Antworten 5: Deutsch sein, was ist das für Sie ganz persönlich?

Hier das fünfte Antwortpaket. --- Zur lockeren Volksbefragung laden wir weiter herzlich ein - bitte auch Fotos von "typisch deutsch".

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Fortsetzung – Seite 4

67, weiblich, Gelsenkirchen

Letzten Sommer in Bremen, nach dem Stadtbummel zurück ins Hotel, per Bus. Es gab mehrere Bus-Haltestellen, ich wollte mich erkundigen, von wo der Bus abfährt in Richtung Osterholzer Heerstrasse. An allen Haltestellen standen Leute, die auch auf ihre Busse warteten. Aber alle!! die ich fragte, sprachen meine Sprache nicht oder kaum, ich war „fremd unter Fremden“.

Für mich ist die Kommunikation im „Mutterland“ in der Muttersprache die Voraussetzung eines nationalen Zugehörigkeitsgefühls. In Ballungszentren kann man die Unterhaltung vieler Menschen im öffentlichen Raum –in Bussen, Bahnen, Restaurants, Läden etc. nicht mehr verstehen, da fühle ich mich ausgegrenzt .

Ab und zu schaue ich mir im YouTube etwas wehmütig den grossen Zapfenstreich an und erinnere mich so gerne an die vielen Schützenfeste und die Umzüge mit den Dorfkapellen. Inzwischen bin ich darob ganz verunsichert – ist man da schon auf dem Weg zum „Nazi“?

Beneidenswert z.B. die Amerikaner, die so selbstverständlich die Hand aufs Herz legen, inbrünstig ihre Nationalhymne schmettern und ihr Sternenbannerfähnlein schwenken dürfen – Deutschlandfähnchen geht bei uns ja nur noch beim Fussball.

Wenn mich in diesen Zeiten meine Deutsch-sein-Sehnsucht überkommt, höre ich Geschichte, z.B Golo Manns Deutsche Geschichte 1789 bis 1945 oder Kempowskis Tadellöser und Wolf u.a.

76, männlich, München

Deutsch-sein, ganz praktisch, gibt es nicht. Das ist eine Erfindung der Nationalisten des 19. und 20. Jahrhunderts. Da sind  die regionalen Unterschiede viel zu groß, bedingt durch die historische Kleinstaaterei. Vieles, was als typisch deutsch bezeichnet wird, gibt es auch in den umliegenden Ländern. Die unterschiedlichen Religionen haben zusätzliche Unterschiede verursacht. Das geographische Deutschland, also die Mitte Europas, war schon immer ein Durchgangsland und Schmelztiegel, sodaß auch die Gene kräftig durchmischt sind.

Deutschland war und ist bunt, das macht ja auch einen seiner Reize aus, da brauchen wir keine Zuwanderung von Muslimen oder Analphabeten aus dem Morgenland oder Schwarzafrika, da wird es mir „zu bunt“. Jeder, der nicht herkommt, braucht sich auch nicht integrieren, und damit erübrigt sich die Frage „Wohin sollen sich die Migranten denn integrieren“.

Integration kann nicht erzwungen werden, außer man macht es wie  Kanada. Jeder, der die Feierlichkeiten anläßlich der Staasbürgerschaftsverleihung schon einmal gesehen hat, wird beeindruckt sein von der Begeisterung der kanadischen Neubürger, die bis zum ersehnten Ziel große Hürden zu überwinden hatten. Da merkt man erst mal, wie absurd unser ganzes „Diskurs-Theater“ um Integration und Migranten ist.

Ich glaube nicht, dass man dieses Thema so „locker-flockig“ angehen kann. Deutschland ist unsere äußere und innere HEIMat, d. h. unser natürlicher Lebensraum, und er soll es auch für unsere Kinder und Enkel bleiben. Ich selbst habe mich in Deutschland immer wohl gefühlt, da ich hier geprägt wurde. Vaterländisches Denken ist mir fremd, dafür hat schon 1945 gesorgt. Ich kann gerne auf Fahne, Adler und Hymne verzichten. Ich bin aber auch bereit, zum Erhalt dieser HEIMat meinen Teil beizutragen, daher war ich im „Kalten Krieg“ 12 Jahre Soldat. Sollte das umsonst gewesen sein?

53, weiblich, Berlin

Als allererstes fällt mir dazu Sicherheit ein. Sicherheit im Sinne, egal was passiert, die Dinge lassen sich regeln. Manchmal zu bürokratisch, manchmal zu umständlich, aber nie mit roher Gewalt.

Es ist schon einige Jahre her, ich war mit Dreharbeiten in Kolumbien unterwegs. In einem Land, in dem Sicherheit eine Frage der Bodyguards und schusssicheren Scheiben ist. Im Vorfeld hatte ich Angst, wissend dass wir als Drehteam naturgegeben noch mehr auffallen als durchschnittliche Touristen.

Vor Ort hat mich die Arbeit so gefangen genommen, dass ich über meine Angst kaum nachdenken konnte. Auch nicht in der Ciudad Bolivar, den Slums am Rande von Bogota.
Es ging alles gut und wir konnten nach 5 Tagen die Heimreise antreten.

Nach einem gefühlt ewig dauernden Flug über New York sind wir um 06:00 Uhr morgens in Berlin-Tegel gelandet. Als mich aus dem Flugzeug kommend das Schild „Willkommen in der Bundesrepublik Deutschland“ begrüßte, ein Schild das ich bisher kaum beachtet hatte, kamen mir die Tränen und ein warmes Gefühl umfing mich. Damals hab ich zum ersten mal gedacht – ein Glück dass ich in Deutschland geboren bin. Hier gehöre ich hin – Hier will ich sein.

Leben und leben lassen – Meinungsfreiheit. Für mich ein Grundprinzip. Jeder kann seine sexuelle Ausrichtung leben, ohne sich erklären zu müssen oder gar Repressalien ausgesetzt zu sein. Das gleiche trifft auf Religionen oder Parteizugehörigkeiten zu.
Unterschiedliche Meinungen zu diskutieren, ist spannend, deswegen mit roher Gewalt aufeinander loszugehen, vollkommen indiskutabel.

Ja, und die Traditionen. Mögen sie auch noch so kitschig sein. Ich liebe Weihnachten. Nicht die Geschenke, nicht allein den 24. Dezember, ich liebe das Gefühl in der Vorweihnachtszeit. Es macht die Welt ein bisschen wärmer, heller, glitzernder, auch kitschiger. Für mich ein schönes Gefühl zu wissen, das all die Leute auf der Straße, denen man täglich begegnet, ohne sie zu kennen, irgendwie auch im Weihnachtsrausch sind. Das gibt mir ein Gefühl der Zusammengehörigkeit. Wenn dann noch Schnee fällt, ist es wie ein Wunder und ich möchte das die Zeit still steht.

 43, männlich, Reinheim

Typisch deutsch ist es, im Ausland zu erklären zu wollen, was eine Lebensversicherung ist, insbesondere was Inhalt der Versicherung ist und unter welcher Bedingung sie eintritt.

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