Wunderwaffe Wasserstoff für den Sieg der grünen Energiewende

An Wunder glauben, aber nicht mit Wundern kalkulieren – eine Differenzierung, die auch die Politik beherzigen sollte. Für eine exportorientierte Industriegesellschaft ist es äußerst risikoreich, das Wunder eines preisgünstigen und universal verfügbaren Wasserstoffs einzuplanen als Hauptstützpfeiler der Energiewende.

IMAGO / Westend61

Die Energiewende hat zwei Seiten. Die eine Seite ist der Ausstieg aus Atomkraft, Braunkohle, Steinkohle und sogar Gas. Ein Ausstieg ist immer leicht. Einen Knopf auf „Aus“ stellen, das schaffen sogar Kinderbuchautoren und Studienabbrecher. Deshalb könnte die grüne Transformationselite so zuversichtlich und siegesgewiss sein, weil sie denkt, dass sie mit dem Abstellen schon die halbe Miete geschafft hätte.

Doch leider hat die Energiewende noch die andere Seite: Sie muss die abgestellte Energie durch nachhaltige neue Energie ersetzen, und das zu bezahlbaren Preisen rund um die Uhr. Das ist nicht ganz so leicht, auch wenn Sozialwissenschaftler und Eisverkäufer wie Jürgen Trittin darin keinerlei Problem erkennen.

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Die Einführung der „intelligenten Stromzähler“ beweist öffentlich, dass doch Herausforderungen absehbar sind. Denn „intelligenter Stromzähler“ ist ein Euphemismus für eine Stromversorgung, in der das Angebot nicht mehr rund um die Uhr zu einem günstigen Preis zur Verfügung steht. Bei Strommangellage ist der „intelligente Stromzähler“ so klug, den Strom zu verteuern, sodass der Mensch lieber drauf verzichtet. Ganz freiwillig, denn wir leben ja im Zeitalter der „Freiheitsenergien“. Der „intelligente Stromzähler“ sollte also genauer „mangelwirtschaftsverwaltender Stromzähler“ heißen. Aber welche Bevölkerung möchte schon mit der Wahrheit konfrontiert werden?

Die zweite grüne Großstrategie für das Einschalten des neuen Zeitalters ist die „Wunderwaffe“ Wasserstoff. In windreichen Sonnenzeiten soll der Überschuss der Stromerzeugung in Wasserstoff verwandelt werden, der dann bei Windflaute zur Verfügung steht. Hinzu soll nach Habeck noch der importierte Wasserstoff aus Namibia und aus Kanada kommen, der mit riesigen Segelboot-Tankern nachhaltig nach Deutschland geschippert werden soll, damit wir jederzeit so viel nachhaltigen Strom haben, dass wir die „intelligenten Stromzähler“ eigentlich wieder abmontieren können. Bisher soll der Preis für solchen Wasserstoff-Strom rein in der Herstellung noch gut über einem Euro liegen. Für ärmere Leute, die erstaunlicherweise nicht zu den grünen Stammwählern zählen, sind das nicht unbedingt rosige Aussichten.

Doch alles kein Problem. Denn jetzt kommt die „Wunderwaffe preisgünstiger und universal verfügbarer Wasserstoff“ ins Spiel: Der Wasserstoff-Strom soll schon bald billiger sein als Atomstrom oder Braunkohlestrom. Denn Sonne und Wind schicken keine Rechnungen.

Wunderwaffen sind bei jeder Ideologie wichtig. Sie fungieren als Brücke zwischen Ideologie und Realität. Je größer die Kluft zur Realität, desto wichtiger ist die Wunderwaffe. Solange die Menschen noch an die Wunderwaffe glauben, kann selbst die verrückteste Ideologie ihr Scheitern noch hinauszögern.

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Wunderwaffen haben durchaus Bezugspunkte zur Realität. Es gibt wohl immer wieder vielversprechende Erfolge in der Wasserstofftechnolgie. Aber der kostengünstige Durchbruch ist bisher noch nicht gelungen und ist immer noch nicht absehbar.

Mit Wundern sollten die Menschen allerdings vorsichtig umgehen. Wunder sind nicht verfügbar. „Nicht mein Wille geschehe, sondern dein Wille geschehe“, so betet Jesus in Gethsemane, weil Gott und die Welt kein Wunscherfüllungsautomat sind.

Darum sagte mein Theologieprofessor: „Ich glaube an Wunder. Und ich bete für Wunder, oft genug auf meinen Knien. Wunder geschehen. Gott tut Wunder. Auch durch die Hände von Ärzten oder Ingenieuren. Aber ich kalkuliere Wunder für meine Zukunft nicht fest ein. Das führt nur in die Enttäuschung. Wenn sie ohne Wunder kalkulieren, aber es tritt ein Wunder ein, umso besser. Aber wenn sie fest mit einem Wunder kalkulieren, und es tritt kein Wunder ein, dann stehen sie völlig blank.“

An Wunder glauben – aber nicht mit Wundern kalkulieren; eine hilfreiche Differenzierung, die auch die Politik beherzigen sollte. Es ist für eine exportorientierte Industriegesellschaft äußerst risikoreich, das Wunder eines preisgünstigen und universal verfügbaren Wasserstoffs fest einzuplanen als Hauptstützpfeiler der Energiewende. Solche fest einkalkulierten Wunder führen meist dazu, dass Menschen ihr blaues Wunder erleben.

Gute Politik sollte mit dem kalkulieren, was wir haben und was wir können und was heute den Durchbruch bereits geschafft hat. Falls übermorgen der bezahlbare Wasserstoff wirklich den Durchbruch schaffen sollte, umso besser. Mit dieser bewährten und konservativen Wunderstrategie würden wir – so oder so – mit vollen Händen dastehen. Alles auf die Karte Wunderwaffe zu setzen, ist nicht unbedingt intelligent; aber vielleicht braucht Deutschland ja gar keine intelligenten Köpfe mehr, weil wir doch bald „intelligente Stromzähler“ haben.

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Kommentare ( 33 )

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Steve Acker
1 Jahr her

Wenn irgendwas als „Wundermittel“ „Gamechanger“ „ideallösung“ präsentiert wird, bin ich immer sehr sehr misstrauisch.
Schon gar wenn das mit Riesenpropaganda verbunden ist.
Jede Sache hat irgendwo ihren Pferdefuss, der irgendwann mal gewaltig zurückschlagen kann.
Beim Gamechanger Corona-Impfung kam das ziemlich schnell.
Das wird beim Wundermittel Wasserstoff, oder bei der Idealheizung Wärmepumpe auch kommen.

ersieesmussweg
1 Jahr her

Was sollen wir bloß tun wenn Stromzähler schlauer als Politiker sind?

Abraham
1 Jahr her

Wasser ist „klimaschädlich“, zumindest bei Wasserdampf ist das ganz eindeutig. Bei den im wesentlichen aus Wasser bestehenden Wolken kann man lange darüber streiten, da sie einerseits die Sonneneinstrahlung, andererseits die Infrarotabstrahlung behindern. Wasser müsste also eigentlich verboten werden. Auch der weiße Ritter H2 ist, ganz unabhängig von der Frage, wie klimaschädlich Herstellung und Transport sind, ein Klimaschädling. H2 führt zur schnellen Zersetzung des „Atmospären-Waschmittels“ OH. Dieses Radikal ist wichtig für die Beseitigung organischer Verunreinigungen (VOC), die einerseits für die Entstehung von Sommersmog verantwortlich sind, zum anderen aber auch ein bedeutendes GWP (global warming potential) aufweisen. Das gilt insbesondere für Methan… Mehr

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Abraham

Man darf jetzt aber nicht erwarten dass Habeck und seine grünen Spießgesellen diese Tatsachen in ihre wasserstoffideologie mit einbeziehen. Das haben Ideologen eben so an sich

Deutscher
1 Jahr her

Wasserstoff: Hinterlässt bei der Verbrennung Wasserdampf. Der ist sogar klimaschädlicher als CO2. Mehr braucht man nicht zu wissen.

Fritz Goergen
1 Jahr her
Antworten an  Deutscher

Der Natur sind beide egal.

giesemann
1 Jahr her
Antworten an  Fritz Goergen

Ha! Noch so einer. Gruß Gerhard Giesemann. Und die Erde zieht gleichmütig ihre Bahn mit Affenzahn – also mit ca. 30 km pro SEKUNDE… . Die MUSS das so machen, sonst kömmt sie nicht rum.

Schwabenwilli
1 Jahr her
Antworten an  Fritz Goergen

Ganz so einfach ist das nicht: „Wenn Wasserstoff jedoch in die Atmosphäre gelangt, kann der Energieträger dort mit anderen Gasen interagieren und starke Erwärmungseffekte hervorrufen. Das zeigt eine neue Studie der britischen Regierung, die die Wechselwirkungen zwischen Wasserstoff und anderen Elementen in der Atmosphäre unter die Lupe genommen hat. Die Studie unter dem Titel „Atmosphärische Auswirkungen einer verstärkten Wasserstoffnutzung“ kommt zu dem Schluss, dass das Erderwärmungspotenzial von Wasserstoff etwa doppelt so hoch ist wie bisher angenommen. Über einen Zeitraum von 100 Jahren erwärme demnach eine Tonne Wasserstoff in der Atmosphäre die Erde etwa elfmal stärker als eine Tonne CO2, mit… Mehr

Deutscher
1 Jahr her

„Ich glaube an Wunder. Und ich bete für Wunder, oft genug auf meinen Knien.“ Wen man auf den Knien um seine Hilfe anbetteln muß, der ist kein wohlgesonnener, liebevoller Vater, sondern ein harter, kalter und empathieloser Tyrann. Nun gut, die Christen haben sich einen solchen „Gott“ selber geschaffen, mögen sie sich also ruhig ihre Knie aufscheuern. Meine Götter sind anders: Sie lieben die Menschen, weil sie selber Menschliches an sich haben. Sie teilen unser Menschliches wie auch ihr Göttliches mit uns. Ihnen würde niemals einfallen, jemanden erst auf die Knie zu werfen, damit er sie in solch entwürdigender Pose anflehen… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Nibelung
1 Jahr her

Wasserstoff kann allenfalls ein Zusatzlieferant sein, aber sicherlich nicht ein Hauptenergieträger, weil die Produktion dafür Primärenergie verbraucht, wie z.Bsp. Gas und Öl und außerdem ist es hochexplosiv und dazu hin noch um einiges teuerer als herkömmliche Energieträger. Das würde in der Produktion, bzw. generell im Verbrauch alles wesentliche teuerer machen und das kann es wohl nicht sein, mit einem Angebot aufzuwarten, nur weil man Idiologien darunter verbergen will und alte Grundsätze jedes Herstellers, ein Produkt zu liefern, was praktisch und bezahlbar ist, werden mit den Grünen Umstürzlern auf den Kopf gestellt, was auch nicht verwunderlich ist, wenn man ihre Herkunft… Mehr

Manfred_Hbg
1 Jahr her

Zitat 1: „Die Energiewende hat zwei Seiten. Die eine Seite ist der Ausstieg aus Atomkraft, Braunkohle, Steinkohle und sogar Gas. Ein Ausstieg ist immer leicht. Einen Knopf auf „Aus“ stellen“ > Bevor man aber auch in einen Fall wie diesen am Aussteigen ist und einen Knopf auf Aus stellt, solte man aber schon DAVOR dafür gesorgt haben, dass es genügend und sicher funktionierenden Ersatz gibt und nicht erst nach dem „Aus“ mit der Suche nach irgendwelchen sicheren Ersatz beginnen. Doch was soll man auch anderes von dieser grün-linken „Politelite“ aus realitätsfernen Studienabbrechern und Taugenixen erwarten können…. . – – –… Mehr

Georg J
1 Jahr her

Habecks „Wasserstoffenergiewendeplan“ werden nie Realität werden. Den Preis für Habecks Größenwahn und für die Bereitschaft von SPD, CDU/CSU und FDP diesen, trotz aller existierenden wissenschaftlichen Erkenntnisse, zu unterstützen, zahlen schon heute wir Bürger mit den höchsten Stromkosten der Welt. Die Industrie stört es nicht, sie geht in andere Länder zum Produzieren. Noch ein Wort zum „Klima“: „Klima“ ist per Definition die Erfassung von 30 Jahren Wetterdaten, liegt also in der Vergangenheit. Wie kann man Angst haben vor etwas was in der Vergangenheit liegt? Die letzten 30 Jahre hat das Wetter nicht mehr Schäden angerichtet als die 30 Jahre davor. Keiner… Mehr

Last edited 1 Jahr her by Georg J
usalloch
1 Jahr her

Die Deutschen haben schon immer eine Affinität zu Wundern. Schon der Gröfaz in den letzten Zügen liegend, erwartet den Durchbruch der Armee Wenck, und wunderte sich, das die nicht mehr mitmachen wollte .und sich den Amerikanern ergaben. Und die Grünen- Männchen werden sich eines Tages genauso wundern wie dem Normalo..Der wunderte sich eines Tages, das es plötzlich beim zweiten Mal nicht funktionierte, und beim zweiten Mal, das es beim erstenmal nicht klappte.“ ? Trotz Energie und Willenskraft.

gast
1 Jahr her

Ach ja aber wozu eine Energiewende? Wenn man die Piplines, die unser dümmlicher und vergesslicher Kanzler (wie kam der überhaupt auf diesen Posten?) im dümmlichen Einvernehmen mit Biden sprengen ließ, dann brauchen wir keine Energiewende, sondern eine funktionierende Justiz.

Last edited 1 Jahr her by gast