Die Spendierfreudigkeit der LINKEN-Abgeordneten lässt sich behaupten, aber nicht überprüfen

Edel, hilfreich und gut – wer wünschte sich nicht solche Volksvertreter. Sahra Wagenknecht, die designierte Co-Vorsitzende der Links-Fraktion im Bundestag, sieht sich selber so. Das neue Amt, das sie im Oktober zusammen mit Dietmar Bartsch antreten wird, bedeutet für sie mehr Geld. Ihre Diäten steigen von knapp 9.100 auf rund 13.000 Euro im Monat. Und von diesem Plus will sie, wie sie der Bild-Zeitung verriet „viel spenden“. 




Das an sich ist lobenswert. Doch kann die Anführerin der ganz Linken unter den Linken nur deshalb so großzügig sein, weil sie auf ihr neues Jahreseinkommen von rund 155.000 Euro (ohne steuerfreie Aufwandpauschale) lediglich den Spitzensteuersatz von 42 Prozent zahlen muss – und nicht die von der Linken so nachdrücklich geforderten 53 Prozent (jeweils plus Solidaritätszuschlag). Weil der Staat also (noch) nicht ganz so gnadenlos wegsteuert, was „Reiche“ wie die Gattin des auch nicht armen Oskar Lafontaine verdienen, kann die neue Fraktionschefin großzügig sein. Wie schön für sie.

Das Versprechen, „viel zu spenden“, zeigt die Schwierigkeiten, die Die Linke mit der Abgeordnetenbesoldung hat. Natürlich stimmt die Fraktion bei jeder Diätenerhöhung mit Nein, natürlich kommt die Erhöhung dennoch auf den Konten ihrer 64 Fraktionsmitglieder an. Einen Antrag an den Bundestagspräsidenten, die Erhöhung erst gar nicht auszuzahlen, hat offenbar noch kein Linken-MdB gestellt. Ob das rechtlich überhaupt möglich wäre, steht ohnehin auf einem anderen Blatt.
Ein kurzer Blick zurück: Um die Abgeordneten-Vergütung an die Besoldung von Bundesrichtern und Oberbürgermeistern großer Städte anzugleichen, gab es innerhalb von kurzer Zeit zwei Anhebungen: zum 1. Juli 2014 um 415 auf 8667 Euro und zum 1. Januar 2015 um weitere 415 auf nunmehr 9082 Euro. Dabei hatte Die Linke mit Nein gestimmt und zugleich kollektiv erklärt, man werde diese Anhebungen spenden. Das hat die Fraktion auch getan. Vom Diätenplus von knapp 2500 Euro im zweiten Halbjahr 2014 spendeten die Fraktionsmitglieder – nach Abzug der Einkommensteuer – zusammen 100.000 Euro an SOS-Kinderdörfer. So weit, so glaubwürdig.

Diesmal kein Spendenbeleg

Die abermalige Anhebung von 415 Euro zum 1. Januar 2015 bedeutet für jedes Fraktionsmitglied aufs Jahr gerechnet knapp 5000 Euro. Jetzt hat die Fraktion aber auf eine kollektive Demonstration ihres großen linken Herzens verzichtet. Die offizielle Lesart: Die Abgeordneten sollen auch diese Erhöhung spenden. Wie viele der 64 so konsequent sind, weiß aber niemand, auch nicht die Fraktionsführung.
Bei Diätenerhöhungen halten sich Politiker – nicht nur bei der Linken – gerne an das Motto: „Ablehnung, wenn Zustimmung gesichert.“ Mit dem Nein kann man in der Öffentlichkeit punkten. Anschließend kommt das Geld dann doch auf dem eigenen Konto an. Wer jedoch von den Nein-Sagern wie viel davon für was spendet, lässt sich im Lauf der Zeit nicht mehr feststellen.

Als der Bundestag im Februar 2014 die beiden Anhebungen um insgesamt 830 Euro beschloss, verkündete Die Linke, keiner ihrer Abgeordneten werde sich davon etwas in die eigene Tasche stecken. Wenn sich alle an diesen Schwur hielten, müssten die 64 Linken-MdBs bereits seit Januar 2015 Monat für Monat 830 Euro spenden – brutto gegen Spendenquittung oder netto nach Abzug der darauf entfallenden Einkommensteuer. Was die Sache noch interessanter macht. Bei der für Juli 2016 anstehenden nächsten Anhebung müssten dieselben Politikerinnen und Politiker dann den Zusatzbetrag zu den 830 Euro addieren – und selbstverständlich Monat für Monat 830 plus X Euro spenden.

Womit wir wieder bei der Gysi-Nachfolgerin wären. Denn auch Sahra Wagenknecht müsste, wenn sie zu ihrem Wort steht, sozusagen für immer und ewig „sehr viel“ von dem Diäten-Zuschlag als Fraktionsvorsitzende für gemeinnützige Zwecke ausgeben. Ob sie das tun wird, werden wir nie erfahren. Es bleibt nur die aktuelle Schlagzeile „Von meinem neuen Geld werde ich viel spenden.“ Wir sehen: Kurzfristig edel, hilfreich und gut zu erscheinen und auf Dauer edel, hilfreich und gut zu sein, ist bisweilen nicht dasselbe.




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