und wie es aussieht, werde ich sie auch heute Abend wieder brauchen um trocken nach Hause zu kommen. Für die Hitzefetischisten: Wir haben hier nasskalten Regen und keinen tropischen Regen… Mehr

K. Sander
1 Monat her

Und am 03.02.2003 im Präsidium der CDU sagte Frau Merkel: „Es ist Aufgabe der Politik, das Bedrohungsgefühl in der Bevölkerung zu stärken.“ Und dann hat sie das auch durchgesetzt. Das mit dem CO2 zur Klimaerwärmung ist absolut falsch. Und jetzt will die EU ab 2027 die CO2-Steuer erhöhen um das Klima angeblich zu schützen. Machen wir mal eine Zeitreise. Was passiert danach, wenn wir im Jahr 2030 angekommen sind. Überall wurden wegen der extremen Steuererhöhung zuvor alle Autos abgeschafft. Heizen und Strom mit Kohle Gas, und Erdöl wurde auch wegen der Steuern abgeschafft. Damit sind dann diese Steuern vollkommen weg.… Mehr

Petra G
1 Monat her

Bei uns im Süden regnet es gerade wie aus Eimern… bei 15 Grad!
Stell dir vor es soll Klimahysterie sein und das Wetter macht einfach was es will…. wie seit Millionen von Jahren!

Last edited 1 Monat her by Petra G
Stuttgarterin
1 Monat her

Wolfgang Schorlau zählt(e) zu den Krimiautoren, die kritische Themen gut nach oben bringen. Das ist auch gut so. Aber der letzte Krimi „Blackforest“ hat die Elemente in sich, die nicht mehr auszuhalten sind: Ermahnung und Übertreibung. Das ist der Spiegel dessen, dem wir ausgesetzt sind. Und damit macht man durchaus sinnvolle Ansätze irgendwann im Keim kaputt, weil jeder aus Daffke schon nicht unterstützen will. Die Tatsache, dass die ein großer Teil der Bachelors und Masters Studienabschlüsse haben, die eigentlich die Welt nicht braucht (früher wäre es Germanistik gewesen), wirkt sich aus im (politischen Leben). Nun haben wir eine Angst- und… Mehr

Ein Mensch
1 Monat her

Die vollkommene Verblödung eines großen Teils der Bevölkerung sehr treffend beschrieben. Mehr muss man zur German Angst nicht schreiben. Klasse Herr Thunes.

Berlindiesel
1 Monat her

Im Gegensatz zu seinem Beitrag zu den Lohnnebenkosten stimme ich hier Mario Thurnes in jeder Hinsicht zu, auch wenn das vermutlich für ihn ohne jeden Belang ist. Ich würde aber freundlich raten, das Thema der „deutschen Angstpsychose“ nicht nur in Art einer Glosse abzuhandeln. Es gibt inzwischen eine umfangreiche Sekundärliteratur, die untersucht, warum die Deutschen seit 1945, möglicherweise aber schon viel früher für irrationale Angstepisoden anfällig sind, und warum sie grundsätzlich nur Risiken sehen, wo andere Chancen erkennen. Darunter fällt auch das ebenso augenfällige wie übertriebene Bedürfnis nach Gleichheit und Sicherheit, das die Basis für den teuren deutschen Sozialstaat bildet,… Mehr

ChrK
1 Monat her
Antworten an  Berlindiesel

Das halte ich als Thema für zu ernst, um es leichthin mit Witz zu erklären. Danke dafür, denn auch wünsche mir oft, daß ernste Themen (und von denen gibt es genug) auch ernsthaft behandelt werden. Bei Herrn Thurnes vermisse ich das leider sehr oft; oder es kommt wieder eine seiner „Geschichten aus dem Saarland“, dann lese ich den Beitrag erst gar nicht. Und ein weiteres Dankeschön für das, was Sie zum Bombenkrieg geschrieben haben. Dessen sind sich sehr viele Menschen hierzulande auch nicht bewußt. Und um dies weiterzuspinnen…wenn man sich eine Stadt wie, was weiß ich, Ludwigshafen anschaut, deren Zerstörung… Mehr

man without opinion
1 Monat her

Moin, „Er musste sich ja noch Sorgen machen um ein heimtückisches Virus, das bereit war, ihn in der Freizeit oder auf dem Weg zur Arbeit zu töten – nicht aber am Arbeitsplatz selber.“ Exakt in dieser Situation war ich selbst. Logisch, das die ganze Coronageschichte mehr als weniger an mir vorbeigelaufen ist. Lockdown usw. haben mich nie betroffen. Allerdings hat die Impfpolitik mich aus dem Grundvertrauen in diese Republik nachhaltig verabschiedet. Es reicht, denke ich die Parole, daß 3 verschiedene Impfstoffe mit Notfallzulassung den besten Schutz bieten. Für Schadenersatzklagen ganz gewiss! „Und vor dem Faschismus, der in Deutschland mitten in… Mehr