Allmachtsphantasien von Unendlichkeit haben destruktive Folgen für Menschen und Staaten. „Totensonntag“ ist ein christlicher Gedenktag, der von der Illusion in die heilsame Anerkennung der Endlichkeit zurückführt.
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„Totensonntag“ nennen die evangelischen Christen den letzten Sonntag im Kirchenjahr vor dem ersten Advent. An diesem Tag wird in besonderer Weise an die Verstorbenen gedacht. Die schmerzhafte Endlichkeit von uns Menschen wird überdeutlich:
• Unsere Zeit ist endlich.
• Unsere Ressourcen sind endlich.
• Unsere Aufmerksamkeit ist endlich.
• Unsere Perspektiven sind endlich.
• Unsere Motivation ist endlich.
• Unsere Einflussmöglichkeiten sind endlich.
• Die Reichweite unserer Handlungen ist endlich.
Eigentlich eine Binsenwahrheit. Doch wie gerne blenden wir das aus und tun so, als müssten wir niemals sterben. Dagegen heisst es am Totensonntag: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen“. Aber nicht, um dadurch depressiv zu werden, sondern „auf dass ihr weise werdet“ (Psalm 90,12). Das Bedenken der Endlichkeit unter dem biblischen Zuspruch der Gnade Gottes ist kein Depressivum, sondern eine Schule, die Menschen realitätsangepasster und damit klüger leben lässt. Martin Heidegger betonte, dass der Tod und das Wissen des Menschen um den Tod den Menschen intensiver leben lässt und ihm so zur wahren Existenz verhilft. Im Angesicht des Todes hat der Mensch die Chance, seine Kräfte zu fokussieren, um noch ein allerletztesmal in den Urlaub fahren zu können, um sich einen Lebenstraum zu erfüllen, um seine wichtigen Herzensanliegen zu verwirklichen.
Nicht nur die einzelnen Menschen handeln und leben im Horizont der Endlichkeit. Dies gilt auch für Kirchen und den Staat. Menschen und Institutionen müssen sich unter den Bedingungen von Endlichkeit beschränken. Der Staat ist endlich in seinen Ressourcen an Kreditwürdigkeit, Sozialhilfe, Sicherheitsdiensten, Wohnraum, Integrations- und Bildungsmöglichkeiten.
Eine politische Willkommenskultur, die die Endlichkeit der Ressourcen überspielt mithilfe großer Visionen, abstrakter Werte, grenzenloser Menschenrechte und utopischer Entwürfe einer neuen Welt, kann nur in der Depression enden. Die Anerkennung der bitteren Endlichkeit ist ein Akt notwendender Ehrlichkeit.
Über die Grenzlinien der begrenzten Hilfeleistungen muss gestritten werden. Brandmauern gegen diesen notwendigen Streit sorgen nur dafür, dass dieser Konflikt umso heftiger in der Zukunft auf die Gesellschaft zurückkommt.
Die pseudochristliche Anbetung der Grenzenlosigkeit „allen und jeden auf der Welt immer selbstlos lieben“, die jeden, der widerspricht, zum „Lumpen, Egoisten und Rechten“ erklärt, verleugnet die Binsenwahrheit des Totensonntags: Alles Menschliche ist endlich. Wenn die kirchlichen und säkularen Anbeter der grenzenlosen Willkommensideologie mit ihren Forderungen dem Staat faktisch unendliche Ressourcen unterstellen, so offenbart dies kindliche Allmachtsphantasien.
Die nächsten Jahre wird Deutschland damit beschäftigt sein, schmerzhaft aus seinen Allmachtsphantasien („wir können die ganze Welt retten“) den Weg zur Realität zurückfinden zu müssen. Realität bedeutet, eine vernünftige Flüchtlingspolitik umzusetzen, die Hilfsbereitschaft gegenüber Menschen, die an Leib und Leben bedroht sind, mit den begrenzten gesellschaftlichen Möglichkeiten verbindet.
Realitätsverachtende Träumereien helfen da nicht weiter.
• „Die Wirklichkeit ist falsch; Träume sind wahr“ (Tupak Shakur, Rap-Musiker).
• „Kunst ist dazu da, die Wirklichkeit zu verhindern“ (Heiner Müller, Dramatiker, Schriftsteller, Regisseur und Intendant).
• „Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, dass das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes“ (Salvador Dali).
• „Ein Traum, den man alleine träumt, ist nur ein Traum. Ein Traum, den man zusammen träumt, ist Wirklichkeit“ (Yoko Ono, japanische Künstlerin, Autorin, Friedensaktivistin und Ehefrau von „Imagine“-Träumer John Lennon).
Der große Individualpsychologe Alfred Adler sagt dazu trocken: „Der neurotische Charakter ist unfähig, sich der Wirklichkeit anzupassen, denn er arbeitet auf ein unerfüllbares Ideal hin.“
Totensonntag ist das evangelische Fest, das Christen daran erinnert, unerfüllbare Unendlichkeitsphantasien zu korrigieren und der Wirklichkeit anzupassen. Gott alleine ist unendlich. Unendlichkeit gibt es darum nicht in individuellen Lebensentwürfen und auch nicht in der (Flüchtlings)Politik, sondern einzig in Gott und in Verbindung zu ihm.
Der Tod, den die Menschen fürchten, ist die Trennung vom vergänglichen Leben.
Der Tod, den die Menschen erstaunlicherweise nicht fürchten, ist die Trennung vom ewigen Gott.


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