Faesers letzter Coup: Mit einer Falle für die CDU in den Gesinnungsstaat

Mit ihrem geheim gehaltenen Verfassungsschutzgutachten zur AfD hat Nancy Faeser keinen Schlag gegen die Opposition geführt, sondern eine strategische Falle für die CDU gelegt: Entweder sie trägt ein aussichtsloses Verbotsverfahren mit – oder sie stellt sich gegen den Staat. Gleichzeitig kehrt mit der Frage nach AfD-Mitgliedern im Staatsdienst der Geist des Radikalenerlasses zurück: Gesinnung statt Grundrechte.

picture alliance/dpa | Andreas Arnold

Noch-48-Stunden-Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat der kommenden CDU/CSU/SPD-Koalition unmittelbar vor deren Amtsantritt sowie den Landesregierungen der 16 deutschen Länder mit dem 1.100 Seiten Geheim-„Gutachten“ des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur AfD zwei Riesenprobleme hingekübelt. „Geheim“ heißt: Die betroffene Partei AfD hat nicht einmal ein Recht auf Gehör. Aber das stört die seit Dezember 2021 monomanisch auf den „Kampf gegen rechts“ fixierte Faeser nicht. Hemdsärmelig ging sie vor – ohne die von ihr zugesagte Prüfung durch die Fachaufsicht ihres Ministeriums. 48 Stunden nach Zustellung des BfV-„Gutachtens“ eilte sie schier in Torschlusspanik (es war ihr vorletzter Arbeitstag als Ministerin) am 2. Mai mit dem „Gutachten“ in die Öffentlichkeit.

Zwei Riesenprobleme hat Faser neu geschaffen. Das eine Problem ist, dass Faeser die Antragsberechtigten unter Zugzwang setzt: Soll die Bundesregierung, soll der Bundestag, soll der Bundesrat mit seiner Mehrheit einen Antrag auf Verbot der AfD stellen? Der Ausgang dieses Verfahrens, das mit einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts enden müsste, ist eigentlich klar: Der Antrag hat keine Chance. Wenn „Karlsruhe“ wirklich „im Namen des Volkes“ urteilen sollte. Faeser-Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU) wird an dem Gutachten jedenfalls zu schlucken haben. Schließt er sich dem “Gutachten“ an, landet er in einer Sackgasse. Schließt er sich nicht an, wird es ein Geschrei geben, wie es CDU-Chef Merz nach der Zustimmung der AfD am 30. Januar 2025 im Bundestag zu seinem Antrag zur Begrenzung der Migration geerntet hat. Wenn Dobrindt schlau ist, dann sorgt er aber erst einmal für eine Veröffentlichung des „Gutachtens“ und wartet ab, wie es in sich zusammenfällt.

Mit dem „Gutachten“ verbindet sich über die „Verbots“-Frage hinaus ein anderes, ein Monsterproblem, das Exekutive und Judikative für mehrere Jahr in Atem halten könnte. Es geht nämlich um die Frage: Können AfD-Mitglieder Staatsdiener, also Beamte, Richter, Soldaten, auch öffentlich Tarifbeschäftigte sein? Betroffen wären theoretisch 5,2 Millionen Staatsdiener, die durchleuchtet werden müssten. Darunter vermutlich einige tausend der aktuell 52.000 AfD-Parteimitglieder. Interessant ist ja, dass sich der eine oder andere Landesinnenminister – etwa aus Bayern oder Hessen – darüber jetzt schon den Kopf zerbricht. Die Innenministerkonferenz will sich mit der Frage „AfD-Mitglieder im Staatsdienst?“ jedenfalls demnächst befassen. Will man womöglich AfD-Mitgliedschaften der Staatsdiener erschnüffeln?

Rückblende 1972/1991

Es könnte damit etwas wiederkehren, was die Republik von 1972 bis 1991 intensiv beschäftigt hat: der von der SPD/FDP-Regierung Brandt am 28. Januar 1972 exekutierte „Radikalenerlass/Extremistenbeschluss“. Es war dies ein Beschluss der Bundesregierung und der damals elf Bundesländer zur Überprüfung von Bewerbern für den Öffentlichen Dienst auf deren Verfassungstreue. Man befürchtete eine „Unterwanderung“ durch „Extremisten im öffentlichen Dienst“. Konkret sah das so aus: Per „Regelanfrage“ wurden von den Verfassungsschutzämtern zwischen 1972 und 1991 rund 3,5 Millionen Bewerber bzw. Anwärter für den öffentlichen Dienst einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen. In ca. 11.000 Fällen kam es zu Verfahren, ca. 1.250 Bewerber wurden nicht eingestellt, ca. 260 bereits verbeamtete oder angestellte Mitarbeiter wurden entlassen. Von diesen Maßnahmen betroffen waren vor allem Lehrer (rund 80 Prozent) und Hochschullehrer (rund 10 Prozent). Es traf auch Justizangestellte (5 Prozent), Post- und Bahnmitarbeiter (Post, Bahn waren noch staatlich), Verwaltungsangestellte, Offiziere, Sekretärinnen, Sozialpädagogen, Bibliothekare, Ärzte, Pfleger, Krankenschwestern, Bademeister, Laboranten.

Der „Radikalenerlass“ richtete sich ausdrücklich auch gegen Rechtsextremisten, in der Mehrzahl aber waren Mitglieder und Sympathisanten der DKP und sogenannter K-Gruppen (z.B. KBW, KPD), vereinzelt auch Angehörige der SPD und Mitglieder des Sozialistischen Hochschulbundes (SHB) aufgrund „verfassungsfeindlicher Aktivitäten“ aus dem öffentlichen Dienst oder Vorbereitungsdienst entfernt worden.

Der Erlass stieß in der Öffentlichkeit vielfach auf Kritik: Er verletze das Grundrecht nach Artikel 3 GG, wonach niemand wegen seiner politischen Anschauungen diskriminiert werden dürfe, und nach Artikel 12 (Berufswahlfreiheit). Auch aus dem Ausland kam Kritik. In der französischen Sprache bürgerte sich das deutsche Wort „Berufsverbot“ ein.

1979 kündigte die SPD/FDP-Koalition unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) den Erlass einseitig auf. Die elf Landesregierungen gingen eigene Wege. Heute wird in den meisten der 16 deutschen Länder eine sogenannte Bedarfsanfrage beim Verfassungsschutz durchgeführt. Und zwar dann, wenn sich Zweifel daran ergeben, ob der Bewerber jederzeit für die freiheitliche und demokratische Grundordnung eintreten wird.

Beispiel Bayern: Hier gelten Mitgliedschaften in folgenden Organisationen als Mitgliedschaften in extremistischen Organisationen: Linksextremismus (DKP, Rote Hilfe, Die Linke.SDS), Rechtsextremismus (NPD, Die Republikaner, Blood and Honour, AfD, Junge Alternative für Deutschland), Islamistische/islamistisch-terroristische/ausländerextremistische Bestrebungen (Al-Qaida, AKP) und sonstiger Extremismus (Scientology, Reichsbürgerbewegung u. a.).

Die Kirchen sind schon weiter als Faeser

Ohne das AfD-„Gutachten“ zu Gesicht bekommen zu haben, sind die Kirchen schon vor geraumer Zeit auf die Faeser-Linie eingeschwenkt. Auf Kirchentagen haben AfD-Mitglieder oder AfD-Repräsentanten ohnehin keine Chance, zu Wort zu kommen. Und auch sonst sind die Kirchen bei weitem nicht so inklusiv, wie sie sich gerne geben. Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, will Mitgliedern der rechtspopulistischen AfD den Zugang zu kirchlichen Laien-Ämtern verwehren. „Ein aktives Eintreten für die AfD widerspricht den Grundwerten des Christentums“, hatte sie 2023 gesagt. Eine AfD-Mitgliedschaft sei aus ihrer Sicht mit der Übernahme eines Kirchenamtes unvereinbar. Ähnlich Spitzenvertreter der evangelischen Kirche: Oldenburger Bischofs Thomas Adomeit wollte 2023 Mitglieder der AfD von den anstehenden Wahlen für kirchliche Leitungsgremien ausgrenzen.

Spinnt man diese Äußerungen weiter, könnte es eines Tages sein, dass ein AfD-Mitglied kein Taufpate mehr sein darf, dass womöglich das Kind eines AfD-Mitgliedes keine Taufe, keine Erstkommunion, keine Formung, keine Konfirmation, dass AfD-Mitglieder keine kirchliche Trauung mehr erhalten.

Gute Nacht, Kirchen! Schmort weiter in eurem Saft und befasst euch auf Kirchentagen wie zuletzt in Hannover mit so weltbewegenden Themen wie „Queere Tiere auf der Arche Noah“. Dann seid ihr bald zur Minisekte geschrumpft.



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Kommentare ( 21 )

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Mausi
16 Tage her

Von wann ist denn das Gutachten? Denn es liegt eins im Internet, das ist von 2021. Auf dem basiert wohl das aktuelle Gutachten, aber hat die veröffentlichte Version den aktuellen Text von Ende April 2025?

Last edited 16 Tage her by Mausi
MfS-HN-182366
17 Tage her

Dieses Land, unser Staat, wurde zur Beute der rotgrünen Meute. Ich habe Angst um meine Heimat. Vor einigen Jahren fiel mir ein Kirchenblatt der katholischen Kirche aus dem Jahre 1938 in die Hände, welches ich mit großem Interesse gelesen hatte. Ein damaliger Bischof hatte eine Dankesadresse an Hitler mitgeteilt. Sie lautete: „Führer, wir danken Dir! Vielen Dank, dass Du Österreich ins Reich heimgeführt hast.“ Der erste Satz stimmt auf den Punkt, der zweite könnte leicht geändert gewesen sein. Es ist schon fast 20 Jahre her. Das Verhalten der damaligen christlichen Sektenführer in der DDR und in der jetzigen BRD ist… Mehr

eschenbach
17 Tage her

Das muss man sich mal vorstellen: Das Gutachten eines Geheimdienstes wird ohne Überprüfung durch das vorgesetzte Ministerium an ausgewählte Medien weitergereicht, die dies auch gar nicht verheimlichen. Die Öffentlichkeit erfährt nur, dass die AfD als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, erfährt aber nicht-ebensowenig wie die Partei selber und um Gegensatz zu o.a. Medien- warum. Was ist das? Dämlichkeit? Verkommenheit? Ist das noch Stasi oder schon Gestapo?

MfS-HN-182366
17 Tage her
Antworten an  eschenbach

Es ist beides! Wie sieht es aus, mit den schwarz-rotgrünen? Sind diese »gesichert linksextrem« oder nur die Lumpen der neuen »Zivilgesellschaft«?

Unglaeubiger
17 Tage her

Entweder war die CDU schon vorher von diesem Coup eingeweiht, oder aber sie wird ihn überrascht entsprechend zu ihren Gunsten drehen. Die Menschlein in diesem Land spielen weiterhin einfach blinde und taube Kuh und träumen ihr „Träumchen“ von Demokratie, ohne zu wissen, was und wie Demokratie leben sollte um zu sein. Man kann eigentlich, angesichts dieser Dummheit, dieses Dessinteresses, dieser Unwissenheit, dieser Ignoranz gegenüber der herrschenden Zustände, der Illusionshingaben, dieser Realitätsverweigerung nur mehr laut „stumm“ schreien, der Wahn verursacht schon körperlichen Schmerz. Und genau das ist gewollt! s.a – https://tkp.at/2025/05/02/macht-der-wahnsinn-ploetzlich-sinn/, hier fügt sich das Puzzle mehr als realistisch und klar… Mehr

Mathias
17 Tage her
Ralf Poehling
17 Tage her

Herr Kraus, Sie, wie die meisten anderen Menschen in diesem Land, haben das Problem nicht verstanden. Was kein Wunder ist. So lange Sie nicht selbst in einem dafür relevanten Ministeramt sitzen oder zum entsprechenden Bodenpersonal gehören, wird ihnen das verschwiegen. Alles, was sich hier in den letzten 2 Jahrzehnten entwickelt hat, Migrationskrise und Aufstieg der AfD inklusive, lässt sich auf einen Ursprung zurückführen: Den 11. September 2001. Das ist kein Witz und keine Verschwörungstheorie, sondern schlicht Fakt. Seitdem Tag gilt der NATO Bündnisfall und eine Sondergesetzgebung, die bis heute nicht abgestellt worden ist. Alles was danach geopolitisch insbesondere in Nahost… Mehr

verblichene Rose
17 Tage her
Antworten an  Ralf Poehling

Man muß der Wahrheit ins Auge schauen (wollen!). Meine Erfahrung ist daher, daß es in diesem Land mittlerweile einfach zu viele Leute gibt, die sich diesen GG-Artikel in Form der Faulheit selber zurecht gebogen haben. Und dagegen sind so manche Steuerhinterziehungen, die ich hier und da auch Notwehr nennen möchte, ein Pups im Weidenkorb. Und kriegerische Auseinandersetzungen haben immer etwas von einer Diktatur, egal aus welchem Grund sie statt finden. So könnte man dann auch irgendwann zur Erkenntnis kommen, daß es den Menschen da draußen entweder egal ist, was eine irgendwie geartete Regung voraus setzt, oder sie sind sogar schon… Mehr

Klaus Kabel
18 Tage her

By the way: Am 22.Juni 1933 wurde die SPD verboten.
Angebliche Gründe: Die SPD soll eine staats- und volksfeindliche Partei gewesen sein. Sie schreckte angeblich nich vor hoch- und landesverräterischen Unternehmungen zurück.

Tatsächliche Gründe: Hitler wollte die politische Konkurrenz zerschlagen.
Er strebte ein Ein-Parteiensystem an. Und erwollte sich an der SPD rächen. Sie hatte als einzige Partei gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt.

Herzliche Glückwunsch SPD. Gut gelernt von den NationalSOZIALISTEN; was Hitler konnte, können Faeser, Klingbein und Esken schon lange. Schämt Euch ihr Opfer-Täter.

Reinhard Peda
18 Tage her

„eine strategische Falle für die CDU gelegt: Entweder sie trägt ein aussichtsloses Verbotsverfahren mit – oder sie stellt sich gegen den Staat.“
Ich gehe von Neuwahlen aus das wird das Ergebnis dieser Falle sein, meiner Meinung nach.

November Man
18 Tage her

Ein geheimes Gutachten, das wohl eher eine AfD-Zitate-Sammlung der Lügenpresse samt mitgelieferten Falschinterpretationen ist. Das geheime Gutachten, das anscheinend alle kennen, außer dem zu Unrecht Beschuldigten der AfD, den Bürgern und den Betroffenen über 10 Millionen Wählern der AfD. Man fragt sich was will diese linksextreme Regierung damit erreichen außer sich auf der ganzen Welt noch mehr lächerlich zu machen. Die vereinigten Linksextremisten sind nicht nur eine Gefahr für unsere Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und FDGO, sie sind eine Schande für unser ganze Land.   

Der Person
18 Tage her

Die CDU wird die AfD nicht verbieten lassen, zumindest nicht in diesem Jahr. Nicht, weil sie damit nicht durchkommen würde, im BVerG sitzen genug Abnicker, die einem Verbot zustimmen bzw. einen Gegenantrag einfach begründungslos abweisen würden. Sondern weil die CDU die AfD als menschliches Schutzschild gegen ihre linken Partner benötigt, wir haben ja gesehen, wie schnell diese Fundamentalisten sich auch gegen die „Christdemokraten“ wenden. Und die CDU muss sich und ihren Wählern natürlich weiterhin vorlügen, dass sie demokratisch und rechtsstaatlich sei, noch traut man sich keine offene Diktatur. Also werden die Linken ein Verbot fordern und damit ihr radikales Klientel… Mehr